1
|
I. Streitig ist, ob der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die vom Kläger und
Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren (1998 bis
2001) geltend gemachten Vorsteuerbeträge nach dem Totalverlust
der Buchführungsunterlagen zu Recht um 40 % gekürzt
hat.
|
|
|
2
|
Der Kläger ist Einzelunternehmer. Sein
Unternehmen umfasst die eigene gewerbliche Tätigkeit
(Vermietung und Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen) sowie
die gewerbliche Tätigkeit der Betriebs-GmbH (Herstellung und
Vertrieb von Fenstern und Türen), deren alleiniger
Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist.
Seit 1996 liegen die Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen
Organschaft zur Betriebs-GmbH vor (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des
Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung -
UStG - ).
|
|
|
3
|
Am 28.5.2003 erließ das FA
gegenüber dem Kläger eine Prüfungsanordnung, die
auch die Umsatzsteuer der Streitjahre betraf. Nachdem der
Prüfer erfolglos um Vorlage der Prüfungsunterlagen
gebeten hatte und der Prüfungsbeginn auf Antrag des
Klägers wiederholt verschoben wurde, beschloss die
Gesellschafterversammlung der Betriebs-GmbH im August 2003 die
Umfirmierung in C-GmbH und eine Sitzverlegung nach Z. In 2004
veräußerte diese C-GmbH das gesamte Anlage- und
Umlaufvermögen an eine neu gegründete M-GmbH, die im
Dezember 2004 in MF-GmbH umfirmierte.
|
|
|
4
|
Nach Aufforderung, die
Buchführungsunterlagen zwecks Prüfungsbeginns in das FA M
zu bringen, teilte der Kläger mit Schreiben vom 28.6.2004 mit,
dass ihm die Vorlage der erbetenen Unterlagen inzwischen
unmöglich geworden sei. Der Transporter mit den gesamten
Buchungsunterlagen und der EDV-Anlage, auf der die Buchführung
gespeichert war, sei am 23.6.2004 vom Betriebsgelände
gestohlen worden.
|
|
|
5
|
Die zwischen 10.1.2006 und 27.4.2007
durchgeführte Außenprüfung führte dazu, dass
die - nicht durch Belegzweitschriften nachgewiesenen -
Vorsteuerbeträge (1998: 974.240,69 DM, 1999: 826.554,04 DM,
2000: 690.080,64 DM, 2001: 564.389,70 DM) im Schätzungswege um
40 % gekürzt wurden (Bp-Bericht vom 23.5.2007). Unter
Berücksichtigung der Betriebsprüfungen der Vorjahre und
der allgemeinen Lebenserfahrung ging der Prüfer davon aus,
dass zumindest ein Teil der Originalrechnungen zum Zeitpunkt der
Buchungen und der Geltendmachung des jeweiligen Vorsteuerabzugs
vorgelegen hätten. In den beiden vorherigen
Betriebsprüfungen sei der Vorsteuerabzug aus den
verschiedensten Gründen und im Einzelfall bis zu 25 % des
geltend gemachten Vorsteuerabzugs nicht anerkannt worden. Da diese
Prüfungen immer nur auszugsweise und punktuell erfolgt seien
und bei genauerer und umfassender Prüfung vielleicht noch
weitere Beträge nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen worden
wären, sei die Nichtanerkennung von 40 % des jährlich
geltend gemachten Vorsteuerabzugs angemessen. Unter Bezugnahme auf
den Bericht der Betriebsprüfung erließ das FA am
21.6.2007 die streitgegenständlichen
Umsatzsteuerbescheide.
|
|
|
6
|
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene
Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Das FG entschied
in seinem in EFG 2013, 1715 = SIS 13 23 71 veröffentlichten
Urteil, es sei nicht zu beanstanden, dass das FA die Vorsteuern nur
in Höhe von 60 v.H. der vom Kläger im
Voranmeldungsverfahren erklärten Beträge
berücksichtigt habe.
|
|
|
7
|
Mit seiner Revision rügt der
Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG
habe sowohl gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen
Gehörs als auch gegen den Untersuchungsgrundsatz und die
Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verstoßen, da es die
angebotenen Zeugen nicht vernommen und die vorgelegte
eidesstattliche Versicherung nicht in seine Entscheidungsfindung
einbezogen habe.
|
|
|
8
|
Die vom FG gestellten Anforderungen, wonach
im Einzelnen und zu jeder Rechnung vorgetragen werden müsse,
aus welcher Lieferung und Leistung der Vorsteuerabzug begehrt werde
und zudem Angaben zum Leistungsgegenstand, Leistungszeitpunkt und
zur Höhe des Entgelts erforderlich seien, widersprächen
der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH -
(BFH-Beschluss vom 12.5.2003 V B 226/02, BFH/NV 2003, 1226 = SIS 03 37 61; BFH-Urteile vom 5.8.1988 X R 55/81, BFHE 154, 477, BStBl II
1989, 120 = SIS 88 24 29, sowie vom 16.4.1997 XI R 63/93, BFHE 182,
440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52). Danach fordere der BFH
nicht, dass die Inhalte der Originalrechnungen im Einzelnen
vorgetragen werden müssten. Vielmehr müsse der
Kläger lediglich nachweisen, dass ein anderer Unternehmer eine
Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erstellt und ihm
ausgehändigt habe. Im Urteil vom 1.4.1982 V R 66/77 betreffend
die Vernichtung sämtlicher Unterlagen durch Brand sei als
Zeugin eine Buchhalterin benannt worden. Der BFH habe
ausgeführt, dass diese habe vernommen werden müssen, um
der gerichtlichen Ermittlungspflicht des § 76 Abs. 1 Satz 1
der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerecht zu werden. An keiner Stelle
sei jedoch ausgeführt worden, die Zeugin müsse zu jeder
einzelnen Rechnung, zum Leistungsgegenstand, dem Leistungszeitpunkt
und der Höhe des Entgelts dezidiert vortragen. Damit liefen
die vom FG gestellten Anforderungen auf eine vollständige
Entwertung der BFH-Rechtsprechung hinaus.
|
|
|
9
|
Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.2.2013 2 K 1037/10 aufzuheben
und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG
des Landes Sachsen-Anhalt zurückzuverweisen.
|
|
|
10
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
11
|
Es macht sich im Wesentlichen die
Ausführungen in den Entscheidungsgründen des FG-Urteils
zu eigen.
|
|
|
12
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im
Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch
auf Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge hat.
|
|
|
13
|
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG
kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG
gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem
anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt
worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der
Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für
Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze
verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a
der Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und sind entsprechend dieser
Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (ständige
Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6.5.2010 V R 29/09,
BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885 = SIS 10 23 34, unter II.1.,
sowie vom 9.12.2010 V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53 =
SIS 11 06 15, unter II.1.a, m.w.N.).
|
|
|
14
|
a) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht
gemäß Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn der
Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht (vgl. BFH-Urteil vom
1.7.2004 V R 33/01, BFHE 206, 463, BStBl II 2004, 861 = SIS 04 35 04, unter II.3.). Dies ist nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG der Zeitpunkt, in dem die Lieferung des Gegenstands oder
die Dienstleistung bewirkt wird (Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - vom 29.4.2004 C-152/02, Terra
Baubedarf-Handel GmbH, Slg. 2004, I-05583 = SIS 04 23 36, Rz
31).
|
|
|
15
|
b) Das entstandene Recht auf Vorsteuerabzug
kann erst dann ausgeübt werden, wenn der Steuerpflichtige im
Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist (EuGH-Urteil
Terra Baubedarf in Slg. 2004, I-5583, Rz 31; BFH-Urteil in BFHE
206, 463, BStBl II 2004, 861 = SIS 04 35 04). Damit ist die
Ausübung des Vorsteuerabzugs an den Besitz der
Originalrechnung oder des Dokuments geknüpft, das nach den vom
jeweiligen Mitgliedstaat festgelegten Kriterien als Rechnung
betrachtet werden kann (EuGH-Urteil Terra Baubedarf in Slg. 2004,
I-05583, Rz 31, sowie EuGH-Urteil vom 5.12.1996, Reisdorf, C-85/95,
Slg. 1996, I-6257 = SIS 97 05 24, Rz 22).
|
|
|
16
|
aa) Unionsrechtlich ist dafür der Besitz
einer nach Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ausgestellten
Rechnung erforderlich. Diese muss als Mindestangaben den Preis ohne
Steuer und den auf die einzelnen Steuersätze entfallenden
Steuerbetrag sowie ggf. die Steuerbefreiung ausweisen (Art. 22 Abs.
3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG).
|
|
|
17
|
bb) Darüber hinausgehende Anforderungen
ergaben sich in den Streitjahren nach der Rechtsprechung des Senats
aus dem nationalen Recht auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 3
Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG vor Änderung durch die
Richtlinie 2003/92/EG vom 7.10.2003. Danach knüpfte § 15
Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG mit den Worten „Rechnungen im
Sinne des § 14“ an die Regelung in § 14 Abs. 4
UStG an, nicht an diejenige in § 14 Abs. 1 UStG (BFH-Urteile
vom 27.7.2000 V R 55/99, BFHE 193, 156, BStBl II 2001, 426 = SIS 01 01 60; in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52; vom
17.9.1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205 = SIS 93 04 39). Deshalb musste eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung
zwar nicht sämtliche der in § 14 Abs. 1 UStG
aufgeführten Merkmale aufweisen. Erforderlich waren jedoch
Angaben tatsächlicher Art in der Rechnung, aus denen sich
zweifelsfrei ergibt, der Rechnungsaussteller habe Lieferungen oder
sonstige Leistungen an den Leistungs-empfänger erbracht,
für die die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt wurde
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 24.9.1987 V R
50/85, BFHE 153, 86, BStBl II 1988, 688 = SIS 88 12 24, unter
II.6., und vom 29.4.1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584, sowie vom
10.11.1994 V R 45/93, BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395 = SIS 95 09 42). Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung musste
dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine
eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung
ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur
Ermittlung dieser Voraussetzungen erforderlich war, richtete sich
nach den Umständen des Einzelfalles (BFH-Urteil vom 12.12.1996
V R 16/96, BFH/NV 1997, 717, m.w.N.).
|
|
|
18
|
c) Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug
geltend macht, hat die Darlegungs- und Feststellungslast für
alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 27.6.1996 V R
51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620 = SIS 96 24 01,
m.w.N.).
|
|
|
19
|
aa) Es ist daher regelmäßig Sache
des Leistungsempfängers darzulegen und nachzuweisen, dass der
Vorsteueranspruch entstanden ist, er also Leistungen von einem
Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat.
|
|
|
20
|
bb) Weiterhin hat der Unternehmer darzulegen
und nachzuweisen, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung
in Besitz hatte. § 15 Abs. 1 UStG erfordert dagegen nicht,
dass das Abrechnungspapier auch noch in einem späteren
Zeitpunkt vorhanden ist.
|
|
|
21
|
Den Nachweis darüber, dass ihm ein
anderer Unternehmer Steuerbeträge für Lieferungen oder
sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der
Unternehmer nicht allein durch Vorlage der Originalrechnung
führen. Besitzt er diese nicht mehr, können die
Mitgliedstaaten andere Beweise zulassen, aus denen sich ergibt,
dass der Umsatz, auf den sich der Antrag auf Vorsteuerabzug
bezieht, tatsächlich stattgefunden hat (EuGH-Urteil Reisdorf
in Slg. 1996, I-6257). Im Anschluss hieran hat der BFH im Urteil in
BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52 entschieden, die
Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug setze voraus, dass der
Steuerpflichtige im Besitz der Originalrechnung ist. Den Nachweis,
dass diese Voraussetzung erfüllt war, könne der
Steuerpflichtige nicht nur durch Vorlage der Originalrechnung,
sondern mit allen nach der Finanzgerichtsordnung
verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen
(BFH-Urteil in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52;
BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1226 = SIS 03 37 61).
|
|
|
22
|
cc) Entscheidend ist, dass die
Finanzbehörde oder im Falle eines Rechtsstreits das FG die
Überzeugung gewinnt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einschließlich des
(ursprünglichen) Rechnungsbesitzes vorliegen (BFH-Beschluss
vom 31.7.2007 V B 156/06, BFH/NV 2008, 416 = SIS 08 11 64, unter
II.1.b, unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19.11.1998 V R 102/96,
BFHE 187, 344, BStBl II 1999, 255 = SIS 99 02 57).
|
|
|
23
|
d) Lagen im Zeitpunkt der Geltendmachung des
Vorsteuerabzugs Originalrechnungen anderer Unternehmer mit
gesondertem Steuerausweis vor, die aber danach verlorengegangen
sind und nicht mehr rekonstruiert werden können, sind die
abziehbaren Vorsteuerbeträge zu schätzen (§ 162 der
Abgabenordnung - AO - ). Denn die erfolgte Rechnungstellung wird
durch den Verlust der Rechnungen nicht aufgehoben (BFH-Urteil vom
1.4.1982 V R 66/77, juris). Der fehlende Nachweis des
Rechnungsbesitzes kann dagegen nicht durch eine Schätzung
ersetzt werden (BFH-Urteil vom 12.6.1986 V R 75/78, BFHE 146, 569,
BStBl II 1986, 721 = SIS 86 16 29; BFH-Beschlüsse vom
26.11.1997 V B 48/97, BFH/NV 1998, 563, und vom 28.12.2001 V B
148/01, BFH/NV 2002, 682 = SIS 02 62 70).
|
|
|
24
|
2. Nach diesen Maßstäben steht dem
Kläger kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer
Vorsteuerbeträge zu.
|
|
|
25
|
a) Wie das FG zu Recht entschieden hat, fehlt
es im Streitfall bereits an den Voraussetzungen für die
Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG). Denn der Kläger hat weder dargelegt noch nachgewiesen,
welche konkreten Leistungen er von anderen Unternehmen für
sein Unternehmen tatsächlich bezogen hat. Die im
finanzgerichtlichen Verfahren als Zeugen benannten Personen (B.A.,
K.T., A.O.) sind insoweit ungeeignet, da weder vorgetragen noch
ersichtlich ist, dass diese aus eigener Wahrnehmung Angaben
über den tatsächlichen Leistungsbezug für das
Unternehmen des Klägers machen könnten.
|
|
|
26
|
Auch sind diese Zeugen vom Kläger
lediglich zum Nachweis seiner Behauptung benannt worden, dass in
den erstellten Umsatzsteuererklärungen nur solche
Vorsteuerbeträge geltend gemacht worden seien, für die
auch entsprechende Originalrechnungen vorgelegen hätten. Das
Vorliegen von Originalrechnungen besagt indes nichts darüber,
ob der Kläger die in Rechnung gestellten Leistungen
tatsächlich bezogen hat (Stadie in Rau/Dürrwächter,
UStG, § 14 Rz 42 und 44, sowie § 15 Rz 85).
|
|
|
27
|
Entgegen der Ansicht des Klägers
widerspricht das Erfordernis der Darlegung und des Nachweises von
Einzelheiten des tatsächlichen Leistungsbezuges nicht der von
ihm bezeichneten BFH-Rechtsprechung. Diese betrifft lediglich die
Nachweismöglichkeiten beim Verlust der Originalrechnung und
damit die Ausübungsvoraussetzung des Vorsteuerabzugs. Der
fehlende Nachweis der Entstehung des Vorsteueranspruchs kann nicht
durch den Nachweis der Ausübungsvoraussetzung ersetzt
werden.
|
|
|
28
|
b) Das FG hat keinen Verfahrensfehler
begangen, indem es die eidesstattliche Versicherung nicht in seinem
Urteil berücksichtigt und eine Beweisaufnahme durch Vernehmung
der angebotenen Zeugen abgelehnt hat.
|
|
|
29
|
aa) Soweit die im finanzgerichtlichen
Verfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Buchhalterin
B.A. zum Inhalt hat, dass formell ordnungsgemäße
Rechnungen des Lieferanten i.S. von § 14 UStG vorgelegen
hätten, ist diese zur Glaubhaftmachung ungeeignet, da sie
keine Tatsachen, sondern eine rechtliche Schlussfolgerung
beinhaltet. Die Richtigkeit einer Rechtsansicht kann nicht
eidesstattlich versichert werden (vgl. Seer in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 95 AO Rz 5).
|
|
|
30
|
bb) Entgegen der Ansicht des FG beziehen sich
der vom Kläger angebotene Zeugenbeweis jedoch nicht und die
eidesstattliche Versicherung nicht nur auf diese rechtliche
Schlussfolgerung, sondern (auch) auf die dem Beweis
zugängliche Tatsache, ob dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt
der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs die
Original-Eingangsrechnungen vorgelegen haben.
|
|
|
31
|
(1) Nach ständiger Rechtsprechung kann
der Unternehmer beim Verlust der Originalrechnung den Nachweis,
dass diese bei Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Besitz des
Unternehmers war, mit allen verfahrensrechtlich zulässigen
Beweismitteln führen (BFH-Urteile in BFHE 182, 440, BStBl II
1997, 582 = SIS 97 17 52 Leitsatz 2, sowie in BFHE 154, 477, BStBl
II 1989, 120 = SIS 88 24 29; BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1226 =
SIS 03 37 61). Bei diesem Nachweis geht es somit nicht um den
Besitz einer nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung,
sondern lediglich um das vormalige Vorhandensein der
Originalurkunde.
|
|
|
32
|
(a) Als Beweismittel kommen in erster Linie
Kopien oder Zweitausfertigungen der Originalrechnung in Betracht.
So hat der BFH im Urteil in BFHE 154, 477, BStBl II 189, 120
Vorsteuerbeträge aufgrund der Vorlage einer Rechnungskopie
anerkannt, nachdem sich die Existenz eines Durchschlags dieser
Rechnung bei dem liefernden Unternehmen und einer weiteren
Fotokopie bei den Akten einer mit dem Kläger in
Geschäftsbeziehung stehenden Bezirkssparkasse herausgestellt
hatte und überdies feststand, dass die erbrachte Leistung
getilgt worden war. Nicht ausreichend ist dagegen im Regelfall die
Kopie eines Vorsteuerkontos aus der Buchführung (vgl.
BFH-Beschluss vom 14.4.2000 V B 157/99, BFH/NV 2000, 1373 = SIS 00 14 11).
|
|
|
33
|
(b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann
der Beweis des Vorliegens von Originalrechnungen mit allen
verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln [vgl. oben II.2.b
bb (1)] und damit auch durch Zeugen erbracht werden.
|
|
|
34
|
Einem entsprechenden Beweisantrag muss das FG
allerdings nur dann nachkommen, wenn dieser hinreichend
substantiiert ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14.7.2008 II B
5/08, BFH/NV 2008, 1815 = SIS 08 37 94; vom 13.8.2002 VII B 267/01,
BFH/NV 2003, 63 = SIS 03 06 74; vom 17.3.2003 VII B 269/02, BFH/NV
2003, 825 = SIS 03 24 77, und vom 2.3.2006 XI B 79/05, BFH/NV 2006,
1132 = SIS 06 21 59). Das setzt voraus, dass das Beweisthema und
das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf
einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben werden
(BFH-Beschlüsse vom 21.11.2002 VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485 =
SIS 03 17 78, und vom 12.12.2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736 = SIS 08 17 14). Beweisermittlungs- oder Beweisausforschungsanträge,
die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung
selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen
aufdecken soll, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme dagegen
nicht nahe zu legen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 1132 = SIS 06 21 59, und vom 6.9.2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166 = SIS 05 48 09).
|
|
|
35
|
(2) Unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze liegen im Streitfall keine hinreichend bestimmten
Beweisanträge vor:
|
|
|
36
|
Der Kläger hat lediglich in pauschaler
und damit in unbestimmter Weise behauptet, die von ihm benannten
Zeugen könnten aussagen, dass für alle Lieferungen und
Leistungen des Anlage- und Umlaufvermögens entsprechende
Rechnungen im Original vorgelegen hätten. Damit fehlt die
Bezugnahme auf einzelne konkrete Tatsachen, zu denen sich die
Zeugen äußern sollen. Die hinreichende Substantiierung
eines Beweisantrages erfordert danach, dass er sich auf das
Vorliegen der Originalrechnung für eine konkret bezeichnete
Eingangsleistung (vgl. unter II.2.a) beziehen. Das FG hat daher im
Ergebnis ohne Verfahrensverstoß eine Vernehmung der
Buchhalterin B.A., des Steuerberaters K.T. und der Sachbearbeiterin
A.O. abgelehnt.
|