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I. Streitig ist die Steuerfreiheit der in 2003
(Streitjahr) erfolgten Lieferungen an amerikanische
Truppenangehörige.
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Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin) ist die Tochter des C. Nach dessen Ableben hat sie
als seine Gesamtrechtsnachfolgerin erklärt, den Rechtsstreit
weiterführen zu wollen.
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C betrieb ein Einzelunternehmen, dessen
Gegenstand der Handel mit Hydraulikschläuchen war. Im
Streitjahr behandelte er die Umsätze an amerikanische
Truppenangehörige in Höhe von 28.281 EUR als steuerfrei
nach Art. 67 Abs. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen
den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung
ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland
stationierten ausländischen Truppen (NATO-Zusatzabkommen) vom
3.8.1959 (BGBl II 1961, 1218) in der Fassung, die dieses Abkommen
durch das Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens zum
NATO-Truppenstatut vom 18.3.1993 bekommen hat (BGBl II 1994, 2598).
Die einzelnen Umsätze lagen jeweils unter 2.500 EUR und wurden
unter Verwendung von sog. IMPAC-VISA-Kreditkarten abgerechnet, ohne
dass jedoch sog. Abwicklungsscheine über die einzelnen
Lieferungen vorlagen.
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Eine vom Beklagten und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) am 24.5.2005 durchgeführte
Umsatzsteuer-Sonderprüfung führte zur Versagung der
Steuerfreiheit der an amerikanische Truppenangehörige
ausgeführten Umsätze, weil die nach § 73 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 (UStDV) zwingend
erforderlichen Belegnachweise in Form von Abwicklungsscheinen nicht
vorlägen (Bp-Bericht vom 13.6.2005). Das FA folgte den
Feststellungen des Prüfers und erließ unter dem
25.10.2005 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung
geänderten Umsatzsteuerbescheid, in dem die Umsätze mit
amerikanischen Truppenangehörigen der Umsatzsteuer unterworfen
wurden.
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5
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Die nach Zurückweisung des Einspruchs
eingelegte Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb ohne Erfolg. Die
Abweisung der Klage begründete das FG in seinem in EFG 2010,
1655 = SIS 10 19 84 veröffentlichten Urteil mit dem fehlenden
Nachweis der Steuerbefreiung. Auf die nach § 73 Abs. 1 Nr. 1
UStDV erforderlichen Abwicklungsscheine könne auch im
vereinfachten Beschaffungsverfahren nicht verzichtet werden. Dieses
Verfahren beruhe auf Verwaltungsanweisungen. Soweit diese einen
Verzicht auf den Nachweis nicht vorsähen, sei das Gericht
nicht befugt, zugunsten des Steuerpflichtigen hiervon abzuweichen.
Einen Verzicht auf den Abwicklungsschein sehe das Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22.12.2004 IV A 6 - S
7492 - 13/04 (BStBl I 2004, 1200 = SIS 05 06 83) im vereinfachten
Verfahren nicht vor, sondern nur einen Verzicht auf den
Beschaffungsauftrag.
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§ 73 Abs. 3 UStDV sei nicht anzuwenden.
Die Rechnung in Verbindung mit dem Zahlungsbeleg (Kreditkarte)
könne den Abwicklungsschein nicht ersetzen, da die dort zu
machenden Angaben nicht leicht und einwandfrei aus diesen Belegen
erkennbar seien. So sei nicht sicher erkennbar, welche
Beschaffungsstelle den Auftrag erteilt habe bzw. ob die auf dem
Lieferschein ausgewiesene Empfangsdienststelle identisch mit der
den Auftrag erteilenden Beschaffungsstelle gewesen sei. Auch die
vom Empfänger auszufüllenden Teile (Empfangs- und
Verwendungsbestätigung sowie Zahlungsbescheinigung)
ergäben sich nicht vollständig. Es sei insoweit nicht
erkennbar, welchem Konto der Betrag belastet worden sei. Eine
Empfangsbestätigung könne in der Rechnung auch nicht
gesehen werden. Eine Bestätigung der vom Empfänger zu
machenden Angaben durch die Unterschrift einer dazu befugten Person
fehle ebenfalls. Der Umstand, dass im Streitfall ein Missbrauch
ausgeschlossen erscheine, könne den Anwendungsbereich des
§ 73 Abs. 3 UStDV nicht über seinen Wortlaut hinaus
ausdehnen.
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Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision
rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Das FG
habe die Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der im
Streitjahr geltenden Fassung (UStG) und der UStDV unrichtig
angewandt. Der Sinn und Zweck des Nachweises der Voraussetzungen
der Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens,
insbesondere der Vorlage eines sog. Abwicklungsscheins, liege
darin, dass nur derjenige das Steuerprivileg in Anspruch nehmen
dürfe, der hierzu auch berechtigt sei, ein Missbrauch mithin
ausgeschlossen werde. Nach den Ausführungen des FG unter
Ziffer 2 auf Seite 5 des angefochtenen Urteils könne
„im Streitfall ein Missbrauch ausgeschlossen“
werden. In diesem Falle stelle die Vorlage eines Abwicklungsscheins
lediglich „l’art pour l’art“ dar und
sei deshalb verzichtbar. Dabei sei es einerlei, ob dies aus
allgemeinen Erwägungen folge oder auf § 73 Abs. 3 UStDV
zurückgegriffen werde.
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In diesem Zusammenhang sei es auch von
Relevanz, dass es Unternehmern wie dem C nicht möglich sei,
bei Leistungen bzw. Lieferungen an die Truppe Umsatzsteuer in
Rechnung zu stellen oder im Nachhinein die Vorlage von
Abwicklungsscheinen zu verlangen, da Lieferungen und Leistungen
schnell und meist auch spätabends hätten erledigt werden
müssen.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom 1.7.2008 6 K 1575/06
sowie den Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 25.10.2005 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 24.3.2006 aufzuheben, hilfsweise,
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die Sache unter Abänderung des Urteils
der Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an
das FG Rheinland-Pfalz zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3
des NATO-Zusatzabkommens setze voraus, dass die Lieferung oder
sonstige Leistung von einer amtlichen Beschaffungsstelle der
jeweiligen Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben
worden sei; die amtliche Beschaffungsstelle müsse demnach an
der Begründung der Leistungspflicht mitgewirkt haben
(BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1200 = SIS 05 06 83, Tz. 16). Bei
dem im Streitfall angewandten vereinfachten Beschaffungsverfahren
der amerikanischen Truppen werde die Beschaffungsbefugnis der
amtlichen Beschaffungsstellen durch die Verwendung einer
IMPAC-VISA-Kreditkarte auf die Kreditkarteninhaber übertragen.
Die Inhaber der jeweiligen Kreditkarte seien damit als
Beschaffungsbeauftragte der Truppe anzusehen. Die Kreditkarten
ersetzten aber nur den schriftlichen Beschaffungsauftrag.
Unabhängig davon sei der Belegnachweis grundsätzlich
durch Vorlage eines ordnungsgemäß ausgefüllten
Abwicklungsscheins zu erbringen.
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Das FG habe einen Missbrauch nicht
ausgeschlossen, sondern lediglich erwähnt, dieser
„erscheine“ ausgeschlossen. Das sei aber nicht
entscheidungsrelevant, da es nach der Rechtsauffassung des FG auf
einen Missbrauch nicht ankomme. Das formale Erfordernis des
Abwicklungsscheins diene der erleichterten Überprüfung,
ob die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt seien. Ein
Verzicht auf den Abwicklungsschein führe in der Praxis zu
einem unverhältnismäßigen und vom Gesetzgeber nicht
gewollten Prüfungsaufwand.
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Die Beteiligten haben auf die
Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
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II. Die Revision der Klägerin, die den
Rechtsstreit wirksam aufgenommen hat (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15.6.2011 XI R 10/11, BFH/NV 2011,
1722 = SIS 11 29 69, m.w.N.), ist begründet. Das angefochtene
Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung
und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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15
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Die Steuerfreiheit einer Lieferung nach Art.
67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens kann nicht nur durch Vorlage des
Abwicklungsscheins nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV oder diesem
gleichgestellte Belege und Aufzeichnungen des Unternehmers nach
§ 73 Abs. 3 UStDV nachgewiesen werden, sondern auch durch
andere Unterlagen, aus denen sich nach objektiver Beweislage die
materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung ergeben. Die Sache
ist nicht spruchreif, weil die vom FG festgestellten Tatsachen dem
Senat keine abschließende Beurteilung ermöglichen, ob
die streitbefangenen Lieferungen von der Umsatzsteuer befreit
sind.
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1. Die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 67 Abs.
3 Buchst. a Ziff. (ii) i.V.m. Ziff. (i) des NATO-Zusatzabkommens
gilt „für Lieferungen und sonstige Leistungen an eine
Truppe oder ein ziviles Gefolge, die von einer amtlichen
Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag
gegeben werden und für den Gebrauch oder den Verbrauch durch
die Truppe, das zivile Gefolge, ihre Mitglieder oder deren
Angehörige bestimmt sind (...)“. Dabei sind die
Abgabenvergünstigungen „bei der Berechnung des
Preises zu berücksichtigen“ (Art. 67 Abs. 3 Buchst.
a Ziff. (i) des NATO-Zusatzabkommens).
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Darüber hinaus erfordert die
Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. c des
NATO-Zusatzabkommens, „dass das Vorliegen ihrer
Voraussetzungen den zuständigen deutschen Behörden
nachgewiesen wird. Die Art dieses Nachweises wird durch die
Vereinbarungen zwischen den deutschen Behörden und den
Behörden des betreffenden Entsendestaates
festgelegt“.
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Dieser Nachweis ist auf der Grundlage des
§ 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG gemäß § 73 Abs. 1
UStDV
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„1. bei Lieferungen und sonstigen
Leistungen, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag
gegeben worden sind, durch eine Bescheinigung der amtlichen
Beschaffungsstelle nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck
(Abwicklungsschein)“ zu führen.
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Gemäß § 73 Abs. 3 UStDV kann
„das Finanzamt auf die in Absatz 1 Nr. 1 bezeichnete
Bescheinigung verzichten, wenn die vorgeschriebenen Angaben aus
anderen Belegen und aus den Aufzeichnungen des Unternehmers
eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen
sind“.
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2. Unionsrechtliche Grundlage der
Steuerbefreiung nach dem NATO-Zusatzabkommen - ebenso wie für
die in materiell-rechtlicher Hinsicht inhaltsgleiche
Auffangvorschrift des § 4 Nr. 7 Buchst. a UStG - ist Art. 15
Nr. 10 dritter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG) bzw. - seit 1.1.2007 - Art. 151 der Richtlinie des
Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
2006/112/EG - MwStSystRL - (vgl. Hummel in
Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 26 Rz 321;
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom
26.4.2012 C-225/11, Able UK Ltd., UR 2012, 554 = SIS 12 19 36).
Danach befreien die Mitgliedstaaten u.a. die Lieferungen von
Gegenständen und Dienstleistungen von der Steuer,
„die in den Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des
Nordatlantikvertrags sind, an die Streitkräfte anderer
Vertragsparteien bewirkt werden, wenn diese Umsätze für
den Gebrauch oder Verbrauch dieser Streitkräfte oder ihres
zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos
oder Kantinen bestimmt sind und wenn diese Streitkräfte der
gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen. ... Diese Befreiung
gilt unter den vom Gastmitgliedstaat festgelegten
Beschränkungen so lange, bis eine einheitliche Steuerregelung
getroffen ist.“.
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3. Soweit Art. 67 Abs. 3 Buchst. c des
NATO-Zusatzabkommens die Vergünstigung vom Nachweis ihrer
Voraussetzungen abhängig macht und § 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG
i.V.m. § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV hierfür die Vorlage eines
Abwicklungsscheins fordert, handelt es sich um keine materielle
Voraussetzung der Steuerbefreiung, sondern - ebenso wie beim
Belegnachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen und
für Ausfuhrlieferungen - lediglich um eine formelle
Nachweisverpflichtung (vgl. Hummel in Rau/Dürrwächter,
a.a.O., § 26 Rz 420 ff.).
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22
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a) Für die Steuerbefreiung
innergemeinschaftlicher Lieferungen nach Art. 28c Teil A Buchst. a
der Richtlinie 77/388/EWG hat der EuGH im Urteil vom 27.9.2007
C-146/05, Collée (Slg. 2007, I-7861 = SIS 08 00 30, Leitsatz
1) festgestellt: „Eine nationale Maßnahme, die das
Recht auf Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung
im Wesentlichen von der Einhaltung formeller Pflichten
abhängig macht, ohne die materiellen Anforderungen zu
berücksichtigen und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen,
ob diese erfüllt sind, geht über das hinaus, was
erforderlich ist, um eine genaue Erhebung der Steuer
sicherzustellen. Die Umsätze sind nämlich unter
Berücksichtigung ihrer objektiven Merkmale zu besteuern. Was
die Feststellung des innergemeinschaftlichen Charakters einer
Lieferung betrifft, so wird für eine Lieferung keine
Mehrwertsteuer geschuldet, wenn sie die Voraussetzungen des Art.
28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG
erfüllt. Da unbestreitbar eine innergemeinschaftliche
Lieferung ausgeführt wurde, erfordert der Grundsatz der
steuerlichen Neutralität, dass die Steuerbefreiung
gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt
sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen
Anforderungen nicht genügt hat. Anders verhielte es sich nur,
wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den
sicheren Nachweis verhinderte, dass die materiellen Anforderungen
erfüllt wurden“.
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b) Der Senat hat diese Grundsätze wegen
der rechtssystematischen Gemeinsamkeiten von
innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a UStG) zu
Ausfuhrlieferungen (§ 6 UStG) mit Urteil vom 28.5.2009 V R
23/08 (BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517 = SIS 09 25 67) auf
Ausfuhrlieferungen erstreckt. Die rechtssystematischen
Gemeinsamkeiten der Steuerfreiheit nach Art. 67 Abs. 3 des
NATO-Zusatzabkommens mit der Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen
erfordern eine Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze auch
auf den Nachweis der Steuerfreiheit nach Art. 67 Abs. 3 des
NATO-Zusatzabkommens: Derartige Umsätze gehören, wie
bereits die Überschrift von Art. 15 der Richtlinie 77/388/EWG
belegt, zu den Umsätzen, die den Ausfuhren nach einem
Drittland gleichgestellt sind. Weiterhin setzt die Steuerfreiheit
nach Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens - ebenso wie die
Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen - neben dem Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen deren beleg- und buchmäßigen
Nachweis voraus (§ 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17
UStDV bei Ausfuhren, § 25 Abs. 5 Nr. 3 UStG i.V.m. § 73
Abs. 1 und 2 UStDV bei NATO-Lieferungen). Bei diesen
Nachweisanforderungen handelt es sich unionsrechtlich um sog.
Anwendungsbedingungen, die sich für Ausfuhrlieferungen aus
Art. 28c Teil A der Richtlinie 77/388/EWG, für Leistungen nach
Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens sowohl aus dem
Einleitungssatz des Art. 15 der Richtlinie 77/388/EWG
(„Bedingungen, die sie [die Mitgliedstaaten] zur
Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der
nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von
Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen
Missbräuchen festsetzen“) als auch aus Art. 15 Nr.
10 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG („Diese Befreiung gilt
unter den vom Gastmitgliedstaat festgelegten Beschränkungen so
lange, bis eine einheitliche Steuerregelung getroffen
ist“) ergeben.
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24
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Darüber hinaus hat es der Senat im
Hinblick auf die einem Ausfuhrnachweis vergleichbare Funktion eines
Abwicklungsscheines nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV im Urteil vom
29.1.1981 V R 43/77 (BFHE 133, 103, BStBl II 1981, 542 = SIS 81 18 26) für sachgerecht erachtet, für die Frage, bis zu
welchem Zeitpunkt der Abwicklungsschein vorzulegen ist, auf die zu
Ausfuhrlieferungen entwickelten Grundsätze
zurückzugreifen.
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c) Die danach gebotene unionsrechtskonforme
Auslegung von § 73 Abs. 1 und 3 UStDV unter
Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips und des
Neutralitätsgrundsatzes führt dazu, dass Leistungen nach
Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens nicht nur bei
Erfüllung des in § 73 UStDV bezeichneten Beleg- und
Buchnachweises steuerfrei sind, sondern auch dann, wenn nach
objektiver Beweislage feststeht, dass die materiellen
Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom
8.11.2007 V R 72/05, BFHE 219, 422, BStBl II 2009, 55 = SIS 08 16 57 zu innergemeinschaftlichen Lieferungen; BFH-Urteil in BFHE 226,
177, BStBl II 2010, 517 = SIS 09 25 67 zu Ausfuhrlieferungen).
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4. Nach diesen Grundsätzen ist das Urteil
des FG aufzuheben. Das FG hat in seiner Entscheidung die
unionsrechtskonforme Auslegung von § 73 Abs. 1 i.V.m. §
73 Abs. 3 UStDV und damit die Möglichkeit eines
Alternativnachweises nicht berücksichtigt, sondern die Vorlage
des Abwicklungsscheins als unverzichtbare und damit materielle
Voraussetzung der Steuerbefreiung angesehen. Soweit es § 73
Abs. 3 UStDV für nicht anwendbar gehalten hat, weil sich die
im Abwicklungsschein zu machenden Angaben nicht leicht und
einwandfrei aus anderen Belegen ergäben, hat das FG nicht
beachtet, dass es für die Frage der Umsatzsteuerfreiheit nach
Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens nicht darauf ankommt, ob
sich die in einem Abwicklungsschein zu machenden Angaben leicht und
einwandfrei aus anderen Belegen ergeben, sondern darauf, ob die
materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung des Art. 67 Abs. 3
des NATO-Zusatzabkommens aufgrund objektiver Beweislage
vorliegen.
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5. Der Senat kann im Streitfall nicht
abschließend entscheiden, ob alle Voraussetzungen der
Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens
vorliegen, da Feststellungen des FG zur Bestimmung der Lieferungen
zum ausschließlichen Gebrauch oder Verbrauch durch die
Truppe, ihr ziviles Gefolge oder berechtigter Personen fehlen.
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a) Die Lieferungen des C sind, wovon auch das
FG zu Recht ausgegangen ist, von einer amtlichen Beschaffungsstelle
i.S. des Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens „in
Auftrag gegeben“ worden. Dies setzt voraus, dass diese
Stelle durch Abgabe des Vertragsangebots oder durch Annahme eines
Vertragsangebots am Zustandekommen des betreffenden
Umsatzgeschäfts mitgewirkt hat (vgl. BFH-Urteile vom 14.4.2010
XI R 12/09, BFHE 230, 235, BStBl II 2011, 138 = SIS 10 22 22; vom
29.9.1988 V R 53/83, BFHE 154, 395, BStBl II 1988, 1022 = SIS 88 25 05).
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aa) Im Streitfall wurden die Lieferungen des C
durch eine amtliche Beschaffungsstelle im Rahmen des sog.
„vereinfachten Beschaffungsverfahrens“ in
Auftrag gegeben. Dieses vom Hauptquartier der amerikanischen
Truppen in Deutschland ab 1.10.1991 eingeführte Verfahren soll
den Mitgliedern der Truppe und des zivilen Gefolges oder deren
Angehörigen die umsatzsteuerfreie Beschaffung von Waren und
Dienstleistungen bis zu einer bestimmten Wertgrenze erleichtern
(vgl. BMF-Schreiben vom 1.10.1991 IV A 3 - S 7492 - 40/91, BStBl I
1991, 961 = SIS 91 22 30); es galt im Streitjahr für
Beschaffungsaufträge der amerikanischen Truppen bis zu einem
Wert von 2.500 EUR (BMF-Schreiben vom 29.11.2001 IV D 1 - S 7492 -
68/01, BStBl I 2001, 1006 = SIS 02 01 38).
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Im Rahmen des vereinfachten
Beschaffungsverfahrens wird die Beschaffungsbefugnis der amtlichen
Beschaffungsstellen durch die Verwendung einer
IMPAC-VISA-Kreditkarte auf die Kreditkarteninhaber (Mitglieder der
Truppe und des zivilen Gefolges) übertragen. Die
Kreditkarteninhaber sind damit als Beschaffungsbeauftragte der
Truppe oder des zivilen Gefolges anzusehen. Die ausgegebenen
IMPAC-VISA-Kreditkarten sind an den ersten vier Stellen der
Kreditkartennummer (4716) zu erkennen. Die IMPAC-VISA-Kreditkarte
ersetzt den in anderen Fällen erforderlichen schriftlichen
Beschaffungsauftrag (BMF-Schreiben vom 31.3.2000 IV D 2 - S 7492 -
12/00, BStBl I 2000, 459 = SIS 00 05 75, unter (3).
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bb) Im Streitfall lagen nach den
Feststellungen des FG die einzelnen Umsätze jeweils unter
2.500 EUR. Sie wurden auch unter Verwendung von
IMPAC-VISA-Kreditkarten abgerechnet, die mit der Nr. 4716 beginnen,
sodass - über die insoweit bevollmächtigten
Kreditkarteninhaber - eine Mitwirkung der amtlichen
Beschaffungsstelle am Zustandekommen des jeweiligen
Umsatzgeschäftes vorliegt.
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cc) Im Hinblick darauf, dass sich nach
ständiger Rechtsprechung des Senats die Person des
Leistungsempfängers nach dem der Leistung zugrunde liegenden
Rechtsverhältnis richtet (BFH-Urteil vom 18.2.2009 V R 82/07,
BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876 = SIS 09 16 37, unter II.2.a aa,
m.w.N.; vgl. BFH-Beschluss vom 22.12.2011 V R 29/10, BFHE 236, 242,
BStBl II 2012, 441 = SIS 12 06 36, unter II.3.b) folgt aus der
Auftragsvergabe durch die amtliche Beschaffungsstelle die Lieferung
an die Truppe, für die diese Beschaffungsstelle tätig
ist.
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33
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b) Die Umsatzsteuerbefreiung ist nach Art. 67
Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens bei der Berechnung des
Lieferpreises zu berücksichtigen (vgl. hierzu
Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 26
UStG Rz 28: „Abgabenvergünstigung“), indem
der Unternehmer das Entgelt erkennbar in Höhe der
Steuerbelastung mindert. Dies ist vorliegend der Fall, da
ausweislich des Tatbestands des FG-Urteils die Abrechnung
gegenüber der Truppe als steuerfreie Leistung und damit ohne
Umsatzsteuer erfolgte.
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c) Zweifelhaft ist jedoch die Bestimmung der
Lieferungen oder der sonstigen Leistungen zum
ausschließlichen Gebrauch oder Verbrauch durch die Truppe,
ihr ziviles Gefolge oder berechtigte Personen. Die Art der
gelieferten Gegenstände (Hydraulikschläuche) und das
Auftreten von Truppenangehörigen als Beschaffungsbeauftragte
mit IMPAC-VISA-Kreditkarten sind zwar Indiz dafür, dass die
Lieferungen zum ausschließlichen Ge- oder Verbrauch durch die
Truppe bestimmt waren, es erscheint aber nicht ausgeschlossen, dass
der jeweilige Beschaffungsbeauftragte auf eigene Rechnung handelte
und die mit der Kreditkarte bezahlte Ware anderweitig im Inland
verkaufte. Da insoweit Feststellungen des FG fehlen, sind diese im
zweiten Rechtsgang nachzuholen. Dabei können insbesondere die
vom FG bereits im ersten Rechtsgang angeforderten und daraufhin von
C vorgelegten Rechnungen mit Belastungsbelegen der Kreditkarten
nebst den dazu gehörigen Lieferscheinen zu
berücksichtigen sein. Das FG hat im Rahmen einer
tatsächlichen Gesamtwürdigung der vorliegenden Beweise zu
entscheiden, ob es trotz Nichtvorliegens der Abwicklungsscheine
davon überzeugt ist, dass die materiellen Voraussetzungen der
Steuerfreiheit nach Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens
erfüllt sind. Dabei gehen verbleibende Zweifel zulasten des
Steuerpflichtigen, der sich auf die Befreiung beruft (vgl.
BFH-Urteil vom 12.5.2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010,
511 = SIS 09 25 68, unter II.B.2.b aa, m.w.N. zum Belegnachweis bei
innergemeinschaftlichen Lieferungen).
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