Investitionszulage bei erhöhten Absetzungen, Zulässigkeit vor dem 20.12.2000: Die durch Art. 1 InvZulÄndG vom 20.12.2000 eingeführte Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG, dass Investitionszulage für nachträgliche Herstellungsarbeiten i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 1 InvZulG 1999 und auf nachträgliche Herstellungsarbeiten entfallende Anschaffungskosten i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 1 InvZulG 1999 nur zu gewähren ist, wenn der Anspruchsberechtigte und im Veräußerungsfall der Erwerber für die Herstellungsarbeiten keine erhöhten Absetzungen in Anspruch nimmt, gilt nicht für Investitionen, die der Investor bereits vor der endgültigen Beschlussfassung des InvZulÄndG begonnen hat. - Urt.; BFH 14.12.2006, III R 27/03; SIS 07 10 14
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist Insolvenzverwalter der X GmbH (GmbH).
Die GmbH erwarb Gebäude und verkaufte
sie nach Sanierung und Aufteilung in Wohneigentum wieder. Mit
Antrag vom 30.11.2001 begehrte sie für das Kalenderjahr 2000
eine Investitionszulage nach § 3 des
Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1999 für
Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden im
Fördergebiet in Höhe von 210.299 DM. Die GmbH verwendete
für ihren Antrag ein Antragsformular für das Jahr 1999.
Sie kreuzte in dem Formular den Text an: „Für dieselben
Investitionen wurden/ werden keine erhöhten Absetzungen in
Anspruch genommen.“
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) setzte die Investitionszulage auf 0 DM fest
(Bescheid vom 2.1.2002). In der Anlage zum Bescheid führte das
FA aus, nach § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 i.d.F. vom
20.12.2000 stehe der GmbH keine Investitionszulage zu, weil die
Erwerber der Eigentumswohnungen erhöhte Absetzungen nach
§ 7i des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen
hätten. Nach der Gesetzesbegründung werde mit dem
Ausschluss der Doppelbegünstigung lediglich die bisherige
Rechtslage klargestellt, die rückwirkend ab Gültigkeit
des InvZulG 1999 anzuwenden sei.
Mit ihrem Einspruch machte die GmbH
geltend, bei der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999
n.F. handle es sich um eine materielle Rechtsänderung, die
erst für die Zukunft wirksam sei.
Während des Einspruchsverfahrens
reichte der steuerliche Berater der GmbH einen weiteren vom
29.1.2002 datierten - nicht unterschriebenen - Antrag auf
Investitionszulage für das Kalenderjahr 2000 ein, in dem
für Herstellungsarbeiten an weiteren Objekten zusätzlich
eine Investitionszulage in Höhe von 425.782 DM beantragt
wurde.
Das FA wies den Einspruch der GmbH als
unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom
20.3.2002). Der GmbH stehe weder für die nachträglichen
Herstellungsarbeiten an den im Antrag vom 30.11.2001
aufgeführten Objekten noch für die nachträglichen
Herstellungsarbeiten an den im Antrag vom 29.1.2002 genannten
Objekten Investitionszulage zu, da alle Erwerber der sanierten
Objekte erhöhte Absetzungen nach § 7i EStG in Anspruch
genommen hätten.
Auf die Klage der GmbH setzte das
Finanzgericht (FG) die Investitionszulage dem Antrag der GmbH
entsprechend auf 636.081 DM (210.299 DM + 425.782 DM) fest. Das
Urteil des FG ist in EFG 2003, 1119 = SIS 03 36 06 abgedruckt. Das
FG führte im Wesentlichen aus:
Durch die Neufassung des § 3 Abs. 1
Satz 2 InvZulG 1999 sei die bisherige Rechtslage nicht
klargestellt, sondern zu Lasten des Anspruchsberechtigten
geändert worden. Denn nach der Fassung zum Zeitpunkt der
Investitionen habe nur dann kein Anspruch auf Investitionszulage
für Herstellungsarbeiten an sanierungsbedürftigen
Mietwohngebäuden bestanden, wenn „der
Anspruchsberechtigte“ erhöhte Absetzungen in Anspruch
nehme. Nach der geänderten Fassung durch das
Investitionszulagenänderungsgesetz (InvZulÄndG), das am
28.12.2000 in Kraft getreten sei, hänge der Anspruch auf
Investitionszulage dagegen davon ab, dass der Anspruchsberechtigte
„und im Veräußerungsfall der Erwerber“
für die Herstellungsarbeiten keine erhöhten Absetzungen
in Anspruch nehme.
Um eine mit dem Grundgesetz (GG) nicht
vereinbare Rückwirkung in den noch offenen Fällen zu
vermeiden, hätte es einer - vom Gesetzgeber übersehenen -
Übergangsregelung bedurft, die den zeitlichen
Anwendungsbereich regle. Insoweit liege eine Regelungslücke
vor, die im Wege verfassungskonformer Auslegung in der Weise zu
schließen sei, dass die Neufassung auf vor dem Inkrafttreten
des InvZulÄndG am 28.12.2000 getätigte Investitionen
nicht anwendbar sei.
Da die GmbH ihre Investitionen vor diesem
Zeitpunkt vorgenommen habe, sei ihr nach der zu dieser Zeit
bestehenden Rechtslage die beantragte Investitionszulage zu
gewähren.
Das FA trägt mit seiner Revision im
Wesentlichen vor:
Das FG habe § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG
1999 n.F. zu Unrecht verfassungskonform ausgelegt. Mit der
geänderten Fassung sei lediglich die bestehende Rechtslage,
nach der eine mehrfache Förderung derselben Maßnahme
nicht vorgesehen sei, klargestellt worden.
Selbst wenn man eine belastende
Gesetzesänderung annähme, wäre diese
verfassungsrechtlich zulässig. Unabhängig davon, ob eine
echte oder unechte Rückwirkung anzunehmen sei, bestehe
für die GmbH kein Vertrauensschutz. Es habe eine
offensichtlich der Gesamtsystematik widersprechende
Gesetzeslücke bestanden, mit deren Korrektur die GmbH habe
rechnen müssen. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass
der Gesetzgeber eine plan- und systemwidrige Doppelförderung
aufrechterhalten werde, habe nicht entstehen können. Zudem sei
bei Fertigstellung der Maßnahmen noch umstritten gewesen, ob
bei Herstellungsmaßnahmen an Gebäuden des
Umlaufvermögens überhaupt Anspruch auf Investitionszulage
bestehe. Erst Anfang des Jahres 2001 nach einer Erörterung mit
den Vertretern der obersten Behörden des Bundes und der
Länder sei eine Zulage auch für Objekte des
Umlaufvermögens für möglich gehalten worden.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Während des Revisionsverfahrens
reichte die GmbH beim FA einen weiteren korrigierten Antrag auf
Investitionszulage für das Kalenderjahr 2000 vom 16.3.2004
ein, mit dem sie nur noch eine Investitionszulage in Höhe von
547.147 DM begehrte. Das FA setzte die Investitionszulage wegen des
Kumulationsverbotes in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 n.F.
durch Bescheid vom 4.10.2006 wiederum auf 0 DM fest.
II. 1. Die Revision führt schon aus
verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des
finanzgerichtlichen Urteils, weil diesem ein nicht mehr
existierender Bescheid zugrunde liegt. Das FG hat über den
Investitionszulagenbescheid vom 2.1.2002 i.d.F. der
Einspruchsentscheidung vom 20.3.2002 entschieden. An die Stelle
dieses Bescheides ist aber während des Revisionsverfahrens der
Bescheid vom 4.10.2006 getreten, der gemäß § 121
i.V.m. § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des
Verfahrens geworden ist. Das FG-Urteil ist daher gegenstandslos
geworden (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14.2.2006 VIII R 40/03, BFHE 212, 270,
BFH/NV 2006, 1198 = SIS 06 19 88, m.w.N.).
Die Beteiligten streiten ausschließlich
um die Rechtsfrage, ob der Anspruch eines Bauträgers auf
Investitionszulage für nachträgliche Herstellungsarbeiten
an Gebäuden im Kalenderjahr 2000 entfällt, wenn die
Erwerber der sanierten Wohnungen für die - auf die
nachträglichen Herstellungsarbeiten entfallenden -
Anschaffungskosten erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen
haben (§ 7i Abs. 1 Satz 5 EStG). Insoweit haben sich die
tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs auch nach Erlass des
Investitionszulagenbescheids vom 4.10.2006 nicht geändert, so
dass der Senat nach § 100, § 121 FGO über die
streitige Rechtsfrage entscheiden kann und die Sache nicht nach
§ 127 FGO an das FG zurückzuverweisen braucht (vgl. auch
BFH-Urteil vom 27.7.2004 IX R 44/01, BFH/NV 2005, 188 = SIS 05 07 57, m.w.N.).
Nach zutreffender Entscheidung des FG ist die
GmbH nicht deshalb von der Investitionszulage ausgeschlossen, weil
die Erwerber der sanierten Eigentumswohnungen erhöhte
Absetzungen beansprucht haben. Denn die Änderung des § 3
Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 durch das InvZulÄndG ist keine
Klarstellung, sondern eine materielle Änderung der
Anspruchsvoraussetzungen zu Lasten des Anspruchsberechtigten, die
gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot
verstößt und eine Regelung des zeitlichen
Anwendungsbereichs erfordert hätte. Die Lücke ist im Wege
verfassungskonformer Auslegung in der Weise zu schließen,
dass § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 n.F. erst für
Investitionen gilt, die nach dem 20.12.2000, dem Zeitpunkt des
endgültigen Beschlusses der Gesetzesänderung, vorgenommen
werden.
Gleichwohl kann der Klage nicht stattgegeben
werden, weil Zweifel bestehen, ob die vom FG festgesetzte
Investitionszulage der Höhe nach zutrifft. Deshalb ist die
Sache nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zurückzuverweisen (vgl.
auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 127
Rz. 2).
2. Entgegen der Auffassung des FA stellt die
Änderung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 durch das
InvZulÄndG keine bereits bestehende Rechtslage klar, sondern
erweitert die Kumulationsverbote.
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999
sind begünstigte Investitionen - unter weiteren hier nicht
streitigen Voraussetzungen - :
1.
|
nachträgliche Herstellungsarbeiten an vor
dem 1.1.1991 fertig gestellten Gebäuden (§ 3 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 InvZulG 1999),
|
|
|
2.
|
die Anschaffung vor dem 1.1.1991 fertig
gestellter Gebäude, soweit nachträgliche
Herstellungsarbeiten nach Abschluss des Kaufvertrags
durchgeführt worden sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG
1999),
|
|
|
3.
|
soweit die Gebäude mindestens fünf
Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungs- oder
Erhaltungsarbeiten bzw. nach der Anschaffung oder Herstellung der
entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen,
|
|
|
4.
|
die Anschaffung und Herstellung neuer
Gebäude in bestimmten Gebieten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
InvZulG 1999).
|
Der Anspruchsberechtigte muss die
Investitionen nach dem 31.12.1998 und vor dem 1.1.2005 und
Investitionen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 vor
dem 1.1.2002 abgeschlossen haben (§ 3 Abs. 2 InvZulG
1999).
Die nachträglichen Herstellungsarbeiten
der GmbH an den veräußerten Gebäuden bzw.
Eigentumswohnungen erfüllen den Tatbestand des § 3 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999.
b) Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 in
seiner ursprünglichen Fassung durch das Gesetz zur Fortsetzung
der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern vom
18.8.1997 (BGBl I 1997, 2070, BStBl I 1997, 790), das am 1.1.1999
in Kraft getreten ist, war für nachträgliche
Herstellungsarbeiten an Gebäuden i.S. des § 3 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 InvZulG 1999 und für Anschaffungskosten, soweit sie
auf nach Abschluss des Kaufvertrags durchgeführte
Herstellungsarbeiten entfielen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m.
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999), die Investitionszulage nur zu
gewähren, „wenn keine erhöhten Absetzungen in
Anspruch genommen worden sind“.
Im Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen (BMF) vom 24.8.1998 (BStBl I 1998, 1114 = SIS 98 20 94)
wurde zu dem Kumulationsverbot in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG
1999 ausgeführt, bei nachträglichen Herstellungsarbeiten
an einem Gebäude (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999)
und der Anschaffung eines vom Veräußerer noch zu
modernisierenden Gebäudes (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
InvZulG 1999) komme eine Investitionszulage nur in Betracht, wenn
der Anspruchsberechtigte selbst keine erhöhten Absetzungen -
z.B. nach § 7h EStG (erhöhte Absetzungen bei
Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen
Entwicklungsbereichen) oder nach § 7i EStG (erhöhte
Absetzungen bei Baudenkmälern) - in Anspruch nehme.
Durch das Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG)
1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13), das
rückwirkend zum 1.1.1999 in Kraft getreten ist (Art. 28 Abs. 4
StBereinG 1999), wurde § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999
eingefügt (Art. 8 Nr. 2 StBereinG 1999). Danach kann im Fall
nachträglicher Herstellungsarbeiten i.S. des § 3 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 und 2 InvZulG 1999 sowie im Fall der Herstellung i.S.
des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 eine
Investitionszulage nur gewährt werden, soweit im
Veräußerungsfall der Erwerber für das Gebäude
keine Sonderabschreibungen in Anspruch nimmt.
Außerdem wurde in § 3 Abs. 1 Satz 2
InvZulG 1999 die Formulierung „wenn keine erhöhten
Absetzungen in Anspruch genommen worden sind“ durch die
Formulierung „wenn der Anspruchsberechtigte keine
erhöhten Absetzungen in Anspruch nimmt“ ersetzt.
Gründe für die Umformulierung und sich daraus ergebende
Folgerungen werden in den Gesetzesmaterialien (BTDrucks 14/2070,
14/2380) nicht erläutert.
Erstmals in dem Bericht des Finanzausschusses
vom 16.11.2000 zum Entwurf des InvZulÄndG wurde die Schaffung
eines Kumulationsverbotes zwischen Investitionszulagen und
erhöhten Absetzungen auch bei fehlender Personenidentität
vorgeschlagen, um die gleichzeitige Inanspruchnahme von
erhöhten Absetzungen und Investitionszulagen zu verhindern
(BTDrucks 14/4626, 2). Der Erwerber eines vom Veräußerer
zu sanierenden Mietwohngebäudes könne für
Anschaffungskosten, die auf - nach Abschluss des Kaufvertrages
durchgeführte - Herstellungskosten für begünstigte
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen entfielen,
erhöhte Absetzungen nach § 7h und § 7i EStG in
Anspruch nehmen. Da im Fall der Veräußerung eines vom
Veräußerer noch zu sanierenden Mietwohngebäudes der
Veräußerer Investitionszulage und der Erwerber
erhöhte Absetzungen in Anspruch nehmen könne, werde durch
die geänderte Formulierung klargestellt, dass das
Kumulationsverbot auch bei fehlender Personenidentität greife.
Ansonsten bestünde die Gefahr erheblicher Steuerausfälle
durch die unberechtigte Inanspruchnahme von erhöhten
Absetzungen und Investitionszulagen für dieselben
Herstellungsarbeiten (BTDrucks 14/4626, 5).
Durch Art. 1 InvZulÄndG vom 20.12.2000
wurde § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 dem Vorschlag des
Finanzausschusses entsprechend geändert. Für
nachträgliche Herstellungsarbeiten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 InvZulG 1999) und auf nachträgliche Herstellungsarbeiten
entfallende Anschaffungskosten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m.
Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1999) ist die Investitionszulage danach
nur zu gewähren, wenn der Anspruchsberechtigte und im
Veräußerungsfall der Erwerber für die
Herstellungsarbeiten keine erhöhten Absetzungen in Anspruch
nimmt.
c) Entgegen den Ausführungen im Bericht
des Finanzausschusses (BTDrucks 14/4626, 5) und der Auffassung der
Finanzverwaltung (ländereinheitliche Rechtsauffassung, z.B.
Oberfinanzdirektion - OFD - Frankfurt vom 2.4.2002 InvZ 1070 A - 14
- St II 24, juris) ist durch die Anfügung des Halbsatzes in
§ 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 aber nicht die bisherige
Rechtslage klargestellt, sondern es ist ein weiteres
Kumulationsverbot geschaffen worden (so schon Aussetzungsbeschluss
des Senats vom 27.5.2004 III B 127/03, BFH/NV 2005, 382 = SIS 05 12 71; Niedersächsisches FG, Aussetzungsbeschluss vom 4.3.2004 2
V 477/03, EFG 2004, 1150 = SIS 04 26 20; Rosarius, INF 2001, 101,
105; ders. in Jasper/Sönksen/ Rosarius,
Investitionsförderung, § 3 InvZulG 1999 Rz. 71; Zitzmann,
DB, Beilage 3/2003 zu Heft 12, Rz. 12).
Eine Äußerung der am
Gesetzgebungsverfahren Beteiligten in den Gesetzesmaterialien
reicht allein zur Bestimmung dessen, was mit einer Vorschrift
bezweckt ist, nicht aus. Der Wille muss auch im Gesetztext zum
Ausdruck kommen. Der Wille des Gesetzgebers kann daher nur insoweit
berücksichtigt werden, als er im Gesetz selbst einen
hinreichend klaren Ausdruck gefunden hat (Lang in Tipke/Lang,
Steuerrecht, 18. Aufl., § 5 Rz. 62). Dementsprechend ist nach
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)
maßgebend für die Auslegung einer Vorschrift der in ihr
zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie
er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang
ergibt (z.B. BVerfG-Beschluss vom 9.5.1978 2 BvR 952/75, BVerfGE
48, 246, m.w.N.).
Nach dem eindeutigen Wortlaut der bisherigen
Regelung entfiel der Anspruch auf Investitionszulage nur dann, wenn
der Anspruchsberechtigte selbst erhöhte Absetzungen in
Anspruch nahm, z.B. der Eigentümer für die
nachträglichen Herstellungskosten in Fällen des § 3
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 oder der Erwerber für die auf
nachträgliche Herstellungsarbeiten entfallenden
Anschaffungskosten in den Fällen des § 3 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 InvZulG 1999.
Die bisherige Regelung war auch nicht
auslegungsbedürftig oder lückenhaft. Denn der Gesetzgeber
hat mit der ersten Änderung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG
1999 durch das StBereinG 1999 gerade die ursprüngliche,
mehrdeutige Fassung „in Anspruch genommen worden
sind“ entsprechend der von Anfang an praktizierten
Verwaltungsauffassung in dem Sinne klargestellt, dass das
Kumulationsverbot nur bei Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen
durch den Anspruchsberechtigten selbst gilt.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden,
der Gesetzgeber habe übersehen, dass ein Zusammentreffen von
Investitionszulage und erhöhten Absetzungen für dieselben
nachträglichen Herstellungsarbeiten nicht nur beim
Anspruchsberechtigten selbst, sondern auch - insbesondere in
Bauträgerfällen - bei unterschiedlichen Personen
möglich sei. Denn mit der Einfügung des § 3 Abs. 1
Satz 4 InvZulG 1999 durch das StBereinG 1999 hat der Gesetzgeber
gerade eine (bisher übersehene) mögliche
Doppelbegünstigung von nachträglichen
Herstellungsarbeiten durch Investitionszulage beim Bauträger
und durch Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz
(FördG) beim Erwerber beseitigt. Wenn er ihm Zuge dieser
Änderung die Investitionszulage bei erhöhten Absetzungen
ausdrücklich nur ausschließt, wenn der
Anspruchsberechtigte selbst diese in Anspruch genommen hat, kann
daraus nur gefolgert werden, die Inanspruchnahme erhöhter
Absetzungen durch den Erwerber stehe einer Investitionszulage
für den Bauträger nicht entgegen.
Anders als bei der Mehrfachbegünstigung
durch Investitionszulage nach dem InvZulG 1999 und
Sonderabschreibungen nach dem FördG (vgl. Senatsurteil vom
18.5.2006 III R 21/03, BFHE 213, 183, BStBl II 2006, 776 = SIS 06 37 09) scheidet bei der Doppelbegünstigung durch
Investitionszulage beim Bauträger und erhöhten
Absetzungen beim Erwerber eine ergänzende Rechtsfortbildung
aus. Denn dem InvZulG 1999 liegt kein Prinzip zugrunde, nachdem
jegliche Doppelbegünstigung ausgeschlossen sein soll. Die
Kumulierungsverbote gelten z.B. nicht für Investitionszulage
und degressive Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 5
EStG. Auch wird für Erhaltungsaufwendungen nach § 3 Abs.
1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 eine Investitionszulage gewährt,
obwohl die Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung als Werbungskosten oder bei gewerblicher Vermietung als
Betriebsausgaben sofort in voller Höhe abziehbar sind
(Kaligin, DStR 2002, 526, 530; Urban, FR 1999, 177, 179).
Erstmals im November 2000 schlug der
Finanzausschuss vor, ein Kumulationsverbot zwischen
Investitionszulagen und erhöhten Absetzungen auch bei
fehlender Personenidentität zu schaffen. Die Änderung des
§ 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 entsprechend dem Vorschlag des
Finanzausschusses ist daher eine materielle Änderung der
Anspruchsvoraussetzungen für eine Investitionszulage zu Lasten
des anspruchsberechtigten Veräußerers (so schon
Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 382 = SIS 05 12 71).
3. Das - im BGBl I 2000, 1850 vom 27.12.2000
verkündete - InvZulÄndG ist am Tag nach der
Verkündung in Kraft getreten (Art. 11 Abs. 1 InvZulÄndG).
Da in Art. 11 Abs. 2 und 3 InvZulÄndG keine Sonderregel
für Art. 1 Nr. 2 InvZulÄndG (Änderung des § 3
Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999) enthalten ist, gilt das
zusätzliche Kumulationsverbot ab 28.12.2000 mit dem
Inkrafttreten des InvZulÄndG und damit auch für die
Investitionen des Kalenderjahres 2000, da der Anspruch auf
Investitionszulage erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2000 entsteht
(Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 382 = SIS 05 12 71).
Da im Streitfall bei Inkrafttreten der
Änderung die Investitionsentscheidungen bereits getroffen und
die Investitionen abgeschlossen waren, wirkt die Änderung des
§ 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 in verfassungsrechtlich
unzulässiger Weise zurück.
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des
BVerfG ist zu unterscheiden zwischen der sog. echten (retroaktiven)
Rückwirkung bzw. der Rückbewirkung von Rechtsfolgen (im
Folgenden echte Rückwirkung) und der sog. unechten
(retrospektiven) Rückwirkung bzw. der tatbestandlichen
Rückanknüpfung (im Folgenden unechte
Rückwirkung).
aa) Eine echte Rückwirkung liegt vor,
wenn die Rechtsfolgen einer Rechtsnorm bereits für einen
bestimmten, vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung liegenden
Zeitraum eintreten sollen und damit in abgewickelte, der
Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen. Eine
echte Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig und
nur durch zwingende Gründe des Gemeinwohls zu rechtfertigen
(BVerfG-Beschluss vom 3.12.1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 = SIS 98 10 50, m.w.N.).
bb) Eine unechte Rückwirkung wird
angenommen, wenn eine Norm den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von
Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig
macht und somit auf in der Vergangenheit begründete und noch
nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen einwirkt
(zusammenfassend BFH-Beschluss vom 16.12.2003 IX R 46/02, BFHE 204,
228, BStBl II 2004, 284 = SIS 04 05 46, mit Hinweisen auf die
Rechtsprechung des BVerfG).
Als nicht abgeschlossen sah das BVerfG bisher
auch Sachverhalte an, in denen der Steuerpflichtige
Vermögensdispositionen zwar vor Verkündung des Gesetzes
getroffen hat, die Steuer aber erst nach Verkündung des
Gesetzes mit Ablauf des Jahres entstanden ist (BFH-Beschluss in
BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284 = SIS 04 05 46, m.w.N. zur
Rechtsprechung des BVerfG).
Bei unechter Rückwirkung ist im
Einzelfall zu prüfen, mit welchem Gewicht das Vertrauen in die
bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob
die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung
rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (BFH-Beschluss in
BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284 = SIS 04 05 46, m.w.N.).
cc) Im Bereich der sog. Lenkungsnormen kommt
nach Auffassung des BVerfG dem Dispositionsschutz besondere
Bedeutung zu. Biete der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen eine sog.
Verschonungssubvention (z.B. Sonderabschreibung) oder
Steuervergünstigung an, die dieser nur während des
Veranlagungszeitraums annehmen könne, schaffe dieses Angebot
eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtige seine
Entscheidung stütze. Er entscheide sich um des steuerlichen
Vorteils willen für ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten,
das er ohne den steuerlichen Anreiz so nicht gewählt
hätte. Diese Dispositionsbedingungen würden damit vom Tag
der Entscheidung an zu einer schutzwürdigen
Vertrauensgrundlage (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 97, 67 = SIS 98 10 50). Insoweit stellt das BVerfG nicht mehr auf den Zeitpunkt der
Entstehung der Steuer ab (BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II
2004, 284 = SIS 04 05 46).
dd) Investitionszulagen dienen ebenso wie
„Verschonungssubventionen“ und
Steuervergünstigungen dazu, natürliche oder juristische
Personen zu einem bestimmten wirtschaftlichen Verhalten zu
veranlassen. Entschließt sich der Investor aufgrund der in
Aussicht gestellten Investitionszulage zu einer Investition, ist
sein Vertrauen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der
Investitionsentscheidung grundsätzlich schützenswert.
Eine Änderung der tatbestandlichen Voraussetzungen für
die Gewährung der Investitionszulage nach der
Investitionsentscheidung oder - wie im Streitfall - sogar nach
Abschluss der Investition ist verfassungsrechtlich nur
zulässig, wenn das Vertrauen auf den Fortbestand der
Rechtslage nicht schützenswert war, weil der Investor mit der
Rechtsänderung hätte rechnen können und dies bei
seinen Dispositionen hätte berücksichtigen müssen
oder wenn öffentliche Belange das Vertrauen überwiegen
(vgl. BFH-Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284 = SIS 04 05 46, unter B.III.2.e aa).
b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall
nicht vor.
Die beantragte Investitionszulage betrifft
Objekte, welche die GmbH im Kalenderjahr 2000 erworben, saniert
sowie in Eigentumswohnungen aufteilt und anschließend an
verschiedene Erwerber veräußert hatte. Aufgrund des
§ 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 i.d.F. des StBereinG 1999 vom
22.12.1999 durfte die GmbH darauf vertrauen, dass sie für die
nachträglichen Herstellungsarbeiten eine Investitionszulage
erhalten werde und durfte diese Investitionszulage in ihre
Kalkulation einbeziehen.
Mit einer Änderung der
Anspruchsvoraussetzungen brauchte die GmbH in dem Zeitraum, in dem
sie die Objekte erwarb und sanierte, nicht zu rechnen. Die
Rechtslage war nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG
1999 eindeutig. Es wurde auch im Schrifttum nicht bezweifelt, dass
ein Kumulationsverbot nur in der Person des Anspruchsberechtigten
bestand (vgl. Stuhrmann, DStR 2000, 133, 136; Rosarius, Inf 1999,
161, 164; Semmler, BB 2000, 329, 332). Erstmals im November 2000
schlug der Finanzausschuss eine Änderung vor.
Die Investitionszulage für
nachträgliche Herstellungsarbeiten an Gebäuden hängt
nach der gesetzlichen Regelung eindeutig nicht von der
Zugehörigkeit der Gebäude zum Anlagevermögen ab.
Für das Entstehen eines schutzwürdigen Vertrauens ist es
daher unerheblich, dass die Vertreter der obersten
Finanzbehörden des Bundes und der Länder erst Ende 2000
entschieden haben, die Zugehörigkeit eines Gebäudes zum
Umlaufvermögen stehe der Investitionszulage nicht entgegen
(vgl. OFD Berlin vom 9.11.2000 St 171 - InvZ 1272 - 2/00, juris =
SIS 01 07 22).
Öffentliche Interessen überwiegen
das schutzwürdige Vertrauen der GmbH nicht. Die im Bericht des
Finanzausschusses zur Begründung der Änderung
herangezogene Gefahr erheblicher Steuerausfälle (BTDrucks
14/4626, 5) ist nicht geeignet, das schutzwürdige Vertrauen
des Investors in die bestehende Rechtslage entfallen zu lassen.
Die Begünstigung nachträglicher
Herstellungsarbeiten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999
sollte Investoren zur Modernisierung des sanierungsbedürftigen
Mietwohnungsbestands anreizen. Die GmbH hatte entsprechend dem mit
§ 3 InvZulG 1999 verfolgten Ziel sanierungsbedürftige
Mietwohnungen modernisiert. Die Investitionszulage für die
nachträglichen Herstellungsarbeiten ist zwar erst mit Ablauf
des Kalenderjahres entstanden (Senatsurteile vom 20.9.1999 III R
33/97, BFHE 190, 266, BStBl II 2000, 208 = SIS 99 24 49, unter
II.A.2.a aa; vom 12.10.2000 III R 35/95, BFHE 193, 204, BStBl II
2001, 499 = SIS 01 03 67, unter II.1.b, und vom 23.3.2005 III R
20/03, BFHE 209, 29, BStBl II 2006, 432 = SIS 05 29 94). Mit
Abschluss der nachträglichen Herstellungsarbeiten hatte die
GmbH aber die Voraussetzungen für die Gewährung einer
Investitionszulage erfüllt und durfte mit deren Festsetzung
und Auszahlung nach Ablauf des Kalenderjahres rechnen. Diese
bereits erlangte Position darf der Gesetzgeber nicht
rückwirkend wieder entziehen, zumal die Investitionszulage bei
erheblichen Sanierungs- und Modernisierungsaufwendungen unter
Umständen von ausschlaggebender Bedeutung für die
wirtschaftliche Existenz eines Unternehmens sein kann. Allein die
Tatsache, dass die Investitionszulage rechtlich erst mit Ablauf des
Kalenderjahres entsteht, rechtfertigt es nicht, durch eine drei
Tage vor Ablauf des Kalenderjahres in Kraft getretene
Gesetzesänderung die Anspruchsvoraussetzungen zum Nachteil des
Investors zu ändern. Im Übrigen vermag die bloße
Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen, für sich
genommen kein den Vertrauensschutz des Bürgers
überwiegendes Gemeinwohlinteresse zu begründen
(BVerfG-Beschluss vom 5.2.2002 2 BvR 305, 348/93, BVerfGE 105, 17 =
SIS 02 09 34). Die mehrfache Förderung derselben
Maßnahmen zu vermeiden und dadurch die öffentlichen
Ausgaben zu verringern, liegt zwar im öffentlichen Interesse,
rechtfertigt aber grundsätzlich nur eine Änderung
für die Zukunft.
4. Eine Vorlage an das BVerfG wegen der nach
der Überzeugung des Senats verfassungsrechtlich
unzulässigen Rückwirkung kommt wegen der Möglichkeit
einer verfassungskonformen Auslegung nicht in Betracht.
a) Nach Art. 100 Abs. 1 GG hat ein Gericht die
Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen
Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für
verfassungswidrig hält. Nach ständiger Rechtsprechung des
BVerfG ist eine Vorlage nur zulässig, wenn das Gericht die
Übereinstimmung mit der Verfassung nicht durch Auslegung
herstellen kann. Dabei sind sämtliche Methoden der Auslegung
in Betracht zu ziehen (z.B. Beschlüsse des BVerfG vom 7.4.1997
1 BvL 11/96, NJW 1997, 2230; vom 6.4.2000 1 BvL 18/99 u.a., FamRZ,
2000, 947, und vom 12.1.2006 1 BvL 12/05, Neue Justiz 2006, 170;
Clemens in Umbach/Clemens, Grundgesetz, Mitarbeiterkommentar, Bd.
II, Art. 100 Rz. 123; Dollinger in Umbach/ Clemens/Dollinger,
BVerfGG, Mitarbeiterkommentar, § 80 Rz. 55; Sieckmann, in: v.
Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 100 Abs. 1 Rz. 41).
Ergeben sich mehrere Möglichkeiten der Rechtsanwendung
einschließlich zulässiger Lückenfüllung, so
ist die Auslegung vorzuziehen, die mit dem GG vereinbar ist. Die
Methoden der Lückenausfüllung können
uneingeschränkt eingesetzt werden (Lang in Tipke/Lang,
Steuerrecht, 18. Aufl., § 5 Rz. 74, 75; vgl. auch BFH-Urteil
vom 12.12.2000 VIII R 10/99, BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282 =
SIS 01 05 16, unter II.B.4.b).
Eine verfassungskonforme Auslegung findet ihre
Grenze dort, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren
gesetzgeberischen Willen widersprechen würde (BVerfG-Beschluss
vom 15.10.1996 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64, 93). Im Wege der
Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz
nicht ein entgegen gesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt
der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das
gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt
werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 16.8.2001 1 BvL 6/01, NVwZ-RR
2002, 117, unter II.1.).
b) Das FG hat zutreffend den mangels
Überleitungsvorschrift zu weit geratenen Anwendungsbereich der
Vorschrift im Hinblick auf den verfassungsmäßig
gebotenen Vertrauensschutz im Wege abändernder
Lückenfüllung eingeschränkt und die geänderte
Vorschrift nicht auf den Streitfall angewendet.
Eine Lücke besteht, wenn das Gesetz einen
bestimmten Sachverhalt nicht regelt, der nach den Wertungen, die
dem Gesetz zugrunde liegen, und nach dem Ziel, welches mit dem
Gesetz verfolgt wird, hätten mitgeregelt werden müssen
(vgl. Kruse/Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Tz. 345, m.w.N.).
Da weder die Entwicklung der Vorschrift noch
die Systematik der Kumulationsvorschriften einen Hinweis auf die
vom Finanzausschuss angenommene nur klarstellende Bedeutung
ergeben, hätte - zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich
unzulässigen Rückwirkung - der zeitliche
Anwendungsbereich des neuen Kumulationsverbotes geregelt werden
müssen. Da nicht unterstellt werden kann, der Gesetzgeber habe
eine Überleitungsvorschrift bewusst unterlassen, um eine
verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu
erreichen, ist diese Lücke durch ergänzende
Rechtsfortbildung zu schließen, d.h. dadurch, dass die
sinngemäß erforderliche Einschränkung
hinzugefügt wird (vgl. Senatsurteil in BFHE 213, 183, BStBl II
2006, 776 = SIS 06 37 09, unter Hinweis auf Larenz/ Canaris,
Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 210).
Da nach dem BVerfG-Beschluss in BVerfGE 97, 67
= SIS 98 10 50 bei Vorschriften, die zu einem bestimmten
wirtschaftlichen Verhalten anreizen sollen, die
Dispositionsbedingungen vom Tag der Entscheidung an zu einer
schutzwürdigen Vertrauensgrundlage werden, die in der Regel
erst mit dem Zeitpunkt des endgültigen Beschlusses zur
Änderung der gesetzlichen Grundlage entfällt, kann das
Kumulationsverbot frühestens auf nachträgliche
Herstellungsarbeiten angewendet werden, zu denen sich der Investor
nach dem 20.12.2000, dem Tag des endgültigen Beschlusses zur
Änderung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999, entschlossen
hat.
5. Grundsätzlich steht der GmbH daher
eine Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG
1999 für die im Kalenderjahr 2000 durchgeführten
nachträglichen Herstellungsarbeiten zu. Das FG hat die
Investitionszulage wie von der GmbH in den Anträgen vom
30.11.2001 und vom 29.1.2002 beantragt festgesetzt, ohne die
Beträge zu überprüfen. Da beide Anträge Fehler
aufweisen, welche die GmbH in ihrem geänderten Antrag vom
16.3.2004 offensichtlich korrigiert hat, wird das FG im zweiten
Rechtsgang diese Angaben prüfen oder zumindest dem FA
Gelegenheit geben, zur Höhe der Investitionszulage Stellung zu
nehmen. Für das FA, das die begehrte Investitionszulage aus
Rechtsgründen abgelehnt hat, war eine Prüfung der
Beträge bisher nicht erforderlich. Zu einer Prüfung
hätte aber Anlass bestanden. Das ergibt sich schon daraus,
dass die GmbH während des Revisionsverfahrens die Zahlen
korrigiert hat.