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Innergemeinschaftliche Lieferung, Lieferung im "UmsatzsteuerKarussell"

Innergemeinschaftliche Lieferung, Lieferung im "UmsatzsteuerKarussell": Innergemeinschaftliche Lieferungen sind entgegen § 6 a UStG umsatzsteuerpflichtig, wenn der Unternehmer die Identität seines Abnehmers verschleiert, um diesem die Hinterziehung der geschuldeten Umsatzsteuer zu ermöglichen (Anschluss an das EuGH-Urteil vom 7.12.2010 C-285/09, R = SIS 11 00 36). - Urt.; BFH 17.2.2011, V R 30/10; SIS 11 22 58

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > EU-Binnenmarkt
Fundstellen
  1. BFH 17.02.2011, V R 30/10
    BStBl 2011 II S. 769
    DStR 2011 S. 1310
    LEXinform 0927858

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 15.8.2011
    -/- in NWB 29/2011 S. 2437
    B.D./J.B. in BB 34/2011 S. 2088
    jh in StuB 16/2011 S. 637
    S.M. in StC 9/2011 S. 12
    J.A./S.B. in DStR 28/2011 S. 1313
    S.M. in BFH/PR 9/2011 S. 345
    Th.M. in NWB 37/2011 S. 3100
    wt in UVR 9/2011 S. 260
    KAM in Stbg 11/2011 S. M 11
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 28 c
[AO 1977] § 41
[UStG 1999] § 3 Abs. 1, § 4, § 6 a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG des Saarlandes, 30.06.2010, SIS 10 29 51, Missing Trader, Vorsteuerabzug, Steuerhinterziehung, Buchnachweis, Belegnachweis, Scheinfirma, Scheinrechnung, Scheingeschäft, Umsatzsteuer, Buffer
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 30.11.2022, SIS 23 20 43, Inanspruchnahme des zollrechtlichen Vertreters ohne Vertretungsmacht für die Einfuhrumsatzsteuer bei fehl...
  • FG Berlin-Brandenburg 30.11.2022, SIS 23 20 44, Inanspruchnahme des zollrechtlichen Vertreters ohne Vertretungsmacht für die Einfuhrumsatzsteuer bei fehl...
  • BFH 2.7.2021, SIS 21 20 07, Ausschluss der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen: 1. Die Steuerfreiheit innergemeinschaf...
  • Hessisches FG 10.12.2020, SIS 21 09 13, Voraussetzungen der Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen: 1. Damit der Abnehmer einer in...
  • BGH 16.1.2020, SIS 20 06 40, Innergemeinschaftliche Lieferung, Differenzbesteuerung, Energiesteuer: 1. Die Befreiung einer innergemein...
  • FG Berlin-Brandenburg 15.11.2018, SIS 18 21 75, Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers bei Warenbewegungen im Kreis und Vorliegen eines Umsatzsteuerbetru...
  • BFH 7.3.2018, SIS 18 10 39, Divergenzanfrage bei nicht feststehendem Sachverhalt: Eine Divergenzanfrage an einen anderen Senat kommt ...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 30.6.2017, SIS 17 25 04, Gerichtliche Überprüfung einer Arrestanordnung, keine Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • FG Baden-Württemberg 11.3.2016, SIS 17 17 30, Verschaffung der Verfügungsmacht, Zwischenschaltung eines Dritten in Ferkellieferungen eines Zuchtbetrieb...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 9.12.2015, SIS 16 04 23, Keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung bei unvollständigem Belegnachweis: Eine steuerfreie in...
  • FG Hamburg 17.6.2015, SIS 15 19 97, Versagung des Vorsteuerabzugs trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr...
  • BFH 25.2.2015, SIS 15 06 41, Innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft bei Beauftragung und Bezahlung des Transports durch de...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BFH 21.1.2015, SIS 15 04 05, Innergemeinschaftliche Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren: 1. Ob der innergemeinschaftliche Erwer...
  • BFH 26.11.2014, SIS 15 01 51, Hinweis auf die Steuerbefreiung einer Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung bei einem aus mehrer...
  • FG Hamburg 25.11.2014, SIS 15 04 40, Kein Vorsteuerabzug bei sog. Abdeckrechnung, Formale Anforderungen an die Rechnungsnummer: 1. Eine Rechnu...
  • FG Hamburg 16.7.2014, SIS 14 31 24, Abgabenordnung, Umsatzsteuer, Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für Vorsteuerabzug aus Strohmannges...
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  • BMF 17.12.2012, SIS 12 33 87, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31.12.2012: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten geändert...
  • BFH 9.3.2012, SIS 12 16 15, Anforderungen an eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung: Es ist höchstrichterlich geklärt, unt...
  • FG Hamburg 28.2.2012, SIS 12 15 08, Umsatzsteuer, Anforderungen an den Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung: 1. Das Rechnu...
  • OFD Karlsruhe 28.2.2012, SIS 12 28 12, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • Niedersächsisches FG 26.1.2012, SIS 13 33 58, Voraussetzungen der Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen und von innergemeinschaftlichen Lieferungen: 1....
  • OFD Magdeburg 19.1.2012, SIS 12 27 84, Mitwirkung des Lieferers an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers im Gemeinschaftsgebiet...
  • BFH 14.12.2011, SIS 12 13 58, Belegnachweis bei innergemeinschaftlicher Lieferung: 1. Im Rahmen des Nachweises einer innergemeinschaftl...
  • BFH 14.12.2011, SIS 12 13 60, Innergemeinschaftliche Lieferung, Steuerpflicht bei Täuschung über Abnehmer: Beteiligt sich ein Unternehm...
  • BGH 20.10.2011, SIS 11 41 52, Innergemeinschaftlichen Lieferung, Versagung der Steuerbefreiung, Verschleierung der Identität des wahren...
  • FG München 13.10.2011, SIS 12 01 75, Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung: Erbringt der Unternehmer den Beleg- und Buchnachw...
  • BMF 26.9.2011, SIS 11 30 92, Umsatzsteuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefr...
  • FG Hamburg 23.9.2011, SIS 11 41 08, Umsatzsteuer, steuerfreie Ausfuhrlieferung: Für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung ist im Falle eines miss...
  • FG Baden-Württemberg 22.8.2011, SIS 12 02 60, Keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung bei bewusster Verschleierung der Identität des tatsäch...
  • BFH 11.8.2011, SIS 11 34 42, Innergemeinschaftliche Lieferung, Beteiligung an Steuerhinterziehung: Beteiligt sich ein Unternehmer wiss...
  • BFH 11.8.2011, SIS 11 30 80, Innergemeinschaftliche Lieferung, Steuerpflicht bei Täuschung über Abnehmer: Beteiligt sich ein Unternehm...
  • FG Baden-Württemberg 20.7.2011, SIS 11 37 68, Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung innergemeinschaftlicher Fahrzeuglieferungen, kein Vertrauen...
Fachaufsätze
  • LIT 02 26 55 Th. Meurer, NWB 37/2011 S. 3100: Umsatzsteuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen - Neues vom BFH, Urteile vom 17.2.2011: V R ...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Aktiengesellschaft, bezog in den Streitjahren 1999 und 2000 Lieferungen von der BA-GmbH und der P-GmbH. Sie führte innergemeinschaftliche Lieferungen nach Italien und Österreich an die Firmen EE, FD und BB-GmbH aus. Das Landgericht (LG) verurteilte L.F., den Geschäftsführer der Abnehmerfirmen, mit Urteil vom 9.8.2001 wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten, da er die Firmen BA-GmbH, P-GmbH, EE, FD und BB-GmbH als Strohmannfirmen ausschließlich zum Zweck der Umsatzsteuerhinterziehung gegründet habe. Die Geschäftsführung dieser Gesellschaften habe in seiner Hand gelegen. Die Klägerin habe die von der P-GmbH erworbenen Handys absprachegemäß unmittelbar an EE, FD und BB-GmbH weiterveräußert, von wo aus sie wieder in ein „Umsatzsteuer-Karussell“ eingeschleust worden seien.

 

 

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) schloss sich den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle an und erließ am 10.11.2005 für 1999 und 2000 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung geänderte Umsatzsteuerbescheide. Mit Einspruchsentscheidung vom 23.5.2007 setzte das FA die Umsatzsteuer 1999 auf 420.370 DM und die Umsatzsteuer 2000 auf 1.281.253 DM fest. Im Übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

 

3

Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass der Klägerin aufgrund der ihrem Vorstandsmitglied bekannten Einbindung in ein „Umsatzsteuer-Karussell“ der Vorsteuerabzug zu versagen sei. Aus diesem Grund seien auch ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht steuerfrei.

 

 

4

Nach Klageerhebung erging am 6.8.2007 ein geänderter Umsatzsteuerbescheid 2000, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens wurde.

 

 

5

Das Urteil des FG ist in EFG 2010, 1740 = SIS 10 29 51 veröffentlicht.

 

 

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend. Sie sei nicht in ein „doloses Umsatzsteuer-Karussell“ eingebunden gewesen. Das FG habe sich Feststellungen aus dem Strafverfahren gegen eine für sie fremde Person nicht zu eigen machen dürfen, da sie an diesem Verfahren nicht beteiligt gewesen sei und daher dort keine Einwendungen habe geltend machen können. Im Übrigen stehe die Einbindung in ein Umsatzsteuer-Karussell der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht entgegen. Das Strafurteil sei nur gegen L.F. als Geschäftsführer der Abnehmerfirmen ergangen. Das FG habe Zeugenaussagen gewürdigt, ohne Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu vernehmen und dadurch gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen.

 

 

7

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung der Bescheide 1999 und 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.5.2007 und des Änderungsbescheides vom 6.8.2007 die Umsatzsteuer 1999 auf 374.955 DM (anstatt 420.370 DM) und die Umsatzsteuer 2000 auf 639.969 DM (anstatt 1.194.163 DM) herabzusetzen.

 

 

8

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

9

Die innergemeinschaftlichen Lieferungen seien aufgrund der unzutreffenden Empfängerbezeichnung steuerpflichtig. Die Klägerin habe auch keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafverfahren erhoben.

 

 

10

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen und den Vorsteuerabzug im Hinblick auf ihre bloße Einbindung in ein Umsatzsteuer-Karussell verneint.

 

 

11

1. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet.

 

 

12

Darüber hinaus bestehen bei Lieferungen an Unternehmer oder juristische Personen weitere, in der Person des Erwerbers zu erfüllende Voraussetzungen. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, Nr. 3 UStG muss es sich beim Abnehmer entweder um einen Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, oder um eine juristische Person handeln, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat; der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung muss in allen Fällen beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen.

 

 

13

Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung beruht auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach „befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Mißbrauch festlegen: a) die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt“.

 

 

14

2. Aufgrund der personenbezogenen Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, Nr. 3 UStG setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass der Unternehmer nachweist, wer Abnehmer seiner Lieferung ist.

 

 

15

a) Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb „ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang“ (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 27.9.2007 C-409/04, Teleos, Slg. 2007, I-7797 = SIS 08 00 38 Rdnrn. 23 f.) und dabei Teil eines „innergemeinschaftlichen Umsatzes“ sind (EuGH-Urteil Teleos in Slg. 2007, I-7797 Rdnrn. 37 und 41), der bezweckt, die „Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt“ (EuGH-Urteile Teleos in Slg. 2007, I-7797 Rdnr. 36; vom 27.9.2009 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861 Rdnr. 22, und vom 27.9.2009 C-184/05, Twoh International, Slg. 2007, I-7897 Rdnr. 22; vom 22.4.2010 C-536/08, C-539/08, X und Facet Trading, UR 2010, 418 = SIS 10 09 41 Rdnr. 30, und vom 7.12.2010 C-285/09, R, UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnr. 37). Diese Verlagerung erfolgt auf denjenigen, der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, und damit auf den Abnehmer der Lieferung als sog. Erwerber (Art. 21 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 2000/65/EG des Rates vom 17.10.2000 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der Bestimmung des Mehrwertsteuerschuldners; § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers („Erwerbers“) dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (Treiber, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 6a UStG Rz 82; Wäger, in Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 110 UStG Rz 7 und 18).

 

 

16

b) Abnehmer (Leistungsempfänger) bei Lieferungen i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und damit Erwerber bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist derjenige, dem der liefernde Unternehmer die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft. Maßgeblich ist, wer nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.9.2009 XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243 = SIS 09 37 59, unter II.2.a; vom 18.2.2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876 = SIS 09 16 37, unter II.2.a aa, und vom 24.8.2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340 = SIS 06 47 38, unter II.2.b). Abnehmer (Erwerber) ist somit derjenige, der nach dem der Lieferung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis die Verfügungsmacht erhalten soll. Ob diese Person auch auf eigene Rechnung tätig ist, spielt keine Rolle. Handelt z.B. ein Strohmann oder Treuhänder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, ist daher er, nicht aber sein Auftraggeber Abnehmer (BFH-Urteil in BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876 = SIS 09 16 37, unter II.2.a cc und dd).

 

 

17

Ohne Bedeutung für die Bestimmung des Leistungsempfängers sind sog. Scheingeschäfte (§ 41 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung - AO - ). Ein Scheingeschäft liegt insbesondere vor, wenn die Parteien eines Rechtsgeschäfts einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes nicht zwischen ihnen, sondern zwischen nur einer Vertragspartei und einem Dritten eintreten sollen (BFH-Urteil vom 7.7.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139 = SIS 06 03 43, unter II.1.b bb; BFH-Beschluss vom 31.1.2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622 = SIS 02 07 75, unter II.4.c). Verdeckt das Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft, ist nach § 41 Abs. 2 Satz 2 AO das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgeblich.

 

 

18

c) Der Unternehmer (Steuerpflichtige) hat die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung unter Berücksichtigung der von den Mitgliedstaaten nach dem Einleitungssatz in Art. 28c Teil A der Richtlinie 77/388/EWG festgelegten Bedingungen nachzuweisen (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnrn. 43 und 46). Diese Bedingungen ergeben sich im nationalen Recht aus § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 - UStDV - (BFH-Urteil vom 12.5.2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511 = SIS 09 25 68, unter II.B.1.b). Hierzu gehören auch Angaben zur Person des Erwerbers (Abnehmers) wie Name, Anschrift und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 17c Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStDV).

 

 

19

Der Unternehmer kann die innergemeinschaftliche Lieferung als steuerfrei erfassen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511 = SIS 09 25 68, unter II.B.2.b). Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511 = SIS 09 25 68, unter II.B.2.b), es sei denn, der Verstoß gegen die Nachweispflichten (die formellen Anforderungen) verhinderte den sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen der Steuerfreiheit erfüllt werden (EuGH-Urteil Collée in Slg. 2007, I-7861, zweiter Leitsatz). In der Rechtssache Collée hatte der Unternehmer nicht aufgrund unzutreffender Angaben die Steuerfreiheit der Lieferung beansprucht, sondern um eine Gebietsbeschränkung des Herstellers des verkauften Gegenstandes zu umgehen, eine steuerpflichtige Inlandslieferung erklärt und erst nach Aufdeckung des wahren Sachverhalts die Steuerfreiheit der objektiv vorliegenden innergemeinschaftlichen Lieferung beansprucht. Dient der Verstoß gegen die Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV aber dazu, die Identität des Erwerbers zu verschleiern, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen, kann der Unternehmer die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung auch nicht aufgrund des objektiven Nachweises ihrer Voraussetzungen in Anspruch nehmen (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36, Leitsatz).

 

 

20

3. Das FG hat die Klageabweisung darauf gestützt, dass bereits die „dolose Einbindung“ in ein „Umsatzsteuer-Karussell“ zur Steuerpflicht der innergemeinschaftlichen Lieferungen führe, da der Abnehmer nicht zutreffend bezeichnet worden sei, und es sich um Vorgänge gehandelt habe, die zur Umsatzsteuerhinterziehung stattgefunden hätten. Ähnlich wie beim Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG setze die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung voraus, dass der tatsächliche Abnehmer und nicht ein zu Betrugszwecken vorgeschobener Leistungsempfänger (Scheingesellschaft) bezeichnet werde.

 

 

21

Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.

 

 

22

a) Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Vorlagebeschluss vom 7.7.2009 1 StR 41/09 (DStR 2009, 1688) den EuGH um Vorabentscheidung ersucht, ob einer tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung die Steuerfreiheit zu versagen ist, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer entweder „wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt, der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen“ oder „Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen“.

 

 

23

Hierauf hat der EuGH entschieden, dass innergemeinschaftliche Lieferungen steuerpflichtig sind, wenn die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung zwar objektiv vorliegen, jedoch „bewusst sachlich falsche“ Rechnungen ausgestellt werden, um „die Identität der wahren Erwerber“ zu „verschleiern“ (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnrn. 47, 49 und Leitsatz). Der EuGH stützt die Steuerpflicht derartiger Lieferungen dabei maßgeblich auf die Verletzung der für den Unternehmer bestehenden Nachweispflichten, zu denen auch Angaben zur Person des Abnehmers gehören.

 

 

24

Wie ein Vergleich von Vorabentscheidungsersuchen und EuGH-Urteil zeigt, hat der EuGH in seinem Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 nicht entschieden, ob eine Steuerpflicht der innergemeinschaftlichen Lieferung trotz Vorliegens der objektiven Voraussetzungen der hierfür zu erfüllenden Voraussetzungen in Betracht kommt, wenn dem Unternehmer - ohne über die Identität des Abnehmers zu täuschen - nur bekannt ist, dass der Abnehmer, den er nach seinen Belegen und buchmäßigen Aufzeichnungen als Abnehmer führt, seine steuerlichen Verpflichtungen im Bestimmungsmitgliedstaat nicht erfüllt (vgl. auch Bülte, DB 2011, 442, sowie Bürger/Paul, BB 2011, 540, 542).

 

 

25

b) Ob die Versagung der innergemeinschaftlichen Lieferungen der Klägerin deswegen nicht in Betracht kommen könnte, weil sie - wie das FG annimmt - an einem „Karussellgeschäft“ beteiligt gewesen sein soll, kann aufgrund der vorliegenden Feststellungen des FG nicht entschieden werden, denn allein der Hinweis auf ein Karussellgeschäft ersetzt keine tatsächlichen Feststellungen. So ist dem Urteil nicht zu entnehmen, welche Abnehmer im Bestimmungsmitgliedstaat ihre steuerlichen Pflichten in Hinterziehungsabsicht nicht erfüllt haben und ob dies der Klägerin bekannt war.

 

 

26

4. Dem Urteil des FG ist weiter nicht zu entnehmen, ob unzutreffende Abnehmerbezeichnungen vorliegen, wer in einem derartigen Fall als tatsächlicher Abnehmer der von der Klägerin ausgeführten Lieferungen anzusehen ist und ob die Klägerin die Person des Abnehmers verschleiert hat. Bei der Bestimmung des Abnehmers der von der Klägerin ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung sind im zweiten Rechtsgang die zuvor unter II.2.a und b genannten Grundsätze zu beachten.

 

 

27

Liegt keine Verschleierung hinsichtlich der Identität des jeweiligen Abnehmers vor, sind weitere Feststellungen zu den Abnehmerfirmen in den Bestimmungsmitgliedstaaten, insbesondere zur Erfüllung der dortigen umsatzsteuerrechtlichen Pflichten zu treffen. Weiter kommt es darauf an, aufgrund welcher Umstände die Klägerin von einer möglichen Hinterziehungsabsicht der Abnehmer Kenntnis hatte oder Kenntnis hätte haben müssen. Es kommt dann ggf. auch eine Vorlage an den EuGH zur Klärung möglicherweise bestehender Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Unionsrechts in Betracht.

 

 

28

Hinsichtlich der vom FG angenommenen Versagung des Vorsteuerabzugs sind weitere Feststellungen zum Zeitpunkt zu treffen, zu dem das Vorstandsmitglied der Klägerin und damit die Klägerin Kenntnis von ihrer Einbindung in das Steuerbetrugsmodell ihrer Lieferanten erlangt hat. Hat sie hiervon erst nach dem Leistungsbezug erfahren, würde dies eine rückwirkende Versagung des Vorsteuerabzugs nicht rechtfertigen.

 

 

29

5. Auf die Verfahrensrügen kam es nicht mehr an.