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Umsatzsteuerfreie Unterrichtsleistungen

Umsatzsteuerfreie Unterrichtsleistungen: Ein für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages tätiger Dozent ist mit seinen Führungen und Vorträgen zwar nicht nach nationalem Recht, aber nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerfrei. - Urt.; BFH 10.8.2016, V R 38/15; SIS 16 21 07

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 10.08.2016, V R 38/15 (ECLI:DE:BFH:2016:U.100816.VR38.15.0)
    DStR 2016 S. 2459
    BFHE 254 S. 448
    BFH/NV 2016 S. 1864

    Anmerkungen:
    -/- in NWB 42/2016 S. 3139
    M. Brill in DStZ 24/2016 S. 947
    B. Fleckenstein-Weiland/F. Stiehr in BB 7/2017 S. 348
    J.H. in StuB 20/2016 S. 799
    T. Meurer in MwStR 22/2016 S. 914
    W. Tausch in UVR 1/2017 S. 3
    Ch. Wäger in BFH/PR 1/2017 S. 31
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i
[RL 2006/112/EG] Art. 132 Abs. 1 Buchst. i
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 01.10.2015, SIS 15 26 97, Steuerfreiheit, Lehrtätigkeit, Dozent
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 14.8.2019, SIS 20 08 08, Nicht im Rahmen des regulären Unterrichts in der Freizeit der Schüler an Schulen durchgeführte Gewaltpräv...
  • FG Berlin-Brandenburg 8.5.2019, SIS 19 10 72, Nachweis der Existenz von Schwester-Personengesellschaften zur mehrfachen Inanspruchnahme der umsatzsteue...
  • BFH 27.3.2019, SIS 19 05 53, EuGH-Vorlage zur Schwimmschule: Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Voraben...
  • FG Hamburg 14.12.2018, SIS 19 01 15, EuGH-Vorlage, Umsatzsteuerfreiheit von Surf- und Segelkursen nach der MwStSystRL: 1. Die Durchführung von...
  • FG Münster 8.10.2018, SIS 18 20 15, Frage der Steuerbefreiung der Umsätze aus Tätigkeit als Gästeführer in einem Stiftungsmuseum: Im Streitfa...
  • FG München 13.9.2018, SIS 18 17 90, Steuerfreiheit für Schwimmschulen, Unterrichtserteilung durch die Gesellschafter einer GbR: 1. Umsätze ei...
  • FG Baden-Württemberg 14.6.2018, SIS 18 11 16, Schwimmkurse einer privaten Schwimmlehrerin für Kinder von ein bis drei Jahren umsatzsteuerfrei, Säugling...
  • BVerwG 16.11.2017, SIS 17 26 29, Anforderungen an die erforderliche Eignung von Nachhilfelehrkräften, USt-Befreiung: Die zuständige Landes...
  • BVerwG 27.4.2017, SIS 17 18 21, Umsatzsteuer-Befreiung für eine Schüler-Nachhilfeeinrichtung, Frage der notwendigen Qualifikation der Leh...
  • BVerwG 27.4.2017, SIS 17 16 01, Anforderungen an die erforderliche Eignung von Nachhilfelehrkräften: 1. Nachhilfeunterricht kann im Sinne...
  • BFH 29.3.2017, SIS 17 09 89, Zur Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen an einen sogenannten Lotsendienst für Gründungswillige: Leistung...
  • BFH 16.3.2017, SIS 17 12 71, Fahrschulunterricht als steuerfreier Schulunterricht?: Der Senat legt dem EuGH folgende Fragen zur Vorabe...
  • Niedersächsisches FG 14.12.2016, SIS 17 09 78, Steuerfreie Schul- und Hochschulunterrichtsleistungen durch Privatlehrer: 1. Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a bb...
Fachaufsätze
  • LIT 03 29 86 -/-, MwStR 21/2016 S. 854: Umsatzsteuerfreie Unterrichtsleistungen - Lit.; -/-, MwStR 21/2016 S. 854; UStG § 4; BFH v. 10.8.2016 - V...

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 1.10.2015 7 K 7002/13 = SIS 15 26 97 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erbrachte in den Jahren 2003 bis 2010 (Streitjahre) Dozentenleistungen für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages aufgrund von Rahmenverträgen, die er mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, dieser vertreten durch den Direktor beim Deutschen Bundestag, schloss.

 

 

2

Der Kläger hatte dabei in einer Vielzahl alters- und zielgruppengerechter Veranstaltungen staatspolitische und historische Themen zu präsentieren. Die Veranstaltungen sollten die Ausbildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ergänzen und vervollständigen und dabei Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln, die im Rahmen der Lehrpläne für Geschichte und Sozialkunde von Bedeutung sind. In seinen Vorträgen und Führungen informierte der Kläger die Besucher vor allem über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Zielgruppe dieser Veranstaltungen waren im Wesentlichen Schüler, die im Rahmen staatlich bezuschusster Bildungsfahrten den Bundestag besuchten, wobei die Teilnahme an den Informations- und Bildungsveranstaltungen Voraussetzung für die finanzielle Förderung war. Studenten an Hoch- und Fachhochschulen konnten im Hinblick auf ihre Studienpläne spezifische Fragen stellen. Die vermittelten Sachverhalte waren Inhalt späterer Prüfungen und wissenschaftlicher Arbeiten. Teilnehmer waren auch Bundeswehrangehörige, Lehrer oder Ausbilder aus dem Bereich der politischen Bildung. Ein Schwerpunkt war die Durchführung von ein- oder mehrtägigen Planspielen für Schüler der 12. und 13. Jahrgangsstufe, die den Gesetzgebungsprozess simulieren und den Teilnehmern neben inhaltlichen und prozeduralen Kenntnissen ein vertieftes Verständnis von Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltung im parlamentarischen System vermitteln sollten. Es sollten zudem klassische Arbeitstechniken (Textarbeit, freies Reden, Diskussionen) geschult und ein dauerhaftes Interesse an politischen Prozessen geweckt werden. Der Kläger hatte sich dabei mit den begleitenden Fachlehrern abzustimmen, um eine Integration in die jeweiligen Lehrpläne zu gewährleisten.

 

 

3

Überdies war es Aufgabe des Klägers, Parlamentsseminare durchzuführen, in denen Schüler von 12. und 13. Klassen, Studenten, aber auch Auszubildende im öffentlichen Dienst konkrete politische Fragestellungen mit Fachpolitikern aller Fraktionen erörtern konnten. Diese Parlamentsseminare wurden von den entsendenden Bildungsträgern und Institutionen genutzt, um lehrplanrelevante Inhalte fundiert von verschiedenen Blickwinkeln beleuchten zu können. Der Kläger bereitete die Teilnehmer auf die Gespräche vor, indem er die sachlichen Grundlagen für eine Diskussion der vorbereiteten Fragestellungen legte. Während der Diskussion stand er den Teilnehmern für Sachfragen zur Verfügung. Anschließend konnte noch eine Auswertung zur Schließung etwaiger Lücken und zur Verfestigung des Erlernten erfolgen.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) sah die Tätigkeit des Klägers als umsatzsteuerpflichtig an. Unter Änderung zuvor ergangener Umsatzsteuerfestsetzungen und unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung setzte das FA mit den Bescheiden vom 9.10.2012 die Umsatzsteuer 2003 auf 6.443,65 EUR, die Umsatzsteuer 2004 auf 7.755,01 EUR, die Umsatzsteuer 2005 auf 8.138,27 EUR, die Umsatzsteuer 2006 auf 9.615,28 EUR, die Umsatzsteuer 2007 auf 10.480,38 EUR, die Umsatzsteuer 2008 auf 12.112,21 EUR, die Umsatzsteuer 2009 auf 10.576,15 EUR und die Umsatzsteuer 2010 auf 8.419,10 EUR fest. Hiergegen legte der Kläger ohne Erfolg Einspruch ein.

 

 

5

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2015, 2236 = SIS 15 26 97 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Der Kläger habe als Unternehmer steuerbare Leistungen erbracht, die nach nationalem Recht nicht steuerfrei seien. Er könne sich aber für die Steuerfreiheit seiner Leistungen auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) und bis zum Streitjahr 2006 auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen, wie sich aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe.

 

 

6

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, mit der es geltend macht, dass das FG die Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu Unrecht bejaht habe. Der Kläger verfüge nicht über die hierfür erforderliche Anerkennung.

 

 

7

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

8

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen des Klägers nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei sind.

 

 

10

1. Zwischen den Beteiligten ist nicht mehr streitig, dass der Kläger seine entgeltlichen Leistungen steuerbar als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbrachte und dass diese Leistungen nach nationalem Recht nicht steuerfrei sind, da insbesondere die Voraussetzungen der Befreiungstatbestände nach § 4 Nr. 21 UStG nicht vorliegen.

 

 

11

2. Wie das FG zutreffend erkannt hat, kann sich der Kläger für die Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Die Mitgliedstaaten befreien danach insbesondere den „Schul- und Hochschulunterricht ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder [durch] andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung“. Die hierfür erforderlichen leistungs- wie auch unternehmerbezogenen Voraussetzungen liegen vor.

 

 

12

a) Bei den Leistungen des Klägers handelte es sich um Schul- und Hochschulunterricht.

 

 

13

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff Schul- und Hochschulunterricht nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteile Haderer vom 14.6.2007 C-445/05, EU:C:2007:344, Rz 26, und Eulitz vom 28.1.2010 C-473/08, EU:C:2010:47, Rz 29). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BFH-Urteile vom 20.3.2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175 = SIS 14 15 62, unter II.2., und vom 5.6.2014 V R 19/13, BFHE 245, 433 = SIS 14 21 81, unter II.2.b).

 

 

14

bb) Zutreffend hat das FG die Leistungen des Klägers als eine Form von Schulunterricht angesehen. Bei der Tätigkeit des Klägers stand die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Bereich Geschichte und Sozialkunde im Mittelpunkt. Die Entscheidung des FG, dass den Leistungen des Klägers Unterrichtscharakter zukommt und diese über ein „qualitatives Mindestniveau“ verfügten, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Verneinung eines Freizeitcharakters, wofür sich das FG neben den freizeitfernen Inhalten der Veranstaltungen auch auf die Kostenübernahme durch öffentliche Träger und die Teilnahmepflicht als Voraussetzung der Kostenübernahme stützen könnte. Bestätigt wird dies durch die Zusammensetzung der Teilnehmergruppen (Schüler, Studenten und Auszubildende).

 

 

15

b) Der Kläger ist auch unternehmerbezogen eine Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die mit der Aufgabe des Schul- und Hochschulunterrichts betraut ist (anerkannte Einrichtung).

 

 

16

aa) Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, ist der Begriff „Einrichtung“ grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie den Kläger zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 21.3.2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999 = SIS 07 23 55, unter II.2.c dd (1)).

 

 

17

bb) Der Kläger verfügt auch über die erforderliche Anerkennung.

 

 

18

(1) Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG) ist grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, bis einschließlich 2006: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) zu übertragen (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999 = SIS 07 23 55, unter II.2.c dd (2); vgl. auch BFH-Urteil vom 18.2.2016 V R 46/14, BFHE 253, 421 = SIS 16 09 18, Rz 47). Danach gehören zu den für die Anerkennung im Rahmen einer Abwägung zu berücksichtigenden Gesichtspunkten das Bestehen spezifischer Vorschriften - seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit -, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch - im Sozialbereich - Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (BFH-Urteil in BFHE 253, 421 = SIS 16 09 18, Rz 30).

 

 

19

Auf dieser Grundlage hat der BFH die Anerkennung im Unterrichtsbereich bereits aufgrund einer Kostentragung (BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999 = SIS 07 23 55, unter II.2.c dd (2)) oder aus Gründen eines hohen Gemeinwohlinteresses bejaht (BFH-Urteil in BFHE 245, 433 = SIS 14 21 81, unter II.2.c).

 

 

20

(2) Im Streitfall ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger als anerkannt anzusehen ist. Die Anerkennung folgt aus dem hohen Gemeinwohlinteresse an der Tätigkeit des Besucherdienstes für ein oberstes Verfassungsorgan sowie aus der Kostentragung durch die Parlamentsverwaltung.

 

 

21

(a) Der Präsident des Bundestages übt gemäß Art. 40 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) insbesondere das Hausrecht aus. Er ist auch Leiter der Verwaltung des Bundestages (Klein in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 40, Anm. 106). Bei der Verwaltung des Bundestages handelt es sich um eine oberste Bundesbehörde (Klein in Maunz/Dürig, a.a.O., Rz 107) i.S. einer „Hilfseinrichtung besonderer Art“ (Zeh, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl. 2005, S. 790).

 

 

22

Die Bundestagsverwaltung unterhält einen Besucherdienst. Dieser ermöglicht gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. c der Hausordnung des Deutschen Bundestages „Besuchergruppen und Einzelbesucher, die vom Besucherdienst eingeladen oder zugelassen worden sind“ einen bevorzugten Zutritt zu den Tribünenbereichen des Plenarsaals des Deutschen Bundestages bei den öffentlichen Verhandlungen des Bundestages (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Verwaltung des Deutschen Bundestages bietet zudem Hausführungen und die Teilnahme an Vorträgen zu Aufgaben, der Arbeitsweise und der Zusammensetzung des Parlaments an. An der Information der Öffentlichkeit über die Geschichte des deutschen Parlamentarismus, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise des Deutschen Bundestages sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse besteht ein hohes Gemeinwohlinteresse. Diesen Aufgaben kann der Besucherdienst des Deutschen Bundestages ohne die für ihn tätigen Dozenten nicht nachkommen.

 

 

23

(b) Da der Kläger seine Leistungen unmittelbar an den Besucherdienst des Deutschen Bundestages erbrachte und von der Parlamentsverwaltung unmittelbar vergütet wurde, spricht auch die öffentlich-rechtliche Kostentragung für eine Anerkennung. Diese Kostentragung beruht zwar nicht auf einer ausdrücklichen gesetzlich angeordneten Kostentragung (zu diesem Erfordernis vgl. BFH-Urteil in BFHE 253, 421 = SIS 16 09 18, Rz 43 und 47). Das Fehlen einer derartigen Gesetzesregelung wird im Rahmen der gebotenen Abwägung aber durch die Tätigkeit des Klägers für ein oberstes Verfassungsorgan und die dieses Verfassungsorgan im Rahmen einer Annex-Kompetenz (vgl. allgemein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3.7.2012 2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1) treffende Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über die Parlamentsarbeit ausgeglichen.

 

 

24

(3) Dem steht nicht entgegen, dass nach Ansicht des FA die für eine Anerkennung erforderliche Vergleichbarkeit mit öffentlichen Einrichtungen nur dann bestehen soll, wenn der private Unternehmer in der Gesamtrichtung seiner unternehmerischen Zielsetzung darauf ausgerichtet ist, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die geeignet sind, einen Schul- oder Hochschulabschluss oder einen Berufsabschluss zu erwerben oder berufliche Kenntnisse durch Fortbildung oder Weiterbildung zu erhalten oder zu erweitern. Hiergegen spricht bereits die weite Auslegung des Begriffs des Schul- und Hochschulunterrichts (s. oben II.2.a aa). Dementsprechend umfasst dieser Begriff z.B. auch Kurse für „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ (BFH-Urteil vom 10.1.2008 V R 52/06, BFHE 221, 295 = SIS 08 12 03, unter II.2.a).

 

 

25

3. Auf die Frage, ob die Leistungen des Klägers auch als solche eines Privatlehrers steuerfrei sein können (Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL), kommt es nicht an.

 

 

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.