Das Revisionsverfahren der Klägerin wird
eingestellt.
Auf die Revision des Klägers hin wird das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 17.05.2018 - 13 K 3342/12 =
SIS 18 19 92 aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom
20.06.2012 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 04.10.2012
wird mit der Maßgabe geändert, dass nicht ausgeglichene
Verluste des Klägers aus Kapitalvermögen, die dem
gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes unterliegen, in Höhe von 273.040 EUR
(statt in Höhe von 241.258 EUR) zu berücksichtigen
sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die
Klägerin zu 1 %, der Kläger zu 87 % und der Beklagte zu
12 % zu tragen.
7
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Der Kläger und die Klägerin
erklärten in ihren Anlagen KAP zur
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr jeweils ihre
gesamten Kapitalerträge. Sie beantragten jeweils für
sämtliche Kapitalerträge die Überprüfung des
Steuereinbehalts gemäß § 32d Abs. 4 EStG und die
Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG.
Für die Beteiligung an der österreichischen E-AG
übte der Kläger in der Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr das Veranlagungswahlrecht gemäß
§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht aus. Anhaltspunkte dafür,
dass ein solcher Antrag für diese Beteiligung im
Veranlagungszeitraum 2009 gestellt wurde und für das
Streitjahr Bindungswirkung entfalten könnte, sind nicht
ersichtlich.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) veranlagte die Kläger für das
Streitjahr zunächst im Einkommensteuerbescheid vom 11.04.2012.
Das FA setzte beim Kläger und bei der Klägerin jeweils
Kapitalerträge in Höhe von 0 EUR an. Hierzu gelangte es,
indem es von den Kapitalerträgen des Klägers (1.470.475
EUR) erklärungsgemäß zunächst Altverluste
gemäß § 23 EStG a.F. in Höhe von 1.738 EUR
abzog. Die danach verbliebenen positiven Kapitalerträge des
Klägers (1.468.737 EUR) verrechnete das FA mit den nicht
ausgeglichenen Verlusten des Klägers aus dem Depot bei der
X-Bank (1.741.777 EUR) und mit den Kapitalerträgen der
Klägerin (31.782 EUR). Es verblieben nicht ausgeglichene
Verluste des Klägers in Höhe von 241.258 EUR. Aufgrund der beantragten
Günstigerprüfung rechnete das FA die Kapitalerträge
des Klägers und der Klägerin jeweils in Höhe von 0
EUR den tariflich zu besteuernden Einkünften hinzu. Die im
Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen nicht ausgeglichenen
negativen Kapitalerträge des Klägers aus
Kapitalvermögen in Höhe von 241.258 EUR stellte das FA
gemäß § 10d EStG zum 31.12.2010 gesondert fest. Die
ausländischen Quellensteuerbeträge beider Kläger
blieben unberücksichtigt, weil nach der Verlustverrechnung auf
die zugrunde liegenden ausländischen Kapitalerträge
jeweils keine inländische Einkommensteuer entfiel.
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Während des folgenden
Einspruchsverfahrens erließ das FA am 20.06.2012 einen in
anderen Punkten abhelfenden Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr. Über den Einspruch entschied es in Bezug auf den
im vorliegenden Verfahren streitigen Punkt durch eine
Teileinspruchsentscheidung vom 04.10.2012. Mit dieser wies es den
Einspruch gegen die Höhe der nach der Verlustverrechnung
anzusetzenden Kapitalerträge und die nicht gewährte
Anrechnung der ausländischen Quellensteuerbeträge als
unbegründet zurück.
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Die anschließend erhobene Klage hatte
keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Köln gelangte zu dem
Ergebnis, es sei nicht zu beanstanden, dass das FA die nicht
ausgeglichenen negativen Kapitaleinkünfte des Klägers aus
dem Depot bei der X-Bank gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3
EStG mit sämtlichen positiven in- und ausländischen
Kapitalerträgen der Kläger verrechnet habe. Dass die
Anrechnung der Quellensteuer nach der Verlustverrechnung mangels
einer auf die mit ausländischer Quellensteuer belasteten
Kapitalerträge entfallenden inländischen Einkommensteuer
scheitere und zudem der verrechnete Verlust verbraucht werde, folge
aus der durch § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG vorgegebenen
vollständigen Verlustverrechnung. Diese Rechtsfolgen bewirkten
für die Kläger keine rechtswidrigen Beschränkungen
der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und
der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV. Die
Entscheidung des FG ist in EFG 2019, 112 = SIS 18 19 92 wiedergegeben.
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11
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Die Kläger haben zunächst
gemeinsam Revision erhoben, mit der sie die Verletzung materiellen
Bundesrechts in Gestalt des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und des
§ 32d Abs. 5 EStG sowie Verletzungen des Unionsrechts
rügen.
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12
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Durch die Verrechnung des nicht
ausgeglichenen Verlusts des Klägers mit sämtlichen
quellensteuerbelasteten ausländischen Kapitalerträgen
gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG werde der
verrechenbare Verlust verbraucht und schließe im Streitjahr
zugleich die Anrechnung der ausländischen
Quellensteuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5 und
Abs. 6 EStG aus. Das Zusammenwirken der Verlustverrechnungsregelung
in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und der Anrechnungsvorschrift in
§ 32d Abs. 5 EStG bewirke eine wirtschaftliche
Doppelbelastung, die bei einer Investition in inländische
Kapitalanlagen nicht eintrete und mit der Kapitalverkehrsfreiheit
nach Art. 63 AEUV und der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV
nicht vereinbar sei. Wären nur Kapitalerträge aus
Kapitalanlagen erzielt worden, die dem inländischen
Kapitalertragsteuerabzug unterlegen hätten, wäre die
inländische Kapitalertragsteuer aufgrund der
Verlustverrechnung erstattet worden. Rechtfertigungsgründe
für die Benachteiligung der Investitionen in ausländische
Kapitalanlagen seien nicht ersichtlich.
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13
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Um eine Verletzung der Niederlassungs- und
Kapitalverkehrsfreiheit zu vermeiden, sei es dem Kläger in
unionsrechtskonformer Auslegung der Regelungen in § 20 Abs. 6
Satz 3 EStG und § 32d Abs. 5 EStG zu gestatten, seine
ausländischen und quellensteuerbelasteten Kapitalerträge
von der Verlustverrechnung auszunehmen. Hierdurch komme es zwar zu
einer Belastung dieser ausländischen Kapitalerträge mit
deutscher Einkommensteuer, jedoch könnten die
ausländischen Quellensteuerbeträge angerechnet werden.
Ferner ergebe sich hieraus eine entsprechende Erhöhung des
gemäß § 20 Abs. 6 Sätze 3 und 4 i.V.m. §
10d Abs. 4 EStG zum 31.12.2010 festzustellenden Verlustvortrags des
Klägers.
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14
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Nachdem der Senat in der mündlichen
Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Klage der
Klägerin mangels Beschwer unzulässig sei, hat die
Klägerin ihre Revision zurückgenommen.
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15
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des FG Köln vom 17.05.2018
- 13 K 3342/12 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2010 vom
20.06.2012 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 04.10.2012
dahin zu ändern, dass die mit ausländischen
Quellensteuern belegten Kapitaleinkünfte in Höhe von
484.822 EUR nicht der Verrechnung mit den negativen
inländischen Kapitalerträgen unterworfen und somit
versteuert werden, und die ausländische Quellensteuer in
Höhe von 61.997 EUR auf die deutsche Einkommensteuer
anzurechnen sowie die zum 31.12.2010 verbleibenden negativen
Kapitaleinkünfte des Klägers entsprechend
anzusetzen,
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hilfsweise, eine Vorabentscheidung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 AEUV
dazu einzuholen, ob § 20 Abs. 6 EStG und § 32d Abs. 5
EStG dem europäischen Recht entsprechen.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen,
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hilfsweise, eine Vorabentscheidung des EuGH
nach Art. 267 AEUV zu der Frage einzuholen, ob § 20 Abs. 6
EStG und § 32d Abs. 5 EStG mit dem europäischen Recht
vereinbar sind.
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Das FA sieht § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG
und § 32d Abs. 5 EStG als mit der Niederlassungs- und
Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar an.
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18
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II. Die Revision des Klägers ist
teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung der
Vorentscheidung. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist teilweise
stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Revisionsverfahren der
Klägerin war aufgrund der Rücknahme der Revision
einzustellen.
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19
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Das FG hat die Klage des Klägers zu Recht
als zulässig angesehen (s. II.1.) und auch zutreffend
entschieden, dass die ausländischen Quellensteuerbeträge
des Klägers im Streitjahr gemäß § 32d Abs. 5
EStG nicht angerechnet werden können (s. II.2.). Allerdings
hat es die Höhe der nicht ausgeglichenen Verluste des
Klägers infolge einer unzulässigen
ehegattenübergreifenden Verlustverrechnung unzutreffend
ermittelt (s. II.3.).
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20
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Der Senat hat keine Zweifel, dass die
zwingende vollständige Verlustverrechnung der
quellensteuerbelasteten ausländischen Kapitalerträge
gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG, die beim Kläger
sowohl zur Nichtanrechenbarkeit der ausländischen
Quellensteuer im Streitjahr als auch zu einer Verminderung der
künftig verrechenbaren verbleibenden Verluste führt, mit
der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 49, Art. 63
AEUV) vereinbar ist und auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) verstößt. Eine Herausnahme der
ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge aus
der Verlustverrechnung des Streitjahrs scheidet daher aus (s. II.4.
bis II.6.).
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1. Das FG hat das Klagebegehren inhaltlich
zutreffend erfasst und die Klage des Klägers zu Recht als
zulässig angesehen. Zwar sind die Kapitaleinkünfte des
Klägers im angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom
20.06.2012 in Höhe von 0 EUR angesetzt worden und nicht mit
Einkommensteuer belastet. Dies steht der Beschwer des Klägers
aber nicht entgegen.
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22
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a) Eine Beschwer gemäß § 40
Abs. 2 FGO kann bei einer Nullfestsetzung auch anzunehmen sein,
wenn der Kläger eine höhere Steuerfestsetzung begehrt,
weil die niedrigere Festsetzung der Einkünfte sich in
späteren Veranlagungszeiträumen ungünstig auswirkt
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15.03.2012 - III R 96/07,
BFHE 237, 407, BStBl II 2012, 719 = SIS 12 19 65, Rz 10). So liegt
auch der Streitfall. Der Kläger kann im Streitjahr
gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG zwar seine gesamten
positiven in- und ausländischen Kapitalerträge mit dem
Verlust aus dem Depot bei der X-Bank verrechnen und ist nicht mit
Einkommensteuer auf die Kapitalerträge belastet. Die
Verlustverrechnung steht aber der Anrechnung der ausländischen
Quellensteuerbeträge endgültig entgegen. Sie führt
auch zum Verbrauch der im Streitjahr verrechneten Verluste. Um die
Anrechnung der ausländischen Quellensteuer und eine
künftig höhere Verlustverrechnung in Anspruch nehmen zu
können, muss der Kläger für das Streitjahr eine
höhere Steuerfestsetzung erreichen.
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23
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b) Der Kläger kann den
Einkommensteuerbescheid des Streitjahrs als Nullfestsetzung
für die Kapitaleinkünfte auch anfechten, um die aus
§ 20 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG
folgende negative Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids
für die Verlustfeststellung auf den 31.12.2010 abzuwehren (s.
zur Beschwer in diesen Fällen BFH-Urteile vom 09.05.2017 -
VIII R 40/15, BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049 = SIS 17 15 42, Rz
16, 19, 24; vom 03.12.2019 - VIII R 8/16, BFHE 267, 225, BStBl II
2020, 383 = SIS 20 06 24, Rz 19; vom 27.10.2020 - IX R 5/20, BFHE
271, 359, BStBl II 2021, 600 = SIS 21 09 34, Rz 22 bis 26). Die
Aussagen des BFH-Urteils vom 30.06.2020 - IX R 3/19 (BFHE 269, 314,
BStBl II 2021, 859 = SIS 20 20 57, Rz 18, 19) stehen dem nicht
entgegen. Der IX. Senat unterscheidet dort bei der Anfechtung von
Nullfestsetzungen zwischen Fallgestaltungen, in denen der
Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahrs anzufechten
ist, weil eine Besteuerungsgrundlage bislang nicht zutreffend
berücksichtigt worden ist (sog. negative Bindungswirkung des
Einkommensteuerbescheids) und solchen, in denen der
Verlustfeststellungsbescheid anzufechten ist, weil auf der
Grundlage von im Steuerbescheid zutreffend berücksichtigten
Besteuerungsgrundlagen (mit sog. positiver Bindungswirkung)
über die Höhe des verbleibenden Verlustvortrags
gestritten wird. Im Streitfall geht es um die Frage, ob die
ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge mit
einem positiven Betrag und die ausländischen
Quellensteuerbeträge (vgl. § 32d Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
§ 32d Abs. 5 EStG) als Besteuerungsgrundlagen im Rahmen der
Steuerfestsetzung zutreffend berücksichtigt wurden. Danach war
der Einkommensteuerbescheid anzufechten.
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24
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2. Die ausländischen
Quellensteuerbeträge des Klägers sind, wie vom FG im
Ergebnis zu Recht erkannt, nicht gemäß § 32d Abs. 1
Satz 2 i.V.m. § 32d Abs. 5 EStG auf die Einkommensteuer
anzurechnen, da es aufgrund der Verlustverrechnung nach § 20
Abs. 6 Satz 3 EStG an einer inländischen
Einkommensteuerbelastung der zugrunde liegenden ausländischen
Kapitalerträge des Klägers i.S. des § 32d Abs. 5
Sätze 1 und 2 EStG fehlt.
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a) § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG
geben vor, dass die Anrechnung der ausländischen Quellensteuer
für den jeweiligen ausländischen Kapitalertrag auf die
Höhe der Einkommensteuer begrenzt ist, die auf diesen
entfällt (sog. per-item-limitation) und dass der
Anrechnungsbetrag an ausländischer Steuer je Kapitalertrag 25
% der Einnahme (des jeweiligen Kapitalertrags) nicht
übersteigen darf. Zudem ist die Summe der nach den Sätzen
1 und 2 insgesamt anrechenbaren ausländischen
Steuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5 Satz 3 EStG
begrenzt, d.h. die Einkommensteuer auf die gesamten in- und
ausländischen Kapitalerträge, die dem gesonderten Tarif
gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen, kann
durch die Anrechnung der ausländischen Steuerbeträge
(§ 32d Abs. 1 Satz 2 EStG) maximal auf 0 EUR gemindert werden;
ein Anrechnungsüberhang wird weder erstattet noch vorgetragen
(vgl. BT-Drucks. 16/10189, S. 53; Brandis/Heuermann/Werth, §
32d EStG Rz 110 bis 112; Schmidt/Levedag, EStG, 40. Aufl., §
32d Rz 26; Pfirrmann in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 32d
Rz 19; Oellerich in Bordewin/Brandt, § 32d EStG Rz 117, 119;
Kühner in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32d EStG Rz 81;
unklar Ahrensfeld/Hilbert, Neue Wirtschafts-Briefe 2019, 2423, 2428
f.).
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26
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b) Keiner der für die Prüfung der
Anrechnungsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 5
Sätze 1 und 2 EStG einzeln zu betrachtenden ausländischen
Kapitalerträge des Klägers unterliegt jedoch im
Streitjahr nach der Verlustverrechnung gemäß § 20
Abs. 6 Satz 3 EStG einer inländischen
Einkommensteuerbelastung. Die Verluste sind gemäß §
20 Abs. 6 Satz 3 EStG nach den gesetzlichen Regelungen zur
Einkünfteermittlung zwingend bereits vor der Anrechnung
ausländischer Steuern auf die Einkommensteuer nach § 32d
Abs. 5 i.V.m. § 32d Abs. 1 Satz 2 EStG zu verrechnen. Dies
ergibt sich aus der gesetzlichen Systematik und dem Wortlaut des
§ 32d Abs. 1 Sätze 2 und 5 EStG, wonach die
„nach Maßgabe des Absatzes 5 anrechenbaren
ausländischen Steuern“ von der Steuer auf die
„nach den Vorschriften des § 20 ermittelten
Einkünfte“ abzuziehen sind. Das vom Kläger
beanspruchte Wahlrecht, seine Verluste bei der X-Bank selektiv
nicht mit den quellensteuerbelasteten ausländischen
Kapitalerträgen, sondern nur mit seinen übrigen positiven
in- und ausländischen Kapitalerträgen verrechnen zu
können, enthält § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nicht.
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27
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c) Auf § 32d Abs. 5 Satz 3 EStG, der eine
Anrechnung ausländischer Quellensteuern versagt, soweit die
gesamten anrechenbaren Quellensteuerbeträge die
Einkommensteuer auf sämtliche (in- und ausländischen)
Kapitalerträge übersteigen, kommt es für die
Entscheidung des Streitfalls nicht an, da schon die
Anrechnungsvoraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 nicht
erfüllt sind.
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28
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3. Die Revision ist begründet, soweit das
FG im Streitjahr den nicht ausgeglichenen Verlust des Klägers
aus Kapitalvermögen im Einkommensteuerbescheid nur in
Höhe von 241.258 EUR statt in Höhe von 273.040 EUR
ermittelt hat.
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29
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a) Die in- und ausländischen
Kapitalerträge des Klägers unterliegen dem gesonderten
Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG. Von den
positiven Kapitalerträgen des Klägers (1.470.475 EUR) hat
das FA gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG zutreffend
zunächst Altverluste i.S. des § 23 EStG a.F. (1.738 EUR)
abgezogen (vgl. BFH-Urteile vom 29.08.2017 - VIII R 23/15, BFHE
259, 336, BStBl II 2019, 54 = SIS 17 21 27; in BFHE 267, 225, BStBl
II 2020, 383 = SIS 20 06 24). Die von der X-Bank gemäß
§ 20 Abs. 6 Satz 6 i.V.m. § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG
bescheinigten nicht ausgeglichenen Verluste des Klägers in
Höhe von 1.741.777 EUR sind gemäß § 20 Abs. 6
Satz 3 EStG vollumfänglich mit den nach Abzug der Altverluste
aus § 23 EStG a.F. verbliebenen positiven in- und
ausländischen Kapitalerträgen des Klägers (1.468.738
EUR) auszugleichen. Dies gilt auch für die Verrechnung mit den
Beteiligungserträgen aus der österreichischen E-AG. Der
Kläger hat für diese Bezüge i.S. des § 20 Abs.
1 Nr. 1 Satz 1 EStG keinen Antrag gemäß § 32d Abs.
2 Nr. 3 EStG gestellt, weshalb diese Einkünfte ebenfalls dem
gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG
und der Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3
EStG unterfallen. Auch der gestellte Antrag auf
Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) bewirkte nicht,
dass die Beteiligungserträge als tarifliche
Kapitalerträge nach dem Teileinkünfteverfahren zu
besteuern gewesen wären (s. BFH-Urteil vom 29.08.2017 - VIII R
33/15, BFHE 259, 213, BStBl II 2018, 69 = SIS 17 21 28, Rz 25) und
die Verlustverrechnung dann mit diesen tariflichen
Kapitalerträgen hätte erfolgen müssen (s. insoweit
das BFH-Urteil vom 30.11.2016 - VIII R 11/14, BFHE 256, 455, BStBl
II 2017, 443 = SIS 17 06 32, Rz 47).
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30
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b) Die im Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr vom 20.06.2012 vorgenommene ehegattenübergreifende
Verrechnung der nicht ausgeglichenen negativen Kapitalerträge
des Klägers mit den positiven in- und ausländischen
Kapitalerträgen der Klägerin (31.782 EUR) ist hingegen in
Ermangelung einer Rechtsgrundlage rechtswidrig.
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§ 20 Abs. 6 Satz 3 EStG ermöglicht
keinen ehegattenübergreifenden Ausgleich der den Ehegatten von
verschiedenen auszahlenden Stellen jeweils bescheinigten nicht
ausgeglichenen Verluste mit deren positiven Kapitalerträgen
(vgl. auch Vorlagebeschluss des Senats vom 17.11.2020 - VIII R
11/18, BFHE 271, 399, BStBl II 2021, 562 = SIS 21 08 94, Rz 26, zu
Aktienveräußerungsverlusten). § 43a Abs. 3 Satz 2
Halbsatz 2 EStG ermöglicht den auszahlenden Stellen lediglich
im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs zum Ende eines
Veranlagungszeitraums nach den Vorgaben des § 20 Abs. 6 EStG
einen ehegattenübergreifenden Verlustausgleich
durchzuführen, wenn die Ehegatten der auszahlenden Stelle
einen gemeinsamen Freistellungsauftrag (§ 44a Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 9 Satz 2 EStG) erteilt haben (vgl. auch
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18.01.2016 - IV C
1-S 2252/08/10004:017, BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 219,
261, 269).
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32
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Eine entsprechende Rechtsgrundlage fehlt
für die Veranlagung. Bei Veranlagung der Kapitalerträge
gemäß § 32d Abs. 4 i.V.m. § 32d Abs. 3 Satz 2
EStG kann danach jeder Ehegatte nach den Vorgaben des § 20
Abs. 6 Satz 3 EStG nicht ausgeglichene eigene Verluste nur mit
seinen eigenen positiven Kapitalerträgen verrechnen. Ein
verbleibender nicht ausgeglichener Verlust ist gemäß
§ 20 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG für den
jeweiligen Ehegatten auf den 31.12. gesondert festzustellen.
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33
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c) Die nicht ausgeglichenen Verluste des
Klägers betragen danach entgegen der Auffassung des FG somit
273.040 EUR. Die bislang berücksichtigten nicht ausgeglichenen
Verluste des Klägers (241.258 EUR) sind um den zu Unrecht
verrechneten Betrag in Höhe von 31.782 EUR zu
erhöhen.
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34
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4. Der Kläger kann die ausländischen
quellensteuerbelasteten Kapitalerträge nicht auf der Grundlage
einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 20 Abs. 6 Satz 3
EStG von der Verlustverrechnung ausnehmen, um im Streitjahr die
Anrechnung der ausländischen Quellensteuerbeträge
gemäß § 32d Abs. 5 EStG und einen höheren
Verlustabzug in den Folgejahren zu erreichen. § 20 Abs. 6 Satz
3 EStG und § 32d Abs. 5 EStG beschränken die
Niederlassungs- und die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 49, Art. 63
AEUV) nicht.
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35
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a) Hinsichtlich der Frage, ob bei der
Besteuerung von Dividenden mit Ursprung in einem Mitgliedstaat eine
Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Kapitalverkehrsfreiheit
nach Art. 49 und Art. 63 AEUV vorliegt, sind die tatsächlichen
Gegebenheiten des konkreten Falls zu berücksichtigen, um zu
klären, ob die zugrunde liegende Situation von Art. 49 oder
von Art. 63 AEUV erfasst wird (BFH-Urteile vom 12.10.2016 - I R
80/14, BFHE 256, 223, BStBl II 2017, 615 = SIS 17 03 79, Rz 39 f.;
vom 24.07.2018 - I R 75/16, BFHE 262, 502, BStBl II 2019, 806 = SIS 18 21 08, Rz 20, 23, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).
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36
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aa) Der Senat stimmt mit dem Kläger darin
überein, dass § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d Abs.
5 Sätze 1 und 2 EStG für die quellensteuerbelasteten
Kapitalerträge des Klägers aus EU-Mitgliedsstaaten und
aus Drittstaaten, die nicht aus der Beteiligung an der
österreichischen E-AG stammen, am Maßstab des Art. 63
AEUV zu messen sind, da der Kläger diese nach den
Feststellungen des FG in der alleinigen Absicht der Geldanlage
erworben hat, ohne auf die Verwaltung und Kontrolle des
Beteiligungsunternehmens Einfluss nehmen zu wollen. Zudem
knüpfen § 20 Abs. 6 EStG und § 32d Abs. 5 EStG nicht
an die Beteiligungshöhe oder andere Umstände an, die es
ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Gesellschaft
auszuüben.
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37
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bb) Hinsichtlich der Beteiligungserträge
aus der österreichischen E-AG ist Prüfungsmaßstab
hingegen Art. 49 AEUV. Da der Kläger die Beteiligung an der
österreichischen E-AG in Höhe von 26,3 % am Kapital und
an den Stimmrechten nach seinem unwidersprochenen Vortrag in der
Absicht erworben hat, die Kontrolle über die E-AG ausüben
zu können, ist die Besteuerung dieser Kapitalerträge am
Maßstab der Niederlassungsfreiheit zu prüfen.
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38
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b) Nach Auffassung des Senats führt die
Verlustverrechnung der ausländischen Einkünfte mit den
inländischen Verlusten gemäß § 20 Abs. 6 Satz
3 EStG und § 32d Abs. 5 EStG nicht zu einer Verletzung der Niederlassungs- und
der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 49 und 63 AEUV. Die den
Kläger im Streitfall treffenden Rechtsfolgen sind Bestandteil
einer unionsrechtlich zulässigen, parallelen Ausübung der
Besteuerungsbefugnisse der jeweiligen Quellenstaaten und der
Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Wohnsitzstaat des
Klägers.
|
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39
|
aa) Dividenden (und andere
Kapitalerträge), die - wie hier - von einer in einem
Mitgliedstaat ansässigen oder in einem Drittstaat
ansässigen Gesellschaft oder einem solchen Emittenten an einen
in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Anteilseigner
ausgeschüttet werden, können ohne Verstoß gegen die
Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit Gegenstand einer
rechtlichen (juristischen) Doppelbesteuerung sein, wenn beide
Mitgliedstaaten ihre Besteuerungsbefugnis für die
Kapitalerträge in zulässiger Weise parallel ausüben.
Die Rechtsfolgen für den Steuerpflichtigen, die mit einer
zulässigen, parallelen Ausübung der Besteuerungsrechte
durch den Wohnsitz- und Quellenstaat einhergehen, sind keine durch
den EuGH korrigierbaren Beschränkungen der Niederlassungs- und
der Kapitalverkehrsfreiheit (vgl. EuGH-Urteile Kerckhaert und
Morres vom 14.11.2006 - C-513/04, DStR 2006, 2118 = SIS 06 47 56,
Rz 19 bis 23; Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische
Salinen vom 10.02.2011 - C-436/08 und C-437/08, EU:C:2011:61 = SIS 11 06 28, Rz 168, m.w.N., sowie EuGH-Beschluss Baudinet u.a. vom
04.02.2016 - C-194/15, EU:C:2016:81, Rz 31, Amtsblatt der
Europäischen Union - ABlEU - 2016, Nr. C 136, 3; EuGH-Urteil
Société Générale vom 25.02.2021 -
C-403/19, EU:C:2021:136, Rz 27, BFH/NV 2021, 622 = SIS 21 04 36;
s.a. Reimer in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht,
2. Aufl. 2020, Rz 7.180, 7.181; Wattel in Terra/Wattel, European
Tax Law, Bd. I (Student Edition), 14.2, S. 316 und 14.4.1, S.
320).
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40
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bb) Der EuGH hat diesbezüglich zu der mit
dem Unionsrecht vereinbaren Ausübung der
Besteuerungsbefugnisse des Wohnsitzstaats des unbeschränkt
steuerpflichtigen Beziehers der Kapitalerträge bislang
folgende Grundsätze aufgestellt:
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41
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Der Wohnsitzstaat darf sein System der
Besteuerung von Gewinnausschüttungen (und anderen
Kapitalerträgen) autonom organisieren und die auf den
empfangenden Bezieher der Kapitalerträge anwendbare
Besteuerungsgrundlage (Bemessungsgrundlage) und den für ihn
geltenden Steuersatz bestimmen (EuGH-Urteil Orange European
Smallcap Fund vom 20.05.2008 - C-194/06, EU:C:2008:289 = SIS 08 27 54, Rz 30, und EuGH-Beschluss Baudinet u.a., EU:C:2016:81, Rz 30,
ABlEU 2016, Nr. C 136, 3, m.w.N.; EuGH-Urteil Société
Générale, EU:C:2021:136, Rz 26, BFH/NV 2021, 622 =
SIS 21 04 36).
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42
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Es ist nicht zu beanstanden, wenn der
Wohnsitzstaat dem Bezieher der Kapitalerträge aufgrund der
ausländischen Quellensteuerbelastung eine Steuergutschrift
gewährt, die auf den Betrag begrenzt ist, den der
Wohnsitzstaat erhalten würde, wenn diese Dividenden allein im
Wohnsitzstaat der Einkommensbesteuerung unterlägen, auch wenn
die in dem anderen Mitgliedstaat entrichtete Quellensteuer
hierdurch nicht in voller Höhe ausgeglichen wird (EuGH-Urteil
Société Générale, EU:C:2021:136, Rz 43,
BFH/NV 2021, 622 = SIS 21 04 36; EuGH-Beschluss Baudinet u.a.,
EU:C:2016:81, ABlEU 2016, Nr. C 136, 3). Hierzu hat der EuGH
insbesondere im Urteil Société Générale
(EU:C:2021:136, Rz 26, 38, BFH/NV 2021, 622 = SIS 21 04 36)
ausgeführt, dass es nicht gegen die Niederlassungs- und
Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, wenn die
ausländische Quellensteuer im Wohnsitzstaat nicht anrechenbar
ist, weil der Wohnsitzstaat zur Berechnung der Steuergutschrift
eine geringere Steuerbemessungsgrundlage
(„Nettobemessungsgrundlage“) als der
Quellenstaat heranzieht, der die ausländische Quellensteuer
üblicherweise auf die Bruttoeinnahme des Kapitalertrags erhebt
(vgl. auch Schlücke, Internationale Steuer-Rundschau 2021,
225, 226 f.; Bendlinger, Steuer- und Wirtschaftskartei 2021, 701,
707).
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43
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Der Wohnsitzstaat ist ferner nicht
verpflichtet, Vorkehrungen gegen Nachteile zu treffen, die sich aus
der parallelen Ausübung der Besteuerungsbefugnisse ergeben
können, solange die jeweils angewandte Methodik des
Besteuerungssystems des Wohnsitzstaats zu einer Gleichbehandlung
von in- und ausländischen Sachverhalten führt
(EuGH-Urteile Damseaux vom 16.07.2009 - C-128/08, IStR 2009, 622 =
SIS 09 25 95, Rz 34; Haribo Lakritzen Hans Riegel und
Österreichische Salinen, EU:C:2011:61 = SIS 11 06 28, Rz 170,
und die dort angeführte Rechtsprechung sowie EuGH-Beschluss
Baudinet u.a., EU:C:2016:81, Rz 33, ABlEU 2016, Nr. C 136, 3, und
EuGH-Urteil Société Générale,
EU:C:2021:136, Rz 29, BFH/NV 2021, 622 = SIS 21 04 36; Oellerich in
Schaumburg/Englisch, a.a.O., Rz 8.198, m.w.N.).
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cc) Nach diesen Vorgaben ist es mit der
Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 49 und 63
AEUV vereinbar, dass auch die ausländischen
quellensteuerbelasteten Kapitalerträge des Klägers
gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG mit den (hier:
inländischen) negativen Kapitalerträgen vollständig
verrechnet werden (müssen), auch wenn hierdurch das
Anrechnungspotenzial der ausländischen
Quellensteuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5
Sätze 1 und 2 EStG nicht genutzt werden kann und die
„verbrauchten“ Verluste nicht mehr mit
künftigen Kapitalerträgen des Klägers verrechnet
werden können.
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aaa) Deutschland als Wohnsitzstaat des
Klägers darf die inländische Steuerbemessungsgrundlage
für ausländische Kapitalerträge i.S. des § 32d
Abs. 1 Satz 1 EStG nach eigenem Belieben ausgestalten, solange
hierbei ausländische Kapitalerträge nicht schlechter als
inländische Kapitalerträge behandelt werden (s.
vorstehend bb). Dies ist der Fall. Dem gesonderten Tarif i.S. des
§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG sind gleichermaßen in- und
ausländische Kapitalerträge in Höhe der
Bruttoeinnahmen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG) zu unterwerfen. In-
und ausländische positive Kapitalerträge, die dem
gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG
unterfallen, werden gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG
nach denselben Regeln mit ebensolchen in- und ausländischen
negativen Kapitalerträgen verrechnet. § 32d Abs. 5
Sätze 1 und 2 EStG knüpfen an diese Ermittlung der
Kapitalerträge nach dieser zwingenden Verlustverrechnung an.
Die ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge
unterliegen den allgemeinen Einkünfteermittlungs- und
Verlustverrechnungsregeln für veranlagte
Kapitaleinkünfte, die unter den gesonderten Tarif fallen.
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bbb) Wegen der gleichen Ausgestaltung der
Einkünfteermittlungs- und Verlustverrechnungsregelungen
für in- und ausländische Kapitalerträge ist es eine
unionsrechtlich unbedenkliche Folge der unterschiedlichen
Ausübung der Besteuerungsbefugnisse des Quellen- und des
Wohnsitzstaats (s. II.4.b bb), dass die vom Kläger getragene
ausländische Quellensteuer im Streitfall nicht anrechenbar ist
und verfällt. Die Nichtanrechenbarkeit der
Quellensteuerbeträge des Klägers beruht darauf, dass nach
der einheitlichen Verlustverrechnung für jeden
ausländischen Kapitalertrag des Klägers keine
inländische Einkommensteuerbelastung gegeben ist. Dies ist
Folge unterschiedlicher Steuerbemessungsgrundlagen für den
jeweiligen Kapitalertrag im Quellenstaat und in Deutschland als
Wohnsitzstaat. Deutschland ist nicht verpflichtet, eine
ausländische Quellensteuer anzurechnen, wenn die zugrunde
liegenden Kapitalerträge nicht mit inländischer
Einkommensteuer belastet sind (s. II.4.b bb).
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47
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ccc) Auch aus dem vom Kläger
angeführten EuGH-Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und
Österreichische Salinen (EU:C:2011:61 = SIS 11 06 28, Rz
173) lässt sich nicht ableiten, dass die zwingende
Verlustverrechnungsregel des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG
unionsrechtswidrig ist. Nach dieser Entscheidung des EuGH
verstößt es gegen die Niederlassungs- und
Kapitalverkehrsfreiheit, wenn nach dem Recht des Wohnsitzstaats des
Beziehers der Kapitalerträge einerseits für
inländische Kapitalerträge ein Schachtelprivileg (d.h.
Freistellung des Kapitalertrags auf Ebene der inländischen
Bemessungsgrundlage) mit einer intertemporalen
Verlustvortragsmöglichkeit gewährt wird und andererseits
ausländische Kapitalerträge der Anrechnungsmethode mit
der Folge unterliegen, dass aufgrund der Verrechnung eines
inländischen Verlusts mit den ausländischen
Kapitalerträgen die ausländische Quellensteuer weder
anrechenbar ist noch der Anrechnungsüberhang vorgetragen
werden kann (EuGH-Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und
Österreichische Salinen, EU:C:2011:61 = SIS 11 06 28, Rz 173).
Die diskriminierende Ungleichbehandlung ergab sich für den
EuGH daraus, dass sich beim Bezug ausländischer
Kapitalerträge der (vortragsfähige) inländische
Verlust durch die der Anrechnungsmethode eigene Addition in- und
ausländischer Einkünfte (Einbeziehung der
ausländischen Kapitalerträge in die inländische
Bemessungsgrundlage) verringerte, während beim Bezug
inländischer Dividenden die Möglichkeit zum
intertemporalen Verlustausgleich ungeschmälert fortbestand
(Kessler in: Baumhoff/Schönfeld, Doppelbesteuerungsabkommen -
Nationale und internationale Entwicklungen, 1. Aufl. 2012,
Praxisprobleme bei der Anrechnung ausländischer Steuern, S.
163, unter C.II.). Ausgehend von diesen für den Wohnsitzstaat
aufgestellten Maßstäben sind die inländischen
Regelungen zur Einkünfteermittlung in § 20 Abs. 1 und
Abs. 2 EStG und zur Verlustverrechnung der Kapitalerträge in
§ 20 Abs. 6 Satz 3 EStG jedoch unionsrechtlich unbedenklich.
Sie enthalten im Vergleich zu inländischen
Kapitalerträgen für die Verlustverrechnung
ausländischer Kapitalerträge keine vom Inlandsfall
abweichenden nachteiligen Regelungen, die die Anrechenbarkeit der
ausländischen Quellensteuerbeträge
beeinträchtigen.
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48
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Aus dem vom Kläger in der mündlichen
Verhandlung hervorgehobenen EuGH-Urteil Sofina vom 22.11.2018 -
C-575/17 (EU:C:2018:943, DStRE 2019, 760 = SIS 18 20 99) folgt
nichts anderes. Die Entscheidung betrifft ausschließlich die
Erhebung von Quellensteuern im Quellenstaat. Nach den dort
streitigen französischen Regelungen wurden defizitäre
ausländische (belgische) Muttergesellschaften als Bezieher von
Ausschüttungen aus Tochtergesellschaften im Quellenstaat
(Frankreich) schlechter gestellt als Muttergesellschaften, die im
Quellenstaat ansässig waren und Dividenden von
französischen Tochtergesellschaften bezogen. Die Entscheidung
des EuGH im Fall „Sofina“ trifft keine von den
unter II.4.b bb dargelegten Grundsätzen abweichende Aussage zu
den unionsrechtlichen Vorgaben, die der Wohnsitzstaat im Hinblick
auf seine Verlustverrechnungsregelungen bei Verwendung der
Anrechnungsmethode zu erfüllen hat.
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49
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ddd) Deutschland als Wohnsitzstaat des
Klägers ist aufgrund der vollständigen Gleichbehandlung
in- und ausländischer Kapitalerträge auf Ebene der
Steuerbemessungsgrundlage und bei der Verlustverrechnung (hier: des
§ 20 Abs. 6 Satz 3 EStG) schließlich nicht verpflichtet,
durch deren besondere Ausgestaltung Vorkehrungen gegen Nachteile zu
treffen, die sich für die Anrechnung ausländischer
Quellensteuern aufgrund einer vorrangigen zwingenden
Verlustverrechnung ergeben (s. II.4.b bb; vgl. zur nicht
bestehenden Anpassungsverpflichtung des Wohnsitzstaats auch
Vermeulen in Terra/Wattel, a.a.O., 14.4.1, S. 321). Dem Kläger
ist danach im Rahmen des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nicht mittels
einer unionsrechtskonformen Auslegung zu gestatten, dass er seine
ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge von
der Verlustverrechnung im Streitjahr ausnehmen kann, um eine
Anrechnung der ausländischen Quellensteuer zu ermöglichen
und künftig höhere Verluste verrechnen zu
können.
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50
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dd) Der Umstand, dass inländische
Kapitalertragsteuern auf die Einkommensteuer anrechenbar sind
(§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) und damit erstattet werden, wenn
wegen einer Verlustverrechnung oder anderer Umstände auf die
zugrunde liegenden Kapitalerträge keine Einkommensteuer zu
erheben ist, ausländische Quellensteuerbeträge dann
jedoch verfallen, wird in der bisherigen Rechtsprechung
(BFH-Beschluss vom 03.12.2003 - I S 10/03 (PKH), BFH/NV 2004, 525 =
SIS 04 11 45, Rz 11; FG Köln, Urteil vom 11.07.2002 - 7 K
8572/98, EFG 2002, 1235 = SIS 02 96 91, unter II.2.b bb, zu §
34c EStG a.F.) und im Schrifttum (vgl. Vermeulen in Terra/Wattel,
a.a.O., 19.3.2, S. 422) zu Recht nicht als Beschränkung der
Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit angesehen. Diese
Rechtsfolge ist ebenfalls Bestandteil der zulässigen,
parallelen Ausübung der Besteuerungsbefugnisse des jeweiligen
Quellenstaats und Deutschlands als Wohnsitzstaat des
Klägers.
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51
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Eine ausländische Quellensteuer wird vom
Ansässigkeitsstaat in der Regel als abgeltende Steuer erhoben.
Sie ist Steuer eines anderen Fiskus. Deutschland als Wohnsitzstaat
ist nicht verpflichtet, ausländische Steuern zu Lasten des
eigenen Steueraufkommens zu erstatten oder einen Anrechnungsvortrag
zu gewähren (s. EuGH-Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und
Österreichische Salinen, EU:C:2011:61 = SIS 11 06 28, Rz 162,
und oben II.4.b bb). Die inländische Kapitalertragsteuer ist
hingegen eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des deutschen
Fiskus und demnach zu erstatten, wenn auf die zugrunde liegenden
Kapitalerträge keine Einkommensteuer geschuldet wird. Sie ist
aus dem Blickwinkel Deutschlands als Wohnsitzstaat mit einer
ausländischen Quellensteuer objektiv nicht vergleichbar, was
auch darin zum Ausdruck kommt, dass die Anrechnung
ausländischer Quellensteuern gemäß § 32d Abs.
1 Satz 2 EStG die Ebene der Steuerfestsetzung (BFH-Urteil in BFHE
256, 455, BStBl II 2017, 443 = SIS 17 06 32, Rz 31) und die
Anrechnung der Kapitalertragsteuer die Ebene der Steuererhebung
betrifft.
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52
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5. Einer Vorlage an den EuGH gemäß
Art. 267 Abs. 3 AEUV, um zu klären, ob es unionsrechtlich
geboten ist, dass der Kläger seine ausländischen
Kapitalerträge von der Verlustverrechnung gemäß
§ 20 Abs. 6 Satz 3 EStG ausnehmen darf, um das
Anrechnungspotenzial für die ausländischen
Quellensteuerbeträge ausschöpfen zu können, bedarf
es im Streitfall nicht. Der Senat erachtet die dargelegte
Unionsrechtslage in Anbetracht des aktuellen Stands der
Rechtsprechung des EuGH als eindeutig, sodass keine Vorlagepflicht
besteht (vgl. EuGH-Urteil CILFIT vom 06.10.1982 - 283/81,
EU:C:1982:335). Der EuGH hat die unter II.4. dargelegten abstrakten
Maßstäbe für die unionsrechtskonforme Ausgestaltung
der Anrechnung ausländischer Quellensteuern im Wohnsitzstaat
mehrfach bestätigt und verweist in jüngeren
Entscheidungen entweder auf seine ständige Rechtsprechung
(vgl. EuGH-Urteil Société Générale,
EU:C:2021:136, Rz 26 bis 30, BFH/NV 2021, 622 = SIS 21 04 36) oder
entscheidet wie im Verfahren zum EuGH-Beschluss Baudinet u.a.
(EU:C:2016:81, ABlEU 2016, Nr. C 136, 3) im vereinfachten Verfahren
nach Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs (s. dazu
Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., Anhang, Rz
166). Aus den unter II.4. dargelegten Gründen steht für
den Senat fest, dass § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d
Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG nach den vom EuGH entwickelten
Maßstäben mit dem Unionsrecht vereinbar sind.
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53
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6. Der Senat sieht in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2
Nr. 2 EStG auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Verfahren war nicht
gemäß § 74 FGO auszusetzen, um eine Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 GG
einzuholen.
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54
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für
ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche
Begünstigungen. Dabei ist es grundsätzlich Sache des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, die er mit
gleichen Rechtsfolgen belegt und damit als „wesentlich
gleich“ qualifiziert. Diese Auswahl muss jedoch
sachgerecht in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen
Sach- und Regelungsbereiche erfolgen (vgl. z.B.
BVerfG-Beschlüsse vom 12.02.2003 - 2 BvL 3/00, BVerfGE 107,
218, und vom 23.05.2006 - 1 BvR 1484/99, BVerfGE 115, 381). Je nach
Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus
dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für
den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu
einer strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen.
Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch
Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß
der Ungleichbehandlung angemessen sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 29.03.2017 - 2
BvL 6/11, BVerfGE 145, 106, BStBl II 2017, 1082 = SIS 17 08 86, und
vom 19.11.2019 - 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL
25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 27/14, BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16,
m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich
ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder
anderer sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche
Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl.
z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 05.10.1993 - 1 BvL 34/81, BVerfGE
89, 132, und vom 18.07.2005 - 2 BvF
2/01, BVerfGE 113, 167, Rz 126).
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55
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b) Im Hinblick auf die Regelungen in § 20
Abs. 6 Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG fehlt es an
einer Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte.
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56
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In- und ausländische Kapitalerträge,
die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG
unterliegen, werden im Rahmen der Einkünfteermittlung und der
Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG
gleich behandelt.
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57
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Soweit infolge der Verlustverrechnung für
ausländische quellensteuerbelastete Kapitalerträge keine
Einkommensteuerbelastung entsteht und die nicht anrechenbare
ausländische Quellensteuer verfällt, inländische
Kapitalertragsteuer im Verlustfall aber angerechnet (§ 36 Abs.
2 Nr. 2 EStG) und erstattet wird, liegen wesentlich ungleiche
Sachverhalte vor. Die ausländische Quellensteuer ist als
vereinnahmte Steuer eines ausländischen Fiskus im Rahmen der
Steuerfestsetzung gemäß § 32d Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
§ 32d Abs. 5 EStG nur dann zur Vermeidung einer
Doppelbesteuerung abzuziehen, wenn die zugrunde liegenden
ausländischen Kapitalerträge mit deutscher
Einkommensteuer belastet sind. Ohne eine inländische
Einkommensteuerbelastung der ausländischen Kapitalerträge
fehlt es schon an einer Doppelbesteuerung der Kapitalerträge
im Quellen- und im Wohnsitzstaat und infolgedessen an der
Notwendigkeit, die ausländische Steuer im Rahmen der
inländischen Steuerfestsetzung Deutschlands als Wohnsitzstaat
mindernd zu berücksichtigen. Bei der inländischen
Kapitalertragsteuer handelt es sich hingegen um eine
Steuervorauszahlung an den deutschen Fiskus, die im Rahmen des
Erhebungsverfahrens zu erstatten ist, wenn für die zugrunde
liegenden Kapitalerträge keine Einkommensteuer
anfällt.
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58
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7. Die Sache ist spruchreif. Der Senat gibt
der Klage teilweise statt und weist sie im Übrigen als
unbegründet ab (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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59
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Der angefochtene Einkommensteuerbescheid
für das Streitjahr ist dahin zu ändern, dass nicht
ausgeglichene negative Kapitaleinkünfte des Klägers, die
dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1
EStG unterliegen, in Höhe von 273.040 EUR zu
berücksichtigen sind (s. unter II.2.). Die Bindungswirkung des
Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr steht der
gesonderten Feststellung des Verlusts gemäß § 10d
Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG in Höhe
dieses Betrags nicht entgegen. Die Kapitalerträge der
Klägerin unterliegen dem gesonderten Tarif gemäß
§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG und sind unverändert in
Höhe von 0 EUR anzusetzen. Eine Erhöhung der
Steuerfestsetzung zu Lasten der Kläger kommt wegen des
Verböserungsverbots nicht in Betracht.
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60
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Der Senat hält im Streitfall einen den
Einkommensteuerbescheid ändernden Tenor für zutreffend,
auch wenn der Ausspruch zur Höhe der verbleibenden Verluste
des Klägers bei den dem gesonderten Tarif unterliegenden
Kapitalerträgen die Höhe der Steuerfestsetzung nicht
berührt. Für Fallkonstellationen, in denen es
ausschließlich um die Abwehr der negativen Bindungswirkung
eines Einkommensteuerbescheids als Nullfestsetzung geht, hat der
IX. Senat die Art der Tenorierung durch das Gericht zwar
offengelassen (BFH-Urteil in BFHE 269, 314, BStBl II 2021, 859 =
SIS 20 20 57, Rz 18; zu den aufgeworfenen Fragen s.a. BeckOK
EStG/Ratschow, 11. Ed. [01.10.2021], EStG § 10d Rz 491). Die
Entscheidung des IX. Senats steht damit aber einer den
Einkommensteuerbescheid ändernden Tenorierung jedenfalls nicht
entgegen, zudem betrifft der Streitfall keine dem Fall des IX.
Senats vergleichbare Konstellation (s. II.1.a, b).
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61
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8. Das Revisionsverfahren der Klägerin
war aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erklärten
Rücknahme gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m.
§§ 121 Satz 1, 72 Abs. 2 FGO einzustellen.
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62
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9. Der Senat hat wegen der Aufhebung der
Vorentscheidung, die die Kostenentscheidung der Vorentscheidung
insgesamt entfallen lässt, für den Kläger und
für die Klägerin über die Kosten des gesamten
Verfahrens zu entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht für
den Kläger und das FA auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die
Klägerin hat die auf sie entfallenden Kosten zu tragen, weil
ihre Klage entgegen der Auffassung des FG mangels Beschwer
unzulässig war und sie die Revision zurückgenommen hat
(§ 135 Abs. 1, § 136 Abs. 2 FGO).
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63
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Der Senat hat zur Bestimmung der Kostenquoten
einen Gesamtstreitwert gebildet. Die Kläger begehren die
Herausnahme der ausländischen quellensteuerbelasteten
Kapitalerträge (488.736 EUR) aus der Verlustverrechnung und
die Anrechnung ausländischer Quellensteuer in Höhe von
62.584 EUR auf die dann zugrunde zu legende Einkommensteuer nach
dem gesonderten Tarif. Dies würde im Erfolgsfall zu einer
festzusetzenden Mehrsteuer von (488.736 EUR * 25 %) ./. 62.584 EUR
= 59.600 EUR im Streitjahr führen. Der begehrte niedrigere
Verlustverbrauch in Höhe von 488.736 EUR würde für
Kapitalerträge, die unter den gesonderten Tarif fallen, zu
einer künftigen Steuerminderung von 488.736 EUR * 25 % =
122.184 EUR führen. Der Gesamtstreitwert aus der Mehrbelastung
des Streitjahrs (./. 59.600 EUR) und den künftigen
Steuerminderungen (122.184 EUR) beträgt danach 62.584 EUR.
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64
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Die Klägerin ist in Höhe von 587 EUR
(Mehrsteuer im Streitjahr: 3.913 EUR * 25 % ./. anrechenbare
Quellensteuer 587 EUR = ./. 391 EUR; künftiges
Verrechnungspotenzial: 3.913 EUR * 25 % = 978 EUR) unterlegen, was
zu einer Quote von aufgerundet 1 % (587 EUR/62.584 EUR)
führt.
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65
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Der Kläger obsiegt hinsichtlich einer
Mehrverlustverrechnung in Höhe von 7.946 EUR (25 % * 31.782
EUR), d.h. zu 12 % (7.946 EUR/62.584 EUR), im Übrigen (zu 87
%) unterliegt er.
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66
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Der Senat sieht wegen des geringen Anteils der
Klägerin am Gesamtstreitwert (587 EUR/62.584 EUR) aus
Vereinfachungsgründen davon ab, zeitanteilige Streitwerte
für die Zeit bis zur Rücknahme der Revision und danach zu
bilden.
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