Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Sächsischen Finanzgerichts vom 24.1.2018 - 5 K 1711/17
(Kg) wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Streitig ist die Anrechnung der
polnischen Kinderbeihilfe in Höhe von 500 PLN (500+) auf das
in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) festgesetzte
Kindergeld für den Zeitraum April 2016 bis September
2017.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist polnischer Staatsangehöriger und Vater der
im Streitzeitraum minderjährigen Töchter K und W. Er
wurde von seinem polnischen Arbeitgeber im streitigen Zeitraum nach
Deutschland entsandt und hatte hier einen Wohnsitz.
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Mit Bescheid vom 23.6.2016 bewilligte die
Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) dem Kläger
Kindergeld ab September 2015 für beide Kinder in voller
Höhe. Am 18.9.2017 teilte die polnische Behörde ROPS der
Familienkasse mit dem Formular F003 mit, dass an den Kläger
für den Streitzeitraum monatlich 500 PLN gezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom 9.10.2017 änderte die Familienkasse den
Kindergeldfestsetzungsbescheid gemäß § 173 Abs. 1
Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und rechnete für April 2016 bis
September 2017 polnische Familienleistungen in Höhe von
monatlich 500 PLN, insgesamt 2.122,38 EUR, auf das für W
gezahlte Kindergeld an und forderte diesen Betrag zurück. Den
dagegen eingelegten Einspruch wies die Familienkasse mit
Einspruchsentscheidung vom 23.10.2017 zurück.
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Die anschließend erhobene Klage hatte
keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem Urteil
zur Begründung aus, dass zum einen die Familienkasse den
bestandskräftigen Kindergeldfestsetzungsbescheid nach §
173 Abs. 1 Nr. 1 AO habe ändern können, da die
Familienkasse erst im September 2017 von den polnischen
Familienleistungen erfahren habe. Zum anderen sei die polnische
Familienleistung nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Beachtung des
europäischen Primärrechts anzurechnen.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
Sächsischen FG vom 24.1.2018 - 5 K 1711/17 (Kg) sowie den
Bescheid vom 9.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
23.10.2017 aufzuheben,
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hilfsweise das Urteil aufzuheben und die
Sache zur erneuten Entscheidung an das Sächsische FG
zurückzuverweisen.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet. Sie war
daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
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Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden,
dass die polnische Familienleistung (500+) auf das deutsche
Kindergeld anzurechnen ist (dazu 2.) und der Bescheid vom 23.6.2016
verfahrensrechtlich geändert werden konnte (dazu 3.).
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1. Der im Inland wohnende Kläger
erfüllt, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, die
Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld
gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m.
§§ 62 ff. EStG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3
EStG für seine in Polen lebende Tochter W.
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2. Dieser Anspruch des Klägers auf
Gewährung von Kindergeld ist jedenfalls in Höhe der in
Polen geleisteten Familienleistung (500+) nach Art. 68 Abs. 2 Satz
2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der
sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU
- 2004 Nr. L 166, S. 1) in der für den Streitzeitraum
maßgeblichen Fassung (VO Nr. 883/2004 - Grundverordnung - )
ausgeschlossen.
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Ist der persönliche und sachliche
Geltungsbereich der VO Nr. 883/2004 eröffnet und liegen
konkurrierende Ansprüche i.S. der Verordnung vor, dann sind
die Ansprüche ausschließlich nach Art. 68 der VO Nr.
883/2004 zu koordinieren. Diese Prioritätsregelung ist
gegenüber § 65 EStG grundsätzlich vorrangig
(Senatsurteil vom 4.2.2016 - III R 9/15, BFHE 253, 139, BStBl II
2017, 121 = SIS 16 11 22, Rz 17, m.w.N.).
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a) Der Anwendungsbereich der VO Nr. 883/2004
ist im Streitfall eröffnet.
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Der Kläger ist Staatsangehöriger
eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (EU) und
fällt damit nach Art. 2 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 in den
persönlichen Anwendungsbereich der Grundverordnung. Ebenso ist
das Kindergeld nach dem EStG eine Familienleistung i.S. des Art. 1
Buchst. z der VO Nr. 883/2004, weshalb auch deren sachlicher
Anwendungsbereich nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der VO Nr. 883/2004
eröffnet ist.
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b) Weiterhin ist auch die Koordinierungsregel
des Art. 68 der VO Nr. 883/2004 anwendbar, da konkurrierende
Ansprüche i.S. dieser Vorschrift vorliegen.
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Gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 1 der VO
Nr. 883/2004 werden beim Zusammentreffen von Ansprüchen die
Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die
nach Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 Vorrang haben. Eine
Kumulierung von konkurrierenden Ansprüchen liegt nach dieser
Vorschrift auch dann vor, wenn eine Person gleichzeitig Anspruch
auf zwei Familienleistungen für denselben
Familienangehörigen hat (vgl. Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - Wiering vom 8.5.2014 - C-347/12,
EU:C:2014:300, Rz 56, Zeitschrift für europäisches
Sozial- und Arbeitsrecht - ZESAR - 2015, 113).
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aa) Für die Frage, ob ein Zusammentreffen
von Ansprüchen auf Familienleistungen vorliegt, ist es im
Grundsatz ausreichend, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch auf
die entsprechende Leistung nach deutschem und ausländischem
Recht besteht. Dabei hat die Prüfung eines
materiell-rechtlichen Anspruchs nach ausländischem Recht zu
unterbleiben, wenn hierüber bereits eine ausländische
Behörde für den Streitzeitraum entschieden hat und dieser
Entscheidung Bindungswirkung für die deutschen Behörden
und Gerichte zukommt (Senatsurteile vom 13.06.2013 - III R 63/11,
BFHE 242, 34, BStBl II 2014, 711 = SIS 13 25 79, Rz 22; III R
10/11, BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706 = SIS 13 25 78, Rz 25; vom
26.7.2017 - III R 18/16, BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237 = SIS 17 18 95, Rz 16).
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bb) Im vorliegenden Fall treffen die
Ansprüche des Klägers auf Familienleistungen nach
deutschem Recht und die Ansprüche auf Familienleistungen nach
polnischem Recht für dasselbe Kind und denselben Zeitraum
aufeinander. Die polnische Behörde hat mit Bindungswirkung
für den deutschen Träger (die Familienkasse) eine
polnische Familienleistung in Höhe von 500 PLN für die
Tochter W für den Streitzeitraum festgestellt.
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Aufgrund der abgegebenen
Notifizierungserklärung der Republik Polen gemäß
Art. 9 der VO Nr. 883/2004 zählen zu den Rechtsvorschriften,
Systemen und Regelungen i.S. des Art. 3 der VO Nr. 883/2004 ab dem
1.4.2016 als Familienleistungen die mit Gesetz vom 17.2.2016
über staatliche Hilfe bei der Kindererziehung (Gesetzesblatt
2016, Pos. 195) eingeführte „Kinderbeihilfe 500
PLN“.
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c) Nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr.
883/2004 ist der Anspruch auf polnische Familienleistung 500+
gegenüber dem Anspruch auf deutsches Kindergeld vorrangig.
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aa) Für die Frage, was die Ansprüche
i.S. des Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 auslöst, ist
darauf abzustellen, aufgrund welchen Tatbestands die berechtigte
Person den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats nach
Art. 11 bis 16 der VO Nr. 883/2004 unterstellt ist (Senatsurteil in
BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237 = SIS 17 18 95, Rz 25; Helmke in
Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Fach D Art. 68 VO Nr.
883/2004, Rz 5; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.10.2013 - 3
K 3137/12, EFG 2014, 214 = SIS 13 33 91, Rz 11). Insoweit
unterscheidet das EU-Recht in Art. 68 der VO Nr. 883/2004 nur
zwischen den vier Anknüpfungspunkten Beschäftigung,
selbständige Erwerbstätigkeit, Rente und Wohnsitz
(Senatsurteil vom 22.2.2018 - III R 10/17, BFHE 261, 214, BStBl II
2018, 717 = SIS 18 09 61, Rz 30).
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Der Kläger ist nach den den Senat
bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) entsandter
Arbeitnehmer und unterliegt daher weiterhin gemäß Art.
12 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 den polnischen Rechtsvorschriften.
Der Umstand, dass der Kläger während seiner begrenzten
Entsendungstätigkeit weiterhin den polnischen
Rechtsvorschriften unterstellt ist, entfaltet aber keine
europarechtliche Sperrwirkung hinsichtlich des Rechtsanspruchs nach
deutschem Recht (Senatsurteil vom 16.5.2013 - III R 8/11, BFHE 241,
511, BStBl II 2013, 1040 = SIS 13 22 91, Rz 13, m.w.N.). Es bedarf
für die Anwendung des deutschen Rechts auch keines nationalen
Anwendungsbefehls. Da der Tatbestand der Erwerbstätigkeit als
entsandter Arbeitnehmer für die Anspruchsauslösung der
polnischen Rechtsvorschriften heranzuziehen ist und der Kläger
auch keine inländische Rente erhält, kommt in
unionsrechtlicher Hinsicht eine Anspruchsauslösung der
deutschen Rechtsvorschriften nur durch den Wohnort in Betracht.
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bb) Die Anspruchskumulierung ist nach Art. 68
der VO Nr. 883/2004 aufzulösen. Danach sind zur Vermeidung
grenzüberschreitender Doppelleistungen konkurrierende
Kindergeldansprüche wie folgt zu priorisieren: Sind für
denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen
Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer EU-Mitgliedstaaten
zu gewähren, so stehen nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO
Nr. 883/2004 an erster Stelle die durch eine Beschäftigung
oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgelösten
Ansprüche. Hiernach folgen die durch den Bezug einer Rente und
schließlich die durch den Wohnort ausgelösten
Ansprüche.
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cc) Danach war Polen im vorliegenden Fall der
vorrangige und Deutschland der nachrangige Staat. Gemäß
Art. 68 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 883/2004 wird der inländische
Kindergeldanspruch in Höhe der ausländischen
Familienleistungen ausgesetzt, so dass nur die Differenz zwischen
dem deutschen Kindergeld und den polnischen Familienleistungen zu
zahlen ist. Differenzkindergeld ist nach Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der
VO Nr. 883/2004 jedoch nicht zu zahlen, wenn der Kindergeldanspruch
in Deutschland ausschließlich durch den Wohnort
ausgelöst wird; ob dies hier zutrifft, braucht der Senat nicht
zu entscheiden, da die Familienkasse im Streitfall
Differenzkindergeld gezahlt hat.
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dd) Soweit der Kläger auf das EuGH-Urteil
Wiering (EU:C:2014:300, Rz 54 ff., ZESAR 2015, 113) hinweist, kann
der Senat die Frage offen lassen, ob die dort ausgeführten
Grundsätze zur Gleichartigkeit der Leistungen bei der
Auslegung der alten Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom
14.6.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen
Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren
Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und
abwandern (VO Nr. 1408/71) i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Verordnung
(EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21.3.1972 über die
Durchführung der VO Nr. 1408/71 über die Anwendung der
Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und
Selbständige sowie deren Familienangehörige, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern auch auf die neue
Verordnung Nr. 883/2004 Anwendung finden (für eine Anwendung
FG Münster, Urteil vom 5.8.2016 - 4 K 3544/15 (Kg), Rz 31 =
SIS 16 20 45; a.A. Fuchs, Zeitschrift für Sozialrecht 2015,
121, 126; vgl. Helmke in Helmke/Bauer, a.a.O., Fach D VO Nr.
883/2004, Rz 40). Denn die vom FG getroffenen Feststellungen, die
für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, reichen
aus, um die Vergleichbarkeit der Leistungen des deutschen
Kindergeldes und der Familienbeihilfe 500+ auch nach den
europarechtlichen Grundsätzen zu bejahen.
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(1) Unter Familienleistungen, die in Art. 1
Buchst. z der VO Nr. 883/2004 als Sach- oder Geldleistungen zum
Ausgleich von Familienlasten definiert werden, sind nach der
ständigen Rechtsprechung des EuGH staatliche Beiträge zum
Familienbudget zu verstehen, welche die Kosten für den
Unterhalt von Kindern verringern. Dadurch soll das Familienbudget
entlastet und der Lebensstandard der Familie verbessert werden.
Familienleistungen sollen dazu dienen, Arbeitnehmer mit
Familienlasten dadurch sozial zu unterstützen, dass sich die
Allgemeinheit an diesen Lasten beteiligt (EuGH-Urteile Offermanns
vom 15.3.2001 - C-85/99, EU:C:2001:166, und Maaheimo vom 7.11.2002
- C-333/00, EU:C:2002:641, jeweils m.w.N.; Senatsurteil vom
17.4.2008 - III R 36/05, BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921 = SIS 08 28 83, Rz 23).
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(2) Von Familienleistungen gleicher Art ist
auszugehen, wenn ihr Sinn und Zweck sowie ihre Berechnungsgrundlage
und die Voraussetzungen für ihre Gewährung
übereinstimmen (EuGH-Urteil Wiering, EU:C:2014:300, Rz 54).
Dabei hat der EuGH ausdrücklich klargestellt, dass angesichts
der zahlreichen Unterschiede zwischen den nationalen Systemen der
sozialen Sicherheit nicht verlangt werden darf, dass die
Berechnungsgrundlagen und die Voraussetzungen für die
Leistungsgewährung völlig gleich sein müssten
(EuGH-Urteil Wiering, EU:C:2014:300, Rz 55).
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Nach diesen Grundsätzen liegt eine
Vergleichbarkeit der hier gewährten Familienleistungen
vor.
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(a) Das trifft zunächst für den Sinn
und Zweck der inländischen und ausländischen
Familienleistung zu.
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Das FG hat zum einen zu Recht festgestellt,
dass dem Kindergeld nach § 31 EStG eine Doppelfunktion
zukommt. Es dient gemäß § 31 Satz 1 EStG der
verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Freistellung des
Existenzminimums des Kindes einschließlich des Bedarfs
für Betreuung und Erziehung und Ausbildung und, soweit das
Kindergeld hierfür nicht erforderlich ist, nach § 31 Satz
2 EStG der sozialrechtlichen Förderung der Familie (vgl.
hierzu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8.6.2004 - 2 BvL
5/00, BVerfGE 110, 412 = SIS 04 36 31, BGBl I 2004, 2570, unter
C.II.1. am Ende; Senatsbeschluss vom 14.8.2012 - III B 58/12,
BFH/NV 2012, 1977 = SIS 12 29 92, Rz 9).
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Das FG hat zum anderen ausgehend vom Inhalt
des polnischen Gesetzes über staatliche Beihilfen zur
Kindererziehung vom 17.2.2016 (Art. 4) sowohl nach der von der
Familienkasse vorgelegten als auch der vom Kläger vorgelegten
Übersetzung ausgeführt, dass das Gesetz die teilweise
Deckung der Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Erziehung des
Kindes einschließlich der Betreuung des Kindes und der
Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse entstehen, bezwecke.
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(b) Es liegt auch eine ausreichende
Vergleichbarkeit hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen vor.
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Sowohl bei dem deutschen Kindergeld als auch
bei der polnischen Familienleistung 500+ handelt es sich um
regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich
nach Maßgabe der Zahl und des Alters der Kinder gewährt
werden. Das FG hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass die
polnische Familienleistung - ebenso wie das deutsche Kindergeld -
nicht den Ausgleich eines Verdienstausfalls bezweckt.
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(c) Soweit der Kläger geltend macht, das
FG hätte es verfahrensfehlerhaft unterlassen, eine amtliche
Übersetzung des Gesetzes einzuholen, hat die Rüge keinen
Erfolg. Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO sind, soweit
Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen zu
bezeichnen, die den Mangel ergeben. Eine Verfahrensrüge
genügt diesen Anforderungen nur, wenn der Revisionskläger
schlüssig Tatsachen bezeichnet, aus denen sich ergibt, dass
ein Verfahrensmangel vorliegt, und darlegt, dass das angefochtene
Urteil auf ihm beruhen kann (vgl. Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 120 FGO Rz 201, m.w.N.). Wird
ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76
FGO) mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne
entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter
aufklären müssen, so ist genau anzugeben, welchen
vorgetragenen Tatsachen das FG auch ohne Beweisantritt hätte
nachgehen müssen, welche Beweismittel sich dem FG hätten
aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen
Tatsachen sich aus diesen Beweismitteln für den festgestellten
Sachverhalt ergeben hätten und inwiefern das angefochtene
Urteil auf der unterlassenen Sachaufklärung beruhen kann
(Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.10.1994 - IV R
70/93, BFH/NV 1995, 529, Rz 9).
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35
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Im Streitfall wird die Verfahrensrüge
diesen Anforderungen nicht gerecht. Das FG war aufgrund der
vorgelegten Übersetzungen nicht gehalten, den Sachverhalt
weiter aufzuklären. Die Feststellungen waren ausreichend, um
die Vergleichbarkeit der Leistungen zu überprüfen. Selbst
der Kläger hat in seiner Revisionsbegründung auf Art. 4
Nr. 1 des polnischen Gesetzes hingewiesen, nach dem „durch
das Erziehungsgeld … die Kosten der Kindererziehung und die
Kosten für die häusliche Betreuung des Kindes abgedeckt
werden“ sollen.
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3. Das FG hat im Ergebnis auch zu Recht die
Befugnis der Familienkasse zur Änderung des Bescheids vom
23.6.2016 bejaht. Soweit die Familienkasse eine falsche
Änderungsnorm (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) in dem streitigen
Bescheid angegeben hat, ist dies unschädlich.
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a) Der Senat ist nach ständiger
Rechtsprechung des BFH berechtigt, bei Prüfung der
Rechtmäßigkeit eines Änderungsbescheids die von der
Behörde in dem Bescheid als Korrekturnorm herangezogene
Vorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gegen eine andere
Rechtsgrundlage auszutauschen (BFH-Urteil vom 12.6.2018 - VIII R
38/14, BFH/NV 2018, 1141 = SIS 18 14 34, Rz 33, m.w.N.).
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38
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b) Der Festsetzungsbescheid vom 23.6.2016
konnte nach § 70 Abs. 2 EStG geändert werden.
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39
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aa) Diese Vorschrift betrifft
grundsätzlich den Fall, dass eine ursprünglich
rechtmäßige Festsetzung durch Änderung der für
den Bestand des Kindergeldanspruchs maßgeblichen
Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes
nachträglich unrichtig wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom
17.12.2014 - XI R 15/12, BFHE 248, 188, BStBl II 2016, 100 = SIS 15 03 04, Rz 18, m.w.N.).
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bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall
erfüllt.
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Wegen der die Familienkasse für den
Streitzeitraum bindenden Mitteilung der ausländischen
Behörde über die Gewährung der polnischen
Familienleistung 500+ ist eine Änderung der tatsächlichen
Verhältnisse eingetreten, durch die die ursprünglich
rechtmäßig erfolgte Kindergeldfestsetzung
nachträglich unrichtig geworden ist. Denn die polnische
Familienleistung musste auf die deutsche Familienleistung
angerechnet werden (s.o. Punkt 2.).
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42
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(1) Im Unterschied zu § 65 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG (vgl. hierzu Senatsurteil in BFHE 242, 34, BStBl II
2014, 711 = SIS 13 25 79) wird die Familienkasse bei der
Prüfung der Koordinierungsregel des Art. 68 der VO Nr.
883/2004 nicht verpflichtet, eine eigene Entscheidung darüber
zu treffen, ob für ein Kind ein Anspruch auf Gewährung
dem Kindergeld vergleichbarer Leistungen nach ausländischem
Recht bestehen könnte (Senatsurteil in BFHE 261, 214, BStBl II
2018, 717 = SIS 18 09 61, Rz 20, m.w.N.). Insoweit ist bei der
Prüfung des Art. 68 der VO Nr. 883/2004 vorrangig das auf dem
Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten
basierende Koordinierungsverfahren (dazu insbesondere Art. 60 Abs.
3 der VO Nr. 883/2004 und Art. 59 f. der Verordnung (EG) Nr.
987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die
Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABlEU 2009 Nr. L
284, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen
Fassung - VO Nr. 987/2009 (Durchführungsverordnung) - zwischen
den jeweils zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten
durchzuführen (im Einzelnen Senatsurteil in BFHE 259, 98,
BStBl II 2017, 1237 = SIS 17 18 95, Rz 18 ff.).
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43
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Schon seit der Vorgängerregelung zu Art.
68 der VO Nr. 883/2004 (Art. 76 der VO Nr. 1408/71) werden bei der
Frage, ob ein dem Kindergeld vergleichbarer Anspruch auf
ausländische Familienleistungen besteht, in allen
Mitgliedstaaten entsprechende Vordrucke der EU verwendet (vgl.
Beschluss Nr. 147 der Verwaltungskommission vom 10.10.1990,
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 235/21 vom
23.8.1991 zum Papiervordruck E 411; bzw. nach den Art. 1 Abs. 2
Buchst. d und Art. 2 ff. der VO Nr. 987/2009, z.B. den Vordruck
F003 im Rahmen des strukturierten elektronischen Dokuments). Die
Formulare dienen der Überprüfung, ob ein Zusammentreffen
von Familienleistungen vorliegt und sind grundsätzlich
verbindlich (vgl. Art. 5 der VO Nr. 987/2009). Der Grundsatz der
vertrauensvollen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 des Vertrags
über die Europäische Union (ABlEU 2012, Nr. C 326)
verpflichtet den ausstellenden Träger, den Sachverhalt, der
für den Inhalt seiner Erklärung nach seinen eigenen
Rechtsvorschriften maßgebend ist, ordnungsgemäß zu
beurteilen und damit die Richtigkeit der in der Bescheinigung
aufgeführten Angaben zu gewährleisten (vgl. EuGH-Urteile
Herbosch Kiere vom 26.01.2006 - C-2/05, EU:C:2006:69, Rz 22,
m.w.N.; Kommission/Belgien vom 11.7.2018 - C-356/15, EU:C:2018:555,
Rz 86). Damit verfolgen die entsprechenden Vordrucke über
entsprechende ausländische Familienleistungen auch den Zweck,
die Träger der Mitgliedstaaten, die die Anwendbarkeit der in
Art. 68 der VO Nr. 883/2004 getroffenen Koordinierungsregelung
überprüfen, von der Verpflichtung und Berechtigung zu
entheben, die Frage nach dem tatsächlichen Bestehen eines
materiellen Anspruchs im anderen Mitgliedstaat zu beantworten
(Senatsurteil in BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237 = SIS 17 18 95,
Rz 20). Insoweit hat die Entscheidung einer ausländischen
Behörde über das Bestehen eines Anspruchs auf
Familienleistungen nach nationalem Recht Bindungswirkung mit der
Folge, dass diese ohne eine weitere Überprüfung bei der
Kindergeldfestsetzung und -aufhebung zu berücksichtigen ist
(Senatsurteil in BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237 = SIS 17 18 95,
Rz 20).
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44
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(2) Hat eine Entscheidung einer Behörde
im EU-Ausland über das Bestehen ausländischer
Familienleistungen Bindungswirkung, so stellt die Mitteilung dieser
Entscheidung eine nachträgliche Änderung der
Verhältnisse i.S. des § 70 Abs. 2 EStG dar. Insoweit
haben sich die Verhältnisse gegenüber denen, die der
ursprünglichen Festsetzung zugrunde lagen, in erheblicher
Weise i.S. des § 70 Abs. 2 EStG geändert.
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45
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Es liegt auch keine geänderte
Rechtsauffassung der Familienkasse vor, die nicht zu einer
Änderung der bestandskräftigen Festsetzung
gemäß § 70 Abs. 2 EStG berechtigen würde
(Senatsurteil vom 28.6.2006 - III R 13/06, BFHE 214, 287, BStBl II
2007, 714 = SIS 06 38 92). Die Familienkasse, ist - wie oben
dargestellt - von der Verpflichtung und Berechtigung enthoben, die
Frage nach dem tatsächlichen Bestehen eines materiellen
Anspruchs im anderen Mitgliedstaat zu beantworten. Die
Familienkasse hat daher das Recht nicht von Anfang an fehlerhaft
angewandt.
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cc) Bei einer für den Kindergeldanspruch
wesentlichen Änderung der Verhältnisse ist die
Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 Abs. 2 EStG vom
Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben. Da
nach der Mitteilung der ausländischen Behörde der
Kläger für den gesamten Streitzeitraum die polnische
Familienleistung 500+ erhalten hat, war die insoweit erfolgte
rückwirkende Änderung rechtmäßig. Die
Familienkasse hat keinen Ermessensspielraum. Auf eine etwaige
Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch die Familienkasse kommt
es nicht an (BFH-Urteile in BFHE 248, 188, BStBl II 2016, 100 = SIS 15 03 04, Rz 22; vom 25.7.2001 - VI R 18/99, BFHE 196, 260, BStBl
II 2002, 81 = SIS 01 14 41, Rz 16; Senatsurteil vom 20.11.2008 -
III R 53/05, BFH/NV 2009, 564 = SIS 09 08 96, Rz 26).
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4. Da aufgrund der rechtmäßigen
Änderung der Kindergeldfestsetzung der rechtliche Grund
für die Zahlung des Kindergeldes in Höhe der polnischen
Familienleistung 500+ weggefallen war, konnte die Familienkasse
gemäß § 37 Abs. 2 AO das danach zu viel gezahlte
Kindergeld in Höhe von 2.122,38 EUR zurückfordern.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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