Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 23.11.2015 8 K
2978/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu
tragen.
1
|
I. Die Beteiligten streiten über die
Höhe der Einkünfte aus dem Verkauf von Aktien.
|
|
|
2
|
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war im Streitjahr 1999 als Börsenmakler
tätig. Er war zu Beginn des Jahres 1996 einer der
Geschäftsführer der XYZ GmbH. Die XYZ GmbH wurde im
Dezember 1997 in die XYZ AG umgewandelt. Gleichzeitig wurde das
Kapital auf 1.500.000 DM aufgestockt. Das Kapital war in 300.000
Aktien zum Nennbetrag von 5 DM unterteilt. Der Kläger hielt
90.000 Aktien (= 30 %).
|
|
|
3
|
Im Jahr 1998 verkaufte der Kläger
zunächst seine Anteile an der XYZ AG in mehreren Tranchen bis
auf 23.000 Aktien (= 7,6 %). Im Jahr 1998 erklärte der
Kläger einen entsprechenden Veräußerungsgewinn nach
§ 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Oktober 1998
erhöhte die XYZ AG ihr Kapital gegen Einlagen um 375.000 DM
auf insgesamt 1.875.000 DM. In diesem Zusammenhang erhielt der
Kläger für seine damals 23.000 Aktien 23.000 Bezugsrechte
für junge Aktien (zum Bezugsrechtsverhältnis
4:1).
|
|
|
4
|
Nach einem Hinzukauf weiterer 224
Bezugsrechte am 2.11.1998 verkaufte der Kläger am 5.11.1998
die damit auf insgesamt 23.224 aufgestockten Bezugsrechte. Dazu gab
er am 4.11.1998 um 19:00 Uhr bei einem Berater des Bankhauses Z
telefonisch eine Verkaufsorder über 23.224 Bezugsrechte auf.
Am 5. November rief der Kläger um 8:30 Uhr abermals bei dem
Berater des Bankhauses Z an und erteilte einen Kaufauftrag
über 23.224 Bezugsrechte. Am 5.11.1998 wurden beide
Geschäfte jeweils zum Stückkurs von 58 DM
durchgeführt. Der Bezugsrechtspreis wurde vom Makler
festgesetzt. Die Abrechnung des Verkaufs erfolgte unter der
Auftragsnummer 4.../98 und unter der Abrechnungsnummer 1.../98. Die
Abrechnung des Kaufs erfolgte unter der Auftragsnummer 3.../98 und
unter der Abrechnungsnummer 2.../98. Der Kauf war demnach vom
Makler an der Börse vor dem Verkauf in Auftrag gegeben worden.
Für den Handel mit Bezugsrechten gab es an der Börse A
eine Einheitskursfeststellung einmal am Tag. Dies bedeutete, dass
alle Geschäfte eines Tages bei Vollausführung zum selben
Kurs abgerechnet wurden. Der Handel mit Bezugsrechten wurde
entweder durch Eingabe in das Börsenhandelssystem erfasst oder
direkt beim Makler telefonisch aufgegeben. Die Mitaktionäre A
und B bei der XYZ AG führten zeitgleich ebensolche
Transaktionen durch.
|
|
|
5
|
Im November 1998 wurde im Wege einer
weiteren Kapitalerhöhung gegen Einlagen das Kapital der XYZ AG
um 375.000 DM auf 2.250.000 DM erhöht. Der Kläger erhielt
in diesem Zusammenhang für seine 28.109 Aktien 28.109
Bezugsrechte zum Bezugsrechtsverhältnis 5:1. Nach
Einlösung der Bezugsrechte aus den beiden
Kapitalerhöhungen des Jahres 1998 verkaufte der Kläger im
Laufe des Jahres 1999 in mehreren Schritten zahlreiche seiner XYZ
AG Aktien. Die aufgrund der streitigen Bezugsrechte erworbenen
insgesamt 5.109 jungen Aktien veräußerte der Kläger
am 7.10.1999.
|
|
|
6
|
Aus diesen Verkäufen sowie zahlreichen
anderen Transaktionen erklärte der Kläger in der
Einkommensteuererklärung 1999 einen Gewinn aus privaten
Veräußerungsgeschäften i.S. der §§ 22 Nr.
2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Höhe von 2... DM. Die
Veranlagung erfolgte seitens des Beklagten und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) zunächst
erklärungsgemäß.
|
|
|
7
|
Beim Kläger fand am 29.10.2004 eine
abgekürzte Außenprüfung statt. Der Prüfer
erkannte die Veräußerung der Bezugsrechte vom 5.11.1998
nicht an. Dementsprechend eliminierte er den
Veräußerungsvorgang im Veranlagungszeitraum 1998. Im
Jahr 1999 nahm er den Vorgang bei den Einkünften aus § 22
Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit einer Auswirkung auf
die steuerliche Bemessungsgrundlage in Höhe von 377.718 DM
heraus. Stattdessen ordnete der Prüfer im Veranlagungszeitraum
1999 die Veräußerung vom 7.10.1999 den Einkünften
aus § 17 EStG zu und erhöhte dort - für den hier
strittigen Vorgang - die Bemessungsgrundlage um 377.718 DM auf
795.489 DM.
|
|
|
8
|
Mit geändertem Einkommensteuerbescheid
1999 vom 23.12.2004 setzte das FA die Feststellungen der
Außenprüfung um. Es wurden ein gewerblicher
Veräußerungsgewinn in Höhe von 5... DM sowie
(unstreitig fehlerhaft anstelle der Einkünfte aus einem
privaten Veräußerungsgeschäft) negative
Einkünfte aus Leistungen in Höhe von ./. 1... DM
angesetzt. Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 25.5.2005
ordnete das FA wegen eines „Übertragungsfehlers“
die negativen Einkünfte in Höhe von ./. 1... DM den
Einkünften aus einem privaten
Veräußerungsgeschäft zu.
|
|
|
9
|
Das vom Kläger gegen den
Änderungsbescheid vom 23.12.2004 angestrengte
Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
|
|
|
10
|
Die dagegen erhobene Klage wies das
Finanzgericht (FG) mit dem in EFG 2016, 1175 = SIS 16 10 66
veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Die vom
Kläger begehrte Berücksichtigung zusätzlicher
Anschaffungskosten und der Ansatz des
Veräußerungsvorgangs im Rahmen der privaten
Veräußerungsgeschäfte könne nach § 42 der
Abgabenordnung (AO) wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht erfolgen.
Verkauf und Kauf der identischen Bezugsrechte hätten sich
gegenseitig neutralisiert. Es habe ein Gesamtplan vorgelegen, der
die gegenläufige Gestaltung von Rechtsgeschäften zum
Inhalt gehabt habe. Dies stelle einen Missbrauch von rechtlichen
Gestaltungsmöglichkeiten dar.
|
|
|
11
|
Mit seiner Revision rügt der
Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Ein Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten liege bei taggleichem Verkauf und
Ankauf nicht vor. Vielmehr liege eine rechtliche Gestaltung vor,
die zur Erreichung des vom Kläger bezweckten Ziels vom
Gesetzgeber so vorgegeben sei. Die für den Erwerb der
Bezugsrechte am 5.11.1998 aufgewandten Kosten seien daher als
Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Der Ausweis
höherer Anschaffungskosten wäre nur dann sinnvoll
gewesen, wenn er vorgehabt hätte, die jungen Aktien innerhalb
der Spekulationsfrist zu veräußern. Dazu habe das FG
nichts festgestellt. Er habe im Zeitpunkt von
Veräußerung und Wiederankauf auch noch keinen
Veräußerungszeitpunkt im Auge gehabt. Das FG habe weiter
keinerlei Beweis dazu erhoben, inwieweit Veräußerung und
Wiederankauf der Steuerminderung gedient hätten. Es werde
nicht gegen gesetzliche Wertungen verstoßen, wenn für
die Veräußerung gerade ein Zeitpunkt gewählt werde,
der die steuerliche Berücksichtigung eines Verlusts
ermögliche. Die Eigenheiten des Handels mit Bezugsrechten,
wonach bei taggleicher Veräußerung und Wiederankauf ein
Kursrisiko ausgeschlossen sei, begründeten keinen
Gestaltungsmissbrauch. Im Handel mit Bezugsrechten seien die
Umsätze regelmäßig sehr gering. Die Auffassung des
FG stehe auch in Widerspruch zur Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) zum taggleichen Verkauf und Wiederkauf von
Aktien, zur Gegenläufigkeit in Vermietungssachverhalten, bei
Veräußerung von GmbH-Anteilen und bei ringweisen
Anteilsverkäufen und -erwerben. Für ihn sei die
wirtschaftliche Situation vor und nach Verkauf und Wiederankauf der
Bezugsrechte eine andere. Es sei eine neue Spekulationsfrist in
Gang gesetzt worden. Zudem habe er durch den Verkauf am 5.11.1998
einen erheblichen Ertrag erwirtschaftet. Er habe nur genauso viele
Bezugsrechte erwerben können, weil es zu keinen dem
Wiederankauf entgegenstehenden Ordern Dritter gekommen sei. Zudem
verstoße die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs gegen den
Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
Schließlich sei auch die Sachverhaltsdarstellung und
-bewertung durch das FG fehlerhaft. Es liege eine
widersprüchliche Darstellung des Sachverhalts im Tatbestand
und in den Entscheidungsgründen in Bezug auf die vom
Kläger am 5.11.1998 gehandelte Stückzahl vor. Auch
hätten weder er noch das FA vorgetragen, dass die
Mitaktionäre A und B Bezugsrechte in identischer Höhe
ebenfalls am 5.11.1998 verkauft hätten.
|
|
|
12
|
Der Kläger beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom
23.11.2015 8 K 2978/13 und die Einspruchsentscheidung vom 14.8.2013
aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 25.5.2005
dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus § 17
EStG unter Berücksichtigung von zusätzlichen
Anschaffungskosten in Höhe von 1.185.288 DM angesetzt
werden.
|
|
|
13
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
14
|
II. Die Revision ist nicht begründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
15
|
Das FG hat ohne Rechtsfehler in dem
taggleichen An- und Verkauf der Bezugsrechte im Jahr 1998 einen
Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des
§ 42 AO gesehen (1.). Das FG hat den streitigen
Veräußerungsgewinn in Höhe von 795.489 DM zu Recht
im Rahmen der Einkünfte aus § 17 EStG im
Veranlagungszeitraum 1999 erfasst und nicht den Einkünften aus
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden
Fassung zugeordnet (2.). Anhaltspunkte dafür, dass das FG
seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) nicht
nachgekommen ist, sind nicht erkennbar (3.).
|
|
|
16
|
1. In der am 5.11.1998 vorgenommenen
Veräußerung und nachfolgenden Anschaffung der
Bezugsrechte hat das FG zutreffend einen Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) gesehen.
|
|
|
17
|
a) Ein Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 AO ist
gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die -
gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der
Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst
beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist
(vgl. BFH-Urteile vom 29.8.2007 IX R 17/07, BFHE 219, 32, BStBl II
2008, 502 = SIS 08 08 57, m.w.N.; vom 29.5.2008 IX R 77/06, BFHE
221, 231, BStBl II 2008, 789 = SIS 08 31 22, m.w.N., und vom
7.12.2010 IX R 40/09, BFHE 232, 1, BStBl II 2011, 427 = SIS 11 05 91). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche
Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist
erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom
Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines
bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern
dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach
den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll
(vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 231, BStBl II 2008, 789 = SIS 08 31 22; in BFHE 232, 1, BStBl II 2011, 427 = SIS 11 05 91, und vom
17.12.2003 IX R 56/03, BFHE 205, 70, BStBl II 2004, 648 = SIS 04 13 99, m.w.N.). Eine Gestaltung, die überhaupt keinen erkennbaren
wirtschaftlichen Zweck hat, kann der Besteuerung nicht zugrunde
gelegt werden. Das ist z.B. der Fall, wenn durch mehrere
Geschäfte, die sich wirtschaftlich gegenseitig neutralisieren,
lediglich ein steuerlicher Vorteil erzielt werden soll oder wenn
die Gestaltung in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung durch eine
gegenläufige Gestaltung kompensiert wird und sich deshalb im
Ergebnis lediglich als formale Maßnahme erweist (vgl.
BFH-Urteil vom 12.7.2012 I R 23/11, BFHE 238, 344, BFH/NV 2012,
1901 = SIS 12 26 98, unter II.2.b bb fff; Klein/Ratschow, AO, 13.
Aufl., § 42 Rz 52).
|
|
|
18
|
Nach der Rechtsprechung des BFH stellt es
keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO dar, wenn der
Steuerpflichtige gleichartige Wertpapiere unmittelbar
anschließend oder zumindest kurzfristig nach deren
Veräußerung zu unterschiedlichen Preisen wiedererwirbt
(BFH-Urteile jeweils vom 25.8.2009 IX R 60/07, BFHE 226, 252, BStBl
II 2009, 999 = SIS 09 30 60, und IX R 55/07, BFH/NV 2010, 387 = SIS 10 05 64, unter II.2.b; gl.A. Wernsmann in Kirchhof/
Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rz A 72, F 29; s.a. FG
Hamburg, Urteil vom 9.7.2004 VII 52/02, EFG 2004, 1775 = SIS 05 01 19, rechtskräftig). Insoweit bewegt er sich mit seinen
Dispositionen angesichts der Schwankungsbreite von
Börsenkursen und des daraus resultierenden Kursrisikos
(Volatilität) im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Denn es
steht in seinem Belieben (vgl. BFH-Urteile vom 18.10.2006 IX R
28/05, BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44, unter
II.2.b bb bbb (1), und in BFH/NV 2010, 387 = SIS 10 05 64, unter
II.2.b), ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene
Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder kauft und ggf.
wieder verkauft. Insoweit handelt es sich bei dem Verkauf von
Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger
Wertpapiere zu unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreisen um
eigenständige und damit separat zu beurteilende Vorgänge,
so dass der Veräußerungsvorgang nicht i.S. des § 42
Satz 2 AO eliminiert wird (s.a. BFH-Urteile vom 24.6.2003 IX R
2/02, BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752 = SIS 03 37 82, unter
II.1.b bb, betreffend Optionsgeschäfte; vom 15.12.1999 I R
29/97, BFHE 190, 446, BStBl II 2000, 527 = SIS 00 04 84, unter
B.II.1.b bb, zum sog. Dividenden-Stripping bei taggleichem An- und
Verkauf).
|
|
|
19
|
Anders kann dies hingegen zu beurteilen sein,
wenn der Steuerpflichtige aufgrund spezieller Kenntnis der
Abläufe in den Handelssystemen von Wertpapierbörsen und
-handelshäusern und der konkreten Marktsituation, davon
ausgehen kann, die von ihm zum Verkauf platzierten
börsennotierten Wertpapiere zeit- und wertgleich und damit
ohne Kursrisiko wieder zurückerwerben zu können. Denn
nach der Rechtsprechung des BFH kann ein steuerrechtlich
erheblicher Vorgang dann nicht anerkannt werden, wenn er nach dem
Willen des Steuerpflichtigen durch gegenläufige Rechtsakte
erst geschaffen oder wieder ausgeglichen wird und damit von
vornherein eine wirtschaftliche Belastung vermieden werden soll
(vgl. u.a. BFH-Urteil vom 27.10.2005 IX R 76/03, BFHE 212, 360,
BStBl II 2006, 359 = SIS 06 11 15, unter II.1., m.w.N.).
|
|
|
20
|
b) Nach diesen Grundsätzen ist die
Entscheidung des FG, unter den Umständen des Falls in dem
zeitgleichen Kauf und Verkauf vom 5.11.1998 einen Missbrauch
rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu sehen, rechtlich nicht
zu beanstanden.
|
|
|
21
|
aa) Der Kläger hat nach den
Feststellungen des FG am 4.11.1998 zusammen mit seinen
Mitgesellschaftern A und B nach Börsenschluss einen
Verkaufsauftrag hinsichtlich seiner Bezugsrechte platziert. Vor
Börseneröffnung am 5.11.1998 hat er einen entsprechenden
Kaufauftrag platziert. Der Kläger hat sein Vorgehen damit
bewusst so gestaltet, dass der am Vorabend platzierte
Verkaufsauftrag durch einen vor Börsenbeginn
übermittelten Kaufauftrag neutralisiert wurde. Da dem
Kläger und seinen Mitgesellschaftern als Börsenmakler die
Usancen des Börsenhandels und der Handelssysteme an der
Börse in A bekannt waren und der Kläger über die XYZ
AG selbst für A die Durchführung des Bezugsrechtehandels
und die Preisfestsetzung zuständig war, hat der Kläger
durch sein Vorgehen darauf hingewirkt, dass am 5.11.1998 die von
ihm platzierten Bezugsrechte zu dem von ihm und seinen
Mitgesellschaftern über ihre Kauf- und Verkaufsaufträge
festgelegten Kurs ausgeführt wurden. Damit hat der Kläger
zielgerichtet darauf hingewirkt, dass lediglich formal ein
Inhaberwechsel hinsichtlich der Bezugsrechte stattgefunden hat.
Denn insoweit hat das FG festgestellt, dass der Kläger
„das Ziel (hatte), die Bezugsrecht in der genannten
Stückzahl im Prinzip weiterhin zu halten“.
|
|
|
22
|
bb) Das FG hat auch zu Recht festgestellt,
dass der Kläger und seine Mitgesellschafter zielgerichtet und
aufgrund eines gemeinsamen Vorgehens die platzierten Bezugsrechte
zurückerworben haben. Dies folgt zunächst aus dem
Umstand, dass nach den Feststellungen des FG hinsichtlich der
streitigen Bezugsrechte kein regelmäßiger Handel in
diesem Umfang stattgefunden hat. Dritte hatten nach den
Feststellungen des FG von dem Angebot der Bezugsrechte keine
Kenntnis und konnten den An- und Verkauf nicht zum Scheitern
bringen. Es sind keine Anhaltspunkte vorhanden, dass am 5.11.1998
neben den Bezugsrechten des Klägers und der Mitgesellschafter
an der XYZ AG noch andere Bezugsrechte angeboten worden sind. Kauf-
und Verkaufsaufträge lagen nach den Feststellungen des FG
weder von Dritten vor noch hatten diese von der Existenz
entsprechender Aufträge Kenntnis. Kauf- und
Verkaufsaufträge lagen daher zum Zeitpunkt der
Preisfestsetzung und anschließenden Ausführung am
5.11.1998 um 12:00 Uhr ausschließlich durch den Kläger
und seine Mitgesellschafter vor. Damit konnten der Kläger und
seine Mitgesellschafter sicherstellen, dass hinsichtlich der
Bezugsrechte weder das Risiko unterschiedlicher Preise noch einer
fehlenden Verfügbarkeit der Wertpapiere bestand.
|
|
|
23
|
cc) Hinzu kommt, dass der Kläger als
Börsenmakler tätig und mit den Gepflogenheiten der
örtlichen Börse bestens vertraut war. Der Kläger
hatte sowohl Einblick als auch über die XYZ AG, an der er
beteiligt war, Einfluss auf den Bezugsrechtehandel und konnte die
Marktsituation überblicken. Er konnte damit sicherstellen,
dass Verkaufs- und Kaufaufträge hinsichtlich der streitigen
Bezugsrechte von ihm und seinen Mitgesellschaftern in gegenseitiger
Deckung zur Ausführung kamen.
|
|
|
24
|
dd) Schließlich hat das FG zu Recht auch
festgestellt, dass ein plausibler außersteuerlicher Grund
für die vom Kläger gewählte Gestaltung nicht
erkennbar war. Vielmehr hat der Kläger sich allein von
steuerlichen Motiven leiten lassen, nämlich der
Veröffentlichung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002,
das hinsichtlich der Veräußerungsgewinne nach § 17
EStG eine erhebliche Verschlechterung (Abschaffung des halben
Steuersatzes, Einführung der Fünftelungsregelung) mit
sich brachte. Ein anderer Grund für die vom Kläger
vollzogenen An- und Verkaufsanträge ist nicht ersichtlich und
wurde vom Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren auch nicht
vorgetragen.
|
|
|
25
|
ee) Der vorliegende Fall ist nicht mit den vom
BFH mit Urteilen in BFHE 221, 231, BStBl II 2008, 789 = SIS 08 31 22; in BFHE 226, 252, BStBl II 2009, 999 = SIS 09 30 60; in BFHE
232, 1, BStBl II 2011, 427 = SIS 11 05 91, und in BFHE 190, 446,
BStBl II 2000, 527 = SIS 00 04 84 entschiedenen Fallkonstellationen
vergleichbar.
|
|
|
26
|
Das Urteil in BFHE 221, 231, BStBl II 2008,
789 = SIS 08 31 22 betraf die Veräußerung von
GmbH-Anteilen an eine von den Gesellschaftern der GmbH neu
gegründete beteiligungsidentische GmbH und damit mangels
Rückerwerbs einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. Im Urteil
in BFHE 226, 252, BStBl II 2009, 999 = SIS 09 30 60 handelte es
sich um den Verkauf und Kauf börsengehandelter Wertpapiere an
und von einem Dritten zu unterschiedlichen Kursen aufgrund der
fortlaufenden Notierung des Wertpapiers. Nach der Entscheidung des
BFH handelte es sich um eigenständige und separat zu
behandelnde Vorgänge. Zudem bestand aufgrund der fortlaufenden
Notierung und der damit verbundenen Volatilität ein
Kursrisiko. Diese Umstände sind im hier zu entscheidenden Fall
gerade nicht gegeben.
|
|
|
27
|
Auch die BFH-Entscheidung zur Anteilsrotation
(BFH-Urteil in BFHE 232, 1, BStBl II 2011, 427 = SIS 11 05 91)
betrifft eine andere Fallkonstellation. Denn dort wurden die
Anteile zielgerichtet an einen anderen Gesellschafter
veräußert und wiederum Anteile von einem weiteren
Gesellschafter erworben. Anders als dort bestehen hier hingegen
zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger
wirtschaftlich seine Bezugsrechte überhaupt nicht
veräußern wollte und nur formal ein Verkaufs- und
Kaufvorgang gestaltet werden sollte.
|
|
|
28
|
Ebenfalls nicht vergleichbar ist die Situation
mit der BFH-Entscheidung zum sog. Dividendenstripping (BFH-Urteil
in BFHE 190, 446, BStBl II 2000, 527 = SIS 00 04 84). Denn auch
dort erfolgte der Verkauf an einen (anrechnungsberechtigten)
Dritten. Zudem sollte zielgerichtet der Übergang des
wirtschaftlichen und rechtlichen Eigentums an den Anteilen bewirkt
werden.
|
|
|
29
|
2. Das FG hat auf der Grundlage seiner
Feststellungen den streitigen Veräußerungsgewinn zu
Recht den Einkünften aus § 17 EStG zugeordnet und nicht
im Rahmen der Einkünfte aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
erfasst.
|
|
|
30
|
Nach der im Streitjahr 1999 geltenden Regelung
des § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG ist § 17 EStG nicht
anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG vorliegen. Sinn und Zweck der Regelung des § 23
Abs. 2 Satz 2 EStG ist es, Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften auch bei gleichzeitigem
Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 EStG der Einkunftsart
der privaten Veräußerungsgeschäfte zuzuordnen (vgl.
dazu BFH-Urteil vom 13.1.2015 IX R 16/14, BFH/NV 2015, 670 = SIS 15 07 82). Bei einer Nichtanerkennung des Veräußerungs- und
Anschaffungsvorgangs vom 5.11.1998 ist hinsichtlich der
veräußerten Aktien die Haltefrist von einem Jahr
überschritten.
|
|
|
31
|
Zwar ist die Kapitalerhöhung, die zu den
Bezugsrechten und nachfolgend zu den neuen Aktien geführt hat,
am 26.10.1998 erfolgt. Die Ausgabe von Bezugsrechten und das
Entstehen von neuen Anteilen in der Folge einer
Kapitalerhöhung stellen aber keine Anschaffung von neuen
Vermögensgegenständen i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG dar. Vielmehr führen die Ausgabe von Bezugsrechten
und die Ausgabe von neuen Gesellschaftsrechten aufgrund einer
Kapitalerhöhung wirtschaftlich zu einer Abspaltung der in den
Altaktien verkörperten Substanz und damit zu einer Abspaltung
eines Teils der ursprünglichen Anschaffungskosten. Daher
beginnt die Spekulationsfrist im Fall der Veräußerung
von Bezugsrechten und von aufgrund der Bezugsrechte entstandenen
jungen Aktien mit dem Erwerb der jeweiligen Altaktien
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 21.1.1999 IV R
27/97, BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638 = SIS 99 07 22, unter
B.II.1.; vom 19.12.2000 IX R 100/97, BFHE 194, 182, BStBl II 2001,
345 = SIS 01 06 25, unter II.2., und
vom 22.5.2003 IX R 9/00, BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712 =
SIS 03 32 19, unter II.3.).
|
|
|
32
|
3. Soweit der Kläger vorbringt, das FG
sei der ihm obliegenden Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§
76 FGO) nicht nachgekommen und habe den Sachverhalt fehlerhaft
ermittelt und unzutreffend bewertet, liegt darin kein im
Revisionsverfahren erheblicher Rechtsverstoß. Der Kläger
legt nicht dar, in der mündlichen Verhandlung vor dem FG eine
weitere Beweiserhebung beantragt zu haben, sondern hat vielmehr
rügelos zur Sache verhandelt. Soweit der Kläger die
Transaktionen der Mitgesellschafter A und B anspricht, hat das FG
diesen Umstand aus den im Urteil in Bezug genommenen Steuerakten
entnehmen können, in denen eine entsprechende Aussage des
Klägers dokumentiert war. Zudem war ausweislich des
Schriftsatzes des FA vom 12.10.2015 sowie des Protokolls der
mündlichen Verhandlung den Klägern die Beiziehung der
Steuerakten von A und B bekannt.
|
|
|
33
|
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|