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Zeitlicher Regelungsumfang eines Kindergeld-Aufhebungsbescheids

Zeitlicher Regelungsumfang eines Kindergeld-Aufhebungsbescheids: Ein Bescheid, mit dem die Festsetzung von Kindergeld mit Wirkung vom 1. Januar eines früheren Jahres unter Hinweis auf § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben wird, weil die Einkünfte und Bezüge des Kindes in diesem Jahr den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten hätten, ist aus Empfängersicht dahin auszulegen, dass nur für dieses Jahr eine Verwaltungsentscheidung getroffen werden soll, nicht aber für den nachfolgenden Zeitraum bis zur Bekanntgabe des Aufhebungsbescheids. - Urt.; BFH 26.11.2009, III R 87/07; SIS 10 04 91

Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
  1. BFH 26.11.2009, III R 87/07
    BStBl 2010 II S. 429
    NJW 2010 S. 1552
    LEXinform 0588515

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 13.4.2010
    R.G. in BFH/PR 6/2010 S. 222
    erl in StuB 10/2010 S. 406
Normen
[EStG] § 70 Abs. 4
[AO 1977] § 119 Abs. 1
[BGB] § 133, § 157
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 06.09.2007, SIS 08 22 62, Kindergeld, Grenzbetrag, Aufhebungsbescheid, Bindungswirkung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 17.8.2023, SIS 23 18 42, Monatsbezug der Abrechnung über Säumniszuschläge in Kindergeldfällen: 1. Säumniszuschläge für fällige Kin...
  • BFH 18.4.2023, SIS 23 11 63, Keine Nacherhebung von Schaumweinsteuer: Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmthei...
  • FG Köln 13.10.2022, SIS 23 03 17, Anfechtung einer Zinsfestsetzung, wiederholende Verfügung, Wahl der Einzelveranlagung als rückwirkendes E...
  • BFH 22.9.2022, SIS 22 18 59, Klagebefugnis nach Abhilfebescheid der Familienkasse im Klageverfahren, kindergeldrechtliche Ausschlussfr...
  • BFH 23.12.2021, SIS 22 07 45, Konkludent erteilte Gestattung nach § 20 UStG für nachfolgende Besteuerungszeiträume als Dauerverwaltungs...
  • FG Nürnberg 14.4.2021, SIS 21 17 97, Kindergeld, Zuordnung der Ausschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG zum Festsetzungsverfahren Auslegung eines ...
  • BFH 16.1.2020, SIS 20 05 29, Keine Bindungswirkung einer für die Gewinnfeststellung getroffenen Billigkeitsentscheidung für nachfolgen...
  • BFH 22.10.2019, SIS 19 18 96, Mehraktige Ausbildung im Kindergeldrecht, Übersehen eines Kindergeld-Aufhebungsbescheids: 1. Die Rechtsfr...
  • FG des Saarlandes 16.5.2018, SIS 18 11 19, Streit von Eltern über die Haushaltszugehörigkeit des Kindes bzw. vorrangige Kindergeldanspruchsberechtig...
  • BFH 4.9.2017, SIS 17 18 62, Auslegung von Verwaltungsakten, Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung: 1. Ob ein Verwaltungsakt inhaltlich ...
  • BFH 21.6.2017, SIS 17 20 08, Zur Steuerfreiheit von Liegerechten in Begräbniswäldern: Die Einräumung von Liegerechten zur Einbringung ...
  • Hessisches FG 19.7.2013, SIS 13 31 90, Auslegung von Beteiligtenerklärungen im Verwaltungsverfahren: 1. Die Einspruchsentscheidung kann allein G...
  • BFH 25.3.2013, SIS 13 16 67, Unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Verlustfeststellungsbescheid: 1. Ein Bescheid, der die "Auf...
  • FG Baden-Württemberg 24.3.2011, SIS 11 21 38, Kein Anspruch auf (Differenz-) Kindergeld bei Berufstätigkeit beider Elternteile in der Schweiz, Rechtmäß...
  • BFH 3.3.2011, SIS 11 15 74, Zeitlicher Regelungsumfang eines Kindergeld-Ablehnungsbescheids, Kostenentscheidung nach teilweisem Obsie...
  • FG München 2.7.2010, SIS 10 34 27, Keine Bestandskraftwirkung eines den Kindergeldanspruch ablehnenden Bescheids bis zum Monat seiner Bekann...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erhielt für seinen Sohn C, der im August 1999 nach Leistung des Zivildienstes eine Ausbildung zum Bankkaufmann begann, ab August 1999 Kindergeld.

 

 

2

Im November 2001 teilte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) dem Kläger mit, die Kindergeldzahlungen seien ab Januar 2000 eingestellt worden, weil die Einkünfte von C nach der vorgelegten Ausbildungsbescheinigung den Jahresgrenzbetrag überstiegen. Der Kläger wurde gebeten, zur abschließenden Prüfung die Einkünfte von C nachzuweisen.

 

 

3

Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen kam die Familienkasse zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte und Bezüge von C im Jahr 1999 den anteiligen Grenzbetrag nicht überstiegen, aber im Jahr 2000 über dem Jahresgrenzbetrag von 13.500 DM lagen. Mit Bescheid vom 1.8.2002 hob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld „mit Wirkung vom 01.01.2000 gemäß § 70 Abs. 4 EStG“ auf. Sie wies darauf hin, dass eine Kindergeldfestsetzung aufzuheben oder zu ändern sei, wenn nachträglich bekannt werde, dass die Einkünfte und Bezüge eines Kindes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) über- oder unterschritten hätten. Sie war der Ansicht, die Einkünfte und Bezüge von C hätten sich im Jahr 2000 auf mehr als 13.500 DM belaufen. Der Kläger legte gegen den Bescheid, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, keinen Einspruch ein.

 

 

4

Mit Schreiben vom 13.7.2005 und vom 15.8.2005 beantragte der Kläger die Zahlung von Kindergeld für das Jahr 2001. Er verwies auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.1.2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 = SIS 05 30 28), nach dem die Sozialversicherungsbeiträge eines nichtselbständig beschäftigten Kindes nicht in dessen Einkünfte und Bezüge einbezogen werden dürfen.

 

 

5

Die Familienkasse lehnte durch Bescheid vom 2.9.2005 den Antrag ab. Sie führte aus, die Bestandskraft des Bescheids vom 1.8.2002 erstrecke sich bis zum Monat seiner Bekanntgabe. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.

 

 

6

Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt. Es verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für den Zeitraum 1.1.2001 bis 31.12.2001 festzusetzen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Aufhebungsbescheid vom 1.8.2002 entfalte keine Bindungswirkung für das Jahr 2001. Die Familienkasse habe die Aufhebung der Festsetzung ausschließlich damit begründet, dass die Einkünfte und Bezüge von C im Jahr 2000 den Grenzbetrag überstiegen hätten. Der Kläger habe daher den Bescheid dahin verstehen können, dass die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ausschließlich für das Jahr 2000 geprüft habe und die Festsetzung nur für dieses Jahr habe aufheben wollen. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld seien im Jahr 2001 erfüllt.

 

 

7

Zur Begründung der Revision trägt die Familienkasse vor, die Rechtsauffassung des FG stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der mehrfach bestätigt habe, dass die Bindungswirkung eines Aufhebungsbescheids mit dem Monat der Bekanntgabe ende.

 

 

8

Die Familienkasse beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

9

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

10

II. Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die (negative) Bindungswirkung des Aufhebungsbescheids vom 1.8.2002 das Jahr 2001 nicht erfasst.

 

 

11

1. Zwar erstreckt sich die Bestandskraft eines nicht angefochtenen Bescheids, durch den die Gewährung von Kindergeld abgelehnt oder auf Null Euro (DM) festgesetzt oder durch den eine Kindergeldfestsetzung aufgehoben wird, in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe (z.B. BFH-Urteile vom 25.7.2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88 = SIS 01 13 65, und VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89 = SIS 01 13 64; Senatsurteil vom 14.12.2006 III R 24/06, BFHE 216, 225, BStBl II 2007, 530 = SIS 07 04 33). Allerdings ist es der Familienkasse unbenommen, in einem Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheid eine hiervon abweichende zeitliche Regelung zu treffen.

 

 

12

2. Das FG hat den Inhalt des Bescheids vom 1.8.2002 zu Recht dahin ausgelegt, dass aus der Sicht des Klägers nur für das Jahr 2000 eine Verwaltungsentscheidung ergehen sollte.

 

 

13

a) Nach § 119 Abs. 1 der Abgabenordnung muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Einem Verwaltungsakt muss der Regelungsinhalt eindeutig zu entnehmen sein (BFH-Urteil vom 22.8.2007 II R 44/05, BFHE 218, 494, BStBl II 2009, 754 = SIS 07 36 24). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ermitteln. Entscheidend sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH-Urteile vom 18.2.1997 VII R 96/95, BFHE 182, 282, BStBl II 1997, 339 = SIS 97 12 29; vom 11.7.2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96 = SIS 06 37 93; vom 9.4.2008 II R 31/06, BFH/NV 2008, 1435 = SIS 08 31 50). Bei der Auslegung ist nicht allein auf den Tenor des Bescheids abzustellen, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der für den Bescheid gegebenen Begründung (BFH-Urteil in BFHE 218, 494, BStBl II 2009, 754 = SIS 07 36 24, m.w.N.). Die Auslegung des Inhalts von Verwaltungsakten durch das FG ist im Revisionsverfahren in vollem Umfang nachprüfbar (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 25, m.w.N.).

 

 

14

b) Der Kläger konnte den Bescheid vom 1.8.2002 dahin verstehen, dass nur für das Jahr 2000 eine (ablehnende) Regelung getroffen werden sollte. Zwar ist darin nur der 1.1.2000 als Zeitpunkt genannt, ab dem die Kindergeldfestsetzung aufgehoben werden sollte. Eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung der Verwaltungsentscheidung fehlt. Jedoch geht aus dem gesamten Inhalt des Bescheids hervor, dass die Familienkasse nur das Jahr 2000 beurteilen wollte. Zum einen wurde die Aufhebung damit begründet, dass die Einkünfte und Bezüge von C im Jahr 2000 die maßgebliche Jahresgrenze überschritten hätten. Zum anderen ergibt sich aus dem Hinweis auf § 70 Abs. 4 EStG, dass nur eine auf das Jahr 2000 bezogene Betrachtung angestellt werden sollte, auch wenn die zitierte Vorschrift im Streitfall nicht einschlägig war, weil die Familienkasse bereits ab Januar 2000 kein Kindergeld mehr gezahlt hatte.

 

 

15

Die durch das Zweite Gesetz zur Familienförderung vom 16.8.2001 (BGBl I 2001, 2074, BStBl I 2001, 533) mit Wirkung vom 1.1.2002 eingeführte Vorschrift ermöglicht die Korrektur von Kindergeldbescheiden in den Fällen, in denen sich nachträglich herausstellt, dass die Prognose über die zu erwartenden Einkünfte und Bezüge des Kindes unzutreffend war (Senatsurteil vom 28.6.2006 III R 13/06, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714 = SIS 06 38 92; Blümich/Treiber, § 70 EStG Rz 32; Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 70 Rz 18.1; Pust in Littmann/Bitz/ Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 70 EStG Rz 242). Ein Bescheid, durch den eine Kindergeldfestsetzung nach § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben wird, betrifft einen Prognosezeitraum und nicht darüber hinaus den Zeitraum bis zum Monat der Bekanntgabe. Der Kläger konnte den Hinweis auf § 70 Abs. 4 EStG und dessen wörtliche Wiedergabe dahin verstehen, dass nur die Festsetzung für den Zeitraum, in dem die Einkünfte und Bezüge den Grenzbetrag überschritten (2000), aufgehoben werden sollte. Für die Zeit danach gab die Familienkasse keine Änderungsvorschrift an. Der Kläger hatte somit allen Anlass zu der Annahme, der Aufhebungsbescheid betreffe nur das Jahr 2000.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

1. Der Inhalt eines Verwaltungsakts bestimmt sich nach den Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Dabei ist nicht nur auf den Tenor abzustellen, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der für den Bescheid gegebenen Begründung.

 

2. Grundsätzlich erstreckt sich die Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids, einer Nullfestsetzung oder einer Kindergeldaufhebung in zeitlicher Hinsicht bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe. Denn das Kindergeld wird durch Dauerverwaltungsakt festgesetzt. Der Familienkasse ist es jedoch unbenommen, eine hiervon abweichende zeitliche Regelung zu treffen. Davon war im Streitfall auszugehen. Aus dem gesamten Bescheidinhalt ergibt sich, dass nur für das Jahr 2000 eine (ablehnende) Regelung getroffen werden sollte. Denn die Familienkasse wollte nur dieses Jahr beurteilen, auch wenn die Zitierung von § 70 Abs. 4 EStG unzutreffend war, weil die Familienkasse bereits ab 2000 kein Kindergeld mehr gezahlt hatte.

 

3. Wichtig ist, dass bei der Auslegung des Inhalts eines Verwaltungsakts der BFH nicht nach § 118 Abs. 2 FGO an die Auffassung des FG gebunden ist. Denn es handelt sich nicht um eine Tatfrage, sondern um eine Rechtsfrage.