1
|
I. Die Klägerinnen und
Revisionsbeklagten (Klägerinnen) sind Erbinnen ihrer im Jahr
2002 verstorbenen Mutter (Erblasserin). Die Erblasserin war
Eigentümerin von Grundbesitz mit einer Gesamtgröße
von ca. 7.850 m², den sie ihrerseits im Jahr 1958 von ihrer
Mutter schenkweise erhalten hatte. Der Grundbesitz befand sich
mindestens seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im
Familienbesitz. Im Grundbuch finden sich für zwei frühere
Eigentümer die Berufsbezeichnungen
„Tagelöhner“ und „Zimmermann“;
für keinen der Voreigentümer wurde der Beruf
„Landwirt“ eingetragen.
|
|
|
2
|
Der Einheitswertakte zufolge bildete der
Grundbesitz bereits zum 1.1.1935 einen Wirtschaftsteil und Wohnteil
umfassenden Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. In der
Steuererklärung zur Hauptfeststellung auf den 1.1.1964 gab die
Erblasserin als Tierbestand eine Kuh und zwei Schweine an. Für
das Wirtschaftsjahr 1979/80 erklärte sie einen Tierbestand von
zwei Rindern unter einem Jahr und für die Wirtschaftsjahre
1986/87 bis 1988/89 einen Tierbestand von einem Rind über zwei
Jahre. Auf der letzten dieser Erklärungen vermerkte der
Allgemeine Landwirtschaftliche Sachverständige am 25.7.1990,
dass nach örtlicher Ermittlung weiterhin Landwirtschaft
betrieben werde und ein Trecker vorhanden sei. Die Erblasserin
entrichtete Beiträge an die Landwirtschaftskammer und an die
landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft. Ob sie jemals
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt hat, ist
nicht feststellbar.
|
|
|
3
|
Bereits 1981 hatte die Erblasserin eine
Teilfläche von ca. 1.400 m² im Wege der Schenkung auf die
Klägerin zu 2. übertragen, die diese mit einem Wohnhaus
bebaute, das sie seither zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Ein
Entnahmegewinn wurde nicht versteuert.
|
|
|
4
|
Mit Verträgen vom 23. und 27. November
des Streitjahres (2001) übertrug die Erblasserin den
verbliebenen Grundbesitz im Wege vorweggenommener Erbfolge auf die
Klägerinnen. Die Klägerin zu 2. erhielt das neben der
bereits 1981 übertragenen Parzelle liegende Grundstück,
dessen Wert - wie zwischenzeitlich nicht mehr streitig ist -
219.520 EUR beträgt. Die Klägerin zu 1. erhielt den
rückwärtig gelegenen Teil des Grundbesitzes.
|
|
|
5
|
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) vertrat bei Erlass des Einkommensteuerbescheids
für das Streitjahr die Auffassung, dass der Grundbesitz
insgesamt land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen
gewesen sei. Die Übertragung der Parzelle auf die
Klägerin zu 2. sei daher als Entnahme zu beurteilen.
|
|
|
6
|
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab
das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Nach dem Inhalt der Akten
und dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne das FG nicht
feststellen, dass auf dem streitgegenständlichen Grundbesitz
von den Rechtsvorgängern der Klägerinnen jemals
Landwirtschaft mit Gewinnerzielungsabsicht unter Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr betrieben worden sei. Das
Urteil ist in EFG 2009, 178 veröffentlicht.
|
|
|
7
|
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts. Die Grundbucheintragungen zu den
Berufen der Vorfahren der Klägerinnen seien nicht
entscheidungserheblich, weil es nicht darauf ankomme, ob die
landwirtschaftliche Tätigkeit damals eine Haupt- oder nur
Nebentätigkeit gewesen sei und ob daraus der Lebensunterhalt
habe bestritten werden können. Die Bewertung des Grundbesitzes
als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sei ein wesentliches
Indiz für die Ausübung der Landwirtschaft mit Beteiligung
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da eine
landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle damals nur dann als
landwirtschaftlicher Betrieb i.S. des § 29 Abs. 1 des
Reichsbewertungsgesetzes (= § 33 des Bewertungsgesetzes - BewG
- 1965) bewertet worden sei, wenn ein Rohertrag von mindestens
3.000 DM jährlich erzielt worden sei.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass von
einem Verkehrswert des entnommenen Grundstücks von 219.520 EUR
auszugehen und der Freibetrag nach § 14a Abs. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist.
|
|
|
9
|
Die Klägerinnen beantragen, die
Revision zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
Sie machen u.a. geltend, nach den
Feststellungen des FG habe es sich nicht um eine
landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle, sondern um eine reine
Eigenbedarfsbewirtschaftung gehandelt. Im Rahmen der
Gesamtwürdigung habe das FG die Indizwirkung der
Bewertungsakte als widerlegt angesehen. An die Tatsachen- und
Beweiswürdigung des FG sei der Bundesfinanzhof (BFH)
gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
gebunden.
|
|
|
11
|
II. Die Revision des FA ist begründet.
Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Klage in dem durch
den Revisionsantrag des FA eingeschränkten Umfang abzuweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht das
Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs verneint.
|
|
|
12
|
1. Eine Entnahme des auf die Klägerin zu
2. übertragenen Grundstücks kommt nur dann in Betracht,
wenn es zuvor Betriebsvermögen war. Voraussetzung dafür
ist, dass die Erblasserin oder einer ihrer Rechtsvorgänger
einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hat, zu dessen
Betriebsvermögen das Grundstück gehörte. Weitere
Voraussetzung ist, dass die Zuordnung zu diesem Betrieb nicht
bereits früher beendet wurde, insbesondere also, dass der
Betrieb bis zu dem Zeitpunkt der Grundstücksübertragung
fortbestanden hat.
|
|
|
13
|
2. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb
setzt eine selbstständige nachhaltige Betätigung voraus,
die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, und unter Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird.
|
|
|
14
|
a) Ein Eigentumsbetrieb, dessen Grundlage der
eigene Grund und Boden ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.3.1999 IV R
65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398 = SIS 99 12 12, unter 3.b
der Gründe, m.w.N.), erfordert weder eine
Mindestgröße noch eine Hofstelle oder einen vollen
Besatz an Betriebsmitteln; denn Landwirtschaft kann auch auf
Stückländereien betrieben werden (BFH-Urteil vom
30.8.2007 IV R 5/06, BFHE 218, 569, BStBl II 2008, 113 = SIS 08 01 98, unter II.1.b der Gründe, m.w.N.). Ein Betrieb der Land-
und Forstwirtschaft liegt nach dem BFH-Urteil vom 26.6.1985 IV R
149/83 (BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549 = SIS 85 18 37, unter
B.II.a der Gründe) jedoch nicht vor, wenn wegen einer sehr
geringen Nutzfläche nur solche Erträge erzielt werden
können, wie sie ein (privater) Gartenbesitzer in der Regel
für Eigenbedarfszwecke erzielt. Ein solcher Gartenbesitzer
strebt nicht nach einem echten, wirtschaftlich ins Gewicht
fallenden Gewinn. Soweit der Senat dabei für den Sonderfall
eines aussetzenden Forstbetriebs als Untergrenze auf einen
Gesamtgewinn von auf die Jahre verteilt mindestens 1.000 DM pro
Jahr abgestellt hat (Urteil in BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549 =
SIS 85 18 37, unter B.II.b zu a der Gründe), kann
offenbleiben, ob der Senat daran festhalten würde. Jedenfalls
lässt sich eine solche Grenze nicht auf andere Fälle
übertragen. Denn sie wäre nicht damit zu vereinbaren,
dass auch Nebeneinkünfte grundsätzlich der
Einkommensteuer unterliegen, soweit sie nicht ausdrücklich von
der Steuer befreit sind (s. den von der Höhe der
Einkünfte abhängigen Freibetrag von 670 EUR
gemäß § 13 Abs. 3 EStG, sowie nunmehr die
Steuerbefreiung für Einnahmen aus bestimmten nebenberuflichen
Tätigkeiten bis zur Höhe von 500 EUR pro Jahr in § 3
Nr. 26a EStG).
|
|
|
15
|
b) Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn
sie auf Wiederholung angelegt ist, also die Absicht besteht,
weitere Geschäfte abzuschließen (u.a. BFH-Urteil vom
19.2.2009 IV R 10/06, BFHE 224, 321, BStBl II 2009, 533 = SIS 09 11 99, unter II.2.c aa der Gründe).
|
|
|
16
|
c) Die Erzielung von Einkünften aus Land-
und Forstwirtschaft i.S. des § 13 EStG setzt
Gewinnerzielungsabsicht voraus. Dies ergibt sich aus § 15 Abs.
2 EStG, der auch auf Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
anzuwenden ist (BFH-Urteil vom 11.10.2007 IV R 15/05, BFHE 219,
508, BStBl II 2008, 465 = SIS 08 17 92, unter II.1.a der
Gründe, m.w.N.).
|
|
|
17
|
aa) Gewinnerzielungsabsicht erfordert eine
Betätigung, die über eine größere Zahl von
Jahren gesehen auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt
ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984 GrS
4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08, unter
C.IV.3.c aa (2) der Gründe). An der Gewinnerzielungsabsicht
fehlt es, wenn die Gewinnprognose negativ ist und der
Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im
Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen
Gründen und Neigungen ausübt (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 508, BStBl II 2008,
465 = SIS 08 17 92, unter II.1.c der Gründe, m.w.N.).
|
|
|
18
|
bb) Maßgebend ist allein der steuerliche
Gewinn. Auf die nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten
ermittelten Periodenergebnisse kommt es nicht an (BFH-Urteil vom
17.3.2010 IV R 60/07, BFH/NV 2010, 1446 = SIS 10 21 30, unter
II.2.b der Gründe, m.w.N.). Fehlt es an einer Gewinnermittlung
und damit an dem Nachweis von Verlusten, kann nicht von einer
fehlenden Gewinnerzielungsabsicht ausgegangen werden (BFH-Urteil
vom 18.5.2000 IV R 27/98, BFHE 192, 287, BStBl II 2000, 524 = SIS 00 10 69, unter 1.e der Gründe).
|
|
|
19
|
d) Einkünfte aus Land- und
Forstwirtschaft liegen nur bei einer Beteiligung am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr vor (BFH-Urteil vom 13.12.2001 IV R 86/99,
BFHE 197, 468, BStBl II 2002, 80 = SIS 02 04 12, unter 1.b der
Gründe). Diese erfordert eine Tätigkeit, die gegen
Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich
erkennbar angeboten wird (BFH-Urteil in BFHE 224, 321, BStBl II
2009, 533 = SIS 09 11 99, unter II.2.b der Gründe). So kann es
sich selbst dann verhalten, wenn die Tätigkeit nur einem
einzigen Marktteilnehmer angeboten wird. Maßgeblich ist, ob
die zu beurteilende Tätigkeit dem Bild einer unternehmerischen
Marktteilhabe entspricht (BFH-Urteil in BFHE 224, 321, BStBl II
2009, 533 = SIS 09 11 99, unter II.2.b aa der Gründe, m.w.N.).
Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kann auch
vorliegen, wenn Leistungen entgeltlich nur Angehörigen
gegenüber erbracht werden (BFH-Urteil in BFHE 197, 468, BStBl
II 2002, 80 = SIS 02 04 12, unter 1.b der Gründe).
|
|
|
20
|
3. Feststellungen zu der Frage, ob ein
landwirtschaftlicher Betrieb - ggf. vor Generationen - vorhanden
war, können in Grenzfällen schwierig zu treffen sein.
Anhaltspunkte können sich aus der Größe und der Art
der Bewirtschaftung des Grundstücks, aus der Einheitsbewertung
und aus der Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaft oder anderen landwirtschaftlichen
Berufsorganisationen ergeben.
|
|
|
21
|
a) Auch wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb
keine Mindestgröße erfordert (s. oben unter II.2.a),
können die Größe und die Art der Bewirtschaftung
Anhaltspunkte dafür bieten, ob der Rahmen einer privaten
Gartenbewirtschaftung für Eigenbedarfszwecke
überschritten wurde. Die Finanzverwaltung nimmt aus
Gründen der Verwaltungsvereinfachung an, dass
einkommensteuerrechtlich kein land- und forstwirtschaftlicher
Betrieb vorliegt, wenn die bewirtschafteten
Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als
3.000 m² sind, sofern es sich nicht um Intensivnutzungen
für Sonderkulturen handelt, z.B. für Gemüse-,
Blumen- und Zierpflanzenanbau, Baumschulen oder Weinbau (u.a.
Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 25.4.1972
S 2000 - 14 - 311 (vgl. SIS 97 03 48), Felsmann,
Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Anl. 15 b;
Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen vom
18.4.1972 F/IV B 4 - S 2230 - 29/72, früher
veröffentlicht in Steuererlasse in Karteiform,
Einkommensteuergesetz, § 13 Nr. 198). Die Rechtsprechung hat
darin eine Faustregel gesehen, an der sie sich im Einzelfall
orientiert hat (vgl. BFH-Urteile vom 9.12.1986 VIII R 26/80, BFHE
148, 524, BStBl II 1987, 342 = SIS 87 08 14, unter 1.b aa der
Gründe; vom 1.2.1990 IV R 8/89, BFHE 159, 471, BStBl II 1990,
428 = SIS 90 09 16; vom 12.11.1992 IV R 41/91, BFHE 170, 311, BStBl
II 1993, 430 = SIS 93 11 11, unter 2.a der Gründe). Soweit der
Senat im Urteil vom 6.11.2008 IV R 6/06 (BFH/NV 2009, 763 = SIS 09 12 64) von anderen Überlegungen ausgegangen ist, beruht das
auf den Besonderheiten des § 14a EStG, die sich auf den
Streitfall nicht übertragen lassen.
|
|
|
22
|
b) Ein objektives Beweisanzeichen dafür,
dass (auch) einkommensteuerrechtlich ein Betrieb der Land- und
Forstwirtschaft besteht, ist die Bewertung einzelner
Grundstücksflächen als Stückländereien und
damit als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gemäß
§ 34 Abs. 7 BewG (BFH-Urteil in BFHE 197, 468, BStBl II 2002,
80 = SIS 02 04 12, unter 2. der Gründe). Dieses
Beweisanzeichen verstärkt sich, wenn auch die
Wirtschaftsgebäude oder die Betriebsmittel oder beide Arten
von Wirtschaftsgütern dem Eigentümer des Grund und Bodens
gehören, so dass es sich bei dem Betrieb der Land- und
Forstwirtschaft nicht (nur) um Stückländereien handelt
(vgl. § 34 Abs. 7 Satz 2 BewG). Allerdings ist das
Beweisanzeichen erschüttert, wenn es sich um einen
Verpachtungsbetrieb handelt, der bei dem Eigentümer zu
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt.
|
|
|
23
|
Entsprechendes gilt für die bei
Überschreitung einer Mindestgrenze an die Einheitsbewertung
anknüpfende Entrichtung von Beiträgen an die
Landwirtschaftskammer.
|
|
|
24
|
c) Die Mitgliedschaft in der
landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (Unfallversicherung) ist
ein objektives Beweisanzeichen für das Bestehen eines
selbstbewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs. Denn sie
knüpft an das Vorhandensein eines landwirtschaftlichen
Unternehmens an, wobei Haus-, Zier- und andere Kleingärten,
die weder regelmäßig noch in erheblichem Umfang mit
besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet werden und deren
Erzeugnisse hauptsächlich dem eigenen Haushalt dienen,
ausgenommen sind (vgl. bis zum 31.12.1996: § 776 Abs. 1 Nr. 1
i.V.m. § 778 der Reichsversicherungsordnung - RVO - ; seither:
§ 123 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Siebten Buchs
Sozialgesetzbuch - SGB VII - ). Beitragspflichtig ist der
Unternehmer des (aktiven) landwirtschaftlichen Unternehmens als
Mitglied der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (bis zum
31.12.1996: §§ 792, 658, 802, 723 Abs. 1 Satz 1 RVO;
jetzt: §§ 130, 150 Abs. 1 SGB VII; zu der insoweit
maßgeblichen Mindestgröße siehe Urteil des
Bundessozialgerichts vom 11.11.2003 B 2 U 51/02 R, juris).
|
|
|
25
|
4. Nach diesen Grundsätzen ist entgegen
der Auffassung des FG aufgrund der objektiven Beweisanzeichen davon
auszugehen, dass die Rechtsvorgänger der Erblasserin einen
landwirtschaftlichen Betrieb auch im einkommensteuerlichen Sinne
unterhalten haben.
|
|
|
26
|
a) Die Größe der bewirtschafteten
Grundstücksflächen überstieg die für die
Abgrenzung von einer privaten Gartenbewirtschaftung zu
Eigenbedarfszwecken entwickelte Grenze bei weitem. Nach der
Einheitswertfeststellung 1935 handelte es sich damals um einen
landwirtschaftlichen Betrieb, der Wohnteil und Wirtschaftsteil
umfasste. An dieser Beurteilung hat sich in folgenden
Feststellungen nichts geändert. Diese Beweisanzeichen sprechen
dafür, dass auch einkommensteuerrechtlich ein
landwirtschaftlicher Betrieb unterhalten wurde.
|
|
|
27
|
b) Der sich daraus ergebenden Indizwirkung
können die aus dem Grundbuch ersichtlichen Berufsbezeichnungen
der früheren Eigentümer nicht entgegengehalten werden.
Denn die Berufsangaben als „Zimmermann“ und
„Tagelöhner“ - auf die das FG Bezug
genommen hat - erlauben keinen Rückschluss zur Beantwortung
der Frage, ob die Flächen damals nur zu Eigenbedarfszwecken
und nicht in Gewinnerzielungsabsicht bewirtschaftet wurden. Sie
sind daher bereits dem Grunde nach nicht geeignet, die Indizwirkung
der Bewertung des Grundbesitzes als Betrieb der Land- und
Forstwirtschaft zu erschüttern. Denn bei einem derartigen,
vergleichsweise kleinen Grundbesitz, der auf der anderen Seite
sowohl die von der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen
angenommene Mindestgröße als auch die übliche
Größe von Hausgärten bei weitem überschreitet,
handelt es sich typischerweise um einen Nebenerwerbsbetrieb; die
Berufsangaben sprechen nicht dafür, dass die damaligen
Eigentümer auf mögliche Erwerbschancen verzichten
konnten.
|
|
|
28
|
Anhaltspunkte dafür, dass es sich um
einen Liebhabereibetrieb (s. dazu unter II.2.c) gehandelt haben
könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
|
|
|
29
|
c) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die
Würdigung des FG, die Erblasserin habe den Grundbesitz nur zu
Eigenbedarfszwecken bewirtschaftet, mit den Zeugenaussagen
vereinbar ist, wonach sie zumindest gelegentlich auch Geld- oder
Tauschleistungen erhalten und bei der Bewirtschaftung die Hilfe
Dritter in Anspruch genommen hat. Denn jedenfalls können
daraus keine Rückschlüsse auf die Bewirtschaftung in
früheren Zeiten gezogen werden. Aufgrund der Beweisanzeichen
ist davon auszugehen, dass der Betrieb zumindest in früheren,
wirtschaftlich angespannteren Zeiten von den Rechtsvorgängern
der Erblasserin mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Beteiligung
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bewirtschaftet wurde (vgl.
dazu Urteil des FG Baden-Württemberg vom 27.6.2007 8 K 139/03,
EFG 2008, 27 = SIS 07 29 67).
|
|
|
30
|
5. Bestand ursprünglich ein
landwirtschaftlicher Betrieb, sind die Grundstücke in der Hand
der Rechtsnachfolger Betriebsvermögen geblieben, solange sie
nicht entnommen wurden oder der Betrieb aufgegeben wurde. Daran
ändert auch ein späterer Übergang zur
Eigenbedarfsbewirtschaftung nichts.
|
|
|
31
|
a) Früher landwirtschaftlich genutzte
Grundstücke bleiben ohne ausdrückliche Entnahmehandlung
landwirtschaftliches Betriebsvermögen, sofern sie nicht
infolge einer Nutzungsänderung zu notwendigem
Privatvermögen werden (BFH-Beschluss vom 5.7.2006 IV B 91/05,
BFH/NV 2006, 2245 = SIS 06 44 68, unter 1.a der Gründe,
m.w.N.). Eine Entnahme kann nur bei einer
unmissverständlichen, von einem entsprechenden Entnahmewillen
getragenen Entnahmehandlung angenommen werden. Der Steuerpflichtige
muss ggf. die Folgerungen aus der Entnahme ziehen und einen
Entnahmegewinn erklären. Es genügt nicht, dass er
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt (u.a.
BFH-Urteil vom 7.2.2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135 = SIS 02 86 88). Unzureichend für eine Entnahme ist es erst recht, wenn
der Steuerpflichtige überhaupt keine Einkünfte
erklärt.
|
|
|
32
|
b) Die Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs
führt nicht zu einer Betriebsaufgabe; das gilt auch dann, wenn
die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine
ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen
(BFH-Urteil in BFHE 218, 569, BStBl II 2008, 113 = SIS 08 01 98,
unter II.1.b der Gründe, m.w.N.). Bei einer Einstellung der
werbenden Tätigkeit und Verpachtung des Betriebs ist aus
Beweisgründen in der Regel davon auszugehen, dass der
Steuerpflichtige den Betrieb fortführt, sofern er nicht
unmissverständlich und eindeutig die Aufgabe des Betriebs
erklärt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 8.3.2007 IV R 57/04, BFH/NV
2007, 1640 = SIS 07 27 45, unter II.1.a der Gründe, m.w.N.).
Liegt eine derartige Erklärung nicht vor, so ist das bisherige
Betriebsvermögen in der Regel so lange weiter als
Betriebsvermögen anzusehen, wie dies rechtlich möglich
ist (BFH-Urteile vom 26.8.2004 IV R 52/02, BFH/NV 2005, 674 = SIS 05 18 20, unter I.3.a der Gründe; vom 19.3.2009 IV R 45/06,
BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902 = SIS 09 25 87, unter II.1.e und
II.1.f der Gründe, zu einem gewerblichen Betrieb). Geht der
Steuerpflichtige zur Eigenbedarfsbewirtschaftung über, kann
nichts anderes gelten. Denn auch in einem solchen Fall ist ohne
entsprechende Erklärung nicht objektiv erkennbar, ob - und
ggf. ab welchem Zeitpunkt - der Betrieb aufgegeben oder ob er
lediglich unterbrochen wurde.
|
|
|
33
|
c) Entfällt die Gewinnerzielungsabsicht
in einem bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb,
führt dies nicht zu einer Betriebsaufgabe und zur
Überführung des Betriebsvermögens in das
Privatvermögen (BFH-Urteil in BFHE 192, 287, BStBl II 2000,
524 = SIS 00 10 69, unter 1.e der Gründe, m.w.N.). Die
einzelnen Wirtschaftsgüter bleiben weiterhin
Betriebsvermögen. Werden sie entnommen, führt das zur
Realisierung der bis zum Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht
entstandenen stillen Reserven (BFH-Urteile vom 29.10.1981 IV R
138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60, unter 3.a
der Gründe; vom 15.5.2002 X R 3/99, BFHE 199, 241, BStBl II
2002, 809 = SIS 02 95 19, unter II.4.b der Gründe).
|
|
|
34
|
d) Auch die Aufgabe einer Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr schließt die
spätere gewinnrealisierende Entnahme eines betrieblichen
Grundstücks nicht aus (BFH-Urteile in BFHE 197, 468, BStBl II
2002, 80 = SIS 02 04 12; vom 24.11.1994 IV R 53/94, BFH/NV 1995,
592, unter 1.c der Gründe, m.w.N.). Da eine Fortführung
des Betriebs auch bei Einstellung der werbenden Tätigkeit und
Verpachtung des Betriebs möglich ist (s. oben unter II.5.b),
hat der Zeitpunkt, von dem an der Steuerpflichtige sich nicht mehr
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, keinen Einfluss
auf die Höhe der bei einer späteren Entnahme zu
versteuernden stillen Reserven.
|
|
|
35
|
6. Der Betrieb ist danach weder von den
Rechtsvorgängern der Erblasserin noch von dieser selbst
aufgegeben worden. Die Grundstücke sind weiterhin
Betriebsvermögen geblieben. Das FA hat daher im angefochtenen
Bescheid dem Grunde nach zu Recht eine Entnahme wegen des auf die
Klägerin zu 2. übertragenen Grundstücks
berücksichtigt, deren Höhe zwischenzeitlich nicht mehr
streitig ist. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen sog.
„Liebhabereibetrieb“ gehandelt hat, so dass die
stillen Reserven im Übergangszeitpunkt zu ermitteln
wären, ergeben sich aus dem angefochtenen Urteil nicht.
Insbesondere erlauben die Feststellungen des FG, denen zufolge die
Erblasserin die landwirtschaftlichen Grundstücke zu
Eigenbedarfszwecken bewirtschaftet hat, nicht die Annahme, diese
habe einen Liebhabereibetrieb unterhalten. Denn es fehlt an dem
Nachweis von Verlusten durch eine Gewinnermittlung. Der Gewinn war
vielmehr weiterhin nach § 13a EStG zu ermitteln.
|
|
|
36
|
7. Der Senat entscheidet in der Sache selbst
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Weitere Feststellungen zur
Frage der Gewinnerzielungsabsicht der Vorfahren der Erblasserin
sind nicht mehr möglich, wie sich aus dem angefochtenen Urteil
und dem Vorbringen der Beteiligten in der mündlichen
Verhandlung ergibt. Das Urteil des FG ist aufzuheben und der
angefochtene Bescheid in dem sich aus dem Revisionsantrag
ergebenden Umfang zu ändern. Die Neuberechnung der
Einkommensteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe
wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
|
|
|
37
|
8. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Kosten des
Revisionsverfahrens tragen die Klägerinnen, weil die Revision
des FA in vollem Umfang Erfolg hat. Die Kosten des Klageverfahrens
tragen die Beteiligten je zur Hälfte, da die Klage zu einer
Änderung des angefochtenen Bescheids durch die Herabsetzung
des Entnahmegewinns und die Berücksichtigung des Freibetrags
nach § 14a Abs. 4 EStG führt. Ein getrennter
Kostenausspruch für das Revisions- und das Klageverfahren ist
in einem solchen Fall zulässig (vgl. BFH-Urteil vom 30.4.2003
II R 6/01, BFH/NV 2004, 341 = SIS 04 09 68, unter 3. der
Gründe, m.w.N.).
|
|
|