1. Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 17.05.2019 - 4 K 720/16 =
SIS 19 11 12 und die
Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 15.03.2016 aufgehoben.
2. Die Kapitalertragsteuer-Festsetzung
für April 2013 vom 26.06.2015 ist im Rahmen des Steuerabzugs
durch die auszahlende Stelle bei den Kapitalerträgen i.S. des
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes um
… EUR (Kapitalertragsteuer) bzw. … EUR
(Solidaritätszuschlag) herabzusetzen.
3. Die Kapitalertragsteuer-Festsetzung
für Mai 2013 vom 26.06.2015 ist im Rahmen des Steuerabzugs
durch die auszahlende Stelle bei den Kapitalerträgen i.S. des
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes um
… EUR (Kapitalertragsteuer) bzw. … EUR
(Solidaritätszuschlag) herabzusetzen.
4. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
2
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AB veräußerte jeweils mit auf
den Tag der Einlieferung der Aktien in das Depot datierten
Verträgen die künftigen Dividendenansprüche für
das Geschäftsjahr 2012 an die Londoner Niederlassung AC, einer
Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats X. Als
Kaufpreis waren zwischen 93 % und 97 % der zu erwartenden
„Brutto-Dividenden“ zu zahlen.
Gleichzeitig wurde der jeweilige Anspruch auf die Auszahlung der
Dividende abgetreten. Sämtliche Verträge enthielten
hinsichtlich der Zusicherungen der Veräußerin identische
Formulierungen. Danach übernahm AB weder die Verantwortung
oder Haftung dafür, dass die Forderung in voller Höhe des
Bruttodividendenbetrags entstand, noch für die Bonität
und die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft nach dem Entstehen
der Forderung.
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3
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Gegenüber der Klägerin wurde die
Abtretung jeweils angezeigt. In den Abtretungsanzeigen wurde sie
angewiesen, die zu erwartende Dividende auf ein Konto der AC
auszuzahlen.
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Die Klägerin gab in der
Kapitalertragsteuer-Anmeldung vom 10.06.2013 für Mai 2013
allein die Ausschüttung der DB AG an, für die sie bei der
Auszahlung an die Abtretungsempfängerin die
Kapitalertragsteuer einbehalten hatte. Mit Schreiben vom 09.07.2013
legte sie Einspruch gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung
für Mai 2013 vom 10.06.2013 ein und begehrte, betreffend die
Ausschüttung der DB AG die Kapitalertragsteuer um … EUR
und den Solidaritätszuschlag um … EUR
herabzusetzen.
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Am 26.06.2015 reichte die Klägerin
geänderte Kapitalertragsteuer-Anmeldungen für April und
Mai 2013 ein, die die Ausschüttungen aller an die AC
abgetretenen Dividendenzahlungen (s. oben Tabelle) umfassten, und
legte gegen diese mit Schreiben vom 20.07.2015 Einspruch
ein.
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6
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Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene
Klage hatte aus den in den EFG 2019, 1593 = SIS 19 11 12 mitgeteilten Gründen keinen
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte dem Prüfungsbericht der
Außenprüfung, wonach das wirtschaftliche Eigentum an den
Aktien zum Zeitpunkt der Ausschüttung bei AB lag, und nahm an,
dass die Klägerin gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3
i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a und § 20 Abs. 1 Nr. 1
des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres 2013
(EStG) zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf die
Dividendenzahlungen im Auszahlungszeitpunkt verpflichtet
war.
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7
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Hiergegen richtet sich die Revision der
Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts
rügt.
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8
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Die Klägerin beantragt,
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1. Das aufgrund mündlicher Verhandlung
vom 17.05.2019 ergangene Urteil des Hessischen FG, zugestellt am
13.06.2019, wird aufgehoben.
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2. Die Festsetzung der Kapitalertragsteuer
für Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1a EStG für den Anmeldungszeitraum April 2013 durch die
Steueranmeldungen vom 10.05.2013 und 26.06.2015 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 15.03.2016 von … EUR um …
EUR auf … EUR sowie den entsprechenden
Solidaritätszuschlag von … EUR um … EUR auf
… EUR zu reduzieren.
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3. Die Festsetzung der Kapitalertragsteuer
für Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1a EStG für den Anmeldungszeitraum Mai 2013 durch die
Steueranmeldungen vom 10.06.2013 und 26.06.2015 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 15.03.2016 von … EUR um …
EUR auf … EUR sowie den entsprechenden
Solidaritätszuschlag von … EUR um … EUR auf
… EUR zu reduzieren.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das FA folgt im Wesentlichen den
Ausführungen des FG. Die Klägerin sei zum Einbehalt von
Kapitalertragsteuer auf die Dividendenzahlungen verpflichtet
gewesen, da die Dividendenzahlungen von AB als Anteilseignerin
gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a, § 20 Abs. 1
Nr. 1 Satz 1, Abs. 5 EStG zu versteuern seien. Die Sperrwirkung des
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG in Bezug auf
die Besteuerung der Dividenden finde keine Anwendung, da in §
49 Abs. 1 EStG nicht auf diese Vorschrift verwiesen werde. Eine
Verdrängung der Besteuerung der Dividendenzahlungen aufgrund
der Veräußerung der Dividendenansprüche lasse sich
sachlich auch nur dann rechtfertigen, wenn eine Besteuerung der
Veräußerungsgewinne - anders als im Streitfall -
tatsächlich erfolge; der Gesetzgeber habe die Besteuerung der
Dividendenzahlungen durch die Regelung der Sperrwirkung in §
20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG nicht per se aufgeben
wollen. Mit der Neuregelung im Gesetz zur Anpassung des nationalen
Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung
weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014 - KroatienAnpG -
(BGBl I 2014, 1266) habe er außerdem klargestellt, dass eine
tatsächliche Besteuerung der Veräußerungsgewinne
für den Eintritt der Sperrwirkung nach § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG erforderlich sei. Dies gelte auch
für vorangegangene Besteuerungszeiträume. Es sei
jedenfalls ein Missbrauch von rechtlichen
Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 der
Abgabenordnung (AO) gegeben. Abgesehen von einem Abschlag zwischen
3 % und 7 % der zu erwartenden Bruttodividende entspreche das
wirtschaftliche Ergebnis der Veräußerung dem, wie es bei
einer späteren Vereinnahmung der Dividende eingetreten
wäre. Der geringfügige Finanzierungsvorteil durch die
Veräußerung der Dividendenansprüche von gerade
einmal zehn Tagen sei vernachlässigbar. Die Gestaltung sei nur
gewählt worden, um zu erreichen, dass die Dividendenzahlungen
nicht der Besteuerung unterliegen.
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13
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II. Die Revision ist begründet und
führt zur Aufhebung des Urteils. Der Senat entscheidet in der
Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ) und gibt der Klage statt. Zwar hat
das FG die Klage zu Recht als zulässig angesehen, aber zu
Unrecht entschieden, dass die Klägerin zum
Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet war.
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1. Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht
als zulässig angesehen. Die Klägerin ist als
Steuerentrichtungspflichtige befugt, gegen die auf ihren eigenen
Anmeldungen beruhenden, unter Vorbehalt der Nachprüfung
stehenden Festsetzungen (§ 168 Satz 1 AO) der
Kapitalertragsteuer zu klagen und diese auf ihre
Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen (vgl.
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12.04.2022 - VIII R
35/19, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022,
1024 = SIS 22 11 55, Rz 16 ff., m.w.N.).
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15
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2. Das Urteil ist jedoch aufzuheben, da das FG
rechtsfehlerhaft die Klage als unbegründet abgewiesen hat.
Entgegen der Auffassung des FG war die Klägerin als die
Kapitalerträge auszahlende Stelle bei Auszahlung der
Dividenden an AC nicht zum Abzug und zur Abführung der
Kapitalertragsteuer und des hierauf entfallenden
Solidaritätszuschlags nach § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m.
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG verpflichtet, da AB als
Anteilseignerin der Aktien i.S. des § 20 Abs. 5 EStG keine
steuerbaren Dividendeneinkünfte i.S. des § 2 Nr. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr.
5 Buchst. a, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt hat. Rechtsgrund
hierfür ist, dass nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
Satz 2 EStG der Gewinn der AB aus der Veräußerung der
Dividende an AC an die Stelle der Besteuerung der Dividenden nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG getreten ist und dieser nicht unter die
beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte nach § 49
EStG fällt.
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16
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a) Die Pflicht zur Einbehaltung und
Abführung der Kapitalertragsteuer nach § 44 Abs. 1 Satz
3, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG durch die Klägerin
setzt voraus, dass AB als im Inland beschränkt
steuerpflichtige Kapitalgesellschaft steuerbare
Kapitaleinkünfte i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a
EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt hat. Das ist
vorliegend nicht der Fall.
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aa) Anteilseignerin der Aktien i.S. des §
20 Abs. 5 EStG war bei der Ausschüttung der Dividenden im
Streitzeitraum AB. Diese unterlag als Kapitalgesellschaft, die
ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Ausland hatte und
damit im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig war,
gemäß § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen
Einkünften der beschränkten
Körperschaftsteuerpflicht. Gemäß § 8 Abs. 1
KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG sind
inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten
Steuerpflicht Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also auch an die Anteilseigner
ausgeschüttete Dividenden.
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bb) Zwar werden die Dividendenzahlungen AB als
Anteilseignerin i.S. des § 20 Abs. 5 EStG trotz der Abtretung
der Dividendenansprüche an AC als Kapitaleinkünfte
zugerechnet (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1968 - I 250/64, BFHE 94,
488, BStBl II 1969, 188 = SIS 69 01 20), so dass der Tatbestand des
§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG an sich erfüllt ist. Jedoch tritt nach § 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG die Besteuerung des Gewinns aus
der Veräußerung der Dividende durch den Inhaber des
Stammrechts an die Stelle der Besteuerung der Dividende nach §
20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Besteuerung der Dividenden im Zeitpunkt
ihrer Auszahlung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird
hierdurch verdrängt (vgl. BFH-Urteil vom 02.03.2010 - I R
44/09, BFH/NV 2010, 1622 = SIS 10 26 38, Rz 17). Da
Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 2 EStG seit
Einführung der Abgeltungsteuer keine inländischen
Einkünfte im Sinne der beschränkten
Einkommensteuerpflicht nach § 49 EStG sind, unterliegt AB in
Bezug auf den von ihr erzielten Veräußerungsgewinn aus
dem Verkauf der Dividenden auch insoweit im Inland nicht der
inländischen Besteuerung, so dass auch keine Pflicht der
Klägerin zum Einbehalt und zur Abführung der
Kapitalertragsteuer besteht.
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19
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cc) Entgegen der Auffassung des FG
entfällt die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Buchst. a Satz 2 EStG für die Besteuerung der Dividende nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht deshalb, weil in § 49 Abs. 1
Nr. 5 Buchst. a EStG auf diese Regelung nicht verwiesen wird. Denn
§ 49 Abs. 1 EStG knüpft an das Vorliegen der
Einkünfte i.S. des § 2 i.V.m. §§ 13 ff. EStG
punktuell an und enthält keine Erweiterung gegenüber dem
für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden
Einkünftebegriff (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom
07.11.2001 - I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl II 2002, 861 = SIS 02 07 14, unter II.4.; BFH-Beschluss vom 01.12.1982 - I B 11/82, BFHE
137, 178, BStBl II 1983, 367 = SIS 83 05 42, unter 2.b; vgl. Hidien
in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff - KSM -, EStG, § 49 Rz A 1,
A 24, A 300 und A 314; Bärsch in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR
-, § 49 EStG Rz 5; Holthaus in Lippross/Seibel, Basiskommentar
Steuerrecht, Stand 131. Lfg. 04.2022 § 49 EStG Rz 1;
Schmidt/Loschelder, EStG, 41. Aufl., § 49 Rz 11). Im Falle
einer Veräußerung von künftigen
Dividendenansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts
wären die Dividendenzahlungen bei einem unbeschränkt
Steuerpflichtigen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz
2 EStG nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
steuerbar, so dass dies - mangels einer gegenteiligen Regelung in
§ 49 EStG - auch für beschränkt steuerpflichtige
Aktieninhaber gelten muss. Hätte der Gesetzgeber hiervon
abweichen wollen, hätte er in § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a
EStG regeln müssen, dass § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst.
a EStG bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht zu
berücksichtigen ist. Dies hat er aber - anders als in §
19 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 des REIT-Gesetzes vom 28.05.2007 (BGBl
I 2007, 914) - nicht geregelt (vgl. z.B. Helios/Klein, FR 2014,
110, 112).
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20
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dd) Die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Buchst. a Satz 2 EStG für die Besteuerung der Dividenden nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG tritt nach der im Streitzeitraum 2013
geltenden Fassung der Vorschrift auch dann ein, wenn eine
Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der
Dividendenansprüche bei beschränkt Steuerpflichtigen
nicht erfolgt (vgl. Jachmann-Michel in Lademann, EStG, §
20 EStG Rz 1052 f.; Levedag in Rödder/Herlinghaus/Neumann,
KStG, 1. Aufl., § 2 Rz 84; Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 21.
Aufl., § 49 Rz 74; Jochum in KSM, EStG, § 20 Rz D/2 26
und D/2 28a; Hamacher/Dahm in Korn, § 20 EStG Rz 329;
HHR/Buge, § 20 EStG Rz 456; Bisle, Neue Wirtschafts-Briefe -
NWB - 2013, 4108; Helios/Klein, FR 2014, 110, 112; Wiese/Berner,
DStR 2013, 2674; vgl. das Ergebnis in BFH-Urteil in BFH/NV 2010,
1622 = SIS 10 26 38; andere Auffassung Gesetzesbegründung zum
KroatienAnpG in BTDrucks 18/1529, S. 53; Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 26.07.2013 - IV C 1-S
2410/11/10001:003, BStBl I 2013, 939 = SIS 13 21 60; BeckOK
EStG/Mann, 14. Ed. [01.10.2022], EStG § 45 Rz 9 f.;
Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar
zum KStG, § 20 EStG Rz 254; Ramackers, Recht der
Finanzinstrumente - RdF - 2013, 241).
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aaa) Aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG, nach dem „diese
Besteuerung an die Stelle der Besteuerung nach Abs. 1
tritt“, ist nicht zu folgern, dass der
Gesetzgeber eine tatsächliche Besteuerung des Gewinns aus der
Veräußerung der Dividende zur Voraussetzung der
Sperrwirkung der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
machen wollte. Zum einen ist dies dem Begriff der
„Besteuerung“ nicht ohne weiteres
zu entnehmen, da dieser im Einkommensteuergesetz in den
unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet wird und erst im
konkreten Bezug an Bedeutung gewinnt (vgl. Jochum in KSM, EStG,
§ 20 Rz D/2 26 und D/2 28; Wiese/Berner, DStR 2013, 2674,
2675). Zum anderen ist auch der Gesetzesbegründung zum
Standortsicherungsgesetz vom 13.09.1993 (BT-Drucks. 12/5016, S. 87)
in Bezug auf die Einführung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Buchst. a Satz 2 EStG nicht zu entnehmen, dass die Sperrwirkung
für die Besteuerung der Dividenden nach § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG nur dann eintreten soll, wenn die Gewinne aus der
Veräußerung des Dividendenanspruchs tatsächlich
besteuert werden. Mit der Einfügung des Satz 2 in § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sollte nach der
Gesetzesbegründung allein eine Doppelbesteuerung der Dividende
und des Gewinns aus der Veräußerung des
Dividendenanspruchs vermieden werden. Dass eine tatsächliche
Besteuerung bzw. eine Einmalbesteuerung des
Veräußerungsgewinns oder der Dividendenzahlungen
sichergestellt werden sollte, ergibt sich aus der
Gesetzesbegründung indes nicht (so z.B. auch Bisle, NWB 2013,
4108, 4110; Wiese/Berner, DStR 2013, 2674, 2676).
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bbb) Erst die Neufassung des § 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG in der Fassung des KroatienAnpG
stellt auf eine tatsächliche Besteuerung der Gewinne aus der
Veräußerung des Dividendenanspruchs für das
Eintreten der Sperrwirkung ab. Danach tritt die Sperrwirkung erst
dann ein, „soweit eine
Besteuerung“ des Gewinns aus der
Veräußerung der Dividenden nach § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 Buchst. a Satz 1 EStG „erfolgt
ist“. Entgegen der Auffassung der
Finanzverwaltung (s. BMF-Schreiben in BStBl I 2013, 939 = SIS 13 21 60) macht diese durch das KroatienAnpG eingeführte Neufassung
des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG nicht nur
eine bereits geltende Rechtsauffassung deutlich (so jedoch die
Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 18/1529, S. 53), sondern
ändert das Gesetz dahingehend, dass der Ausschluss der
Besteuerung der Dividende im Falle einer Veräußerung von
Dividendenansprüchen von der tatsächlichen Besteuerung
des sich daraus ergebenden Gewinns abhängt (so auch
Hamacher/Dahm in Korn, § 20 EStG Rz 329; HHR/Buge, § 20
EStG Rz 456). Die Neuregelung findet erstmals in dem Zeitpunkt
Anwendung, in dem sie wirksam geworden ist und hat keine
Rückwirkung. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 3 EStG in
der Fassung des KroatienAnpG ist die Gesetzesänderung beim
Steuerabzug vom Kapitalertrag erstmals auf Dividenden anzuwenden,
die nach dem 31.12.2014 zufließen. Somit scheidet eine
Anwendung der Neuregelung im Streitfall aus.
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23
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ccc) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch
nicht aus der Änderung der Regelung des § 49 EStG zur
Besteuerung der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte
durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 -
UntStRefG 2008 - (BGBl I 2007, 1912). Diese Gesetzesänderung
führte zu einer Streichung der Verweisung in § 49 Abs. 1
Nr. 5 Satz 2 EStG auf § 20 Abs. 2 EStG mit dem Ergebnis, dass
der Gewinn aus der Veräußerung von
Dividendenansprüchen nicht mehr der inländischen
beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Hieraus ist jedoch
entgegen der Auffassung des FG nicht zu schließen, dass der
Gesetzgeber die Dividende nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a,
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch im Falle der
Veräußerung des Dividendenanspruchs stets besteuern
wollte, da mit der Gesetzesänderung auch der Verweis auf die
Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2
EStG entfallen ist. Dies ist der Gesetzesbegründung nicht zu
entnehmen (s. BR-Drucks. 220/07, S. 113). Hätte eine solche
Absicht des Gesetzgebers bestanden, hätte es nahe gelegen, die
Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2
EStG von einer tatsächlichen Besteuerung des
Veräußerungsgewinns abhängig zu machen. Die Norm
des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist aber durch das
UntStRefG 2008 vom Gesetzgeber nicht geändert worden und
sollte ausweislich der Gesetzesbegründung (s. BR-Drucks.
220/07, S. 88) der bisherigen Regelung entsprechen. Demzufolge
kommt auch eine einschränkende Auslegung des § 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG aufgrund der Änderung des
§ 49 EStG nicht in Betracht (so aber Ramackers, RdF 2013, 241,
243).
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24
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b) Die Klägerin war auch nicht zu einem
Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3
i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG hinsichtlich der
durch AB erzielten Gewinne aus der Veräußerung der
Dividendenansprüche i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Buchst. a EStG verpflichtet. Diese sind keine nach § 49 EStG
beschränkt steuerpflichtige Einkünfte. Da keine
inländische Steuerpflicht besteht, ist von der auszahlenden
Stelle kein Kapitalertragsteuereinbehalt vorzunehmen (vgl.
BMF-Schreiben vom 19.05.2022 - IV C 1-S 2252/19/10003:009, BStBl I
2022, 742 = SIS 22 08 12). Zum Steuerabzug verpflichtet ist
gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 Alternative 2 EStG allein
die für den Verkäufer der Dividendenansprüche den
Verkaufsauftrag ausführende Stelle. Dies war vorliegend nicht
die Klägerin.
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c) Die Veräußerung der
Dividendenansprüche i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Buchst. a EStG durch AB stellt auch keinen Gestaltungsmissbrauch
i.S. des § 42 AO dar.
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26
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aa) Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch
Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das
Steuergesetz nicht umgangen werden. Ein Missbrauch nach § 42
Abs. 2 Satz 1 AO liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche
Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem
Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem
gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Jedoch
macht das Motiv, Steuern zu sparen, eine Gestaltung noch nicht
unangemessen i.S. des § 42 AO. Der Steuerpflichtige darf seine
Verhältnisse grundsätzlich so gestalten, dass keine oder
möglichst geringe Steuern anfallen und dabei zivilrechtliche
Gestaltungen, die vom Gesetz vorgesehen sind, frei verwenden. Eine
rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der
Steuerpflichtige nicht die vom Gesetzgeber vorausgesetzte
Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels
gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg
wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel
nicht erreichbar sein soll. Eine Gestaltung, die überhaupt
keinen erkennbaren wirtschaftlichen Zweck hat, kann der Besteuerung
nicht zugrunde gelegt werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn
durch mehrere Geschäfte, die sich wirtschaftlich gegenseitig
neutralisieren, lediglich ein steuerlicher Vorteil erzielt werden
soll oder wenn die Gestaltung in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung
durch eine gegenläufige Gestaltung kompensiert wird und sich
deshalb im Ergebnis lediglich als formale Maßnahme erweist
(vgl. BFH-Urteile vom 29.09.2020 - VIII R 9/17, BFHE 271, 114,
BStBl II 2021, 385 = SIS 21 03 19, Rz 19; vom 12.06.2018 - VIII R
32/16, BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221 = SIS 18 13 93, Rz 19; vom
08.03.2017 - IX R 5/16, BFHE 257, 211, BStBl II 2017, 930 = SIS 17 08 92, Rz 18 f.; vom 25.08.2009 - IX R 55/07, BFH/NV 2010, 387 =
SIS 10 05 64, unter II.1.a, und vom
11.10.2000 - I R 99/96, BFHE 193, 330, BStBl II 2001, 22 = SIS 01 02 24, unter II.1.g).
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bb) Nach diesen Grundsätzen liegt im
vorliegenden Fall ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO nicht vor. AB hat
lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten
Gebrauch gemacht, diese aber nicht missbraucht. Sie hat sich
entschieden, die Dividendenzahlungen nicht abzuwarten, sondern ihre
künftigen Dividendenansprüche bereits zu einem
früheren Zeitpunkt wirtschaftlich zu verwerten. Dieses Ziel
war (sinnvoll) durch eine Veräußerung zu erreichen.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sieht die
Veräußerung von Dividendenansprüchen
ausdrücklich vor und unterwirft sie der Besteuerung. AB hat
daher nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung
verstoßen, sondern lediglich von einer ihr durch das Gesetz
eingeräumten Möglichkeit zum Verkauf des
Dividendenanspruchs vor Ausschüttung der Dividende Gebrauch
gemacht, weshalb es - entgegen der Ansicht des FA - auch nicht
erheblich ist, ob dies zu einem größeren Aufwand (z.B.
durch den Abschluss von Verträgen, das Ausbringen von
Garantieversprechen oder die Verwahrung der Aktien in einem
selbständigen Depot) als der spätere Erhalt der
Dividenden geführt hat (s. hierzu BFH-Urteil in BFHE 271, 114,
BStBl II 2021, 385 = SIS 21 03 19).
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cc) Die Gestaltung ist auch nicht etwa deshalb
rechtsmissbräuchlich, weil AB die künftigen
Dividendenansprüche erst ca. zehn Tage vor dem Tag, an dem der
Aktienkurs um die Dividende gekürzt wurde, an AC
veräußerte. Zum einen ist der Regelung in § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht zu entnehmen, dass die
Möglichkeit einer Veräußerung von
Dividendenansprüchen zeitlich begrenzt werden sollte. Zum
anderen kann das von AB auf AC mit der Veräußerung der
Ansprüche übertragene Risiko, dass die Dividendenzahlung
gekürzt wird oder ausfällt, auch in diesem kurzen
Zeitraum zum Tragen kommen.
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3. Die Sache ist spruchreif. Der BFH kann in
der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO)
und gibt der Klage statt. Nach den Ausführungen unter II.2.
ist die Kapitalertragsteuer-Festsetzung für April 2013 vom
26.06.2015 um … EUR (Kapitalertragsteuer) bzw. … EUR
(Solidaritätszuschlag) und die Kapitalertragsteuer-Festsetzung
für Mai 2013 vom 26.06.2015 um … EUR
(Kapitalertragsteuer) bzw. … EUR (Solidaritätszuschlag)
- jeweils im Rahmen des Steuerabzugs durch die auszahlende Stelle
bei den Kapitalerträgen i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1a EStG - herabzusetzen.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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