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Auch nach Einführung der Abgeltungsteuer keine Kapitalertragsteuer bei obligationsähnlichen Genussrechten

Auch nach Einführung der Abgeltungsteuer keine Kapitalertragsteuer bei obligationsähnlichen Genussrechten: Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 erworbenen obligationsähnlichen Genussrechten unterliegen auch nach Einführung der Abgeltungsteuer nicht dem Kapitalertragsteuerabzug. (Hinweis aus BStBl 2013 II S. 682 auf BMF-Schreiben vom 12.9.2013 - IV C 1 - S 2252/07/0002 :010 = SIS 13 24 95) - Urt.; BFH 12.12.2012, I R 27/12; SIS 13 22 42

Kapitel:
Privatbereich > Kapitaleinkünfte
Fundstellen
  1. BFH 12.12.2012, I R 27/12
    BStBl 2013 II S. 682

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 13.9.2013
    nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt
    jh in StuB 17/2013 S. 670
    JH in DStZ 18/2013 S. 648
    D.G. in BFH/PR 11/2013 S. 396
    J.I. in NWB 48/2013 S. 3756
Normen
[FGO] § 40 Abs. 2
[AO 1977] § 168
[SolZG 1995] § 1 Abs. 2, § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 Nr. 5
[EStG 2002] § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5
[EStG 2009] § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, § 52 a Abs. 10
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 19.5.2022, SIS 22 08 12, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer, Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens: Das Bundesfinanzministerium hat...
  • BFH 12.4.2022, SIS 22 11 55, Keine Kapitalertragsteuerpflicht einer im Rückwirkungszeitraum beschlossenen und vollzogenen "offenen Gew...
  • BFH 17.11.2020, SIS 21 08 94, Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste nach § 20 Abs. 6 ...
  • FG Köln 3.7.2020, SIS 21 00 86, JStG 2009, Erträge aus der Rückzahlung von Anleihen als Einkünfte aus § 20 EStG: Die Einführung des § 52 ...
  • FG Münster 27.11.2019, SIS 19 20 86, Ausstellung der sog. Dauerüberzahlerbescheinigung i.S. von § 44 a Abs. 5 Satz 4 EStG: Die sog. Dauerüberz...
  • BFH 14.8.2019, SIS 20 06 59, Abgrenzung zwischen beteiligungs- und obligationsähnlichen Genussrechten: 1. Genussrechte führen nur dann...
  • OFD Frankfurt 1.2.2019, SIS 19 02 08, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer: Fortgeschriebene Fassung des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur Abgeltu...
  • FG Münster 7.12.2018, SIS 19 02 63, Genussrechtserträge, Veranlassungszusammenhang: Genussrechtserträge, die nur leitende Angestellte vom Arb...
  • BFH 20.11.2018, SIS 19 03 81, Anfechtung einer Kapitalertragsteuer-Anmeldung durch den Vergütungsgläubiger, Erledigung der Kapitalertra...
  • OFD Frankfurt 16.4.2018, SIS 18 06 72, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer: Fortgeschriebene Fassung des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur Abgeltu...
  • FG Düsseldorf 30.1.2018, SIS 18 10 94, Reverse Floater als steuerpflichtige Finanzinnovationen, unechte Rückwirkung der Übergangsregelung des § ...
  • FG Baden-Württemberg 22.5.2017, SIS 17 13 50, Genussrechtsausschüttungen einer kanadischen Tochtergesellschaft als steuerpflichtige Zinseinkünfte der i...
  • Niedersächsisches FG 26.10.2016, SIS 17 00 86, Verluste aus der Veräußerung von Aktien: 1. Eine entgeltliche Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr....
  • OFD Frankfurt 17.6.2016, SIS 16 14 48, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer: Fortgeschriebene Fassung des BMF-Schreibens zur Anwendung der gesetzlic...
  • BMF 18.1.2016, SIS 16 02 36, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer, Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens: Das Bundesfinanzministerium hat...
  • FG Köln 5.8.2015, SIS 15 29 74, Materiell-rechtliche Überprüfung einer Kapitalertragsteueranmeldung: 1. Materiell-rechtliche Einwendungen...
  • FG Hamburg 15.12.2014, SIS 15 04 39, Rechtsbehelf des Gläubigers der Kapitalerträge gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des depotführenden...
  • FG Baden-Württemberg 16.1.2014, SIS 15 02 30, Keine Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Genussscheinen: 1. Der Gewinn aus der Veräußerung v...
  • FinBeh Hamburg 9.10.2013, SIS 13 34 87, Vor 2009 erworbene obligationsähnliche Genussrechte, Bertelsmann Genussscheine: Mit dem BMF-Schreiben vom...
  • FinMin Schleswig-Holstein 1.10.2013, SIS 13 30 86, Bertelsmann-Genussscheine, Rückkauf: Im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 12.12.2012 (BStBl 2013 II S. 682 ...
  • BMF 12.9.2013, SIS 13 24 95, Steuerpflicht von Erträgen aus der Veräußerung von vor dem 1. Januar 2009 erworbenen obligationsähnlichen...
Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) unterhielt bei der Beigeladenen, einer Bank, ein Direkt-Depot, auf das im Jahre 2006 Inhaber-Genussscheine der Y-AG zum Nominalwert von 5.160 EUR von der Sparkasse übertragen worden waren. Die Genussscheine gewährten ihrem Inhaber einen gegenüber dem Gewinnanteil der Aktionäre vorrangigen Anspruch auf Gewinnausschüttung sowie auf Rückzahlung nach Beendigung der Genussscheine (§ 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 15 der Genussscheinbedingungen - GB - ). Dem Inhaber standen keinerlei Teilnahme-, Mitwirkungs- oder Stimmrechte in der Hauptversammlung der Y-AG zu (§ 3 Abs. 2 GB). Sein Gewinnanteil betrug vorbehaltlich eines ausreichenden Konzernjahresüberschusses für jedes volle Geschäftsjahr 15 % des Grundbetrags von 10 EUR je Genussschein (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GB); der auf den Grundbetrag entfallende und aus der sog. negativen Gesamtkapitalrendite abgeleitete Verlustanteil war gesondert auszuweisen und durch Gewinnanteile der Folgejahre auszugleichen (§ 5 GB). Nach § 15 Abs. 6 GB nahm das Genusskapital im Falle der Auflösung der Y-AG nicht am Liquidationserlös teil. Der - gegebenenfalls um noch nicht ausgeglichene Verluste gekürzte - Rückzahlungsanspruch war gegenüber den Forderungen der anderen Gläubiger nachrangig.

 

 

2

Nachdem die Y-AG die Genussscheininhaber am 2.2.2010 zur Abgabe von Verkaufsangeboten zum Kurs von 180 % aufgefordert hatte, veräußerte der Kläger seine Anteilsscheine am 1.3.2010 zu einem Preis (Kurswert) von 9.228 EUR. Hiervon behielt die Beigeladene Kapitalertragsteuer in Höhe von 696,60 EUR sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 38,31 EUR ein. Beide Beträge wurden bei der Kapitalertragsteueranmeldung vom 1.4.2010 (betreffend März 2010) berücksichtigt.

 

 

3

Hiergegen legte der Kläger am 13.4.2010 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass die Genussscheine lange vor 2006 angeschafft worden seien und den Bestandsschutzregeln zur Einführung der Abgeltungssteuer unterlägen (hier: § 52a Abs. 10 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes 2009 - EStG 2009 - ). Der Rechtsbehelf blieb, nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Beigeladene zum Einspruchsverfahren hinzugezogen hatte (§ 360 Abs. 3 der Abgabenordnung - AO - ), ohne Erfolg.

 

 

4

Der Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben und die angemeldeten Steuerbeträge (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) in dem beantragten Umfang herabgesetzt (Hessisches FG, Urteil vom 16.2.2012 4 K 639/11, EFG 2012, 1163 = SIS 12 14 63).

 

 

5

Mit der Revision beantragt das FA sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

6

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

7

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

 

 

8

II. Die Revision ist nicht begründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

9

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger anfechtungsbefugt und die Klage damit zulässig ist. Die von der Beigeladenen angemeldete Kapitalertragsteuer (§ 45a EStG 2009) steht nach § 168 AO - ebenso wie der angemeldete Solidaritätszuschlag (vgl. § 1 Abs. 2 und 3 sowie § 3 Abs. 1 Nr. 5 des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 - SolZG 1995 - ; Blümich/Lindberg, § 1 SolZG 1995 Rz 5) - einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Zwar ist deren Regelungsgehalt darauf beschränkt, dass die Beigeladene die angemeldeten Beträge abzuführen hat (Senatsbeschluss vom 13.8.1997 I B 30/97, BFHE 184, 92, BStBl II 1997, 700 = SIS 98 02 90). Da jedoch der Kläger als Gläubiger der Kapitalerträge nach § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG 2009 (i.V.m. § 1 Abs. 2 SolZG 1995) die Kapitalertragsteuer sowie den im Abzugsverfahren erhobenen Solidaritätszuschlag schuldet und demgemäß die Beigeladene die Steuerabzüge für Rechnung des Klägers vorgenommen hat (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG 2009 i.V.m. § 1 Abs. 2 SolZG 1995), werden im Fall der Rechtswidrigkeit der nach § 168 AO fingierten Steuerbescheide rechtlich geschützte Interessen des Klägers berührt (§ 40 Abs. 2 FGO; vgl. Senatsurteil vom 10.3.1971 I R 73/67, BFHE 102, 242, BStBl II 1971, 589 = SIS 71 03 04; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 168 Rz 24; Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 168 Rz 16, jeweils m.w.N.).

 

 

10

2. Nach ständiger Rechtsprechung ist hierbei allerdings zu beachten, dass sich die mit der Steueranmeldung verbundene Steuerfestsetzung gegen den Vergütungsschuldner richtet (hier: die Beigeladene) und deshalb im Rahmen einer hiergegen vom Vergütungsgläubiger (hier: dem Kläger) im Wege der sog. Drittanfechtung erhobenen Klage die Steuerfestsetzung nur darauf überprüft werden kann, ob der Vergütungsschuldner die Steueranmeldung vornehmen durfte. Zwar ist dies bereits dann zu bejahen, wenn die Voraussetzungen für den Steuereinbehalt zweifelhaft sind (Senatsbeschluss vom 25.11.2002 I B 69/02, BFHE 201, 114, BStBl II 2003, 189 = SIS 03 07 83; Senatsurteil vom 28.1.2004 I R 73/02, BFHE 205, 174, BStBl II 2005, 550 = SIS 04 17 30; Senatsbeschluss vom 7.11.2007 I R 19/04, BFHE 209, 300, BStBl II 2008, 228 = SIS 08 08 13; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 168 Rz 25, m.w.N.). Auch ist im Rahmen dieses eingeschränkten Prüfungsumfangs im Grundsatz davon auszugehen, dass der Vergütungsschuldner zum Kapitalertragsteuerabzug dann berechtigt ist, wenn er sich hierbei - wie vorliegend - auf ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) stützen kann (vgl. zur Veräußerung obligationsähnlicher Genussrechte BMF-Schreiben vom 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 = SIS 09 37 93, Rz 319; ebenso BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl I 2012, 953 = SIS 12 30 48, Rz 319). Gleichwohl gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Er ist jedenfalls dann zu durchbrechen, wenn die Ansicht des Vergütungsgläubigers dem eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen entspricht und auch aus deren Entstehungsgeschichte und Zweck kein Anhalt für ein abweichendes Regelungsverständnis besteht. Von Letzterem ist im Streitfall auszugehen.

 

 

11

a) Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2009 wird bei Kapitalerträgen i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben; gleiches gilt für den hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag (§ 1 Abs. 2 und 3 und § 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG 1995).

 

 

12

Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen darüber, dass es sich bei den vom Kläger gehaltenen Genussscheinen um Kapitalforderungen i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 gehandelt hat und ein aus ihrer Veräußerung erzielter Gewinn die tatbestandlichen Merkmale für den Ansatz von Kapitaleinkünften nach dem - im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) - neu geschaffenen § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG erfüllt hat.

 

 

13

Der Senat teilt diese Beurteilung. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2009 erfasst Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art unter der Voraussetzung, dass die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Hierzu gehörten auch die Genussrechte des Klägers; da sie keine Beteiligung an einem Liquidationserlös der Y-AG und damit keine i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 gesellschafterähnliche Rechtsstellung vermittelten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.5.2005 VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl II 2005, 857 = SIS 05 44 63; Senatsurteil vom 19.1.1994 I R 67/92, BFHE 173, 399, BStBl II 1996, 77 = SIS 94 14 31; Intemann in Herrman/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 56), waren sie angesichts ihres „obligationsähnlichen“ Charakters (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9.11.1992 II ZR 230/91, BGHZ 120, 141) den sonstigen Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2009 zugeordnet.

 

 

14

b) Kein Einvernehmen besteht zwischen den Beteiligten jedoch darüber, ob die hierdurch ausgelöste Pflicht zur Anmeldung und Abführung von Kapitalertragsteuer auch im Streitfall greift, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Genussscheine vor dem Jahre 2006 und damit vor Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 erworben worden sind.

 

 

15

aa) Die Übergangsbestimmung des § 52a Abs. 10 Satz 6 EStG 2009 sieht vor, dass § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in der Fassung des Art. 1 des Unternehmersteuerreformgesetzes 2008 erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge aus der Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen anzuwenden ist. Nach § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009 ist jedoch für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 1.1.2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am 31.12.2008 anzuwendenden Fassung (im Folgenden: EStG 2002), aber nicht Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 waren, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 nicht anzuwenden. Durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74) wurde § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG 2009 um einen weiteren Halbsatz ergänzt, nach dem Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 auch dann vorliegen, wenn die Rückzahlung nur teilweise garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint. Letztere Regelung ist - nach Inkrafttreten einer weiteren, für das vorliegende Verfahren jedoch nicht einschlägigen Änderung des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG 2009 durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010, BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394 = SIS 10 40 34 (betreffend Stückzinsen) - heute Gegenstand des letzten Halbsatzes der Vorschrift.

 

 

16

bb) Das FG hat zu Recht angenommen, dass nach der Übergangsbestimmung des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG 2009 die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 auf die vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinne keine Anwendung findet und deshalb auch ein Steuerabzug vom Kapitalertrag nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2009 (i.V.m. § 1 Abs. 2 und 3 sowie § 3 Nr. 5 SolZG 1995) nicht vorzunehmen war.

 

 

17

aaa) Auszugehen ist hierbei davon, dass die - nach den Feststellungen der Vorinstanz vor dem Jahre 2006 erworbenen - Genussscheine zwar zu Kapitalforderungen im Sinne der vor dem 1.1.2009 maßgeblichen Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2002, nicht jedoch zu den Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 gehört haben. Diese, durch das Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz) vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) in das Einkommensteuergesetz eingefügte Bestimmung stand im Zusammenhang damit, dass nach der gleichfalls neu gefassten Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1990 der Begriff der steuerbaren Kapitalerträge auf Erträge aus sog. Finanzinnovationen ausgedehnt wurde und solche Einkünfte nicht nur bei Einlösung der Wertpapiere, sondern auch im Falle ihrer Veräußerung erfasst werden sollten (BTDrucks 12/6078, S. 122 f.). Demgemäß war u.a. in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG 1990/1997/2002 vorgesehen, dass zu den Kapitaleinkünften auch Einnahmen aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen mit Zinsforderungen gehörten, wenn die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhing.

 

 

18

Der Senat lässt unbeantwortet, ob hierunter tatbestandlich auch Genussscheine fielen, die wie vorliegend sowohl im Hinblick auf ihre Verzinsung als auch bezüglich der Kapitalrückzahlung dem Risiko der Verlustbeteiligung ausgesetzt waren (vgl. zum Erfordernis der Rückzahlungsgarantie z.B. BFH-Urteil vom 13.12.2006 VIII R 79/03, BFHE 216, 187, BStBl II 2007, 562 = SIS 07 06 11; v. Beckerath in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 20 Rz 405). Jedenfalls war die Neuregelung nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG 2002 insgesamt nicht auf Genussrechte i.S. von § 43 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 und damit auch nicht auf die vom Kläger gehaltenen Anteilsscheine anzuwenden. In den Materialen zum Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz wird hierzu erläutert, dass „bei Genußscheinen ... im Sinne von § 43 Abs. 1 Nr. 2 EStG ... wie bisher nur die Erträge aus der Einlösung der Wertpapiere der Einkommensteuer“ unterliegen (BTDrucks 12/6078, S. 123).

 

 

19

Demnach waren die Genussrechte auch im Sinne der Übergangsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009 nicht zu den Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 zu rechnen. Letzteres ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Überleitungsbestimmung, der nicht nur auf die in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 (hier: Buchst. c) EStG 2002 genannten Kapitalanlageformen, sondern auf die Gesamtregelung jener Vorschrift und damit auch auf deren Satz 5 mit der Folge verweist, dass die - nicht § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002 unterstehenden - Genussrechte insgesamt dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sätze 1 bis 4 EStG 2002 entzogen waren; sie konnten deshalb nicht zu den in Satz 1 dieser Bestimmung genannten Kapitalanlagen gerechnet werden. Darüber hinaus entspricht nur dieses Gesetzesverständnis dem aus den Materialien zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 abzuleitenden Zweck des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009. Hiernach soll die mit der Einführung der Abgeltungsteuer verbundene Steuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen für solche „Kapitalforderungen (keine Anwendung finden), die noch vor 2009 erworben wurden und nicht unter die bis Ende 2008 geltende Fassung von § 20 fielen“ (BTDrucks 16/4841, S. 73); die „bislang steuerfreie(n) Kursgewinne aus vor dem 1.1.2009 erworbenen zinstragenden Forderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 (sollten) auch weiterhin steuerfrei bleiben“ (BTDrucks 16/5491, S. 21).

 

 

20

bbb) Anderes ist nicht aus § 52a Abs. 10 Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 abzuleiten, nach dem Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 auch dann vorliegen, wenn die Rückzahlung nur teilweise garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint.

 

 

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Ob letztere Voraussetzung auf die vom Kläger gehaltenen Genussrechte zugetroffen hat, kann offenbleiben. Zum einen deshalb, weil § 52a Abs. 10 Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut unberührt lässt, dass Genussrechte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG 2002 insgesamt nicht den im Falle der Veräußerung oder Abtretung sog. Finanzinnovationen geltenden Besteuerungsgrundsätzen unterworfen waren; unberührt bleibt damit auch die Grundregel des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009, nach welcher im Falle der Veräußerung der vor dem 1.1.2009 erworbenen Genussrechte § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 nicht anwendbar und infolgedessen ein Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2009 nicht vorzunehmen ist. Zum anderen wird dieses Verständnis durch die Entstehungsgeschichte des § 52a Abs. 10 Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 gestützt. Mit der durch das Jahressteuergesetz 2009 (zunächst als zweiter Halbsatz) eingefügten Bestimmung sollte auf die Rechtsprechung des BFH reagiert werden, der zufolge eine Versteuerung von Veräußerungs- und Einlösungsgewinnen nach der sog. Marktrendite (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG 2002) für solche Finanzanlagen ausgeschlossen war, bei denen die Ertragsebene ohne weiteres rechnerisch von einer die Vermögensebene betreffenden Wertveränderung getrennt werden konnte (z.B. BFH-Urteile vom 13.12.2006 VIII R 6/05, BFHE 216, 206, BStBl II 2007, 571 = SIS 07 61 29; VIII R 62/04, BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568 = SIS 07 06 10). Darüber hinaus war nach der Rechtsprechung die Steuerbarkeit in dem Sinne beschränkt, dass § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 nur den auf die garantierte Mindestrückzahlung einer Finanzanlage entfallenden Teil des Veräußerungsüberschusses erfasste (z.B. BFH-Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563 = SIS 08 10 91). Der Gesetzgeber wollte beide (einzelfallbezogenen) Differenzierungen im Interesse der Handhabbarkeit des Kapitalertragsteuerabzugs nach Einführung der Abgeltungsteuer nicht fortführen. Er hat hierzu erläutert, dass der mit der Neuregelung verbundenen sog. unechten Rückwirkung kein überwiegend schutzwürdiges Vertrauen der Anleger gegenüberstehe, da sich vor Bekanntwerden der einschränkenden Rechtsprechung des BFH die Steuerbarkeit bei Veräußerung aller Finanzprodukte aus dem Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG (2002) ergeben habe (BTDrucks 16/10189, S. 66 f.; Hahne/Krause, DStR 2008, 1724, 1728; Blümich/Treiber, § 52a EStG Rz 20). In Anbetracht dessen ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die darauf ausgerichtete, in dem beschriebenen Umfang rechtsprechungskorrigierende Übergangsbestimmung des § 52a Abs. 10 Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 über ihren Wortlaut hinaus Anlass geben könnte, den Kapitalertragsteuerabzug auf vor dem 1.1.2009 erworbene Genussrechte und damit auf Kapitalanlagen zu erstrecken, die nach der unmissverständlichen und von der Rechtsprechung auch nicht in Frage gestellten Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG 2002 unabhängig davon nicht der Veräußerungsgewinnbesteuerung für Finanzinnovationen unterlagen, ob nach den Genussrechtsbedingungen die Rückzahlung des Anlagebetrags garantiert oder eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich war (gl.A. Haisch/Danz, DStZ 2008, 392, 397; Elser/Bindl, FR 2010, 360, 367).

 

Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

Die Entscheidung schafft die für die Praxis erforderliche Klarheit über die Besteuerung von Einkünften aus vor Einführung der Abgeltungssteuer erworbenen Genussrechten.

Soweit nach § 52 a Abs. 10 Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 auch dann vorliegen, wenn die Rückzahlung nur teilweise garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint, hat der BFH die Frage offengelassen und offenlassen können, ob die letztere Voraussetzung auf die vom Kläger gehaltenen Genussrechte zugetroffen hat. Denn § 52 a Abs. 10 Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 lässt nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut unberührt, dass Genussrechte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG 2002 insgesamt nicht den im Falle der Veräußerung oder Abtretung sog. Finanzinnovationen geltenden Besteuerungsgrundsätzen unterworfen waren; unberührt bleibt damit auch die Grundregel des § 52 a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009, nach welcher im Falle der Veräußerung der vor dem 1. Januar 2009 erworbenen Genussrechte § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 nicht anwendbar und infolgedessen ein Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2009 nicht vorzunehmen ist.