Aufgabe der Geschäftstätigkeit durch Betriebsunternehmen, Betriebsunterbrechung, -Aufgabe des Besitzunternehmens: 1. Eine Betriebsunterbrechung im engeren Sinne und keine Aufgabe des Gewerbebetriebs kann bei dem vormaligen Besitzunternehmen auch dann vorliegen, wenn das Betriebsunternehmen die werbende Geschäftstätigkeit endgültig eingestellt hat. - 2. Von der Absicht, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen, ist auszugehen, solange die Fortsetzung objektiv möglich ist und eine eindeutige Aufgabeerklärung nicht abgegeben wird; die Fortsetzung ist objektiv möglich, solange das vormalige Besitzunternehmen sämtliche für den Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen unverändert zurückbehält. - Urt.; BFH 14.3.2006, VIII R 80/03; SIS 06 25 30
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine KG, betrieb bis 1983 vier Kaufhäuser.
Drei der Geschäftsgrundstücke befinden sich in ihrem
Eigentum. An der KG waren u.a. KK und BK als Komplementäre zu
jeweils 31,5 v.H. beteiligt.
1983 verpachtete die Klägerin das
Handelsgeschäft an eine GmbH. Deren Gesellschafter waren KK
und BK zu jeweils ein Halb. Im Verlauf des Jahres 1985 stellte die
GmbH den Handel ein; das letzte Kaufhaus wurde am 31.12.1985
geschlossen. Seit Januar 1986 zahlte die GmbH keine Pachten mehr.
Im Zeitraum von April 1985 bis April 1988 vermietete die
Klägerin die in ihrem Eigentum stehenden frei gewordenen
Gewerbeflächen an verschiedene Gewerbetreibende
(Lebensmittel-Einzelhandel, Sportstudios) mit Laufzeiten zwischen 5
und 13 Jahren.
Im Januar 1987 trat die GmbH als alleinige
persönlich haftende Gesellschafterin in die Klägerin ein,
die Einlagen von KK und BK wurden in Kommanditeinlagen umgewandelt.
Einen entsprechenden Beschluss hatten die Gesellschafter der
Klägerin bereits im Dezember 1985 gefasst. Die Klägerin
erklärte durchgehend Einkünfte aus
Gewerbebetrieb.
Nach einer Betriebsprüfung
änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -
FA - ) die Feststellungsbescheide der Klägerin und
berücksichtigte bei ihr für 1986 einen Aufgabegewinn von
rd. 3,14 Mio. DM. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) entschied, ein Aufgabegewinn sei allenfalls 1985
entstanden. Daraufhin änderte das FA den
Gewinnfeststellungsbescheid der Kägerin für 1985 nach
§ 174 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte den der
Höhe nach unstreitigen Aufgabegewinn erneut an. Die dagegen
nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte ebenfalls Erfolg
(vgl. SIS 05 35 20).
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts (§ 16 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ).
Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und der Beigeladene haben
keine Anträge gestellt.
II. Die Revision ist nicht begründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Ergebnis zu Recht hat das FG
die Aufgabe des Gewerbebetriebs der Klägerin im Jahr 1985
verneint.
1. Das FG ist davon ausgegangen, dass zwischen
der Klägerin und der GmbH seit 1983 eine Betriebsaufspaltung
bestanden habe, die mit Einstellung der werbenden Tätigkeit
der GmbH beendet gewesen sei. Dies habe aber nicht zur Aufgabe des
Betriebs der Klägerin geführt. Eine Betriebsverpachtung
im Ganzen liege nicht vor, weil die Klägerin die von der GmbH
zurückgegebenen Gewerbeflächen zu unterschiedlichen
Zeitpunkten und mit unterschiedlichen Laufzeiten vermietet habe. Es
sei jedoch von einer Betriebsunterbrechung im engeren Sinne
auszugehen. Sie liege vor, wenn der Unternehmer die Absicht habe,
den eingestellten Betrieb später fortzuführen und wenn
die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter es erlaubten, den
Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in
gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen.
2. Diese Ausführungen lassen entgegen der
Auffassung des FA keine Rechtsfehler erkennen. Sie stehen vielmehr
in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
(BFH) zur Betriebsaufgabe bei Beendigung einer Betriebsaufspaltung
und entwickeln die dort aufgestellten Grundsätze folgerichtig
weiter.
a) Mit dem FG geht der Senat davon aus, dass
die Klägerin bis Ende 1985 aufgrund einer zwischen ihr und der
GmbH bestehenden Betriebsaufspaltung als Besitzgesellschaft
Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat und dass die
Betriebsaufspaltung mit Einstellung der werbenden Tätigkeit
durch die GmbH entfallen ist, weil die ihr von der Klägerin
pachtweise überlassenen Betriebsgrundstücke ab diesem
Zeitpunkt für die GmbH keine wesentlichen Betriebsgrundlagen
mehr waren (sog. sachliche Entflechtung). Die dagegen von der
Klägerin im Prozess erhobenen Einwände hat das FG aus
tatsächlichen Gründen verworfen. Daran ist der BFH
gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
b) Entfällt die sachliche Verflechtung,
weil das überlassene Wirtschaftsgut seine Eigenschaft als
wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens verliert und
endet deshalb die Betriebsaufspaltung, so führt dies
grundsätzlich zur Aufgabe des Gewerbebetriebs i.S. des §
16 Abs. 3 Satz 1 EStG bei dem Besitzunternehmen und zur
Versteuerung der stillen Reserven (ständige Rechtsprechung
vgl. BFH-Urteile vom 23.4.1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II
1998, 325 = SIS 96 22 39, und vom 5.12.1996 IV R 83/95, BFHE 182,
137, BStBl II 1997, 287 = SIS 97 09 14, m.w.N.). Das gilt jedoch
nicht, wenn bei dem vormaligen Besitzunternehmen die
Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen oder einer
vorübergehenden Betriebsunterbrechung (Ruhenlassen des
Betriebs) vorliegen.
aa) Stellt ein Unternehmer seine werbende
gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt darin nicht
notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann auch
nur als Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den
Fortbestand des Betriebes unberührt lässt (BFH-Urteil vom
27.2.1985 I R 235/80, BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456 = SIS 85 16 14). Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, dass der
Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen - in der Regel
einheitlich an einen anderen Unternehmer - verpachtet oder darin,
dass er die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt. Wird keine
Aufgabeerklärung abgegeben, so geht die Rechtsprechung davon
aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb
künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen
Wirtschaftsgüter dies ermöglichen (Urteil des
Großen Senats des BFH vom 13.11.1963 GrS 1/63 S, BFHE 78,
315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77; BFH-Urteile in BFHE 143,
436, BStBl II 1985, 456 = SIS 85 16 14; vom 28.8.2003 IV R 20/02,
BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92, und vom 22.9.2004
III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160 = SIS 05 02 14).
bb) Diese für die Einstellung der
werbenden Tätigkeit durch den Unternehmer geltenden
Grundsätze sind bei der Beendigung einer Betriebsaufspaltung
gleichermaßen zu beachten.
(1) Das gilt zunächst für die durch
eine Betriebsaufspaltung überlagerte Betriebsverpachtung im
Ganzen. In der Rechtsprechung des BFH ist seit langem anerkannt,
dass das sog. Verpächterwahlrecht bei Beendigung einer
Betriebsaufspaltung wieder auflebt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181,
1, BStBl II 1998, 325 = SIS 96 22 39, und vom 6.3.1997 XI R 2/96,
BFHE 183, 85, BStBl II 1997, 460 = SIS 97 14 23; BFH-Beschluss vom
5.2.2003 VIII B 134/01, BFH/NV 2003, 909 = SIS 03 32 68). Der BFH
hat dies vor allem mit der Erwägung gerechtfertigt, dass das
Verpächterwahlrecht (grundlegend dazu BFH-Urteil in BFHE 78,
315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77) bei der Begründung
einer sog. echten Betriebsaufspaltung nicht untergehe. Zwar
könne der Besitzunternehmer die an das Betriebsunternehmen
verpachteten Wirtschaftsgüter zu diesem Zeitpunkt nicht durch
Abgabe einer Erklärung in das Privatvermögen
überführen. Dem Zwang zur Buchwertfortführung
korrespondiere aber das Aufleben des Verpächterwahlrechts beim
Wegfall der Betriebsaufspaltung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 181, 1,
BStBl II 1998, 325 = SIS 96 22 39; Schmidt/ Wacker, EStG, 24.
Aufl., § 16 Rz. 708, 715). Aus Gründen der
Gleichbehandlung hat der BFH diese Rechtsfolge auch auf den Wegfall
einer sog. unechten Betriebsaufspaltung bezogen (vgl. BFH-Urteil
vom 17.4.2002 X R 8/00, BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527 = SIS 02 09 58).
Eine Betriebsverpachtung im Ganzen lag - wie
das FG zu Recht angenommen hat - im Streitfall jedoch schon deshalb
nicht vor, weil die Klägerin wesentliche Teile der von der
GmbH zuvor genutzten Gewerbeflächen nach den Feststellungen
der Vorinstanz bis zum Ende des Streitjahres 1985 noch nicht
anderweitig vermietet oder verpachtet hatte.
(2) Für die Betriebsunterbrechung im
engeren Sinne (grundlegend dazu: BFH-Urteile vom 28.9.1995 IV R
39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276 = SIS 96 04 19, und vom
26.2.1997 X R 31/95, BFHE 183, 65, BStBl II 1997, 561 = SIS 97 15 18) gilt nichts anderes. Eine Betriebsunterbrechung im engeren
Sinne hat der BFH im Zusammenhang mit einer Betriebsaufspaltung
für möglich gehalten beim vorübergehenden Wegfall
der personellen Verflechtung wegen Eröffnung des
Konkursverfahrens über das Vermögen der
Betriebsgesellschaft (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 85, BStBl II
1997, 460 = SIS 97 14 23 mit Anmerkung Wendt, FR 1997, 486) und
bejaht bei einer beabsichtigten mangels personeller Verflechtung
von Besitz- und Betriebsunternehmen, aber fehlgeschlagenen
Betriebsaufspaltung (BFH-Urteil vom 11.5.1999 VIII R 72/96, BFHE
188, 397, BStBl II 2002, 722 = SIS 99 15 41 mit Anmerkung HG, DStR
1999, 1186).
Eine Betriebsunterbrechung kann bei der
vormaligen Besitzgesellschaft auch dann vorliegen, wenn die
Betriebsgesellschaft die werbende Geschäftstätigkeit
endgültig eingestellt hat. Daraus und aus der damit
verbundenen Beendigung der Betriebsaufspaltung ergibt sich nicht
eindeutig, dass auch die Besitzgesellschaft ihren Gewerbebetrieb
endgültig aufgegeben hat. Sie kann - soweit die personelle und
sachliche Verflechtung wieder hergestellt werden - mit derselben
oder mit einer anderen Betriebsgesellschaft ihre gewerbliche
Tätigkeit als Besitzgesellschaft wieder aufnehmen (vgl. auch
BFH-Urteil in BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527 = SIS 02 09 58).
Sie kann aber auch das von der vormaligen Betriebsgesellschaft
ausgeübte Gewerbe selbst aufnehmen und so ihren Gewerbebetrieb
identitätswahrend fortführen, solange sie über die
dafür wesentlichen Betriebsgrundlagen verfügt (BFH-Urteil
in BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527 = SIS 02 09 58). Wie bei der
Betriebsverpachtung hängt auch bei der Betriebsunterbrechung
(im engeren Sinne) die Beurteilung, ob der Gewerbebetrieb
endgültig aufgegeben ist, letztlich von der Absicht des
Steuerpflichtigen ab. Aus Nachweisgründen ist auch in diesem
Fall von der Fortsetzungsabsicht auszugehen, solange die
Fortsetzung objektiv möglich ist und eine eindeutige
Aufgabeerklärung nicht abgegeben wird. Das
Verpächterwahlrecht steht danach auch einem ehemaligen
Besitzunternehmer zu, der die wesentlichen Betriebsgrundlagen
zurückbehält, ohne sie anderweitig zu verpachten (ebenso:
Bitz in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar,
§ 15 Rn. 144; Stahl in Korn, § 16 EStG, Rz. 274).
c) Das FG hat die Voraussetzungen einer
Betriebsunterbrechung bei der Klägerin im Streitfall auch zu
Recht bejaht.
aa) Die Annahme eines ruhenden Gewerbebetriebs
außerhalb der Betriebsverpachtung setzt voraus, dass bei
Einstellung der werbenden Tätigkeit oder beim Wegfall der
Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung die Absicht des
Steuerpflichtigen besteht, den Betrieb später
fortzuführen und dass die zurückbehaltenen
Wirtschaftsgüter es erlauben, den Betrieb innerhalb eines
überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher
Weise wieder aufzunehmen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 179, 75, BStBl
II 1996, 276 = SIS 96 04 19; in BFHE 183, 65, BStBl II 1997, 561 =
SIS 97 15 18; in BFHE 188, 397, BStBl II 2002, 722 = SIS 99 15 41,
m.w.N., und vom 20.6.2000 VIII R 18/99, BFH/NV 2001, 31 = SIS 01 50 22). Von der Absicht des Steuerpflichtigen, den Betrieb später
fortzuführen, ist auszugehen, solange er eine eindeutige
Aufgabeerklärung nicht abgegeben hat und die Fortsetzung
objektiv möglich ist. Das ist nur dann der Fall, wenn
sämtliche für die Fortsetzung des eingestellten
Gewerbebetriebs wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten
und nicht entscheidend umgestaltet werden. Werden, wie im
Streitfall, nur die Betriebsgrundstücke zurückbehalten,
liegt eine Betriebsunterbrechung nur dann vor, wenn die
Grundstücke die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage
darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 17.4.1997 VIII R 2/95, BFHE 183,
385, BStBl II 1998, 388 = SIS 98 01 17). Dies hat die neuere
Rechtsprechung insbesondere bei Betrieben des Groß- oder
Einzelhandels bejaht; das jederzeit wiederbeschaffbare Inventar
sowie andere Gegenstände des Anlagevermögens gehören
ebenso wie das Umlaufvermögen bei solchen Unternehmen hiernach
nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Auf die
branchenfremde Verwendung eines Grundstücks durch den
Pächter kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 203, 143,
BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16
Rz. 697, m.w.N.). Anhaltspunkte für eine im Streitjahr
durchgeführte wesentliche bauliche Umgestaltung der
Gebäude vor der Fremdvermietung hat das FG nicht
festgestellt.
bb) Etwas anderes ergibt sich im Streitfall
auch nicht daraus, dass die Klägerin die Grundstücke an
verschiedene Gewerbetreibende mit unterschiedlichen Laufzeiten
vermietet hat. Unabhängig davon, dass die Rechtsfolgen dieser
Handlungen nicht im Streitjahr zu erfassen wären, ergibt sich
auch daraus nicht eindeutig, dass der Betrieb endgültig
aufgegeben werden sollte (vgl. BFH-Urteile vom 28.11.1991 IV R
58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521 = SIS 92 11 20; vom
16.12.1997 VIII R 11/95, BFHE 185, 205, BStBl II 1998, 379 = SIS 98 05 27, und in BFH/NV 2001, 31 = SIS 01 50 22; Wendt, FR 1998, 264,
272). Unschädlich ist auch, dass die Mietverträge eine
Laufzeit von bis zu 13 Jahren hatten. Der BFH hat es bislang
abgelehnt, für die höchstens zulässige Dauer einer
Betriebsunterbrechung einen festen Zeitraum anzunehmen (vgl.
Senatsbeschluss vom 24.3.2006 VIII B 98/01, nicht
veröffentlicht). Davon abzuweichen, besteht im Streitfall
keine Veranlassung.