Gebäudesanierung durch Treuhänder, Vorsteuerabzug: 1. Saniert ein Treuhänder ein Gebäude für Zwecke einer umsatzsteuerpflichtigen Vermietung, ist der Treuhänder und nicht der Treugeber aufgrund der im Namen des Treuhänders bezogenen Bauleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt. - 2. Die Hinzuziehung eines Dritten nach § 174 Abs. 4 und 5 AO muss vor Ablauf der für den Dritten geltenden Festsetzungsfrist erfolgen. - Urt.; BFH 18.2.2009, V R 82/07; SIS 09 16 37
I. Streitig ist, ob der im Verfahren V R
81/07 beigeladene G (G) oder die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) aus den für die
Sanierung eines Wohngebäudes in den Streitjahren 1995 und 1996
von Fremdunternehmern bezogenen Leistungen (Sanierungsleistungen)
zum Vorsteuerabzug nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes 1993
(UStG) berechtigt ist.
G erwarb Ende 1994 ein mit einem
Wohngebäude bebautes Grundstück. Den Werkvertrag zur
Sanierung des Gebäudes schloss G im eigenen Namen ab. Die
Sanierungsleistungen wurden in den Streitjahren gegenüber G
erbracht und abgerechnet. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten
vermietete G mehrere Ladenlokale im eigenen Namen. Ein zwischen G
und der Klägerin 1994 mündlich abgeschlossener
Treuhandvertrag wurde im März 2002 schriftlich bestätigt.
Die Klägerin wurde nach den Streitjahren als Eigentümerin
im Grundbuch eingetragen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erließ am 14.1.1998 Umsatzsteuerbescheide
für beide Streitjahre gegenüber G, in denen die geltend
gemachten Vorsteuerbeträge aus den Sanierungsleistungen
berücksichtigt waren (Erstbescheide G).
Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom
26.4.1999 erfolgte bei der Klägerin eine
Außenprüfung für das Streitjahr 1996, die zu keiner
Änderung der Besteuerungsgrundlagen führte. Der
Prüfungsbericht vom 6.7.1999 stellte fest, dass die
umsatzsteuerpflichtigen Umsätze und Vorsteuerbeträge
bisher bei G erfasst worden waren und dass in Abstimmung mit dem FA
keine Änderungen veranlasst seien. Die Umsätze seien ab
1.1.1997 bei der Klägerin zu erfassen. Eine zweite
Außenprüfung, die beide Streitjahre umfasste, erfolgte
aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 21.11.2001. Nach dem
Prüfungsbericht vom 5.2.2004 wurden die
Umsatzsteuerveranlagungen für beide Streitjahre bei G
durchgeführt. Eine „weitere/zusätzliche
Veranlagung“ bei der Klägerin erfolge daher nicht. Im
Bericht seien die Werte nachrichtlich aufgeführt.
„Änderungen waren hier nicht veranlasst.“
Aufgrund der von der Klägerin am
11.9.2002 abgegebenen und am 8.6.2004 berichtigten
Umsatzsteuerjahreserklärungen für die beiden Streitjahre
1995 und 1996 ging das FA nunmehr davon aus, dass die Klägerin
zum Vorsteuerabzug aus den Sanierungsleistungen berechtigt sei, und
erließ am 10.5.2005 entsprechende Umsatzsteuerbescheide
für beide Streitjahre gegenüber der Klägerin
(Erstbescheide Klägerin).
Durch die Bescheide vom 10.6.2005 hob das
FA die gegenüber G ergangenen Umsatzsteuerbescheide 1995 und
1996 vom 14.1.1998 auf (Aufhebungsbescheide G). Hiergegen legte G
Einspruch ein. Die Klägerin wurde zum Einspruchsverfahren
durch Verfügung vom 16.12.2005 hinzugezogen. Mit
Einspruchsentscheidung vom 9.5.2006 hob das FA die gegen G
ergangenen Bescheide vom 10.6.2005 auf, so dass für beide
Streitjahre wieder G als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer
angesehen wurde.
Die gegenüber der Klägerin
für beide Streitjahre ergangenen Umsatzsteuerbescheide hob das
FA mit den Bescheiden vom 2.6.2006 auf (Aufhebungsbescheide
Klägerin). Nach der diesen Bescheiden beigefügten
Rechtsbehelfsbelehrung erläuterte das FA, die Klägerin
könne gegen diese Bescheide keinen Einspruch einlegen.
Einwendungen seien nur im Wege einer Klage gegen die
Einspruchsentscheidung, die gegenüber G ergangen und der
Klägerin bekannt gegeben worden sei, geltend zu machen. Den
von der Klägerin mit Schreiben vom 20.11.2006 gegen die
Aufhebungsbescheide vom 2.6.2006 erhobenen Einspruch wies das FA
mit Einspruchsentscheidung vom 14.2.2007 als unbegründet
zurück.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass
nicht die Klägerin, sondern G zum Vorsteuerabzug berechtigt
gewesen sei. Die angefochtenen Bescheide hätten
verfahrensrechtlich nach § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 der
Abgabenordnung (AO) auch noch nach Eintritt der
Festsetzungsverjährung ergehen können.
Das Urteil des FG ist in EFG 2008, 818 =
SIS 08 13 31 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie, die
Klägerin, sei als Treugeberin zum Vorsteuerabzug berechtigt
gewesen. Weiter sei auch § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO verletzt.
Bei Erlass der Aufhebungsbescheide gegenüber G am 10.6.2005
habe bereits Festsetzungsverjährung vorgelegen. Zudem sei es
rechtsfehlerhaft gewesen, G überhaupt den Vorsteuerabzug
zuzuerkennen.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 14.2.2007 und die
Änderungsbescheide vom 2.6.2006 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Zwischen der Klägerin und G habe
unstreitig ein Treuhandverhältnis bestanden, so dass G zum
Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei. Es lägen auch die
Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO vor. Die gegen
G ergangenen Aufhebungsbescheide vom 10.6.2005 seien rechtsirrig
erlassen worden, wobei diese Bescheide durch den Einspruch des G
und damit auf seinen Antrag durch die Einspruchsentscheidung vom
9.5.2006 aufgehoben worden seien. Da die Klägerin zum
Einspruchsverfahren hinzugezogen gewesen sei, könnten die
richtigen rechtlichen Folgen aus dem Sachverhalt auch ihr
gegenüber gezogen werden.
II. Die Revision der Klägerin ist
begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zwar hat das FG zu Recht
entschieden, dass G als Treuhänder, nicht aber die
Klägerin als Treugeber aus den G gegenüber erbrachten und
abgerechneten Sanierungsleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt
ist. Die Feststellungen des FG erlauben jedoch keine
abschließende Entscheidung darüber, ob der Eintritt der
Festsetzungsverjährung dem Erlass der angefochtenen
Aufhebungsbescheide vom 2.6.2006 entgegenstand und deshalb die
Voraussetzungen für den Erlass eines Änderungsbescheides
nach § 174 AO nicht vorlagen.
1. Das FG ist - ebenso wie das FA -
stillschweigend im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die
Klägerin den mit Schreiben vom 20.11.2006 gegen die
Aufhebungsbescheide vom 2.6.2006 eingelegten Einspruch fristgerecht
erhoben hat, obwohl die einen Monat betragende Einspruchsfrist
(§ 355 Abs. 1 AO) bereits abgelaufen war.
Nach § 356 Abs. 1 AO beginnt die Frist
für die Einlegung des Rechtsbehelfs gegen schriftliche
Verwaltungsakte nur, wenn der Beteiligte insbesondere über die
„einzuhaltende Frist“ schriftlich - zutreffend -
belehrt worden ist. Andernfalls kann der Rechtsbehelf noch binnen
eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts angebracht werden
(vgl. § 356 Abs. 2 AO). Im Streitfall liegen die
Voraussetzungen des § 365 Abs. 2 AO vor. Die
Rechtsbehelfsbelehrung des FA, die Klägerin könne ihre
Rechte nicht durch Einspruch gegen die ihr gegenüber
ergangenen, sie beschwerenden Umsatzsteueränderungsbescheide
für die Streitjahre geltend machen, sondern nur als
Hinzugezogene im Einspruchsverfahren des G gegen die diesem (G)
gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheide, ist, wie sich aus
§ 347 Abs. 1 AO und § 350 AO ergibt, offensichtlich
unzutreffend.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin
hat das FG materiell-rechtlich zutreffend erkannt, dass G und nicht
die Klägerin aus den für die Gebäudesanierung
bezogenen Leistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
a) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der
Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert
ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen,
die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen
ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Im
Streitfall hat nach den Feststellungen des FG G im eigenen Namen
den Werkvertrag über die Sanierung abgeschlossen und es sind
die streitigen Leistungen ihm gegenüber abgerechnet
worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist
für den Vorsteuerabzug insoweit ohne Bedeutung, dass G zwar im
eigenen Namen aber als Treuhänder für Rechnung der
Klägerin gehandelt hat.
aa) Die Person des Leistungsempfängers
bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) nach dem der Leistung zugrunde liegenden
Rechtsverhältnis (BFH-Urteile vom 16.5.1995 XI R 50/93, BFH/NV
1996, 185; vom 24.6.1999 V R 99/98, BFH/NV 1999, 1648 = SIS 99 53 35; vom 23.11.2000 V R 49/00, BFHE 193, 170, BStBl II 2001, 266 =
SIS 01 02 99; vom 24.8.2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II
2007, 340 = SIS 06 47 38; BFH-Beschluss vom 4.4.2000 V B 186/99,
BFH/NV 2000, 1370 = SIS 00 60 49).
bb) Bei der Bestimmung des
Leistungsempfängers ist zu berücksichtigen, ob ein
Handeln gegenüber Dritten im eigenen Namen oder
berechtigterweise im Namen eines anderen vorliegt (BFH- Urteile vom
28.1.1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628 = SIS 99 12 20; vom 30.9.1999 V R 8/99, BFH/NV 2000, 353 = SIS 00 52 74; vom
28.6.2000 V R 70/99, BFH/NV 2001, 210 = SIS 01 52 77; vom 5.4.2001
V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307 = SIS 01 75 81; vom 4.9.2003 V R 9,
10/02, BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627 = SIS 03 51 76; vom
7.7.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139 = SIS 06 03 43; in BFHE 215,
311, BStBl II 2007, 340 = SIS 06 47 38; BFH-Beschlüsse vom
9.11.1999 V B 16/99, BFH/NV 2000, 611 = SIS 00 54 94; vom 31.1.2002
V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622 = SIS 02 07 75; vom
9.10.2003 V B 12/02, BFH/NV 2004, 97 = SIS 03 53 27).
cc) Unerheblich ist, ob die Person, die danach
als Leistungsempfänger anzusehen ist, auf eigene oder auf
fremde Rechnung handelt. Bestätigt wird dies durch die
gesetzlichen Regelungen zu Kommissionsgeschäften. Danach sind
Leistungen und Leistungsbezüge im Verhältnis zu Dritten
der Person zuzurechnen, die im eigenen Namen und auf fremde
Rechnung tätig ist. Deshalb liegt z.B. bei
Kommissionsgeschäften gemäß § 3 Abs. 3 UStG
auch zwischen Kommittent und Kommissionär eine Lieferung vor.
Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des
Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie
77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung bei der Übertragung
eines Gegenstandes aufgrund einer Einkaufskommission aus.
Gleiches galt auch beim Bezug sonstiger
Leistungen. Besorgte ein Unternehmer für Rechnung eines
anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung, so waren nach
§ 3 Abs. 11 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung
die für die besorgte Leistung geltenden Vorschriften auf die
Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden, so dass für
derartige Fälle eines „Leistungseinkaufs“
von einem Leistungsbezug durch den im eigenen Namen und für
fremde Rechnung handelnden Geschäftsbesorger auszugehen war.
Dies entsprach Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG. Dass §
3 Abs. 11 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung Art. 6
Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG im Übrigen nur
ungenügend umsetzte und den Fall des
„Leistungsverkaufs“ nicht erfasste (BFH-Urteile
vom 7.10.1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308 =
SIS 00 01 57; vom 25.5.2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II
2004, 310 = SIS 00 10 01; vom 31.1.2002 V R 40, 41/00, BFHE 197,
377, BStBl II 2004, 315 = SIS 02 06 34; vom 29.8.2002 V R 8/02,
BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320 = SIS 03 01 40; vom 28.11.2002 V R
6/02, BFH/NV 2003, 517 = SIS 03 18 16), ist für die
Beurteilung des Vorsteuerabzugs im Streitfall unerheblich.
dd) Von einem Leistungsbezug durch denjenigen,
der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch
bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der
Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2
UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1
Nr. 1 UStG), steht es einem Strohmann oder dem Treuhänder
zuzurechnenden Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG
nicht entgegen, dass sie auf fremde Rechnung tätig sind
(BFH-Urteile in BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628 = SIS 99 12 20;
vom 26.6.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233 = SIS 04 05 21, und vom
7.7.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139 = SIS 06 03 43, und
BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622 = SIS 02 07 75
zur Zurechnung von Leistungen durch einen
„Strohmann“). Die gegenteilige Rechtsprechung
des XI. Senats des BFH hat der V. Senat ausdrücklich
aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622 =
SIS 02 07 75, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13.7.1994 XI R
97/92, BFH/NV 1995, 168). Diese Rechtsprechungsänderung
betrifft auch das von der Klägerin für ihre
Rechtsauffassung angeführte Urteil vom 15.9.1994 XI R 56/93
(BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275 = SIS 95 07 29). Im Übrigen
ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch
Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da
die Bestimmung von Leistenden und Leistungsempfänger nach
einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV
1996, 185, und in BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340 = SIS 06 47 38).
b) Danach stand im Streitfall G, nicht aber
der Klägerin der Vorsteuerabzug nach § 15 UStG zu. Nach
den Feststellungen des FG hatte G die den Leistungsbezügen
für das Bauvorhaben zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse
im eigenen Namen begründet. Er handelte nicht als
Stellvertreter für die Klägerin. Dass er bei
Inanspruchnahme der Sanierungsleistungen auf Rechnung der
Klägerin tätig war, ist für die Bestimmung des
Leistungsempfängers unerheblich. Auch die Stellung des G als
auf Rechnung der Klägerin handelnder Treuhänder
änderte hieran nichts. Denn im Interesse des Rechtsverkehrs an
einer eindeutigen Bestimmung von Leistendem und
Leistungsempfänger kommt es auf das der Leistung jeweils
zugrunde liegende Rechtsverhältnis, nicht aber auf ein
für Dritte nicht erkennbares Handeln auf fremde Rechnung
an.
c) Die Klägerin kann sich für ihre
Auffassung nicht auf das BFH-Urteil vom 15.7.1987 X R 19/80 (BFHE
150, 459, BStBl II 1987, 746 = SIS 87 19 34) stützen, das
einen dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft.
Nach diesem Urteil handelt zum einen ein Arbeitnehmer auch dann
für seinen Geschäftsherrn, wenn er im eigenen Namen
auftritt. Dies beruht aber darauf, dass der Arbeitnehmer
unselbständig tätig ist, wobei sich diese
Unselbständigkeit nicht bereits aus der bloßen
Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers ergibt. Die bloße
Weisungsgebundenheit eines Strohmanns oder Treuhänders
gegenüber seinem Geschäftsherrn reicht dementsprechend
nicht aus, um Leistungen entgegen dem im eigenen Namen erfolgenden
Handeln des Strohmanns oder Treuhänders dem
Geschäftsherrn zuzurechnen (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 233 =
SIS 04 05 21). Zum anderen betrifft das BFH-Urteil in BFHE 150,
459, BStBl II 1987, 746 = SIS 87 19 34 den Fall der hier nicht
vorliegenden Namensüberlassung.
3. Die Entscheidung des FG, das FA sei zum
Erlass der angefochtenen Aufhebungsbescheide vom 2.6.2006 nach
§ 174 Abs. 4 und 5 AO befugt gewesen, hält einer
rechtlichen Prüfung nicht stand.
a) § 174 Abs. 4 und 5 AO haben folgenden
Wortlaut:
|
„(4) Ist auf Grund irriger
Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid
ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag
des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen
Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem
Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines
Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen
werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das
Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der
Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen
Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder
Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War
die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später
aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt
dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.
|
|
|
|
(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4,
wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des
fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren.
Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist
zulässig.“
|
b) Ein „bestimmter
Sachverhalt“ i.S. des § 174 Abs. 4 und 5 AO ist ein
einheitlicher Lebensvorgang, aus dem steuerrechtliche Folgerungen
sowohl bei dem Steuerpflichtigen als auch bei dem Dritten zu ziehen
sind (BFH-Urteile vom 18.9.2003 X R 152/97, BFHE 203, 337, BStBl II
2007, 749 = SIS 03 51 75; vom 24.11.1987 IX R 158/83, BFHE 152,
203, BStBl II 1988, 404 = SIS 88 14 47). Die steuerrechtlichen
Folgen brauchen bei beiden nicht die gleichen zu sein. Aufgrund ein
und desselben Sachverhalts kann beim Steuerpflichtigen eine
abziehbare Ausgabe und beim Dritten eine Einnahme in Betracht
kommen (BFH-Urteil in BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749 = SIS 03 51 75, m.w.N.). Es genügt, dass derselbe Sachverhalt bei mehreren
Steuerpflichtigen erfasst und irrig beurteilt worden ist. Ist die
rechtliche Beurteilung zugunsten des einen Steuerpflichtigen
richtiggestellt worden, kann im Rahmen des § 174 Abs. 4 AO -
anders als in Fällen des § 174 Abs. 1 AO -
grundsätzlich auch bei dem anderen Steuerpflichtigen durch
Erlass oder Änderung des Steuerbescheids die entsprechende,
richtige steuerliche Folgerung gezogen werden. § 174 Abs. 4
und 5 AO gewährleistet, dass ein und derselbe Sachverhalt, der
sich bei zwei verschiedenen Steuerpflichtigen auswirkt, auch bei
beiden deckungsgleich beurteilt werden kann. Die zutreffende
Besteuerung hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 174
Abs. 4 und 5 AO Vorrang vor dem Schutz des Vertrauens auf die
Bestandskraft der Steuerfestsetzung.
c) „Bestimmter Sachverhalt“
ist im Streitfall die Berechtigung zum Vorsteuerabzug, hier die
Zuordnung der bezogenen Leistungen. Wurde - wie im Streitfall - die
Berechtigung zum Vorsteuerabzug beim Treugeber oder beim
Treuhänder irrig beurteilt, kann der sich hieraus ergebende
Widerspruch unter den besonderen Voraussetzungen des § 174
Abs. 4 und 5 AO beseitigt werden. Aus einer vom Steuerpflichtigen -
hier dem Beigeladenen - erstrittenen Änderung oder Aufhebung
des betreffenden Umsatzsteuerbescheides können beim Dritten -
hier der Klägerin - die „richtigen steuerrechtlichen
Folgerungen“ gezogen werden.
d) Aus der vom Beigeladenen zu seinen Gunsten
erstrittenen Aufhebung der Bescheide vom 10.6.2005 können die
„richtigen steuerrechtlichen Folgerungen“ bei
der Klägerin, der zu Unrecht in den Umsatzsteuerbescheiden
für die Streitjahre vom 10.5.2005 der Vorsteuerabzug aus
denselben Sanierungsleistungen gewährt worden ist, durch
Änderung dieser Bescheide nur dann gezogen werden, wenn sie zu
dem Verfahren, das die Aufhebung der gegenüber G erlassenen
Umsatzsteuerbescheide vom 10.6.2005 zur Folge hatte, beigezogen
worden ist.
e) Im Streitfall ist die Klägerin zwar zu
dem Einspruchsverfahren des G hinzugezogen worden. Nach
ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Erlass oder die
Änderung eines Steuerbescheids gegenüber einem Dritten
nach § 174 Abs. 4 und 5 AO aber nur dann möglich, wenn
dieser vor Ablauf der Festsetzungsfrist hinzugezogen oder
beigeladen worden ist (BFH-Entscheidungen vom 5.5.1993 X R 111/91,
BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817 = SIS 93 24 24; vom 13.4.2000 V R
25/99, BFH/NV 2001, 137 = SIS 01 52 01; vom 7.4.2003 III B 127/02,
BFH/NV 2003, 887 = SIS 03 32 34; vom 17.10.2006 VIII B 90/06,
BFH/NV 2007, 199 = SIS 07 03 44, jeweils m.w.N.). Ist der Dritte
nicht vor Ablauf der für ihn geltenden Festsetzungsfrist am
Verfahren beteiligt worden, ist eine Änderung nach § 174
Abs. 4 AO i.V.m. § 174 Abs. 5 AO nicht zulässig.
4. Ob die Klägerin vor Ablauf der
für sie geltenden Festsetzungsfrist hinzugezogen worden ist,
lässt sich aufgrund der Feststellungen des FG nicht
entscheiden.
a) Bei Erlass der angefochtenen Erstbescheide
vom 10.5.2005 war die reguläre Festsetzungsfrist bereits
abgelaufen.
aa) Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine
Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht
mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die
Festsetzungsfrist beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
AO vier Jahre. Nach § 170 Abs. 1 AO beginnt die
Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer
entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt
geworden ist. Ist eine Steuererklärung oder eine
Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten,
beginnt die Festsetzungsfrist abweichend hiervon nach § 170
Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die
Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige
eingereicht wird, spätestens aber mit Ablauf des dritten
Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer
entstanden ist.
bb) Die Klägerin gab erstmals am
11.9.2002 Umsatzsteuerjahreserklärungen für die beiden
Streitjahre ab, die sie am 8.6.2004 durch Abgabe berichtigter
Erklärungen korrigierte. Nach §§ 169 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO begann die Festsetzungsfrist
für das Streitjahr 1995 somit mit Ablauf des 31.12.1998 und
für das Streitjahr 1996 mit Ablauf des 31.12.1999. Die
reguläre Festsetzungsfrist endete daher für das
Streitjahr 1995 mit Ablauf des 31.12.2002 und für das
Streitjahr 1996 mit Ablauf des 31.12.2003.
b) Die Abgabe der Umsatzsteuererklärungen
durch die Klägerin führte nicht zu einer Ablaufhemmung
nach § 171 Abs. 3 AO.
aa) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist
außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag
auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer
Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt,
so läuft nach § 171 Abs. 3 AO die Festsetzungsfrist
insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar
entschieden worden ist.
bb) Die Abgabe einer Steuererklärung -
wie im Streitfall - ist kein Antrag i.S. des § 171 Abs. 3 AO
(BFH-Urteile vom 11.5.1995 V R 136/93, BFH/NV 1996, 1; vom
18.6.1991 VIII R 54/89, BFHE 165, 445, BStBl II 1992, 124 = SIS 92 02 48; vom 24.5.2006 I R 9/05, BFH/NV 2006, 2019 = SIS 06 41 20).
Die Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung oder
-jahreserklärung ist deshalb auch dann kein Antrag i.S. des
§ 171 Abs. 3 AO, wenn diese - wie im Streitfall die
Umsatzsteuererklärungen der Klägerin für die
Streitjahre - zu einer Erstattung führen soll (BFH-Urteil in
BFH/NV 1996, 1). Gleiches gilt für die Abgabe der berichtigten
Erklärungen vom 8.6.2004.
cc) Da zu diesem Zeitpunkt mangels Zustimmung
des FA zu den Steueranmeldungen der Klägerin nach § 168
Satz 2 AO noch keine Steuerfestsetzungen für diese Jahre
vorlagen, enthielten diese berichtigten Erklärungen auch
keinen Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer
Steuerfestsetzung oder deren Berichtigung nach § 129 AO.
c) Der Senat kann aufgrund der vom FG
getroffenen Feststellungen jedoch nicht entscheiden, ob die
Voraussetzungen für eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4
AO vorliegen.
Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit
einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf
Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft nach
§ 171 Abs. 4 AO die Festsetzungsfrist für die Steuern,
auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der
Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte,
nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu
erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach
Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO drei
Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine
Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die
Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen
wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die
Festsetzungsfrist endet spätestens, wenn seit Ablauf des
Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat,
oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahrs, in
dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung
stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen
verstrichen sind; eine Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften
bleibt unberührt.
§ 171 Abs. 4 AO verweist auf § 202
Abs. 1 AO, der folgenden Wortlaut hat: „Über das
Ergebnis der Außenprüfung ergeht ein schriftlicher
Bericht (Prüfungsbericht). Im Prüfungsbericht sind die
für die Besteuerung erheblichen Prüfungsfeststellungen in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie die
Änderungen der Besteuerungsgrundlagen darzustellen. Führt
die Außenprüfung zu keiner Änderung der
Besteuerungsgrundlagen, so genügt es, wenn dies dem
Steuerpflichtigen schriftlich mitgeteilt wird.“
aa) Im Streitfall liegt keine Mitteilung nach
§ 202 Abs. 1 Satz 3 AO vor.
Als Mitteilung nach § 171 Abs. 4 Satz 1
AO i.V.m. § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ist auch ein
ausdrücklicher Hinweis in einem Prüfungsbericht
anzusehen, soweit sich aus diesem ergibt, dass die
Außenprüfung zu keiner Änderung der
Besteuerungsgrundlagen geführt hat (BFH-Urteil vom 2.10.2003
IV R 36/01, BFH/NV 2004, 307 = SIS 04 09 36). Die Vorschrift
bezweckt in erster Linie den Schutz des Steuerpflichtigen; dieser
soll nach Durchführung und Auswertung einer
Außenprüfung vor Steuernachforderungen aufgrund neuer
Tatsachen sicher sein (BFH-Urteil vom 31.8.1990 VI R 78/86, BFHE
161, 539, BStBl II 1991, 537 = SIS 90 23 42). Die Mitteilung muss
hinreichend bestimmt sein (Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 202 AO Rz 14).
bb) Im Streitfall war dem Prüfungsbericht
vom 5.2.2004 nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Prüfung zu
keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen führte. Der
Bericht wies nur darauf hin, dass aufgrund der für die beiden
Streitjahre bei G durchgeführten Veranlagungen eine
„weitere/zusätzliche Veranlagung“ bei der
Klägerin nicht erfolge und „Änderungen hier
nicht veranlasst“ seien. Wie das FA in der
mündlichen Verhandlung zu Recht ausgeführt hat, ist diese
Formulierung mehrdeutig. Sie kann sich einerseits darauf beziehen,
dass im Hinblick auf die bei G erfolgte Veranlagung eine weitere
Berücksichtigung des Vorsteuerabzugs aus den
Sanierungsleistungen bei der Klägerin nicht in Betracht kommt.
Aus ihr könnte andererseits aber auch folgen, dass eine
Änderung gegenüber den von der Klägerin
eingereichten Steuererklärungen nicht veranlasst ist. Da die
Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen für die
Streitjahre Vorsteuerüberschüsse geltend machte, wirkten
diese Steueranmeldungen bis zur Zustimmung des FA nach § 168
Satz 2 AO nicht als Steuerfestsetzung. Den eingereichten
Steuererklärungen musste das FA entweder zustimmen oder einen
davon abweichenden Steuerbescheid erlassen. Angesichts dessen
konnte die Klägerin dem Hinweis, dass aufgrund der für
die beiden Streitjahre bei G durchgeführten Veranlagungen
„eine weitere/zusätzliche Veranlagung bei der
Klägerin nicht erfolgt“ und
„Änderungen hier nicht veranlasst“ seien,
jedenfalls nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen,
dass in Bezug auf Umsatzsteuer 1995 und 1996 keine Entscheidung des
FA mehr erfolgen werde.
d) Die vom FA erlassenen Erstbescheide vom
10.5.2005 waren keine Bescheide „aufgrund einer
Außenprüfung“ i.S. des § 171 Abs. 4 AO,
die zur Beendigung der Ablaufhemmung hätten führen
können.
„Aufgrund der Außenprüfung
zu erlassende Steuerbescheide“ müssen unmittelbar
aufgrund der Außenprüfung erlassen werden. Dabei kann es
sich um erstmalige oder geänderte Bescheide handeln (Hartmann
in Beermann/Gosch, AO/FGO § 171 AO Rz 54; FG Nürnberg,
Beschluss vom 14.3.1988 V 129-130/86, EFG 1988, 341). Bescheide
ergehen nur aufgrund einer Außenprüfung, wenn sie die
Feststellungen der Prüfung verwerten (FG Baden-
Württemberg, Urteil vom 6.6.1989 XI K 91/85 Z, EFG 1989, 553;
Hartmann in Beermann/Gosch, a.a.O., § 171 AO Rz 54).
Im Streitfall sind die Erstbescheide vom
10.5.2005, in denen der Klägerin der beantragte Vorsteuerabzug
aus den streitigen Sanierungsleistungen für die Streitjahre
gewährt worden ist, nicht aufgrund der Feststellungen der
Prüfung ergangen. Denn die Bescheide enthalten keine
Bezugnahme auf den BP-Bericht. Darüber hinaus lässt sich
dem Bericht nicht mit hinreichender Eindeutigkeit entnehmen (s.
oben II.4.c), ob und welche Folgen sich aus dem
Prüfungsbericht im Hinblick auf einen Vorsteuerabzug der
Klägerin ergeben.
e) Auch die Voraussetzungen des § 171
Abs. 4 Satz 3 AO liegen nicht vor.
Hat - wie im Streitfall ausweislich des
BP-Berichts - keine Schlussbesprechung stattgefunden, endet nach
§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO die Festsetzungsfrist spätestens,
wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die letzten Ermittlungen
im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in
§ 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind. Hieraus
folgt, dass mit der letzten Ermittlungshandlung die
Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO erneut zu laufen beginnt
(BFH-Urteil vom 27.3.1996 I R 182/94, BFHE 180, 444, BStBl II 1997,
449 = SIS 96 18 18).
Ausweislich des Prüfungsberichts dauerte
die Prüfung mit Unterbrechungen vom 27.11.2002 bis zum
31.12.2003. Ermittlungshandlungen sind die Handlungen, die der
Prüfer am Prüfungsort zur Ermittlung des Steuerfalles
vornimmt. Als Prüfungshandlungen kommen das informative
Gespräch, das Verlangen nach Belegen und Unterlagen oder
Auskünften, ggf. auch von Dritten in Betracht (BFH-Urteil vom
24.4.2003 VII R 3/02, BFHE 202, 32, BStBl II 2003, 739 = SIS 03 32 17). Bei Erlass der angefochtenen Aufhebungsbescheide vom 2.6.2006
wäre hiernach selbst dann, wenn nach 2002 keine weiteren
Ermittlungshandlungen mehr erfolgt wären, die
Festsetzungsfrist jedenfalls noch nicht abgelaufen.
f) Der Senat kann jedoch nicht entscheiden, ob
eine der Ablaufhemmung entgegenstehende Unterbrechung der
Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO
vorliegt.
Nach dieser Vorschrift tritt die Ablaufhemmung
nicht ein, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem
Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus
Gründen unterbrochen wird, die die Finanzverwaltung zu
vertreten hat. Die Frage, ob eine Außenprüfung
unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden ist, ist
grundsätzlich nach den Verhältnissen im Einzelfall zu
beurteilen. Dabei sind neben dem zeitlichen Umfang der bereits
durchgeführten Prüfungsmaßnahmen alle Umstände
hinzuzuziehen, die Aufschluss über die Gewichtigkeit der
Prüfungshandlungen vor der Unterbrechung geben.
Unabhängig vom Zeitaufwand ist eine Unterbrechung unmittelbar
nach Beginn der Prüfung dann anzunehmen, wenn der Prüfer
über Vorbereitungshandlungen, allgemeine Informationen
über die betrieblichen Verhältnisse, das Rechnungswesen
und die Buchführung und/oder die Sichtung der Unterlagen des
zu prüfenden Steuerfalles bzw. ein allgemeines Aktenstudium
nicht hinausgekommen ist (BFH-Urteil in BFHE 202, 32, BStBl II
2003, 739 = SIS 03 32 17). Eine Außenprüfung ist danach
nur dann nicht mehr unmittelbar nach Beginn unterbrochen, wenn die
Prüfungshandlungen von Umfang und Zeitaufwand gemessen an dem
gesamten Prüfungsstoff erhebliches Gewicht erreicht oder erste
verwertbare Ergebnisse gezeitigt haben (BFH-Urteil in BFHE 202, 32,
BStBl II 2003, 739 = SIS 03 32 17).
Aufgrund des Hinweises im BP-Bericht, dass die
Prüfung „mit Unterbrechungen“ vom
27.11.2002 bis zum 31.12.2003 - also über ein Jahr - dauerte,
ist nicht auszuschließen, dass die Voraussetzungen des §
171 Abs. 4 Satz 2 AO vorliegen. Hierzu hat das FG keine
Feststellungen getroffen. Die Sache war deshalb
zurückzuverweisen.
5. Das FG wird im zweiten Rechtsgang ggf. auch
zu prüfen haben, ob § 174 Abs. 1 und 2 AO den Erlass der
Bescheide vom 2.6.2006 rechtfertigen.
a) Diese Vorschriften haben folgenden
Wortlaut:
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„(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt
in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer
Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal
hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der
fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu
ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese
Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis
zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der
betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der
Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung
des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.
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(2) Absatz 1 gilt sinngemäß,
wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach
zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt
worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte
Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die
Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine
Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen
ist.“
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b) Im Streitfall ist in unvereinbarer Weise
sowohl der Klägerin in den am 10.5.2005 ergangenen
Erstbescheiden als auch dem G in den Bescheiden vom 9.5.2006
(Einspruchsentscheidung) der Vorsteuerabzug aus den
Sanierungsleistungen gewährt worden. Dabei sind die
gegenüber der Klägerin am 10.5.2005 ergangenen
Erstbescheide als fehlerhafte Steuerbescheide anzusehen, da die
Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug aus den von G bezogenen
Sanierungsleistungen berechtigt war (s. oben II.2.b).
Allerdings scheidet eine Änderung nach
§ 174 Abs. 2 AO aus, wenn der Steuerpflichtige vor Erlass des
fehlerhaften Steuerbescheids den für die Besteuerung
erheblichen Sachverhalt vollständig und richtig dargestellt
hat, wobei es unerheblich ist, ob die rechtliche Beurteilung des
Sachverhalts durch den Steuerpflichtigen falsch war (BFH-Urteil vom
21.10.1980 VIII R 186/78, BFHE 132, 182, BStBl II 1981, 388 = SIS 81 14 35). Auch hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen.