Das Verfahren wird
ausgesetzt.
Es wird eine
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt,
ob § 20 Abs. 6 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007,
1912) insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist,
als Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit
Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet
werden dürfen.
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Streitig ist, ob Verluste aus der
Veräußerung von Aktien mit Einkünften aus
Kapitalvermögen ausgeglichen werden können, die nicht aus
Aktienveräußerungen resultieren.
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Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2012
zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte
neben freiberuflichen Einkünften aus einer Tätigkeit als
... Kapitalerträge in Höhe von 2.092 EUR sowie Verluste
aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 4.819
EUR, über die ihm die depotführende Bank eine
Verlustbescheinigung gemäß § 43a Abs. 3 Satz 4 des
Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden
Fassung (EStG) ausstellte. Die Klägerin erzielte ebenfalls
Kapitalerträge in Höhe von 1.289 EUR. Unter den
Kapitalerträgen der Kläger befanden sich keine
Aktienveräußerungsgewinne. Sämtliche
Kapitalerträge hatten dem Kapitalertragsteuerabzug
unterlegen.
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Im Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr vom 04.10.2013 legte der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) aufgrund des Antrags der Kläger zur
Überprüfung des Steuereinbehalts gemäß §
32d Abs. 4 EStG im Rahmen der Veranlagung der Kapitaleinkünfte
zum gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1, Abs. 4
i.V.m. Abs. 3 Satz 2 EStG nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags
Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers in
Höhe von 1.291 EUR und der Klägerin in Höhe von 488
EUR zugrunde. Die Verluste aus der Veräußerung von
Aktien behandelte das FA gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5
EStG als nicht ausgleichsfähig. Die auf die
Kapitaleinkünfte der Kläger entfallende Steuer i.S. des
§ 2 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 32d Abs. 3 und Abs. 4 EStG
betrug 445 EUR. Mit Bescheid vom 04.10.2013 stellte das FA den
verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer für die
Einkünfte aus Kapitalvermögen (Veräußerung von
Aktien) zum 31.12.2012 auf 4.819 EUR fest.
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Im Rahmen ihres Einspruchs beantragten die
Kläger, die von ihnen erzielten Kapitalerträge mit den
Verlusten aus der Veräußerung von Aktien des
Klägers zu verrechnen. Der Einspruch wurde mit
Einspruchsentscheidung vom 24.03.2015 gegenüber dem
Kläger als unbegründet zurückgewiesen.
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Die hiergegen gerichtete Klage der
Kläger beurteilte das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht
(FG) mit in EFG 2018, 948 veröffentlichtem Urteil vom
28.02.2018 - 5 K 69/15 = SIS 18 05 86 als für beide
Kläger zulässig erhoben, wies sie jedoch als
unbegründet ab. Das FG vertrat die Auffassung, § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der
Gesetzgeber habe seinen Gestaltungsspielraum nicht
überschritten, weil er sich bei der Regelung des
Verlustverrechnungsverbots auf den Zweck der Verhinderung von
spekulationsbedingten, abstrakt drohenden qualifizierten
Haushaltsrisiken als rechtfertigenden Grund i.S. des Art. 3 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG) habe berufen können.
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Dagegen wenden sich die Kläger mit
ihrer Revision, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts
stützen. Sie sehen sich in ihrem Recht auf Gleichbehandlung
aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil der Gesetzgeber mit der
Beschränkung der Verlustverrechnung in § 20 Abs. 6 Satz 5
EStG ohne hinreichenden sachlichen Grund vom Grundsatz der
Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit
abgewichen sei. Die Vermeidung qualifizierter Haushaltsrisiken
stelle keine hinreichende Rechtfertigung für eine
Benachteiligung der Veräußerungsverluste von Aktien
gegenüber solchen aus anderen Kapitalanlagen wie
Investmentfondsanteilen, Optionsscheinen, Zertifikaten oder
Termingeschäften dar. Es sei in steuersystematischer Hinsicht
nicht zu rechtfertigen, dass auch Dividenden nicht mit
Veräußerungsverlusten verrechnet werden
könnten.
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7
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Die Kläger beantragen
sinngemäß,
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das angefochtene Urteil des FG aufzuheben
und den Einkommensteuerbescheid für 2012 in der Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 24.03.2015 dahingehend abzuändern,
dass die positiven Kapitalerträge des Klägers in
Höhe von 2.092 EUR mit seinen
Aktienveräußerungsverlusten verrechnet und in Höhe
von 0 EUR angesetzt werden.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es hat sich in der Sache,
ohne einen Antrag zu stellen, dem FA angeschlossen.
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B.
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Infolge der vom Senat angenommenen
Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG war das
Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG
i.V.m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das
Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) auszusetzen und eine
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen.
Nach Überzeugung des Senats verstößt § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, als Verluste aus der
Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der
Veräußerung von Aktien und nicht mit anderen
Kapitaleinkünften verrechnet werden dürfen.
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I. Rechtsentwicklung der im Streitfall
maßgeblichen Vorschriften
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1. Rechtslage bis 2008
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Nach der bis zum Jahr 2008 geltenden
Rechtslage gehörten Gewinne aus der Veräußerung von
Aktien zu den Einkünften aus privaten
Veräußerungsgeschäften gemäß § 23
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der bis
zum 31.12.2008 anzuwendenden Fassung (EStG 2008), wenn der Zeitraum
zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein
Jahr betrug. Verluste aus privaten
Veräußerungsgeschäften durften gemäß
§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG 2008 nur bis zur Höhe des
Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus
privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hatte,
ausgeglichen werden, nicht aber nach § 10d EStG abgezogen
werden. Sie minderten lediglich nach Maßgabe des § 10d
EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem
unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den
folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten
Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 EStG
2008 erzielt hatte (§ 23 Abs. 3 Satz 9 EStG 2008). Ein
vertikaler Verlustausgleich zwischen Verlusten aus privaten
Veräußerungsgeschäften und positiven
Einkünften aus anderen Einkunftsarten war somit
ausgeschlossen.
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Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) war die Regelung des § 23 Abs. 3
Sätze 8 und 9 EStG 2008 verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden (BFH-Urteil vom 18.10.2006 - IX R 28/05, BFHE 215, 202,
BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44; vgl. auch BFH-Urteil vom
01.06.2004 - IX R 35/01, BFHE 206, 273, BStBl II 2005, 26 = SIS 04 23 56). Private Veräußerungsgeschäfte i.S. des
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2008 wiesen die Besonderheit
auf, dass daraus erzielte Gewinne und Verluste nicht
uneingeschränkt der Einkommensbesteuerung unterlägen,
sondern - anders als bei anderen Einkunftsarten - nur, soweit sie
durch Veräußerungsgeschäfte innerhalb einer
bestimmten Frist nach Erwerb der
Veräußerungsgegenstände entstanden seien. Die
Vorschrift räume dem Steuerpflichtigen damit die
Möglichkeit ein, durch die Wahl des
Veräußerungszeitpunkts über den Eintritt des
Steuertatbestandes zu entscheiden. Diese
Dispositionsmöglichkeit rechtfertige es, die streitigen
Einkünfte i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2008 von
dem vertikalen Verlustausgleich nach Maßgabe des § 10d
EStG auszuschließen und den Verlustausgleich nur durch
Verrechnung mit positiven Einkünften aus privaten
Veräußerungsgeschäften in früheren oder
späteren Veranlagungszeiträumen zuzulassen. Ohne den
Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs habe es der
Steuerpflichtige in der Hand, einerseits Verluste steuermindernd
geltend zu machen und andererseits Gewinne durch entsprechende
Disposition über den Zeitpunkt der Veräußerung
steuerfrei vereinnahmen zu können. Damit werde der
Steuerpflichtige mit seinen Einkünften aus privaten
Veräußerungsgeschäften gegenüber
Steuerpflichtigen mit (ausschließlichen) Einkünften aus
anderen Einkunftsarten im Hinblick auf den Grundsatz der
Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ohne hinreichenden
sachlichen Grund begünstigt (BFH-Urteil in BFHE 215, 202,
BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44, unter II.2.b bb bbb [Rz 21
ff.]).
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2. Rechtslage ab 2009
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Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz
(UntStRefG) 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) hat der
Gesetzgeber die Besteuerung von Kapitalanlagen u.a. für
unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen, deren
Kapitalanlagen - wie bei den Klägern - dem steuerlichen
Privatvermögen zuzurechnen sind, zum 01.01.2009 grundlegend
neu gestaltet. Durch die Zuordnung von Gewinnen aus der
Veräußerung von Kapitalanlagen (u.a. Aktien) zu den
Einkünften aus Kapitalvermögen in § 20 Abs. 2
Sätze 1 und 2 EStG unterliegen die dabei realisierten
Wertveränderungen (Gewinne und Verluste) nunmehr in vollem
Umfang und unabhängig von einer Haltefrist der Besteuerung,
wenn es sich um nach dem 31.12.2008 erworbene Kapitalanlagen
handelt (vgl. BFH-Urteile vom 24.10.2017 - VIII R 13/15, BFHE 259,
535, BStBl II 2020, 831 = SIS 17 22 45; vom 20.11.2018 - VIII R
37/15, BFHE 263, 169, BStBl II 2019, 507 = SIS 18 22 86, und vom
03.12.2019 - VIII R 34/16, BFHE 267, 232, BStBl II 2020, 836 = SIS 20 04 05). Aktienveräußerungsgewinne und -verluste
gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG
gehören zu den unter den gesonderten Tarif (§ 32d Abs. 1
EStG) fallenden Kapitalerträgen, wenn die Aktien dem
Privatvermögen zuzuordnen sind und der Veräußerer
am Kapital der Gesellschaft nicht innerhalb der letzten fünf
Jahre unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war
(§ 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 8 Satz 1
EStG).
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17
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Da für
Aktienveräußerungsgewinne und -verluste und die
übrigen Einkünfte aus Kapitalvermögen
gemäß § 32d Abs. 1 EStG ein vom allgemeinen
progressiven Einkommensteuertarif abweichender proportionaler
Steuersatz von 25 % gilt und der Kapitalertragsteuerabzug
grundsätzlich abgeltende Wirkung entfaltet (§ 43 Abs. 5
Satz 1 EStG), hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG
vorgesehen, dass Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit
positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen
und von diesen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden
dürfen (BTDrucks 16/4841, S. 58). Verluste aus
Kapitalvermögen mindern innerhalb der zum gesonderten Tarif
gemäß § 32d Abs. 1 EStG zu besteuernden
Kapitaleinkünfte jedoch diejenigen Einkünfte aus
Kapitalvermögen, die der Steuerpflichtige im
Verlustentstehungsjahr und in den folgenden
Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt. Ein
Verlustrücktrag ist ausgeschlossen (§ 20 Abs. 6
Sätze 2 bis 4 EStG).
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Von der gemäß § 20 Abs. 6
Satz 2 EStG grundsätzlich bestehenden Möglichkeit des
Verlustausgleichs und Verlustvortrags für die schedulär
zu besteuernden Kapitaleinkünfte enthält § 20 Abs. 6
Satz 5 Halbsatz 1 EStG eine Ausnahme. Nach dieser Vorschrift, die
auf Empfehlung des Finanzausschusses eingefügt wurde,
dürfen Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes
2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, die aus der Veräußerung von
Aktien entstehen (Aktienveräußerungsverluste), nicht mit
anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen
gemäß § 20 Abs. 1 EStG oder Gewinnen aus
Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 EStG,
sondern nur mit (gleichartigen) Gewinnen, die aus der
Veräußerung von Aktien
(Aktienveräußerungsgewinne) entstehen, ausgeglichen
werden. Nur Aktienveräußerungsverluste unterliegen damit
innerhalb der Schedule „Einkünfte aus
Kapitalvermögen“ einer gesonderten
Verlustverrechnungsbeschränkung (vgl. Buge in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 20 EStG Rz 620;
BMF-Schreiben vom 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017, BStBl I
2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 118). Sinn und Zweck des § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG ist nach der Gesetzesbegründung die Verhinderung
von durch Spekulationsgeschäfte bedingten, abstrakt drohenden
qualifizierten Haushaltsrisiken (BTDrucks 16/5491, S. 19). Die
Verrechnung von Verlusten aus Aktienveräußerungen mit
anderen positiven Kapitaleinkünften berge bei erheblichen
Kursstürzen die Gefahr erheblicher Steuermindereinnahmen.
Aufgrund seiner Verantwortung für verfassungsgemäße
öffentliche Haushalte sei der Gesetzgeber daher befugt, den
mit den Aktienmärkten verbundenen spekulationsbedingten
Risiken für die öffentlichen Haushalte durch die
Einführung einer speziellen
Verlustverrechnungsbeschränkung vorzubeugen (BTDrucks 16/5491,
S. 19).
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Aktienveräußerungsverluste
können auch im Rahmen des bei unbeschränkt
Steuerpflichtigen mit Kapitalanlagen im Privatvermögen als
grundsätzlich abgeltend konzipierten
Kapitalertragsteuerabzugs, der eine Veranlagung entbehrlich machen
soll (vgl. § 25 Abs. 1 EStG), nur mit
Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet werden, da
negative Kapitalerträge gemäß § 43a Abs. 3
Satz 2 Halbsatz 1 EStG nur unter Beachtung der
Verlustverrechnungsbeschränkung in § 20 Abs. 6 Satz 5
EStG ausgleichsfähig und auf die folgenden
Veranlagungszeiträume zu übertragen sind. Für die
Ermittlung der kapitalertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage, die
von den Entrichtungspflichtigen unter Beachtung der
Rechtsauffassung der Finanzverwaltung durchzuführen ist (vgl.
BFH-Urteil vom 12.12.2012 - I R 27/12, BFHE 241, 151, BStBl II
2013, 682 = SIS 13 22 42, Rz 10; nunmehr § 44 Abs. 1 Satz 3
EStG), sind für Aktienveräußerungsverluste und
sonstige Verluste aus Kapitalvermögen personenbezogen
gesonderte Verlustverrechnungstöpfe zu bilden und
fortzuführen (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 225, 228, 233; zur Praxis bei Gemeinschaftskonten s. Rz
220, und zu Ehegatten, die einen gemeinsamen Freistellungsauftrag
erteilen, s. Rz 212). Bei Erteilung einer gemäß §
43a Abs. 3 Satz 4 EStG zu beantragenden Verlustbescheinigung sind
danach der Aktienverlustverrechnungstopf und der sonstige
Verlustverrechnungstopf - je nach Antrag - beide oder einzeln zu
schließen und im Rahmen des Steuerabzugs nicht mehr
fortzuführen. Sie sind dann unter Ausübung des
Veranlagungswahlrechts gemäß § 32d Abs. 4 EStG im
Rahmen der Veranlagung geltend zu machen und werden, soweit dort
eine Verrechnung nicht möglich ist, gemäß §
10d i.V.m. § 20 Abs. 6 Sätze 3 bis 5 EStG als
Aktienveräußerungsverluste oder sonstige
Kapitalvermögensverluste gesondert festgestellt.
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20
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Ausnahmen vom Verbot der Verrechnung von
Aktienveräußerungsverlusten mit anderen Gewinnen aus
Kapitalvermögen sind - anders als bei anderen
Kapitaleinkünften aus dem Katalog des § 20 Abs. 1 und
Abs. 2 EStG (vgl. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und
Nr. 3 Satz 2 EStG) - weder gesetzlich noch auf Antrag vorgesehen.
Der besondere Verrechnungskreis für diese Verluste ist stets
zu beachten und kann auch nicht im Wege der
Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG,
bei der entweder nur positive Kapitalerträge den tariflich zu
besteuernden Einkünften hinzugerechnet oder negative
tarifliche Einkünfte anderer Einkunftsarten mit positiven
Kapitalerträgen verrechnet werden können (BFH-Urteil vom
30.11.2016 - VIII R 11/14, BFHE 256, 455, BStBl II 2017, 443 = SIS 17 06 32), durchbrochen werden (Blümich/Ratschow, § 20
EStG Rz 465c).
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II. Entscheidungserheblichkeit
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22
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Die Revision ist unbegründet, wenn §
20 Abs. 6 Satz 5 EStG verfassungsgemäß ist. Sie hat
dagegen Erfolg, wenn die Regelung gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
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1. Der Senat teilt die Würdigung des FG,
dass sowohl die Klage des Klägers als auch die Klage der
Klägerin zulässig erhoben wurden und hierüber
einheitlich durch Sachurteil zu entscheiden war.
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2. Der Antrag der Kläger war in der oben
wiedergegebenen Weise rechtsschutzgewährend auszulegen.
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Die Kapitaleinkünfte der Kläger
wurden jeweils unter Abzug des Sparer-Pauschbetrags
gemäß § 32d Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 EStG zum
gesonderten Tarif (§ 32d Abs. 1 EStG) veranlagt. Auf den
Kläger entfallen Kapitaleinkünfte in Höhe von 1.291
EUR und auf die Klägerin Einkünfte in Höhe von 488
EUR (insgesamt 1.779 EUR). Die gemäß § 2 Abs. 6
Satz 1 EStG bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigende
Steuer nach § 32d Abs. 3 und Abs. 4 EStG beträgt 445 EUR.
Den Klägern geht es ausweislich des selbst formulierten und
vor dem FG sowie im Revisionsverfahren gestellten Antrags
(Verrechnung von Kapitaleinkünften in Höhe von 1.779 EUR
mit Aktienveräußerungsverlusten des Klägers und
Minderung der Steuer gemäß § 32d Abs. 3 und Abs. 4
EStG um 445 EUR) darum, die veranlagten Einkünfte aus
Kapitalvermögen vollständig mit den
Aktienveräußerungsverlusten des Klägers zu
verrechnen, sodass im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung statt
des bisherigen Betrags (445 EUR) keine Steuer gemäß
§ 2 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 32d Abs. 3 und Abs. 4 EStG
mehr zu berücksichtigen ist.
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Das so formulierte Begehren kann jedoch selbst
im Falle einer Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs. 6 Satz 5
EStG und einer daraus folgenden Verrechenbarkeit mit anderen
positiven Kapitalerträgen als
Aktienveräußerungsgewinnen keinen Erfolg haben. Es ist
auf eine ehegattenübergreifende Verlustverrechnung der
Kapitaleinkünfte der Kläger mit den
Aktienveräußerungsverlusten des Klägers gerichtet,
für die es im Rahmen der Veranlagung an einer Rechtsgrundlage
fehlt. Außerdem gehen die Kläger im Rahmen ihrer
Antragstellung zu Unrecht davon aus, dass ein Abzug der
Aktienveräußerungsverluste erst von den um den
Sparer-Pauschbetrag geminderten Einkünften aus
Kapitalvermögen vorzunehmen wäre. Der Sparer-Pauschbetrag
kann gemäß § 20 Abs. 9 Satz 4 EStG aber erst von
positiven Kapitalerträgen abgezogen werden, die nach einer
Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 EStG
verbleiben (s.a. BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36,
Rz 119b).
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Eine Minderung der auf die
Kapitaleinkünfte der Klägerin entfallenden Steuer
gemäß § 32d Abs. 3 und Abs. 4 EStG (488 EUR * 0,25
= 122 EUR) ist danach von vornherein ausgeschlossen. Der Antrag der
Kläger ist jedoch bei rechtsschutzgewährender Auslegung
im Sinne des oben sinngemäß formulierten Antrags dahin
zu verstehen, dass nur eine Minderung der laufenden
Kapitalerträge des Klägers vor Abzug des
Sparer-Pauschbetrags (2.092 EUR) um seine
Aktienveräußerungsverluste des Streitjahres bis auf Null
EUR begehrt wird.
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28
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Die vorbeschriebene
rechtsschutzgewährende Auslegung scheitert nicht daran, dass
eine Klageänderung im Revisionsverfahren gemäß
§ 67 i.V.m. § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässig ist
und eine solche Erweiterung des Antrags auch darin liegen kann,
dass der Kläger im Revisionsverfahren die Festsetzung der
Steuer auf einen niedrigeren Betrag als vor dem FG begehrt
(BFH-Urteil vom 01.06.2016 - X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II
2017, 55 = SIS 16 22 01, Rz 14). Eine solche Klageänderung
wird im Rahmen des sinngemäßen Antrags nicht geltend
gemacht. Zwar übersteigt der im sinngemäßen Antrag
genannte abzuziehende Betrag der
Aktienveräußerungsverluste des Klägers (2.092 EUR)
den im bisherigen Antrag genannten Betrag (1.779 EUR). Die nach dem
sinngemäßen Antrag begehrte Minderung der Steuer
gemäß § 32d Abs. 3 und Abs. 4 (445 EUR ./. 122 EUR
= 323 EUR) ist jedoch geringer als die im selbst formulierten
Antrag der Kläger begehrte Steuerminderung (445 EUR).
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3. Legt man die Vorschrift des § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG als verfassungsgemäß zugrunde, hat das FG
im angefochtenen Urteil die Einkünfte der Kläger aus
Kapitalvermögen und die zu berücksichtigende Steuer
gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 32d Abs. 3
und Abs. 4 EStG im Rahmen der angefochtenen
Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr der Höhe
nach zutreffend ermittelt. Insbesondere hat das FG die beantragte
Verrechnung der aus der Veräußerung von Aktien erzielten
Verluste mit den laufenden Kapitalerträgen des Klägers zu
Recht abgelehnt, weil es sich bei den laufenden
Kapitalerträgen nicht um Aktienveräußerungsgewinne
i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG handelt. Die
Revision wäre daher als unbegründet zurückzuweisen
(§ 126 Abs. 2 FGO). Das FA hätte - im nicht angefochtenen
Verlustfeststellungsbescheid - die
Aktienveräußerungsverluste zutreffend gemäß
§ 20 Abs. 6 Satz 5 i.V.m. Sätze 3 und 4 und § 10d
Abs. 4 EStG in voller Höhe gesondert festgestellt.
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30
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4. Sollte sich hingegen § 20 Abs. 6 Satz
5 EStG als verfassungswidrig erweisen und für nichtig
erklärt werden, käme eine vollständige Verrechnung
der Aktienveräußerungsverluste des Klägers mit
seinen positiven laufenden Kapitalerträgen nach § 20 Abs.
6 Satz 2 EStG in Betracht. Der Revision und Klage wäre auf der
Grundlage des sinngemäß gestellten Antrags stattzugeben
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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31
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5. Der Entscheidungserheblichkeit der Frage
nach der Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs. 6 Satz
5 EStG steht ferner nicht entgegen, dass das BVerfG bei einer
Unvereinbarkeitserklärung die weitere Anwendung des bisherigen
Rechts nach § 35 BVerfGG anordnen kann, obwohl der
Rechtsstreit dann nicht anders zu entscheiden wäre als bei
Feststellung der Verfassungsmäßigkeit der Regelung.
Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist allein,
dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm den Klägern
die Möglichkeit offen hält, eine für sie
günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen
(BVerfG-Beschlüsse vom 25.09.1992 - 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2
BvL 14/91, BVerfGE 87, 153 = SIS 92 21 01, Rz 96, und vom
17.04.2008 - 2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108 = SIS 08 32 52, Rz
31).
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32
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III. Verfassungsrechtliche Beurteilung
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33
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Nach Überzeugung des vorlegenden Senats
verstößt § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG insoweit gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, als im Rahmen
einer Steuerfestsetzung gemäß § 32d Abs. 4 i.V.m.
Abs. 3 Satz 2 EStG Verluste aus der Veräußerung von
Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien
und nicht mit anderen positiven Kapitaleinkünften verrechnet
werden dürfen.
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1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für
ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche
Begünstigungen. Dabei ist es grundsätzlich Sache des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, die er mit
gleichen Rechtsfolgen belegt und damit als „wesentlich
gleich“ qualifiziert. Diese Auswahl muss jedoch
sachgerecht in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen
Sach- und Regelungsbereiche erfolgen (vgl. z.B.
BVerfG-Beschlüsse vom 12.02.2003 - 2 BvL 3/00, BVerfGE 107,
218, und vom 23.05.2006 - 1 BvR 1484/99, BVerfGE 115, 381). Je nach
Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus
dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für
den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu
einer strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen.
Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch
Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß
der Ungleichbehandlung angemessen sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 29.03.2017 - 2
BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 = SIS 17 08 86, und vom 19.11.2019 - 2
BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2
BvL 27/14, BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, m.w.N.).
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35
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2. Art. 3 Abs. 1 GG bindet den
Steuergesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der es
erfordert, die Besteuerung an der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit auszurichten. Das gilt insbesondere im
Einkommensteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des
jeweiligen Steuerpflichtigen hin angelegt ist. Im Interesse
verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss
darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher
Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale
Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die
Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der
Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot
genügen muss (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 09.12.2008 - 2 BvL
1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42; BVerfG-Beschluss vom 15.12.2015 - 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1
= SIS 16 06 95). Abweichungen vom Grundsatz der Besteuerung nach
der Leistungsfähigkeit im Einkommensteuerrecht bedürfen
nach Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtfertigung (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 145, 106 = SIS 17 08 86, Rz 100).
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36
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a) Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann
verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der
Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund
für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung
nicht finden lässt (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom
05.10.1993 - 1 BvL 34/81, BVerfGE 89, 132, und vom 18.07.2005 - 2
BvF 2/01, BVerfGE 113, 167, Rz 126). Willkür des Gesetzgebers
liegt zwar nicht schon dann vor, wenn er unter mehreren
Lösungen nicht die zweckmäßigste,
vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. Es
genügt aber Willkür im objektiven Sinn, das heißt
die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung
in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand. Der
Spielraum des Gesetzgebers endet dort, wo die ungleiche Behandlung
der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am
Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar
ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche
Differenzierung fehlt (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE
89, 132, Rz 39; in BVerfGE 145, 106 = SIS 17 08 86, Rz 101,
m.w.N.).
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37
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b) Bei der Auswahl des Steuergegenstandes
belässt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber ebenso wie bei der
Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden
Entscheidungsspielraum. Unter dem Gebot möglichst
gleichmäßiger Belastung der betroffenen
Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen
Ausgangstatbestandes folgerichtig im Sinne von belastungsgleich
erfolgen (BVerfG-Beschlüsse vom 11.11.1998 - 2 BvL 10/95,
BVerfGE 99, 280 = SIS 99 08 48; in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16,
Rz 100). Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der
mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen gesetzgeberischen
Entscheidung (folgerichtigen Umsetzung des steuerrechtlichen
Ausgangstatbestandes) bedürfen eines besonderen sachlichen
Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu
rechtfertigen vermag. Als besondere sachliche Gründe kommen
neben außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszwecken
auch die Bekämpfung missbräuchlicher Gestaltungen sowie
Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse in Betracht
(BVerfG-Beschlüsse vom 06.07.2010 - 2 BvL 13/09, BVerfGE 126,
268 = SIS 10 19 16, und vom 22.07.1970 - 1 BvR 285/66, 1 BvR
445/67, 1 BvR 192/69, BVerfGE 29, 104 = SIS 70 03 61). Der rein
fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung ist nicht als
besonderer sachlicher Grund in diesem Sinne anzuerkennen
(BVerfG-Beschluss in BVerfGE 145, 106 = SIS 17 08 86, Rz 150,
m.w.N.).
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38
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c) Der Gesetzgeber darf allerdings bei der
Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen
Belastungsentscheidung generalisierende, typisierende und
pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der
damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG-Beschlüsse in
BVerfGE 126, 268 = SIS 10 19 16, und vom 07.05.2013 - 2 BvR 909/06,
2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, BVerfGE 133, 377 = SIS 13 17 53). Er
darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht
gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen
Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen
müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle
betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände
einschließenden Beobachtung ausgehen. Insbesondere darf der
Gesetzgeber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen,
sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als
Maßstab zugrunde legen. Die Vorteile der Typisierung
müssen im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig
verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen
(BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 145, 106 = SIS 17 08 86, Rz 108;
in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 102, jeweils m.w.N.).
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39
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d) Die Anforderungen an
Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen
steigen bis hin zu einer strengen
Verhältnismäßigkeitsprüfung, insbesondere wenn
und soweit sich die Ungleichbehandlung von Personen oder
Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter
Freiheiten auswirken kann. Zudem verschärfen sich die
verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an
die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den
Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art.
3 Abs. 3 GG annähern (vgl. z.B. BVerfG-Urteile vom 08.04.1997
- 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267 = SIS 98 22 10, und vom 10.04.2018 -
1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12,
BVerfGE 148, 147 = SIS 18 04 71, Rz 95, m.w.N.).
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40
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3. Nach diesen Maßstäben ist §
20 Abs. 6 Satz 5 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar (gleicher
Ansicht HHR/Buge, § 20 EStG Rz 8; Dinkelbach, DB 2009, 870
(873); Englisch, Steuer und Wirtschaft - StuW - 2007, 221 (237 f.);
von Glasenapp, BB 2008, 360 (366); Geurts in Bordewin/Brandt,
§ 20 EStG Rz 773; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl.,
Kap. 8 Rz 506; Jachmann, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft -
DStJG - Bd. 34, 251 (264); dieselbe, StuW 2018, 9 (27); dieselbe,
DB 2018, 2777 (2779 f.); Jochum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff -
KSM -, EStG, § 20 Rz H 77; dieselbe, DStZ 2010, 309 (313 f.);
Klotz, Die Abgeltungsteuer, 158 ff.; Loos, DStZ 2010, 78 (82 f.);
Mertz, Kapitalerträge aus börsennotierten Aktien:
Systematik und Besteuerung, 184 f.; Moritz/Strohm in
Frotscher/Geurts, EStG, § 20 n.F. Rz 51 f.; Oho/Hagen/Lenz, DB
2007, 1322 (1324); Recnik, Die Besteuerung privater
Kapitaleinkünfte durch die Abgeltungsteuer, 143 ff.; Rockoff,
Beeinflussung der Investitionsentscheidung durch die
Abgeltungsteuer, 222; BeckOK EStG/Schmidt, 9. Ed. [01.01.2021],
§ 20 Rz 274 ff.; Schönfeld in Schaumburg/Rödder,
Unternehmensteuerreform 2008, 640; Wernsmann, DStR 2009, Beihefter
zu Heft 34, 101 (104); Worgulla, Die Bruttobesteuerung in der
Schedule der Einkünfte aus Kapitalvermögen, 266 f.;
kritisch auch: Barth, Unternehmensteuerreform 2008, 202 f.;
Bleschick in Kirchhof, EStG, 19. Aufl., § 20 Rz 177; anderer
Ansicht Birk, DStJG Bd. 34, 11 (22 f.)).
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41
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Die Vorschrift behandelt Steuerpflichtige bei
der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte
unterschiedlich, je nachdem, ob sie Verluste aus der
Veräußerung von Aktien oder aus der
Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben (unter
a). Für diese Ungleichbehandlung fehlt es selbst bei einer
Prüfung anhand des Willkürmaßstabs an einem
hinreichenden rechtfertigenden Grund (unter b).
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42
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a) Steuerpflichtige, die Verluste aus der
Veräußerung von Aktien erzielt haben, werden durch
§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG gegenüber Steuerpflichtigen mit
Verlusten aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen
i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG insoweit ungleich behandelt,
als die Aktienveräußerungsverluste nur mit
Aktienveräußerungsgewinnen und nicht mit anderen
positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet
werden können, obwohl zwischen beiden Gruppen keine
Unterschiede in deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
bestehen. Dies gilt insbesondere, soweit Steuerpflichtige, die
Verluste aus der Veräußerung von Aktien erzielt haben,
gegenüber Steuerpflichtigen mit Verlusten aus der
Veräußerung aktienbasierter Kapitalanlagen, die keine
Aktien sind, schlechter gestellt werden.
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43
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aa) Neben Verlusten, die durch die
börsliche und außerbörsliche Veräußerung
von Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG
realisiert werden und Leitbild der gesetzgeberischen Vorstellung
waren (BTDrucks 16/5491, S. 19), fallen unter die
Verlustverrechnungsbeschränkung auch Verluste, die durch einen
gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gleichgestellten
veräußerungsähnlichen Vorgang mit Aktien erzielt
werden. In analoger Anwendung des
Veräußerungstatbestandes gehören zu den steuerbaren
Aktienveräußerungsverlusten auch solche, die aufgrund
einer Einziehung/eines Squeeze-Out (vgl. BFH-Urteil in BFHE 267,
232, BStBl II 2020, 836 = SIS 20 04 05; BMF-Schreiben in BStBl I
2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 69, 70) oder eines Entzugs von Aktien
im Rahmen eines Insolvenzplans mittels einer Kapitalherabsetzung
auf Null mit Bezugsrechtsausschluss für die
anschließende Kapitalerhöhung entstehen (BFH-Urteil in
BFHE 267, 232, BStBl II 2020, 836 = SIS 20 04 05) sowie Verluste,
die entstehen, weil eine inländische AG im Rahmen eines
Insolvenzverfahrens abgewickelt und im Register gelöscht oder
die Aktie infolge der Insolvenz aus dem Depot ausgebucht wird
(BFH-Urteil vom 17.11.2020 - VIII R 20/18, zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt). § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
erfasst darüber hinaus auch Veräußerungsverluste,
die im Zusammenhang mit ausländischen Aktien entstehen
(BFH-Urteile vom 12.05.2015 - IX R 57/13, BFH/NV 2015, 1364 = SIS 15 20 71; vom 29.09.2020 - VIII R 9/17, zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt).
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44
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bb) Das in § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
verwendete Merkmal der „Aktie“ ist unter
Anknüpfung an das Gesellschaftsrecht (vgl. §§ 8, 10,
11 des Aktiengesetzes) auszulegen und erfasst auch vergleichbare
ausländische Mitgliedschaftsrechte. Nach Ansicht der
Finanzverwaltung fallen unter die Regelung auch Verluste aus der
Veräußerung von American Depositary Receipts (ADRs) und
anderen Hinterlegungsscheinen für Aktien (BMF-Schreiben in
BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 68, 123, 228). Verluste aus
Veräußerungen von Teilrechten und von Bezugsrechten auf
Aktien sind hingegen aus Sicht der Finanzverwaltung ohne
Einschränkung mit anderen positiven Kapitaleinkünften
verrechenbar (BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz
228). Ob dieser Auffassung zuzustimmen ist, bedarf im vorliegenden
Verfahren allerdings keiner Entscheidung.
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45
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Maßgebend ist, dass Verluste aus der
Veräußerung von Aktien im Sinne der zivilrechtlichen
Definition und vergleichbarer ausländischer
Mitgliedschaftsrechte nur eingeschränkt, d.h. nur mit
gleichartigen Gewinnen verrechnet werden dürfen, während
Verluste aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen i.S.
des § 20 Abs. 2 EStG, insbesondere solcher, die die
Wertentwicklung von Aktien ab- bzw. nachbilden und deshalb im
wirtschaftlichen Ergebnis auf eine mittelbare Investition in Aktien
gerichtet sind (z.B. Aktienfondsanteile, Aktienzertifikate,
Aktienoptionen u.ä.), ohne die Beschränkung des § 20
Abs. 6 Satz 5 EStG innerhalb der Schedule verrechenbar sind. Der
Gesetzgeber hat solche Kapitalanlagen ausdrücklich nicht in
den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG einbezogen,
weil von ihnen, anders als von Aktien, kein qualifiziertes
Haushaltsrisiko ausgehe (BTDrucks 16/5491, S. 19). Nicht von §
20 Abs. 6 Satz 5 EStG erfasst sind nach Auffassung im Schrifttum
beispielsweise Veräußerungsverluste aus Zertifikaten
(Index-, Basket-, Discount-, Bonus-, Express-, Sprint-,
Faktor-Zertifikate etc.), Optionsscheinen (Call-, Put-, Discount-,
Knock-out-, Inline-Optionsscheine etc.), Aktienanleihen,
Termingeschäften, eigenkapitalähnlichen Genussrechten,
Teilrechten und Bezugsrechten auf Aktien (vgl. Bleschick in
Kirchhof, a.a.O., § 20 Rz 177; Kempf in
Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, EStG, 5. Aufl., § 20
Rz 410; vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36,
Rz 228).
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cc) Die Verlustverrechnungsbeschränkung
für Aktienveräußerungsverluste bewirkt bei
vorhandenen positiven Kapitalerträgen (§ 20 Abs. 1 und
Abs. 2 EStG), die keine Aktienveräußerungsgewinne sind,
dass sich die Steuerlast für den Veranlagungszeitraum der
Veräußerung (Verlustentstehungszeitraum) im Rahmen des
Kapitalertragsteuerabzugs und der Veranlagung erhöht und ein
Liquiditäts- und Zinsnachteil verursacht wird, da der
Gesetzgeber anders als bei der Mindestbesteuerung nach § 10d
EStG nicht einen Höchstbetrag zum Abzug im jeweiligen
Veranlagungszeitraum zulässt, sondern diesen auf einen
ungewissen zukünftigen Zeitpunkt, zu dem
Aktienveräußerungsgewinne in der zum Verlustausgleich
erforderlichen Höhe vorliegen, verschiebt.
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47
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Anders als bei einer
einkünfteübergreifenden Verlustverrechnung (vgl.
BVerfG-Beschluss vom 22.07.1991 - 1 BvR 313/88, HFR 1992, 423, Rz
7) kann nicht im Wege typisierender Betrachtung davon ausgegangen
werden, dass Aktienveräußerungsverluste in der
Totalperiode vollständig ausgeglichen werden können,
sodass dem Steuerpflichtigen über einen Liquiditäts- und
Zinsnachteil hinaus die ganze oder teilweise
Nichtberücksichtigung des Verlusts und damit seiner
Anschaffungskosten droht. Bereits zu Lebzeiten besteht die typische
Gefahr einer weitgehenden Nichtverrechenbarkeit, wenn nach der
Realisation eines Aktienveräußerungsverlusts keine
gleichartigen Gewinne nachfolgen.
Aktienveräußerungsgewinne werden im
Veranlagungszeitraum, in dem sie erzielt werden,
uneingeschränkt besteuert, können aber auch im Rahmen des
Steuerabzugs (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 229) und in der Veranlagung mit sonstigen negativen
Kapitalerträgen ausgeglichen werden. So stehen
Aktienveräußerungsgewinne typischerweise nicht mehr als
Verlustverrechnungspotential für zukünftig entstehende
Aktienveräußerungsverluste zur Verfügung. Sie sind
bereits mit sonstigen negativen Kapitalerträgen
gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG ausgeglichen oder
besteuert worden und auch ein Verlustrücktrag ist nicht
möglich. Es müssen daher erst wieder neue
Aktienveräußerungsgewinne erzielt werden, um eine
Verrechnung mit entstandenen Aktienveräußerungsverlusten
zu erreichen.
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48
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Zudem besteht die Gefahr eines
endgültigen Verlustuntergangs bei Versterben des
Steuerpflichtigen. Im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs (vgl.
BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 237) ist von
der auszahlenden Stelle ein verbleibender
Aktienverlustverrechnungstopf zu schließen, sobald sie vom
Tod des Steuerpflichtigen Kenntnis erlangt, weil der Antrag auf
Ausstellung einer Verlustbescheinigung gemäß § 43a
Abs. 3 Satz 4 EStG nach den Vorgaben des genannten BMF-Schreibens
als gestellt anzusehen ist. Hierdurch kommt es zu einer Verlagerung
der Aktienveräußerungsverluste in die letzte
Erblasserveranlagung. Fehlt es an
Aktienveräußerungsgewinnen in diesem
Veranlagungszeitraum, verfallen die
Aktienveräußerungsverluste. Denn in der
Erblasserveranlagung der Kapitaleinkünfte gemäß
§ 32d Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 EStG gewährt das Gesetz
keine besondere „Schlussbesteuerung“ in der
Form, dass verbliebene Aktienveräußerungsverluste mit
anderen positiven Kapitaleinkünften verrechnet werden
können. Ebenso wenig sieht das Gesetz in diesem Fall eine
Verlustverrechnungsmöglichkeit in Gestalt eines (ausnahmsweise
zulässigen) Verlustrücktrags vor. Vom Erblasser nicht
genutzte Verlustvorträge gemäß § 20 Abs. 6
Satz 5 EStG, die gemäß § 10d Abs. 4 EStG in der
Vergangenheit festgestellt wurden, können auch vom
Rechtsnachfolger nicht im Rahmen seiner eigenen Veranlagung zur
Einkommensteuer geltend gemacht werden (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 - GrS 2/04, BFHE 220,
129, BStBl II 2008, 608 = SIS 08 13 73). Aus Gründen
effektiven Rechtsschutzes wäre es deshalb aus Sicht des Senats
nicht angemessen, wenn die Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG erst mit dem Eintritt des endgültigen
Verlustwegfalls in der Erblasserveranlagung geltend gemacht werden
könnte.
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b) Für diese Ungleichbehandlung fehlt es
an einem rechtfertigenden Grund.
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50
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aa) Aus Sicht des Senats liegen hinreichende
Gründe für eine strengere, am
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte
Prüfung der gesetzgeberischen Differenzierung vor.
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51
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aaa) Dem Erfordernis einer strengeren, am
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten
Prüfung widerspricht nicht, dass das BVerfG in seinem Urteil
vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 (BVerfGE 84, 239 = SIS 91 14 01, Rz
144) entschieden hat, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen
nicht gehindert ist, die Besteuerung der Kapitaleinkünfte auf
die gesamtwirtschaftlichen Anforderungen an das
Kapitalvermögen und die Kapitalerträge auszurichten und
entsprechend - zu den anderen Einkunftsarten - zu differenzieren.
Die Berücksichtigung der Erfordernisse des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist danach ein
Gemeinwohlanliegen, das der Gesetzgeber im Rahmen seines
Entscheidungsspielraums verfolgen und im Vergleich zu anderen
Zielen gewichten darf. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers,
die Besteuerung der Kapitaleinkünfte anderen Regelungen zu
unterwerfen als bei den anderen Einkunftsarten, um hierdurch den
Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung
tragen zu können, entbindet ihn nach Auffassung des Senats
jedoch nicht von der Verpflichtung, die Besteuerung innerhalb der
Schedule der Kapitaleinkünfte folgerichtig, d.h.
gleichheitsgerecht, auszugestalten. Dieser Verpflichtung hat der
Gesetzgeber bei der Schaffung der speziellen
Verlustausgleichsbeschränkung in § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
nicht hinreichend entsprochen. Er ist von seiner eigenen
Grundentscheidung, innerhalb der Schedule der Kapitaleinkünfte
eine Verrechnung von Verlusten mit positiven Einkünften aus
Kapitalvermögen zuzulassen (§ 20 Abs. 6 Satz 2 EStG),
abgewichen, indem er vorhergehende Veräußerungsgewinne
aus Aktien uneingeschränkt besteuert und
Veräußerungsverluste aus Aktien abweichend von der
allgemeinen Regelung einer zusätzlichen
Verlustverrechnungsbeschränkung unterwirft. Auch wenn man die
allgemeine Verlustverrechnungsbeschränkung in § 20 Abs. 6
Satz 2 EStG für negative Kapitaleinkünfte mit den
positiven Einkünften tariflich besteuerter Einkunftsarten mit
Blick auf den proportionalen Sondertarif des § 32d Abs. 1 EStG
als gerechtfertigt ansieht, weil die Verrechnung proportional
niedrig besteuerter Verluste aus Kapitalvermögen mit
progressiv hoch besteuerten Gewinnen aus anderen Einkunftsarten
nicht folgerichtig wäre, bedarf es einer gesonderten
verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dafür, dass innerhalb
der schedulär besteuerten Kapitaleinkünfte
Aktienveräußerungsverluste wiederum anders als die
übrigen negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen
behandelt werden (vgl. HHR/Buge, § 20 EStG Rz 8; Wernsmann,
DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 101 (104); BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 145, 106 = SIS 17 08 86, Rz 105; vgl. auch BVerfG-Beschluss
vom 08.03.1978 - 1 BvR 117/78, HFR 1978, 293).
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52
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bbb) Für eine strengere, am
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte
Prüfung spricht auch, dass sich § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten
auswirken kann (vgl. oben unter B.III.2.d). Denn die vom Grundrecht
der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG
geschützte Entscheidung, zwischen verschiedenen
Kapitalanlageobjekten und -formen auszuwählen, wird dadurch
beeinträchtigt, dass der Steuerpflichtige, wenn er aufgrund
erzielter Verluste nicht mehr in Aktien investieren kann oder will,
die endgültige Nichtberücksichtigung der erlittenen
Verluste hinnehmen muss. Er wird von der durch § 20 Abs. 6
Satz 5 EStG bewirkten Verluststreckung deshalb dazu angehalten,
seine Investition in die Verlustaktien auch dann nicht zu beenden,
wenn die eingetretene Verlustsituation ihn ansonsten zum Ausstieg
aus diesem Anlagesegment motivieren würde (vgl. Jochum in KSM,
EStG, § 20 Rz H 65).
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53
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bb) § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG hält
jedoch bereits einer Prüfung am Maßstab des
Willkürverbots nicht stand. Die Regelung genügt daher
erst recht nicht den sich aus dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden
Anforderungen (vgl. oben unter aa). Es fehlt ein sachlich
einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung. Er
ergibt sich weder aus der Gefahr der Entstehung erheblicher
Steuermindereinnahmen aufgrund qualifizierter Haushaltsrisiken
(aaa) noch aus dem Gesichtspunkt der Verhinderung
missbräuchlicher Gestaltungen (bbb) oder aus anderen
außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszielen (ccc).
Der rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung kommt
als Rechtfertigungsgrund ebenfalls nicht in Betracht (ddd). Der
Steuerpflichtige kann der Ungleichbehandlung auch nicht durch ein
zumutbares Verhalten ausweichen (eee).
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54
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aaa) Die Verlustverrechnungsbeschränkung
des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG ist nicht aufgrund der
Notwendigkeit zur Verhinderung von durch Spekulation mit Aktien
bedingten, abstrakt drohenden qualifizierten Haushaltsrisiken
verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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55
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(1) Der Gesetzgeber hat die Einführung
der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz
5 EStG maßgeblich mit den von Spekulationsgeschäften mit
Aktien ausgehenden erheblichen Risiken für die
öffentlichen Haushalte begründet. Die Erfahrung der
Vergangenheit habe gezeigt, dass Kursstürze an den
Aktienmärkten zu einem erheblichen Verlustpotential bei den
Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften
führen könnten, wie insbesondere die Börsenbaisse
der Jahre 2000 bis 2002 gezeigt habe, im Rahmen derer aus
Veräußerungsgeschäften mit Aktien innerhalb der
Jahresfrist Verluste in Höhe von insgesamt 11,2 Mrd. EUR
angefallen seien. Für das gesamte Steueraufkommen hätten
diese Verluste keine relevante Bedeutung gehabt, da Verluste aus
privaten Veräußerungsgeschäften lediglich mit
Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften, also
insbesondere nicht mit Zins- und Dividendeneinkünften,
hätten verrechnet werden können. Ließe man mit der
Überführung der Besteuerung von Einkünften aus der
Veräußerung von Aktien von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG 2008 nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG eine Verrechnung
von Verlusten aus der Spekulation mit Aktien mit positiven
Einkünften aus (anderem) Kapitalvermögen zu,
bestünde die Gefahr, dass bei vergleichbaren Kursstürzen
innerhalb kürzester Zeit Steuermindereinnahmen in
Milliardenhöhe drohten. Zur Verhinderung der von
Veräußerungsgeschäften mit Aktien danach
ausgehenden erheblichen Risiken für die öffentlichen
Haushalte sei es daher geboten, die Verrechnung von Verlusten aus
Spekulationsgeschäften mit Aktien auf ebensolche Gewinne zu
beschränken (vgl. BTDrucks 16/5491, S. 19; vgl. auch
Moritz/Strohm in Frotscher/Geurts, EStG, § 20 n.F. Rz 51
f.).
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(2) Der Gesetzgeber hat der
Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 5
EStG damit eine ausschließlich fiskalischen Interessen
geschuldete Rechtfertigung gegeben, die zwar nicht in erster Linie
in dem Zweck der Erzielung von Steuermehreinnahmen besteht, aber
auf die Sicherung des Steueraufkommens durch die Vermeidung von
abstrakt drohenden erheblichen Steuermindereinnahmen aufgrund von
Spekulationsgeschäften mit Aktien gerichtet ist. Das BVerfG
hat zwar entschieden, dass die Berücksichtigung der
Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ein
Gemeinwohlanliegen ist, das der Gesetzgeber im Rahmen seines
Entscheidungsspielraums verfolgen und im Vergleich zu anderen
Zielen gewichten darf (oben unter B.III.3.b aa aaa; vgl. auch
BFH-Urteil vom 22.08.2012 - I R 9/11, BFHE 238, 419, BStBl II 2013,
512 = SIS 12 30 99, Rz 23, zur Verstetigung des Steueraufkommens
als „qualifizierter Fiskalzweck“). Aus Sicht des
Senats sind die vom Gesetzgeber zur Einführung der
Verlustausgleichsbeschränkung in § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
angeführten Gründe jedoch nicht geeignet, die vorliegende
Durchbrechung des Grundsatzes der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu rechtfertigen. Denn
auch wenn man annimmt, dass einzelne Steuerpflichtige jedenfalls
dann, wenn sie durch ihr Verhalten besondere Risiken für die
öffentlichen Haushalte verursachen, zu Sonderlasten
herangezogen werden dürfen, muss die gesetzgeberische
Rechtfertigung, die typisierend an die mit Aktiengeschäften
verbundenen Verlustrisiken anknüpft, realitätsgerecht
ausgestaltet sein. Die gesetzliche Typisierung darf keinen
atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss den
typischen Fall als Maßstab zugrunde legen. Dies ist hier zur
Überzeugung des Senats nicht der Fall.
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(a) Der Gesetzgeber überschreitet die
Grenzen zulässiger Typisierung (oben unter B.III.2.c), wenn er
davon ausgeht, dass die aufgrund eines Börsencrashs zu
erwartenden Verluste aus der Veräußerung von Aktien ohne
die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz
5 EStG in vollem Umfang steuermindernd geltend gemacht werden und
gravierende Auswirkungen auf das Steueraufkommen haben
können.
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Unter Geltung der früheren Rechtslage bis
zum 31.12.2008 (vgl. oben unter B.I.1.) war eine Verrechnung von
Aktienveräußerungsverlusten mit Gewinnen aus allen
anderen privaten Veräußerungsgeschäften, also auch
mit Gewinnen aus der Veräußerung anderer
Wertpapierformen oder von Grundstücken möglich (vgl.
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 23 Rz 16 ff.). Die
Wahrscheinlichkeit, Verluste aus
Veräußerungsgeschäften mit Aktien bereits im
jeweiligen Veranlagungszeitraum ausgleichen zu können, war
folglich deutlich größer (vgl. Jochum in KSM, EStG,
§ 20 Rz H 65). Zudem bestand aufgrund der Haltefristen
gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 2008 der
Zwang, die Verluste vor deren Ablauf zu realisieren, um sie
steuerlich geltend machen zu können.
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Anders ist dies unter der geltenden
Rechtslage, in der der Steuerpflichtige die Aktien in Verlustphasen
halten kann, ohne die Nichtsteuerbarkeit eines späteren
Aktienveräußerungsverlusts befürchten zu
müssen. Selbst wenn man aber von dem nicht
realitätsgerechten Fall ausginge, dass die zunächst rein
buchmäßig bestehenden Verluste durch
Veräußerung sämtlicher betroffenen privat
gehaltenen Aktien steuerbar realisiert würden, wäre
angesichts der Regelung in § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG eine
Verrechnung der Aktienverluste mit tariflich zu besteuernden
positiven Einkünften anderer Einkunftsarten ausgeschlossen.
Verrechnungspotential bestünde ohne die Regelung in § 20
Abs. 6 Satz 5 EStG nur innerhalb der zum gesonderten Tarif (§
32d Abs. 1 EStG) zu besteuernden Kapitaleinkünfte, soweit
neben den realisierten Aktienveräußerungsverlusten
ausreichend positive Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 und
Abs. 2 EStG erzielt würden; ansonsten bliebe es beim Vortrag
nicht genutzter Aktienveräußerungsverluste.
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Die Annahme des Gesetzgebers, auch bei
Eintritt eines Börsencrashs würden trotz erheblicher
Veräußerungsverluste andere positive Kapitalerträge
(z.B. Zins- und Dividendenerträge und
Veräußerungsgewinne gemäß § 20 Abs. 2
EStG) in einem Maße erzielt, dass die dadurch
ermöglichte Verlustverrechnung innerhalb der Schedule ein
strukturelles Haushaltsrisiko für den Fiskus aufgrund massiver
Steuerausfälle mit sich bringen würde, ist jedoch nicht
ohne weiteres realitätsgerecht. Anders als noch die
Beschränkung der Verlustverrechnung bei privaten
Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 Satz 8
EStG 2008 isoliert § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG die Verluste aus
der Veräußerung von Aktien in einer eigenen Schedule
innerhalb der Schedule des § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG. Dass von
Veräußerungsgeschäften mit Aktien auch unter
Geltung der neuen Rechtslage qualifizierte Haushaltsrisiken
für das staatliche Steueraufkommen ausgehen, ist vom
Gesetzgeber daher nicht plausibel dargetan.
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(b) Auch soweit der Gesetzgeber zwar Verluste
aus der Veräußerung von Aktien, nicht aber solche aus
der Veräußerung indirekter Aktienanlagen (z.B. von
Aktienfondsanteilen, Aktienzertifikaten oder Aktienoptionen) der
besonderen Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG unterwirft, geht er von einer unzutreffenden
Typisierung der Haushaltsrisiken aus.
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Es ist nicht realitätsgerecht, wenn der
Gesetzgeber bei der Veräußerung von Aktienfondsanteilen
in einem Börsencrash typisierend ein geringeres
Haushaltsrisiko annimmt. Aktienfonds mindern zwar im Vergleich zu
Einzelaktien durch ihre Streuung die Gefahr sehr hoher Verluste
aufgrund von Unternehmensrisiken, sind aber von
gesamtwirtschaftlichen Marktrisiken, die der Gesetzgeber als
maßgeblichen Grund für die Schaffung des § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG angesehen hat, in gleicher Weise betroffen. Von in
Zusammenhang mit einem Börsencrash auftretenden
Kursstürzen wären sie ebenfalls erfasst, und eine
hierdurch ausgelöste Veräußerung einer großen
Zahl von Aktienfondsanteilen würde ebenso wie die
Veräußerung von Einzelaktien zu einer Minderung des
Steueraufkommens beitragen. Die Gesetzesbegründung verkennt
ferner, dass auch Optionsscheine und Zertifikate zum Teil weit
höhere Verlustrisiken als Aktien bergen (vgl. Jochum in KSM,
EStG, § 20 Rz H 57).
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Nichts anderes gilt, soweit der Gesetzgeber
bei der Einschätzung des Haushaltsrisikos auf den
tatsächlichen Verbreitungsgrad der einzelnen Anlageform (z.B.
bei Aktienzertifikaten) abstellt. Dies erscheint angesichts des
Umstandes, dass das Anlagerisiko in seiner Höhe nicht (nur)
von der Zahl der gehandelten Kapitalanlagen, sondern auch von dem
zugrunde liegenden Investitionsvolumen und dem Risikopotential der
jeweiligen Kapitalanlage abhängt, ebenfalls nicht
realitätsgerecht. Abgesehen davon knüpft der Gesetzgeber
mit dem Verbreitungsgrad einer Kapitalanlage an ein Kriterium an,
auf das der einzelne Steuerpflichtige bei seiner Anlageentscheidung
keinen Einfluss nehmen kann, so dass hier ungeachtet
gesetzgeberischer Einschätzungs- und Prognosespielräume
verschärfte Anforderungen an die Typisierung zu stellen sind.
Diese Anforderungen sind nach Auffassung des Senats nicht mehr
gewahrt, wenn die Ungleichbehandlung darauf gestützt wird,
dass der Steuerpflichtige einer größeren Anlegergruppe
angehört, auch wenn sich ein Haushaltsrisiko
regelmäßig erst aus einer Addition einer Vielzahl von
Einzelrisiken ergeben kann.
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Vor diesem Hintergrund hätte eine
gleichheitsgerechte Ausgestaltung erfordert, dass auch solche
Kapitalanlagen, die mit weit höheren Verlustrisiken als Aktien
verbunden sind und ein im Vergleich zum Verbreitungsgrad deutlich
größeres Investitionsvolumen aufweisen, in die
Verlustverrechnungsbeschränkung einbezogen werden
(Moritz/Strohm in Frotscher/Geurts, EStG, § 20 n.F. Rz 51 f.;
Jochum in KSM, EStG, § 20 Rz H 59).
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(c) Der Gesetzgeber überschreitet seine
Typisierungsbefugnis schließlich auch insoweit, als er
abstrakt drohende Haushaltsrisiken aufgrund eines Börsencrashs
als Rechtfertigungsgrund für eine
Verlustverrechnungsbeschränkung heranzieht, die ihre Wirkung
unabhängig vom Eintritt eines Börsencrashs entfaltet.
§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG gilt nämlich nicht nur für
Aktienveräußerungsverluste, die aus der
Veräußerung infolge massiver Kursstürze
resultieren, sondern auch (überschießend) für
solche, die in der Phase eines Börsenanstiegs erzielt werden
oder entstehen, wenn der Steuerpflichtige die Aktien bis zur
Abwicklung und Löschung der AG im Register oder einer
insolvenzbedingten Ausbuchung aus seinem Depot hält (vgl. oben
unter B.III.3.a aa). Der Gesetzgeber hat damit die abstrakte Gefahr
eines Börsencrashs zum Anlass für eine von dieser
Situation losgelöste und über diese hinausgehende
generelle Verlustverrechnungsbeschränkung für
Aktienveräußerungsverluste genommen. Der der Regelung
zugrunde liegende Ausnahmefall hat im Tatbestand der Norm keinen
Niederschlag gefunden (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 145, 106 =
SIS 17 08 86, Rz 128).
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bbb) Die Verlustverrechnungsbeschränkung
des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG lässt sich auch nicht mit der
Notwendigkeit zur Verhinderung missbräuchlicher
Steuergestaltungen verfassungsrechtlich rechtfertigen. Insbesondere
scheidet ein Rückgriff auf die Begründung der
Verlustverrechnungsbeschränkung des § 23 Abs. 3
Sätze 8 und 9 EStG 2008 aus (vgl. oben unter B.I.1.). Der BFH
sah in der Möglichkeit, Verluste innerhalb der Haltefrist des
§ 23 EStG 2008 zu realisieren, Gewinne dagegen erst nach
Ablauf der Haltefrist und damit steuerfrei vereinnahmen zu
können, eine Missbrauchsmöglichkeit, der der Gesetzgeber
mit einer Verlustverrechnungsbeschränkung begegnen durfte, da
in einem solchen Fall eine unmittelbare Verrechnung dieser Verluste
mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten nicht
ermöglicht werden müsse (vgl. BFH-Urteile in BFHE 215,
202, BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44; vom 07.11.2006 - IX R
45/04, BFH/NV 2007, 1473 = SIS 07 23 92, und vom 06.03.2007 - IX R
31/04, BFH/NV 2007, 1478 = SIS 07 23 95). Dieser Zweck greift indes
nicht mehr, seit § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG
Veräußerungsgewinne und -verluste unabhängig von
einer Haltefrist steuerlich erfasst, so dass die Steuerbarkeit von
Verlusten und die Nichtsteuerbarkeit von Gewinnen vom
Steuerpflichtigen nicht mehr planmäßig gestaltet werden
kann. Im Übrigen stellt die Herbeiführung von
Verlustverrechnungspotential keinen Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten dar, weil der Steuerpflichtige, wenn
er sich durch die Veräußerung von Verlustaktien trennt,
nicht gegen eine gesetzlich vorgegebene Wertung
verstößt, sondern im Gegenteil von der ihm in § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gesetzlich eingeräumten
Möglichkeit Gebrauch macht (BFH-Urteile vom 12.06.2018 - VIII
R 32/16, BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221 = SIS 18 13 93, Rz 21,
und vom 29.09.2020 - VIII R 9/17, Rz 21). Auch aus § 20 Abs. 6
Satz 2 EStG folgt, dass der Steuerpflichtige Verluste zeitlich so
realisieren darf, dass ein unmittelbarer Ausgleich mit positiven
Einkünften aus Kapitalvermögen im jeweiligen
Veranlagungszeitraum möglich ist, weil sich im Saldo ein
realitätsgerechtes Abbild seiner wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit zeigt. Dass die Veräußerung
einer Aktie im Verlustzeitpunkt als solche nicht als
missbräuchlich angesehen werden kann, zeigt sich
schließlich auch daran, dass Verluste natürlicher
Personen aus der Veräußerung von im
Betriebsvermögen gehaltenen Aktien oder aus wesentlichen
privaten Beteiligungen i.S. des § 17 Abs. 1 EStG (unter den
weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG)
weiterhin voll ausgleichsfähig sind, obwohl der
Realisationszeitpunkt hier gleichermaßen der Disposition des
Steuerpflichtigen unterliegt (vgl. Jachmann, DStJG Bd. 34, 251
(264); Englisch, StuW 2007, 221 (238); Worgulla, Die
Bruttobesteuerung in der Schedule der Einkünfte aus
Kapitalvermögen, 266 f.).
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ccc) Ein sachlicher Grund für die vom
Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung ergibt sich auch nicht aus
etwaigen mit der Regelung verfolgten außerfiskalischen
Förderungs- und Lenkungszielen.
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(1) Der Steuergesetzgeber ist
grundsätzlich nicht gehindert, außerfiskalische
Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls
zu verfolgen (zu den Kapitaleinkünften s. BVerfG-Urteil in
BVerfGE 84, 239 = SIS 91 14 01). Nur dann jedoch, wenn solche
Förderungs- und Lenkungsziele von erkennbaren
gesetzgeberischen Entscheidungen getragen werden, sind sie auch
geeignet, rechtfertigende Gründe für steuerliche
Belastungen oder Entlastungen zu liefern. Weiterhin müssen die
Förderungs- und Lenkungszwecke gleichheitsgerecht ausgestaltet
sein und jedenfalls ein Mindestmaß an zweckgerechter
Ausgestaltung aufweisen (BVerfG-Beschlüsse vom 22.06.1995 - 2
BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = SIS 95 17 08, und vom 07.11.2006 - 1
BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 = SIS 07 06 26; BVerfG-Urteile vom
06.03.2002 - 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 = SIS 02 04 93, und in
BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, m.w.N.).
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(2) Danach kommen Förderungs- oder
Lenkungszwecke als Grundlage sachlicher Rechtfertigung der Regelung
in § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG nicht in Betracht. Zwar kann der
Gesetzesbegründung das Lenkungsziel entnommen werden, dass mit
der Verlustverrechnungsbeschränkung gesamtwirtschaftlich
unerwünschten Fehlanreizen zur Durchführung von
Spekulationsgeschäften, die mit erheblichen wirtschaftlichen
Risiken für die Allgemeinheit verbunden sind, entgegengewirkt
werden sollte (BTDrucks 16/5491, S. 19). Spekulationen auf Kosten
der Allgemeinheit zu verhindern, stellt auch grundsätzlich
einen legitimen Grund für eine Durchbrechung des
einkommensteuerrechtlichen Grundsatzes dar, wonach Verluste eines
Veranlagungszeitraums mit anderen vom Steuerpflichtigen erzielten
positiven Einkünften ausgeglichen werden können (vgl.
BFH-Urteil vom 17.10.1990 - I R 182/87, BFHE 162, 307, BStBl II
1991, 136 = SIS 91 02 55, unter II.B.III.1.b [Rz 23];
BVerfG-Beschluss vom 08.10.1975 - 1 BvR 141/75, HFR 1975, 581).
Aufgrund der generellen Einbeziehung von Gewinnen aus der
Veräußerung von Aktien in die Steuerbarkeit
unabhängig von einer Mindesthaltedauer kann nach Auffassung
des Senats aber nicht davon ausgegangen werden, dass die
Ausgestaltung der Verlustverrechnungsbeschränkung des §
20 Abs. 6 Satz 5 EStG vom Gesetzgeber hinreichend auf diesen Zweck
abgestimmt worden ist (vgl. Wernsmann, DStR 2009, Beihefter zu Heft
34, 101 (104); Schönfeld in Schaumburg/Rödder,
Unternehmensteuerreform 2008, 640). Denn die Einschränkung der
Verlustverrechnung betrifft sämtliche Fälle der
Entstehung von Aktienveräußerungsverlusten und damit
auch Verluste aus der Veräußerung von langfristigen
(nicht-spekulativen) Aktienanlagen (vgl. oben unter B.III.3.a).
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Die Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
ist im Hinblick auf den Lenkungszweck der Verhinderung von
Spekulationen auf Kosten der Allgemeinheit aber auch zu eng
gefasst. Nicht in die Verlustverrechnungsbeschränkung
einbezogen sind nämlich solche Kapitalanlagen, die deutlich
höhere Gewinnchancen und Verlustrisiken als Aktien beinhalten
und sich deshalb besser für Spekulationszwecke eignen
(Moritz/Strohm in Frotscher/Geurts, EStG, § 20 n.F. Rz 52;
Jachmann-Michel, StuW 2018, 9 (27)).
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Vor diesem Hintergrund vermag der
Rechtfertigungsgrund der Vermeidung der Spekulation auf Kosten der
Allgemeinheit die Verlustverrechnungsbeschränkung des §
20 Abs. 6 Satz 5 EStG nicht zu tragen.
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ddd) Offen bleiben kann, ob die
Einführung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG auch der
Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform 2008 diente (vgl.
hierzu Loos, DStZ 2010, 78 (79 ff.)). Denn der rein fiskalische
Zweck der staatlichen Einnahmenmehrung reicht für sich
genommen nicht als rechtfertigender Grund für eine Abweichung
vom Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit aus (BVerfG-Beschlüsse vom 21.06.2006
- 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60, und in BVerfGE 141,
1 = SIS 16 06 95, Rz 96).
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eee) Eine hinreichende verfassungsrechtliche
Rechtfertigung kann schließlich nicht daraus erwachsen, dass
der Steuerpflichtige grundsätzlich die Möglichkeit
hätte, anstelle einer Direktanlage in Aktien auf andere (auch
aktienbasierte) Kapitalanlagen auszuweichen, die nicht zu nach
§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG nur eingeschränkt verrechenbaren
Veräußerungsverlusten führen. Ein mögliches
Ausweichverhalten des Steuerpflichtigen vermag eine
Ungleichbehandlung nur dann zu rechtfertigen, wenn es für den
Steuerpflichtigen zumutbar ist und diesen insbesondere nicht an der
Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Freiheiten
hindert (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15.01.2008 - 1 BvL 2/04, BVerfGE
120, 1 = SIS 08 25 65, Rz 135). Von einer solchen
Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Freiheiten
wäre aus Sicht des Senats aber auszugehen, wenn sich der
Steuerpflichtige aus Gründen der steuerlichen Verlustnutzung
auf andere Anlageformen verweisen lassen müsste, da es allein
ihm obliegt, im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit zwischen den
verschiedenen Anlageformen zu entscheiden (vgl. oben unter
B.III.3.b aa bbb).
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4. Eine die Verfassungswidrigkeit vermeidende
verfassungskonforme Auslegung von § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG ist
nicht möglich.
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a) Die verfassungskonforme Gesetzesauslegung
gebietet es, bei mehreren Möglichkeiten der Normauslegung, die
teils zu einem verfassungswidrigen und teils zu einem
verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige
maßgeblich sein zu lassen, bei der die Regelung mit der
Verfassung vereinbar ist. Im Wege der verfassungskonformen
Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz
jedoch nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative
Gehalt der auszulegenden Vorschrift nicht grundlegend neu bestimmt
und das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt
verfehlt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 02.04.2001 - 1 BvR
355/00, 1 BvR 409/00, 1 BvR 674/00, NJW 2001, 2160, und vom
26.04.1994 - 1 BvR 1299/89, 1 BvL 6/90, BVerfGE 90, 263).
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b) Danach scheidet im Streitfall eine
verfassungskonforme Auslegung aus. Insbesondere kann § 20 Abs.
6 Satz 5 EStG nicht dahin einschränkend ausgelegt werden, dass
Verluste aus Aktienveräußerungen mit anderen positiven
Erträgen aus Aktien i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, z.B.
Dividenden, verrechnet werden können, obwohl es sich insoweit
um dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit handelt
und Aktienkursverluste - insbesondere bei zeitlicher Nähe der
Veräußerung zum Dividendenstichtag - auch auf zuvor
erfolgten Ausschüttungen beruhen können (vgl. Dinkelbach,
DB 2009, 870 (873)). Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des §
20 Abs. 6 Satz 5 EStG ist ein Ausgleich nur mit Gewinnen aus
Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1
EStG, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen,
möglich. Auch nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck
kommenden Willen des Gesetzgebers (BTDrucks 16/5491, S. 19) sollte
eine Verrechnung der Aktienveräußerungsverluste mit
jeglichen anderen Einkünften aus Kapitalvermögen,
insbesondere auch mit Zins- und Dividendeneinkünften,
ausgeschlossen sein (im Ergebnis ebenso auch Recnik, Die
Besteuerung privater Kapitaleinkünfte durch die
Abgeltungsteuer, 151).
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IV. Weitere Verfassungsverstöße
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Ob und inwieweit § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
auch unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen Art. 14 GG
verfassungswidrig ist, lässt der Senat offen. Die Beurteilung
etwaiger weiterer Verfassungsverstöße obliegt allein dem
BVerfG; sie gehört nicht zur Begründung des
Vorlagebeschlusses (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 141, 1 = SIS 16 06 95, Rz 31; vgl. auch BeckOK BVerfGG/Geißler, 10. Ed.
[01.01.2021], § 80 Rz 61, m.w.N.).
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