Betriebsaufgabe nach Betriebsverpachtung: 1. Im Falle der Betriebsverpachtung ist grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung so lange von einer Fortführung des Betriebs auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist und die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen. - 2. Hat der Steuerpflichtige bei Einstellung der werbenden Tätigkeit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden und den Betrieb fortzuführen, kann eine spätere Betriebsaufgabe nur dann angenommen werden, wenn sie den äußeren Umständen nach klar zu erkennen und der Zeitpunkt eindeutig zu bestimmen ist. - Urt.; BFH 19.3.2009, IV R 45/06; SIS 09 25 87
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin zu 1. (M) war im Streitjahr (1998) mit 97 %
an einer GbR beteiligt. Weitere Gesellschafterin war ihre Tochter
(T), die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2., mit einem
Anteil von 3 %. Die Geschäftstätigkeit der GbR bestand in
der Vermietung eines vierstöckigen Geschäftshauses, das
im Alleineigentum der M steht. Im Jahr 2000 gründeten M und T
eine GmbH & Co. KG, die seither das Geschäftshaus
vermietet.
Bis Ende 1969 hatten M und ihre Mutter in
dem Geschäftshaus ein Einzelhandelsgeschäft
(Schuhgeschäft) betrieben. Ab 1970 wurde das gesamte
Gebäude an ein anderes Unternehmen vermietet, das dort
ebenfalls ein Schuhgeschäft betrieb. Die Mieterin nutzte das
Erdgeschoss und das I. Obergeschoss als Ladenräume sowie das
II. Obergeschoss und das Dachgeschoss als Lager- und
Personalräume.
1979 trat M einen Kapitalanteil von 3 % an
der vermietenden GbR an T ab, die seitdem Gesellschafterin ist.
1991 starb die Mutter der M und wurde von ihr allein beerbt.
Seitdem steht das Grundstück im Alleineigentum von M.
Das seit 1970 bestehende
Mietverhältnis endete im Januar des Streitjahres. Ab Februar
wurden das Erd- und das I. Obergeschoss für die Dauer von 10
Jahren an eine Handelskette vermietet, die dort ein
Bekleidungsgeschäft betreibt. Die weiteren Geschosse standen
zunächst leer. Im November des Streitjahres stellte M einen
Bauantrag, um das II. Obergeschoss in ein Büro und das
Dachgeschoss in eine Wohnung umzubauen. Nach Abschluss der
Bauarbeiten wurden beide Etagen ab dem Jahr 2000 für 10 Jahre
an einen Arzt zum Betrieb einer Praxis vermietet.
Die GbR ging von einer Fortführung des
„ruhenden“ Betriebs aus und erklärte für das
Streitjahr weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Nach einer Betriebsprüfung vertrat der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die
Auffassung, die GbR habe durch die Neuverpachtung und den Bauantrag
ihren Betrieb aufgegeben, weil der ursprünglich betriebene
Schuheinzelhandel nicht mehr identitätswahrend
fortgeführt werden könne. Das FA erließ einen
entsprechend geänderten Feststellungsbescheid für das
Streitjahr. Die darin enthaltene Aufteilung der
Besteuerungsgrundlagen auf M und T endete jeweils mit dem Satz:
„Der Beteiligte ist am 31.12.1998 ausgeschieden.“ Der
nachfolgende Einspruch blieb erfolglos.
Dagegen erhoben die Klägerinnen,
handelnd als Gesellschafterinnen der GbR, Klage, mit der sie
zugleich beantragten festzustellen, dass die Gesellschaft zum
31.12.1998 nicht aufgelöst worden sei.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) entschied, dass die GbR ihren Gewerbebetrieb im
Streitjahr aufgegeben habe. Zwar habe sie keine entsprechende
Betriebsaufgabeerklärung abgegeben. Die Fortführung des
Unternehmens erscheine aber nach einem so langen Zeitraum als
ausgeschlossen, nachdem der Gewerbebetrieb ab dem Streitjahr nicht
im Ganzen, sondern mit nur zwei Geschossen an ein branchenfremdes
Unternehmen vermietet worden sei, während zwei weitere
Geschosse nach einem Umbau an einen Arzt langfristig vermietet
worden seien. Das FG habe auch nicht den Eindruck gewonnen, dass
die Fortführung des bis Ende 1969 in eigener Regie betriebenen
Schuhhandelsgeschäftes ernsthaft in Erwägung gezogen
werde. Die Feststellung, dass die GbR auch nach dem 31.12.1998 noch
bestanden habe, sei im vorliegenden Verfahren nicht zu treffen,
weil sie keine Auswirkung auf die Gewinnfeststellung für das
Streitjahr habe. Das Urteil ist in EFG 2007, 122 = SIS 07 17 19
veröffentlicht.
Dagegen richtet sich die Revision der
Klägerinnen. Sie rügen eine Verletzung des § 16 Abs.
3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wegen fehlerhafter
Annahme einer Zwangsbetriebsaufgabe, des § 96 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen fehlerhafter Feststellung einer
fehlenden Fortführungsabsicht und des § 180 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a der Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 705 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wegen fehlerhafter Abweisung
ihres Antrags, die Feststellung des Ausscheidens der
Klägerinnen aus der GbR zum 31.12.1998 aufzuheben.
Die Klägerinnen beantragen,
„unter Kassierung des angefochtenen Urteils“ den
Bescheid über die einheitliche und gesonderte
Gewinnfeststellung für das Jahr 1998 vom 19.3.2003 in der
Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9.10.2003 insoweit
aufzuheben,
a) als in dem Bescheid ein Aufgabegewinn in
Höhe von 1.095.799 DM festgesetzt worden ist,
und
b) als das Ausscheiden der Klägerinnen
aus der GbR zum 31.12.1998 festgestellt worden ist.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet, soweit
sich die Klägerinnen gegen die Annahme einer
Zwangsbetriebsaufgabe und die Feststellung eines
Betriebsaufgabegewinns wenden. Insoweit war das angefochtene Urteil
aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr.
1 FGO). Die Revision ist hingegen nicht begründet, soweit die
Klägerinnen die Aufhebung der
„Feststellung“, sie seien zum 31.12.1998 aus der
GbR ausgeschieden, beantragt haben.
1. Die Dauer der Betriebsverpachtung
rechtfertigt - entgegen der Auffassung des FG - die Annahme einer
zwangsweisen Betriebsaufgabe nicht. Daran ändern auch der
Branchenwechsel auf der Pächterseite und die Verkleinerung der
an den Einzelhändler verpachteten Betriebsräume sowie die
Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Absicht, die
Eigenbewirtschaftung des verpachteten Betriebs wieder aufzunehmen,
nichts.
a) Wird ein Gewerbebetrieb verpachtet, so kann
der Verpächter erklären, ob er den Vorgang als
Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit
die Gegenstände seines Betriebs in sein Privatvermögen
überführen oder ob und wie lange er das
Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen
will (ständige Rechtsprechung seit dem Urteil des Großen
Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.11.1963 GrS 1/63, BFHE
78, 315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77). Die im verpachteten
Betrieb vorhandenen stillen Reserven sind - wie der Große
Senat des BFH im Urteil in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77 weiter entschieden hat - erst aufgedeckt und damit zu
versteuern, wenn der Verpächter die Betriebsgegenstände
in sein Privatvermögen überführt (§ 16 Abs. 3
EStG) oder wenn er vorher den verpachteten Betrieb
veräußert (§ 16 Abs. 1 EStG).
b) Die Betriebsverpachtungsgrundsätze
sind nicht nur dann anzuwenden, wenn der Betrieb im Ganzen als
geschlossener Organismus verpachtet wird; sie gelten auch dann,
wenn zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet
werden (BFH-Urteile vom 11.10.2007 X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl
II 2008, 220 = SIS 08 08 28, unter II.3.a der Gründe; vom
28.8.2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92, unter II.1.b der Gründe). Werden die wesentlichen
Betriebsgrundlagen so umgestaltet, dass sie nicht mehr in der
bisherigen Form genutzt werden können, entfällt die
Möglichkeit der Betriebsfortführung; der Verpächter
stellt die unternehmerische Tätigkeit endgültig ein
(BFH-Urteile vom 26.2.1997 X R 31/95, BFHE 183, 65, BStBl II 1997,
561 = SIS 97 15 18, unter 3.b der Gründe; vom 15.10.1987 IV R
66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260 = SIS 88 04 14, unter 1.
der Gründe). Ebenso führt die Veräußerung
wesentlicher Teile des Betriebsvermögens auch ohne
ausdrückliche Erklärung zur Betriebsaufgabe mit der
Folge, dass dann nur noch die einzelnen, dem Privatvermögen
zuzurechnenden Gegenstände verpachtet sind (BFH-Urteile in
BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92, unter II.1.e der
Gründe; vom 19.1.1983 I R 84/79, BFHE 138, 50, BStBl II 1983,
412, 413 = SIS 83 08 16; vom 21.5.1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992,
659; vom 22.10.1992 III R 7/91, BFH/NV 1993, 358, 359 = SIS 93 13 26; vom 17.4.1997, VIII R 2/95, BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388 =
SIS 98 01 17, m.w.N.).
c) Welche Gegenstände in diesem Sinne als
wesentliche, dem Betrieb das Gepräge gebenden
Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, bestimmt sich nach den
tatsächlichen Umständen des Einzelfalles unter
Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des
betreffenden Betriebs (BFH-Urteile vom 6.11.2008 IV R 51/07, BStBl
II 2009, 303 = SIS 09 05 67, unter II.1.c aa der Gründe; in
BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220 = SIS 08 08 28, unter II.3.b der
Gründe, m.w.N.). Maßgebend ist dabei auf die sachlichen
Erfordernisse des verpachtenden Unternehmens abzustellen (sog.
funktionale Betrachtungsweise; BFH-Urteile in BFHE 183, 385, BStBl
II 1998, 388 = SIS 98 01 17, unter II.2.b der Gründe; in BFHE
203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92, unter II.1.c der
Gründe, m.w.N.; vom 11.2.1999 III R 112/96, BFH/NV 1999, 1198
= SIS 99 50 15; vom 19.2.2004 III R 1/03, BFH/NV 2004, 1231 = SIS 04 32 53, unter II.1. der Gründe, zur Umstellung eines
Hotelbetriebs mit gleichzeitiger Verkleinerung).
Bei einem Einzelhandelsbetrieb bildet
regelmäßig das Betriebsgrundstück die alleinige
wesentliche Betriebsgrundlage, wenn ihm durch seine Lage, den
hierdurch bedingten örtlichen Wirkungskreis und den dadurch
wiederum bestimmten Kundenkreis im Verhältnis zu den
übrigen Wirtschaftsgütern besondere Bedeutung zukommt
(vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1992 III R 5/92, BFH/NV 1993, 233;
Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 16 Rz 697, jeweils m.w.N.).
Demgegenüber gehören Inventar und Warenbestand bei einem
Einzelhandelsbetrieb grundsätzlich nicht zu den für die
Möglichkeit der Betriebsfortführung wesentlichen
Betriebsgrundlagen (BFH-Urteil in BStBl II 2009, 303 = SIS 09 05 67, unter II.1.c aa der Gründe, m.w.N.; anders zur Abgrenzung
des Aufgabegewinns i.S. des § 16 EStG vom laufenden Gewinn
BFH-Urteil vom 29.11.1988 VIII R 316/82, BFHE 156, 408, BStBl II
1989, 602 = SIS 89 13 22, unter 6. der Gründe).
d) Eine Betriebsverpachtung wird nicht von
vornherein dadurch ausgeschlossen, dass das mietende/pachtende
Unternehmen einer anderen Branche angehört als der
Vermieter/Verpächter. Denn entscheidend ist nicht, ob der
Mieter bzw. Pächter den bisherigen Betrieb fortführt,
sondern ob der Vermieter bzw. Verpächter oder sein
Rechtsnachfolger die Eigenbewirtschaftung nach Ablauf des
Nutzungsverhältnisses ohne wesentliche Änderung wieder
aufnehmen kann (BFH-Urteil in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 =
SIS 03 42 92, unter II.2.c der Gründe). Aus dem Vergleich mit
der - nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven zwingenden -
Betriebsunterbrechung ohne Verpachtung der wesentlichen
Betriebsgrundlagen folgt zugleich, dass auch der mit einer
branchenfremden Verpachtung verbundene Verlust an Goodwill des
bisherigen Unternehmens keine entscheidende Rolle spielen kann
(BFH-Urteile in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92,
unter II.2.c der Gründe; vom 20.12.2000 XI R 26/00, BFH/NV
2001, 1106 = SIS 01 72 07).
e) Im Falle der Betriebsverpachtung kann der
Steuerpflichtige (auch) wählen, wie lange er das
Betriebsvermögen fortführt; die Verpachtung stellt eine
Nutzung des Betriebs in anderer Form dar, bis dessen Aufgabe
erklärt wird (Urteil des Großen Senats des BFH in BFHE
78, 315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77). Handelt es sich
jedoch um eine Fortführung des Betriebs in anderer Form (s.
zuletzt BFH-Urteil in BStBl II 2009, 303 = SIS 09 05 67, unter
II.1.c bb der Gründe), besteht ebenso wenig wie bei einem
werbenden oder - worauf die Klägerinnen zu Recht hingewiesen
haben - bei einem gewerblich geprägten Betrieb die
Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung, um
„ewiges“ Betriebsvermögen zu vermeiden
(vgl. Wendt, FR 1998, 264, unter 2. und 4.b). Es ist daher ohne
zeitliche Begrenzung so lange von einer Fortführung des
Betriebs auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt
worden ist und die Möglichkeit der Wiederaufnahme oder
Fortführung des Betriebs besteht (vgl. u.a. BFH-Urteil vom
8.2.2007 IV R 65/01, BFHE 216, 412 = SIS 07 61 25, unter II.2.d dd
der Gründe; BFH-Beschluss vom 12.1.2007 XI B 39/06, BFH/NV
2007, 710 = SIS 07 09 42).
aa) Dem entsprechend hat der BFH eine
Verpachtungsdauer von 22 Jahren (BFH-Beschluss vom 20.7.2007 X B
131/06, BFH/NV 2007, 2100 = SIS 07 35 46), von 25 Jahren
(BFH-Beschluss vom 7.10.1998 VIII B 43/97, BFH/NV 1999, 350 = SIS 98 54 21) und von 30 bis 40 Jahren (BFH-Beschluss vom 24.3.2006
VIII B 98/01, BFH/NV 2006, 1287 = SIS 06 25 88) als
unschädlich angesehen. Dabei hat er es abgelehnt, eine
für alle Fälle gültige Höchstdauer der
Verpachtung festzulegen (vgl. BFH-Urteil vom 14.3.2006 VIII R
80/03, BFHE 212, 541, BStBl II 2006, 591 = SIS 06 25 30, unter
II.2.c bb der Gründe; BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1287 = SIS 06 25 88).
bb) Zwar hat der III. Senat des BFH zu noch 80
Jahre laufenden Erbbaurechten im Urteil in BFH/NV 2004, 1231 = SIS 04 32 53, unter 3. der Gründe a.E. die Auffassung vertreten,
dass nicht mehr von einem ruhenden Gewerbebetrieb ausgegangen
werden könne, wenn der zeitliche Rahmen, innerhalb dessen der
Betrieb an den Steuerpflichtigen zurückfalle, so weit in die
Zukunft verlagert sei, dass er mehrere Generationen umspanne.
Soweit daraus eine absolute zeitliche Höchstgrenze abzuleiten
ist, hat der Senat Bedenken, dem für Betriebsverpachtungen zu
folgen, zumal der Große Senat des BFH im Verpachtungsfall -
anders als die frühere, aufgegebene Rechtsprechung - nicht vom
Ruhen des Gewerbebetriebs, sondern von dessen Fortführung in
anderer Form ausgegangen ist (Urteil in BFHE 78, 315, BStBl III
1964, 124 = SIS 64 00 77). Da der Streitfall mit dem vom III. Senat
entschiedenen Fall (Urteil in BFH/NV 2004, 1231 = SIS 04 32 53)
nicht vergleichbar ist, bedarf es insoweit jedoch keiner
abschließenden Entscheidung.
cc) Auch der Gesichtspunkt der
Betriebsunterbrechung rechtfertigt in Verpachtungsfällen die
Festlegung einer zeitlichen Höchstgrenze nicht (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 212, 541, BStBl II 2006, 591 = SIS 06 25 30,
unter II.2.b bb (2) der Gründe).
f) Wie der Große Senat des BFH im Urteil
in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77 entschieden
hat, muss der Steuerpflichtige den Finanzbehörden
gegenüber klar zum Ausdruck bringen, wie er sich nach der
Verpachtung des Betriebs den weiteren Fortgang denkt, weil die
Situation in tatsächlicher Hinsicht gewöhnlich nicht
eindeutig ist. Erklärt er, dass er den Betrieb verpachtet
habe, weil er ihn aufgeben wolle, so ist der Vorgang als
Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 EStG zu
behandeln. Andernfalls gilt der Betrieb als fortbestehend; er wird
dann in anderer Form als bisher genutzt (Urteil des Großen
Senats des BFH in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77).
aa) Aus Beweisgründen ist dem
entsprechend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige bei
Einstellung der werbenden Tätigkeit und Verpachtung des
Betriebs die Fortführung des Betriebs in anderer Form
wählt, um eine Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden,
sofern er nicht unmissverständlich und eindeutig die Aufgabe
des Betriebs erklärt (ständige Rechtsprechung; vgl. u.a.
BFH-Urteile vom 8.3.2007 IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640 = SIS 07 27 45, unter II.1.a der Gründe; vom 26.8.2004 IV R 52/02, BFH/NV
2005, 674 = SIS 05 18 20, unter I.3.a der Gründe). Die
Aufgabeerklärung ist allerdings nicht an eine bestimmte Form
gebunden; sie kann sich auch aus konkludenten Handlungen ergeben
(BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 1640 = SIS 07 27 45, unter II.1.a der
Gründe; vom 15.10.1987 IV R 91/85, BFHE 151, 392, BStBl II
1988, 257 = SIS 88 04 15, unter 4. der Gründe).
Maßgeblich sind die nach außen erkennbaren
Umstände bei Einstellung des werbenden Betriebs (BFH-Urteil in
BFHE 216, 412 = SIS 07 61 25, unter II.2.d bb und cc der
Gründe).
bb) Hat der Steuerpflichtige bei Einstellung
der werbenden Tätigkeit von der Möglichkeit Gebrauch
gemacht, die Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden und den
Betrieb fortzuführen, muss er sich grundsätzlich daran
festhalten lassen. Eine spätere Betriebsaufgabe kann nur dann
angenommen werden, wenn sie den äußeren Umständen
nach klar zu erkennen und der Zeitpunkt eindeutig bestimmbar ist;
dazu bedarf es in der Regel einer ausdrücklichen
Aufgabeerklärung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 412 = SIS 07 61 25, unter II.2.d dd der Gründe zur
„schleichenden“ Betriebseinstellung; vgl. auch
Kanzler, FR 2007, 800; Schmidt/ Wacker, a.a.O., § 16 Rz 706).
Auf innere Vorbehalte, Motive oder Absichten kommt es nicht an
(vgl. Dötsch, FR 2007, 589, 594; Kulosa in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 418, 495; Wendt, FR 2006,
828).
cc) Soweit bisher auch in Fällen der
Betriebsverpachtung eine darüber hinaus gehende Absicht, die
unterbrochene Tätigkeit nach Pachtende wiederaufzunehmen und
deren objektiv wahrscheinliche Verwirklichung für erforderlich
gehalten wurde (vgl. Senatsurteile vom 16.12.1999 IV R 53/99,
BFH/NV 2000, 1078 = SIS 00 58 10, unter 1.e der Gründe; vom
18.3.1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398 = SIS 99 12 12, unter 3.b der Gründe; BFH-Urteil vom 27.2.1985 I R 235/80,
BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456 = SIS 85 16 14, unter II.2. der
Gründe; Senatsbeschluss vom 20.1.1999 IV B 99/98, BFH/NV 1999,
1073 = SIS 98 59 41), beabsichtigt der Senat, daran in Zukunft
nicht mehr festzuhalten. Es handelt sich um ein letztlich nur
„pro forma“ aufgestelltes subjektives Merkmal
(Dötsch, FR 2007, 589, 595), das in der bisherigen
Rechtsprechung nicht entscheidungserheblich war. (vgl. HHR/Kulosa,
§ 16 EStG Rz 418; Schuster, FR 2007, 584; Wendt, FR 2006,
828). Im Hinblick auf die ausdrückliche
Fortführungserklärung der Klägerinnen bedarf es
insoweit im Streitfall jedoch keiner abschließenden
Entscheidung (s. vorstehend unter II.1.e und II.1.f bb).
2. Nach ständiger Rechtsprechung bindet
die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG nach § 118 Abs.
2 FGO den BFH, auch wenn sie nicht zwingend, sondern nur
möglich ist. Das gilt nur dann nicht, wenn sie in sich
widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist, gegen
Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen verstößt
oder ihr zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu
Grunde liegen (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2005 IX R 76/03, BFHE 212,
360, BStBl II 2006, 359 = SIS 06 11 15; BFH-Beschluss vom 5.7.2006
IV B 91/05, BFH/NV 2006, 2245 = SIS 06 44 68).
3. Das angefochtene Urteil entspricht diesen
Grundsätzen darin, dass die wirtschaftliche Identität des
Gewerbebetriebs nach der Verpachtung/Vermietung bestehen geblieben
ist, nicht jedoch hinsichtlich der Höchstdauer der
Vermietung/Verpachtung und der Wiederaufnahmeabsicht.
a) Die Vorentscheidung ist nicht zu
beanstanden, soweit das FG entschieden hat, dass der Umbau des II.
und III. Obergeschosses des Geschäftshauses sowie der
Branchenwechsel des Mieters des Einzelhandelsgeschäfts nicht
zu einer zwangsweisen Betriebsaufgabe geführt haben. Das FG
konnte zu der Auffassung gelangen, dass die Lager- und
Personalräume nicht zu den funktional wesentlichen
Betriebsgrundlagen des Einzelhandelsgeschäfts gehörten,
so dass ihre Umgestaltung und anderweitige Vermietung
unschädlich war. Ebenso wenig führte der Umstand zum
Wegfall der wirtschaftlichen Identität des vermieteten
Gewerbebetriebs, dass der neue Mieter ein Bekleidungsgeschäft
und nicht mehr ein Schuhgeschäft betrieb.
b) Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich
eine Betriebsaufgabe aber nicht aus der Dauer der Neuverpachtung.
Nach den Feststellungen des FG verlängerte sich durch die
erneute Vermietung der Räume im Erdgeschoss und im I.
Obergeschoss deren Mietdauer auf insgesamt 38 Jahre mit der Option
einer Verlängerung um weitere fünf Jahre auf dann
insgesamt 43 Jahre. Dieser Zeitablauf ist nicht geeignet, eine
zwangsweise Betriebsaufgabe zu begründen. Hinzu kommt, dass
sich nur so Unsicherheiten über den Zeitpunkt einer solchen
Zwangsaufgabe vermeiden lassen.
c) Auch die vom FG vermuteten inneren
Vorbehalte der Klägerinnen, in dem
Geschäftsgrundstück tatsächlich wieder selbst ein
Schuhgeschäft zu betreiben, rechtfertigen keine andere
Beurteilung. Unstreitig haben sie erklärt, den Gewerbebetrieb
auch nach der erneuten Vermietung fortführen zu wollen. Die
Fortführung war nach den Feststellungen des FG objektiv
möglich. Bei dieser Sachlage kommt es auf Annahmen über
die wirklichen Absichten der Klägerinnen nicht an (gl. A.
HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz 418), zumal es sich dabei letztlich
nur um Spekulationen handeln kann.
4. Soweit sich die Klägerinnen gegen die
jeweiligen Angaben im angefochtenen Bescheid wenden, sie seien zum
31.12.1998 aus der GbR ausgeschieden, ist die Revision
unbegründet. Die Klage war insoweit unzulässig, weil die
Klägerinnen nicht beschwert sind. Das FG hat die Klage in
diesem Punkt im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
a) Wird in einem Steuer- oder
Feststellungsbescheid eine Rechtsauffassung geäußert,
die sich nicht auf die Veranlagung des laufenden Jahres auswirkt
und auch nicht in sonstiger Weise bindend ist, wird der
Steuerpflichtige dadurch nicht beschwert. Eine solche
Äußerung kann daher weder durch Anfechtungs- noch durch
Feststellungsklage angegriffen werden (BFH-Urteil vom 27.1.1972 IV
R 157/71, BFHE 105, 1, BStBl II 1972, 465 = SIS 72 02 69). Ob eine
bindende Regelung getroffen wurde, richtet sich nach dem
Regelungsinhalt eines Bescheides. Dieser ergibt sich für die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus
§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO. Das Feststellungsfinanzamt
hat danach Feststellungen über alle Umstände zu treffen,
die die Besteuerung der gemeinschaftlichen Einkünfte
beeinflussen und die nach Sinn und Zweck des
Gewinnfeststellungsverfahrens vorab mit Bindungswirkung für
die Veranlagung der Beteiligten festgestellt werden sollen
(BFH-Urteil in BFHE 216, 412 = SIS 07 61 25, unter II.1.a der
Gründe; Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, §
180 AO Rz 227).
b) Die im angefochtenen Feststellungsbescheid
enthaltene Äußerung, die Klägerinnen seien zum 31.
Dezember des Streitjahres aus der GbR ausgeschieden, gehört
danach nicht zu dessen Regelungsinhalt, wie das FG im Ergebnis
zutreffend entschieden hat. Denn diese Äußerung betrifft
eine zivilrechtliche (Vor-) Frage; sie ist nicht Gegenstand einer
bindenden Feststellung für die Veranlagung, sondern
Begründung für den festgestellten Aufgabegewinn.
Auswirkungen auf die Besteuerung der Klägerinnen im Streitjahr
hat sie nicht.