Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil
des Hessischen Finanzgerichts vom 01.03.2018 - 3 K 1574/14
hinsichtlich der Sachentscheidung insoweit aufgehoben, als darin
der Klägerin für die Monate Dezember 2010 bis August 2011
und September bis Oktober 2012 ein Kindergeldanspruch zuerkannt
wurde. Hinsichtlich der Kostenentscheidung wird das Urteil in
vollem Umfang aufgehoben.
Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht
zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des gesamten Verfahrens übertragen.
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I. Streitig ist im Revisionsverfahren noch
der Kindergeldanspruch für die Monate Dezember 2010 bis August
2011 sowie für die Monate September bis Oktober 2012.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine polnische Staatsangehörige, die im
Streitzeitraum im Inland wohnte. Sie ist die Mutter einer im Mai
1991 geborenen Tochter J. Vom Kindsvater, der ebenfalls die
polnische Staatsangehörigkeit besitzt, jedoch im
Streitzeitraum in Polen wohnte, ist die Klägerin seit Januar
2006 geschieden. Im Scheidungsurteil wurde festgelegt, dass die
„Ausführung der Elternpflicht“ über J der
Klägerin zugeteilt wird.
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Ab November 2005 war die Klägerin in
der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Altenpflegerin
selbständig tätig. Wegen eines 2007 erlittenen
Arbeitsunfalls erhielt sie ab 01.11.2011 eine private
Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 508,64 EUR,
die im August 2017 enden sollte. Ab dem 01.11.2012 erhielt die
Klägerin eine bis 31.12.2014 befristete staatliche Rente wegen
voller Erwerbsminderung in Höhe von zunächst 21,74 EUR.
Zeitweise bezog sie auch Arbeitslosengeld II.
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J wurde von 2009 bis November 2010 vom
Jobcenter mit dem Ziel „Aktivierung zur Arbeitssuche“
betreut. Im November 2010 meldete sie sich in Polen bei einer
Realschule an, bei der sie im März 2011 mit dem
Unterrichtsbesuch begann und im September 2014 die
Abiturprüfung ablegte.
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Die Familienkasse B gewährte der
Klägerin bis einschließlich November 2010
Kindergeld.
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Aufgrund eines neuen Kindergeldantrags der
Klägerin vom 26.09.2011 richtete die Familienkasse B zur
Klärung ihrer Zuständigkeit am 12.10.2011 ein
entsprechendes Auskunftsersuchen (Vordruck Nr. F001) an die
Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der
sozialen Sicherheit in Polen (DOPS). Die DOPS antwortete hierauf
mit Schreiben vom 28.05.2012 und dem entsprechenden Vordruck (Nr.
F002, abgefasst in polnischer Sprache). Die Familienkasse
überprüfte die Angaben der DOPS und machte auf Seite 2
des Vordrucks handschriftlich folgende Anmerkung: „Seit
01.09.2011 werden keine Leistungen bezogen. Herr S… arbeitet
seit 14.12.2010 nicht mehr in Polen.“
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Mit Bescheid vom 23.07.2012 bewilligte die
Familienkasse B der Klägerin Kindergeld ab September 2011. Mit
ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin
geltend, dass sich J nicht erst seit September 2011, sondern
bereits seit März 2011 in Ausbildung befinde. Die inzwischen
zuständig gewordene Beklagte und Revisionsklägerin
(Familienkasse) verwarf diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung
vom 16.07.2014 als unzulässig und verwies zur Begründung
im Wesentlichen auf eine mangelnde Beschwer.
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Mit weiterem Bescheid vom 10.08.2012 lehnte
die Familienkasse B eine Kindergeldfestsetzung für den
Zeitraum Dezember 2010 bis August 2011 ab und hob die
Kindergeldfestsetzung ab September 2012 auf. Den hiergegen
gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit weiterer
Einspruchsentscheidung vom 16.07.2014 als unbegründet
zurück. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen
darauf, dass nach europäischen Koordinierungsregelungen ein
Anspruch auf deutsches (Differenz-)Kindergeld ausgeschlossen sei,
da beide Elternteile weder eine Erwerbstätigkeit ausübten
noch eine Rente bezögen und deshalb ein Anspruch auf
Familienleistungen nur im Wohnsitzland des Kindes, also Polen,
bestehe.
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Die Klägerin erhob gegen die Bescheide
vom 23.07.2012 und 10.08.2012 in Gestalt der
Einspruchsentscheidungen vom 16.07.2014 Klage. Im Laufe des
Klageverfahrens setzte die Familienkasse durch Bescheid vom
12.01.2015 Kindergeld für die Monate November 2012 bis Juli
2014 fest.
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Das Finanzgericht (FG) hob den
Ablehnungsbescheid vom 10.08.2012 und die dazugehörige
Einspruchsentscheidung vom 16.07.2014 hinsichtlich der Monate
Dezember 2010 bis August 2011 auf und verpflichtete die
Familienkasse, für diese Monate zugunsten der Klägerin
Kindergeld in der vollen gesetzlichen Höhe
festzusetzen.
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Ebenso hob das FG den Aufhebungsbescheid
vom 10.08.2012 und die dazugehörige Einspruchsentscheidung vom
16.07.2014 hinsichtlich der Monate September bis Oktober 2012
auf.
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Im Übrigen wurde die Klage
abgewiesen.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision
rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen
Rechts.
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Die Familienkasse beantragt,
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das angefochtene Urteil insoweit
aufzuheben, als dieses den Bescheid vom 10.08.2012 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 16.07.2014 und des
Änderungsbescheids vom 12.01.2015 hinsichtlich der Ablehnung
einer Kindergeldfestsetzung für die Monate Dezember 2010 bis
August 2011 sowie hinsichtlich der Aufhebung der
Kindergeldfestsetzung für die Monate September bis Oktober
2012 aufgehoben und die Familienkasse verpflichtet hat, für
die Monate Dezember 2010 bis August 2011 zugunsten der
Klägerin Kindergeld in voller gesetzlicher Höhe
festzusetzen und auch insoweit die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision der Familienkasse ist
begründet. Sie führt, soweit das FG der Klägerin
für die Monate Dezember 2010 bis August 2011 und September bis
Oktober 2012 einen Kindergeldanspruch zuerkannt hat, zur Aufhebung
des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der
Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Auf Grundlage der getroffenen
Feststellungen kann der erkennende Senat nicht abschließend
prüfen, ob das FG zu Recht davon ausgegangen ist, dass es an
einem den inländischen Kindergeldanspruch
ausschließenden oder beschränkenden
Familienleistungsanspruch der Klägerin in Polen fehle.
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1. Zutreffend ist das FG zunächst davon
ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen für
einen Kindergeldanspruch in Deutschland erfüllt.
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Die Klägerin hatte nach den
Feststellungen des FG im Streitzeitraum einen Wohnsitz im Inland
(§ 62 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in der
im Streitzeitraum geltenden Fassung) und unterlag als
Staatsangehörige Polens nicht den einschränkenden
Regelungen des § 62 Abs. 2 EStG für nicht
freizügigkeitsberechtigte Ausländer.
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J ist als leibliches Kind der Klägerin
nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1
EStG berücksichtigungsfähig und hatte nach den
Feststellungen des FG zunächst bis Februar 2011 einen Wohnsitz
im Inland und ab März 2011 in einem Mitgliedstaat der
Europäischen Union - EU - (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG),
nämlich in Polen. Ferner erfüllte J auch die besonderen
Berücksichtigungsvoraussetzungen für volljährige
Kinder, da sie sich nach den nicht mit zulässigen und
begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen
des FG ab November 2010 ernsthaft um einen Ausbildungsplatz
bemühte (§ 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz
1 Nr. 2 Buchst. c EStG) und ab März 2011 diese Ausbildung an
einer Realschule für Erwachsene auch durchführte (§
63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
EStG).
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2. Zu Recht ist das FG weiter davon
ausgegangen, dass bei der Anwendung der §§ 62 ff. EStG
die Regeln des europäischen Sozialrechts zu beachten sind,
weil der Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der
Europäischen Union - ABlEU - 2004 Nr. L 166, S. 1) in der
für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (VO Nr.
883/2004 - Grundverordnung - ) eröffnet ist. Im Streitfall ist
der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 883/2004
eröffnet, da die Klägerin und der Kindsvater als
polnische Staatsangehörige nach Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 883/2004
von diesem erfasst werden. Zudem fällt das deutsche Kindergeld
nach Art. 3 Buchst. j i.V.m. Art. 1 Buchst. z VO Nr. 883/2004 unter
den sachlichen Geltungsbereich der VO Nr. 883/2004 (Senatsurteil
vom 26.07.2017 - III R 18/16, BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237 =
SIS 17 18 95, Rz 13).
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3. Zu Unrecht hat das FG hingegen angenommen,
dass auf die Klägerin ausschließlich deutsches Recht
Anwendung findet.
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a) Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 bestimmt als
Grundsatz, dass Personen, für die diese Verordnung gilt, den
Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen. Die
Klägerin unterliegt gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. e
VO Nr. 883/2004 den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats
Deutschland, da sie nach den Feststellungen des FG im
Streitzeitraum weder eine Erwerbstätigkeit ausgeübt (Art.
11 Abs. 3 Buchst. a und b VO Nr. 883/2004) noch Leistungen bei
Arbeitslosigkeit (Art. 11 Abs. 3 Buchst. c VO Nr. 883/2004)
erhalten hat. Der Kindsvater unterlag nach den Feststellungen des
FG jedenfalls aufgrund seines Wohnsitzes den Rechtsvorschriften des
Mitgliedstaats Polen, da er im Streitzeitraum ebenfalls keiner
Erwerbstätigkeit nachging.
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b) Allerdings gilt für den Bereich der
Familienleistungen die Sonderregelung des Art. 67 Satz 1 VO Nr.
883/2004. Danach hat eine Person auch für
Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen,
Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des
zuständigen Mitgliedstaats, als ob die
Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen
würden. Der zur Anwendung dieser Bestimmung erlassene Art. 60
Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten
für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
(ABlEU 2009 Nr. L 284, S. 1) in der für den Streitzeitraum
maßgeblichen Fassung (VO Nr. 987/2009 -
Durchführungsverordnung - ) enthält zudem eine
Familienbetrachtung. Danach ist insbesondere was das Recht einer
Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die
Situation der gesamten Familie in einer Weise zu
berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen
unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen
und dort wohnen. Diese Bestimmung ist nach dem Urteil des
Gerichtshofs der Europäischen Union Moser vom 18.09.2019 -
C-32/18 (EU:C:2019:752 = SIS 19 16 83, Leitsatz 1 und Rz 45 ff.)
dahin auszulegen, dass sie sowohl in dem Fall Anwendung findet,
dass die Leistung gemäß den als vorrangig bestimmten
Rechtsvorschriften gewährt wird, als auch in jenem Fall, dass
sie nach den Rechtsvorschriften eines nachrangig zuständigen
Mitgliedstaats in Form eines Unterschiedsbetrags ausbezahlt wird
(Senatsurteil vom 01.07.2020 - III R 22/19, BFHE 269, 320, BFH/NV
2021, 134 = SIS 20 16 09, Rz 14). Es ist demnach entgegen der
Annahme des FG nicht nur zu fingieren, dass die Klägerin in
Polen wohnt, sondern auch dass sie - wie der Kindsvater - den
Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats Polen unterfällt.
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4. Unter Berücksichtigung dieser Fiktion
ist das FG auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen
ferner zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Anspruchskonkurrenz
durch § 65 EStG geregelt wird.
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a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die
Anspruchskonkurrenz zwischen dem deutschen Kindergeldanspruch und
der ausländischen Familienleistung nach Art. 68 VO Nr.
883/2004 aufzulösen, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren
persönlicher und sachlicher Geltungsbereich eröffnet ist;
diese Prioritätsregelung ist gegenüber § 65 EStG
grundsätzlich vorrangig (Senatsurteile vom 13.04.2016 - III R
34/15, BFH/NV 2016, 1465 = SIS 16 18 99, Rz 12, m.w.N., und in BFHE
259, 98, BStBl II 2017, 1237 = SIS 17 18 95, Rz 11).
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b) Entgegen der Annahme des FG ist auch nicht
ausgeschlossen, dass es i.S. des Art. 68 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 zu
einem Zusammentreffen von Leistungen für denselben Zeitraum
und für denselben Familienangehörigen (J) nach den
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Deutschland und Polen kommen
kann.
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aa) Was den Familienleistungsanspruch des
Kindsvaters in Polen anbelangt, hat das FG zunächst nicht
beachtet, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des deutschen
Gerichts ist, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach
ausländischem Recht zu beurteilen, wenn hierüber bereits
eine Bescheinigung einer Behörde im EU-Ausland vorliegt, der
nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit
Bindungswirkung für die nationalen Behörden und Gerichte
zukommt (s. im Einzelnen Senatsurteile in BFHE 259, 98, BStBl II
2017, 1237 = SIS 17 18 95, Rz 17 ff., m.w.N.; vom 22.02.2018 - III
R 10/17, BFHE 261, 214, BStBl II 2018, 717 = SIS 18 09 61, Rz 24
f., und vom 25.07.2019 - III R 34/18, BFHE 265, 487 = SIS 19 18 53,
Rz 42 f.). Insoweit hat das FG zwar festgestellt, dass die DOPS
unter dem Datum 28.05.2012 eine auf dem Vordruck Nr. F002 erstellte
Bescheinigung übersandt hat. Der genaue Inhalt der
Bescheinigung lässt sich aus den Entscheidungsgründen
jedoch nicht entnehmen. Vielmehr beschränken sich die
Feststellungen auf eine darauf von der Familienkasse angebrachte
Anmerkung. Zudem ist zweifelhaft, ob die betreffende Bescheinigung
den vorliegend zu beurteilenden Streitzeitraum abdeckt. Sollte die
Bescheinigung - entsprechend dem handschriftlichen Vermerk der
Familienkasse - bestätigen, dass der Kindsvater seit
01.09.2011 keine Familienleistungen in Polen bezog, beträfe
diese Feststellung nicht den hier zu beurteilenden Streitzeitraum
Dezember 2010 bis August 2011. Und da die Bescheinigung nach
Feststellungen des FG am 28.05.2012 ausgestellt wurde, könnte
sie auch keine Aussage zu dem erst zeitlich später liegenden
Streitzeitraum September bis Oktober 2012 treffen, in dem sich die
maßgeblichen Verhältnisse möglicherweise bereits
wieder geändert haben könnten.
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bb) Was einen Familienleistungsanspruch der
Klägerin in Polen anbelangt, hat das FG bislang nicht
festgestellt, ob ein solcher besteht. Es hat zwar in den Raum
gestellt, dass der Klägerin als sorgeberechtigtem Elternteil
ein solcher Anspruch nach polnischem Recht zustehen könnte.
Weitere Ermittlungen hierzu hat es aber auf der Grundlage der
unzutreffenden Annahme der ausschließlichen Anwendbarkeit
deutschen Rechts unterlassen. Es wäre daher zunächst zu
klären, ob und in welchem Umfang - bei fiktiver Annahme der
Anwendbarkeit polnischen Rechts - dort ein Anspruch der
Klägerin auf Familienleistungen für J bestand. Insofern
wäre auch zu berücksichtigen, dass die von der
Klägerin in Deutschland gestellten Kindergeldanträge -
nach den Feststellungen des FG datierend vom 26.09.2011 und
01.03.2012 - gemäß Art. 68 Abs. 3 Buchst. b VO Nr.
883/2004 von den polnischen Behörden so zu behandeln
wären, als ob sie direkt bei ihnen gestellt worden wären;
der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt
als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig
zuständig ist.
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c) Sollten diese im zweiten Rechtsgang
nachzuholenden Ermittlungen ergeben, dass ein Anspruch des
Kindsvaters oder der Klägerin in Polen bestand, wäre im
Hinblick auf die Anwendung der Prioritätsregel des Art. 68 VO
Nr. 883/2004 noch genauer festzustellen, woraus sich die
Zuständigkeit Polens für den Kindsvater und daraus
abgeleitet die Zuständigkeit Polens für die Kindsmutter
ergibt.
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Denn für den Fall, dass der Kindsvater
nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit z.B. Kranken- oder
Arbeitslosengeld bezogen hätte, wäre die
Zuständigkeit Polens gemäß dem Beschluss Nr. F1 der
Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der
sozialen Sicherheit Europäische Gemeinschaft vom 12.06.2009
durch eine Beschäftigung begründet. Dies hätte zur
Folge, dass auch der Anspruch in Polen als durch die
Beschäftigung ausgelöst anzusehen wäre (Senatsurteil
in BFHE 269, 320, BFH/NV 2021, 134 = SIS 20 16 09, Rz 18, m.w.N.).
In diesem Fall wäre der Anspruch in Polen gegenüber dem
nur durch den Wohnort ausgelösten Anspruch in Deutschland nach
Art. 68 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 883/2004 vorrangig und ein
Differenzkindergeldanspruch in Deutschland ausgeschlossen (Art. 68
Abs. 2 Satz 3 VO Nr. 883/2004).
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Wäre der Anspruch in Polen dagegen nur
durch den Wohnort des Kindsvaters ausgelöst, wäre dieser
gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Dreifachbuchst. iii VO
Nr. 883/2004 für die Monate Dezember 2010 bis Februar 2011
nachrangig, da J in diesem Zeitraum ihren Wohnsitz in Deutschland
hatte. Für die Monate März bis August 2011 und September
bis Oktober 2012 wäre hingegen der Anspruch in Polen
vorrangig, da J in diesen Zeiträumen in Polen wohnte. Ein
Differenzkindergeldanspruch in Deutschland würde für die
Monate März bis August 2011 und September bis Oktober 2012
gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 3 VO Nr. 883/2004
ausscheiden.
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5. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb
an das FG zurückzuverweisen, damit das FG die erforderlichen
Feststellungen nachholt.
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6. Die Kostenentscheidung wird
gemäß § 143 Abs. 2 FGO auf das FG übertragen;
dies gilt auch insoweit, als das Verfahren durch den
klageabweisenden Teil des FG-Urteils bereits rechtskräftig
abgeschlossen ist. Dies folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit
der Kostenentscheidung (z.B. Senatsurteil vom 17.03.2020 - III R
31/19, BFH/NV 2021, 38 = SIS 20 16 68, Rz 29, m.w.N.).
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