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Vorsteuerabzug bei Totalverlust der Rechnungen

Vorsteuerabzug bei Totalverlust der Rechnungen: 1. Den Nachweis darüber, dass ein anderer Unternehmer Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der Unternehmer mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen. - 2. Einem Beweisantrag auf Vernehmung von Zeugen muss das FG nur dann nachkommen, wenn dieser hinreichend substantiiert ist. Dies setzt voraus, dass er sich auf das Vorliegen von Originalrechnungen für konkret bezeichnete Eingangsleistungen bezieht. - Urt.; BFH 23.10.2014, V R 23/13; SIS 14 33 32

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Vorsteuerabzug
Fundstellen
  1. BFH 23.10.2014, V R 23/13
    BStBl 2015 II S. 313
    DStR 2015 S. 71
    BFHE 247 S. 480

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 11.2.2015
    Heu in DStR 1-2/2015 S. 75
    J.G. in AktStR 1/2015 S. 99
    Ch.W. in BFH/PR 3/2015 S. 100
    G.M. in HFR 3/2015 S. 289
Normen
[AO 1977] § 95, § 162
[RL 77/388/EWG] Art. 17 Abs. 1, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Art. 22 Abs. 3
[UStG] § 14, § 15 Abs. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG des Landes Sachsen-Anhalt, 20.02.2013, SIS 13 23 71, Vorsteuerabzug, Rechnung, Schätzung, Zeuge, Beweis
Zitiert in... / geändert durch...
  • Hessisches FG 22.11.2022, SIS 23 07 92, Keine Differenzbesteuerung bei Neuwaren: 1. Die Lieferung von Neuwaren fällt nicht unter die Differenzbes...
  • FG Münster 23.3.2022, SIS 22 09 18, Vorsteuerabzug, Erfordernis der Vorlage einer ordnungsgemäßen Rechnung: 1. Unter Berücksichtigung der uni...
  • FG München 30.11.2020, SIS 21 13 86, Gewerblicher Goldhandel einer General Partnership englischen Rechts: 1. Wird kurzfristig in erheblichen U...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 9.9.2020, SIS 22 07 22, Vorsteuerabzug trotz fehlender Angabe des Lieferzeitpunkts in der Eingangsrechnung: Eine zum Vorsteuerabz...
  • Sächsisches FG 16.1.2020, SIS 20 20 09, Feststellungslast für das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterzieh...
  • BFH 15.10.2019, SIS 20 00 18, Rechnungsanforderungen für den Vorsteuerabzug: Der Vorsteuerabzug setzte nach der Rechtslage im Jahr 1999...
  • BFH 14.2.2019, SIS 19 13 29, Steuerhaftung des Rechtsanwalts: Der Einwendungsausschluss nach § 166 AO kann auch zu Lasten eines vom St...
  • BFH 13.12.2018, SIS 18 22 69, Zu den materiellen Merkmalen des Vorsteuerabzugs: 1. Für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen de...
  • BFH 5.12.2018, SIS 18 22 05, Zum Rechnungsmerkmal "vollständige Anschrift" bei der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug: 1. Für die ...
  • FG Nürnberg 1.9.2017, SIS 17 24 86, Bestimmung des Zeitpunkts einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung, umsatzsteuerliche Berichtigung bei spät...
  • BFH 30.8.2017, SIS 17 20 60, Vergütungsverfahren, vorzulegende Belege (Rechtslage vom 1.1.2010 bis 29.12.2014): Dem Vergütungsantrag i...
  • FG München 24.8.2017, SIS 18 07 18, Vorsteuerabzug aus der nachträglichen Anschaffung eines Stromspeichers zu einer Photovoltaikanlage: 1. Im...
  • BFH 17.5.2017, SIS 17 11 80, Anforderungen an die Belegvorlage im Vergütungsverfahren: Auch die Kopie einer Rechnungskopie ist eine Ko...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • BFH 20.10.2016, SIS 17 02 03, Versagung des Vorsteuerabzugs aus Gutschriften, weil in der Gutschrift nicht der leistende Unternehmer ge...
  • BFH 20.10.2016, SIS 16 26 03, Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung, Voraussetzungen d...
  • BFH 6.4.2016, SIS 16 11 74, Zum Vorsteuerabzug bei Einwerbung von Kapital für einen Beteiligungserwerb: 1. Kosten, die einer Holdingg...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BMF 15.12.2015, SIS 15 29 99, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31. Dezember 2015: Der UStAE wurde in zahlreich Punkten geä...
  • BFH 8.7.2015, SIS 15 21 08, Kein Vorsteuerabzug, wenn in der zugrunde liegenden Rechnung lediglich Scheinsitz des Leistenden angegebe...
  • FG München 9.6.2015, SIS 15 24 10, Nachträglich eingebauter Stromspeicher als eigenständiges Zuordnungsobjekt: 1. Ein nachträglich erworbene...
  • FG Rheinland-Pfalz 15.1.2015, SIS 16 08 83, Gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte bei Betrieb eines Blockheizkraftwerks durch Wohnun...
Fachaufsätze
  • LIT 03 03 37 J. Grune, AktStR 1/2015 S. 99: Vorsteuerabzug bei Totalverlust der Rechnung - Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 23.10.2014, V R 23/13 = SIS...

 

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren (1998 bis 2001) geltend gemachten Vorsteuerbeträge nach dem Totalverlust der Buchführungsunterlagen zu Recht um 40 % gekürzt hat.

 

 

2

Der Kläger ist Einzelunternehmer. Sein Unternehmen umfasst die eigene gewerbliche Tätigkeit (Vermietung und Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen) sowie die gewerbliche Tätigkeit der Betriebs-GmbH (Herstellung und Vertrieb von Fenstern und Türen), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist. Seit 1996 liegen die Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft zur Betriebs-GmbH vor (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung - UStG - ).

 

 

3

Am 28.5.2003 erließ das FA gegenüber dem Kläger eine Prüfungsanordnung, die auch die Umsatzsteuer der Streitjahre betraf. Nachdem der Prüfer erfolglos um Vorlage der Prüfungsunterlagen gebeten hatte und der Prüfungsbeginn auf Antrag des Klägers wiederholt verschoben wurde, beschloss die Gesellschafterversammlung der Betriebs-GmbH im August 2003 die Umfirmierung in C-GmbH und eine Sitzverlegung nach Z. In 2004 veräußerte diese C-GmbH das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen an eine neu gegründete M-GmbH, die im Dezember 2004 in MF-GmbH umfirmierte.

 

 

4

Nach Aufforderung, die Buchführungsunterlagen zwecks Prüfungsbeginns in das FA M zu bringen, teilte der Kläger mit Schreiben vom 28.6.2004 mit, dass ihm die Vorlage der erbetenen Unterlagen inzwischen unmöglich geworden sei. Der Transporter mit den gesamten Buchungsunterlagen und der EDV-Anlage, auf der die Buchführung gespeichert war, sei am 23.6.2004 vom Betriebsgelände gestohlen worden.

 

 

5

Die zwischen 10.1.2006 und 27.4.2007 durchgeführte Außenprüfung führte dazu, dass die - nicht durch Belegzweitschriften nachgewiesenen - Vorsteuerbeträge (1998: 974.240,69 DM, 1999: 826.554,04 DM, 2000: 690.080,64 DM, 2001: 564.389,70 DM) im Schätzungswege um 40 % gekürzt wurden (Bp-Bericht vom 23.5.2007). Unter Berücksichtigung der Betriebsprüfungen der Vorjahre und der allgemeinen Lebenserfahrung ging der Prüfer davon aus, dass zumindest ein Teil der Originalrechnungen zum Zeitpunkt der Buchungen und der Geltendmachung des jeweiligen Vorsteuerabzugs vorgelegen hätten. In den beiden vorherigen Betriebsprüfungen sei der Vorsteuerabzug aus den verschiedensten Gründen und im Einzelfall bis zu 25 % des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nicht anerkannt worden. Da diese Prüfungen immer nur auszugsweise und punktuell erfolgt seien und bei genauerer und umfassender Prüfung vielleicht noch weitere Beträge nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen worden wären, sei die Nichtanerkennung von 40 % des jährlich geltend gemachten Vorsteuerabzugs angemessen. Unter Bezugnahme auf den Bericht der Betriebsprüfung erließ das FA am 21.6.2007 die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide.

 

 

6

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Das FG entschied in seinem in EFG 2013, 1715 = SIS 13 23 71 veröffentlichten Urteil, es sei nicht zu beanstanden, dass das FA die Vorsteuern nur in Höhe von 60 v.H. der vom Kläger im Voranmeldungsverfahren erklärten Beträge berücksichtigt habe.

 

 

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG habe sowohl gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs als auch gegen den Untersuchungsgrundsatz und die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verstoßen, da es die angebotenen Zeugen nicht vernommen und die vorgelegte eidesstattliche Versicherung nicht in seine Entscheidungsfindung einbezogen habe.

 

 

8

Die vom FG gestellten Anforderungen, wonach im Einzelnen und zu jeder Rechnung vorgetragen werden müsse, aus welcher Lieferung und Leistung der Vorsteuerabzug begehrt werde und zudem Angaben zum Leistungsgegenstand, Leistungszeitpunkt und zur Höhe des Entgelts erforderlich seien, widersprächen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH - (BFH-Beschluss vom 12.5.2003 V B 226/02, BFH/NV 2003, 1226 = SIS 03 37 61; BFH-Urteile vom 5.8.1988 X R 55/81, BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120 = SIS 88 24 29, sowie vom 16.4.1997 XI R 63/93, BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52). Danach fordere der BFH nicht, dass die Inhalte der Originalrechnungen im Einzelnen vorgetragen werden müssten. Vielmehr müsse der Kläger lediglich nachweisen, dass ein anderer Unternehmer eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erstellt und ihm ausgehändigt habe. Im Urteil vom 1.4.1982 V R 66/77 betreffend die Vernichtung sämtlicher Unterlagen durch Brand sei als Zeugin eine Buchhalterin benannt worden. Der BFH habe ausgeführt, dass diese habe vernommen werden müssen, um der gerichtlichen Ermittlungspflicht des § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerecht zu werden. An keiner Stelle sei jedoch ausgeführt worden, die Zeugin müsse zu jeder einzelnen Rechnung, zum Leistungsgegenstand, dem Leistungszeitpunkt und der Höhe des Entgelts dezidiert vortragen. Damit liefen die vom FG gestellten Anforderungen auf eine vollständige Entwertung der BFH-Rechtsprechung hinaus.

 

 

9

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.2.2013 2 K 1037/10 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG des Landes Sachsen-Anhalt zurückzuverweisen.

 

 

10

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

11

Es macht sich im Wesentlichen die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des FG-Urteils zu eigen.

 

 

12

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge hat.

 

 

13

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und sind entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6.5.2010 V R 29/09, BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885 = SIS 10 23 34, unter II.1., sowie vom 9.12.2010 V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53 = SIS 11 06 15, unter II.1.a, m.w.N.).

 

 

14

a) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht gemäß Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht (vgl. BFH-Urteil vom 1.7.2004 V R 33/01, BFHE 206, 463, BStBl II 2004, 861 = SIS 04 35 04, unter II.3.). Dies ist nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Zeitpunkt, in dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 29.4.2004 C-152/02, Terra Baubedarf-Handel GmbH, Slg. 2004, I-05583 = SIS 04 23 36, Rz 31).

 

 

15

b) Das entstandene Recht auf Vorsteuerabzug kann erst dann ausgeübt werden, wenn der Steuerpflichtige im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist (EuGH-Urteil Terra Baubedarf in Slg. 2004, I-5583, Rz 31; BFH-Urteil in BFHE 206, 463, BStBl II 2004, 861 = SIS 04 35 04). Damit ist die Ausübung des Vorsteuerabzugs an den Besitz der Originalrechnung oder des Dokuments geknüpft, das nach den vom jeweiligen Mitgliedstaat festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann (EuGH-Urteil Terra Baubedarf in Slg. 2004, I-05583, Rz 31, sowie EuGH-Urteil vom 5.12.1996, Reisdorf, C-85/95, Slg. 1996, I-6257 = SIS 97 05 24, Rz 22).

 

 

16

aa) Unionsrechtlich ist dafür der Besitz einer nach Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ausgestellten Rechnung erforderlich. Diese muss als Mindestangaben den Preis ohne Steuer und den auf die einzelnen Steuersätze entfallenden Steuerbetrag sowie ggf. die Steuerbefreiung ausweisen (Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG).

 

 

17

bb) Darüber hinausgehende Anforderungen ergaben sich in den Streitjahren nach der Rechtsprechung des Senats aus dem nationalen Recht auf der Grundlage von Art. 22 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG vor Änderung durch die Richtlinie 2003/92/EG vom 7.10.2003. Danach knüpfte § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG mit den Worten „Rechnungen im Sinne des § 14“ an die Regelung in § 14 Abs. 4 UStG an, nicht an diejenige in § 14 Abs. 1 UStG (BFH-Urteile vom 27.7.2000 V R 55/99, BFHE 193, 156, BStBl II 2001, 426 = SIS 01 01 60; in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52; vom 17.9.1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205 = SIS 93 04 39). Deshalb musste eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung zwar nicht sämtliche der in § 14 Abs. 1 UStG aufgeführten Merkmale aufweisen. Erforderlich waren jedoch Angaben tatsächlicher Art in der Rechnung, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, der Rechnungsaussteller habe Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Leistungs-empfänger erbracht, für die die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 24.9.1987 V R 50/85, BFHE 153, 86, BStBl II 1988, 688 = SIS 88 12 24, unter II.6., und vom 29.4.1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584, sowie vom 10.11.1994 V R 45/93, BFHE 176, 472, BStBl II 1995, 395 = SIS 95 09 42). Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung musste dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Ermittlung dieser Voraussetzungen erforderlich war, richtete sich nach den Umständen des Einzelfalles (BFH-Urteil vom 12.12.1996 V R 16/96, BFH/NV 1997, 717, m.w.N.).

 

 

18

c) Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, hat die Darlegungs- und Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 27.6.1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620 = SIS 96 24 01, m.w.N.).

 

 

19

aa) Es ist daher regelmäßig Sache des Leistungsempfängers darzulegen und nachzuweisen, dass der Vorsteueranspruch entstanden ist, er also Leistungen von einem Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat.

 

 

20

bb) Weiterhin hat der Unternehmer darzulegen und nachzuweisen, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung in Besitz hatte. § 15 Abs. 1 UStG erfordert dagegen nicht, dass das Abrechnungspapier auch noch in einem späteren Zeitpunkt vorhanden ist.

 

 

21

Den Nachweis darüber, dass ihm ein anderer Unternehmer Steuerbeträge für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der Unternehmer nicht allein durch Vorlage der Originalrechnung führen. Besitzt er diese nicht mehr, können die Mitgliedstaaten andere Beweise zulassen, aus denen sich ergibt, dass der Umsatz, auf den sich der Antrag auf Vorsteuerabzug bezieht, tatsächlich stattgefunden hat (EuGH-Urteil Reisdorf in Slg. 1996, I-6257). Im Anschluss hieran hat der BFH im Urteil in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52 entschieden, die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug setze voraus, dass der Steuerpflichtige im Besitz der Originalrechnung ist. Den Nachweis, dass diese Voraussetzung erfüllt war, könne der Steuerpflichtige nicht nur durch Vorlage der Originalrechnung, sondern mit allen nach der Finanzgerichtsordnung verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen (BFH-Urteil in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52; BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1226 = SIS 03 37 61).

 

 

22

cc) Entscheidend ist, dass die Finanzbehörde oder im Falle eines Rechtsstreits das FG die Überzeugung gewinnt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einschließlich des (ursprünglichen) Rechnungsbesitzes vorliegen (BFH-Beschluss vom 31.7.2007 V B 156/06, BFH/NV 2008, 416 = SIS 08 11 64, unter II.1.b, unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19.11.1998 V R 102/96, BFHE 187, 344, BStBl II 1999, 255 = SIS 99 02 57).

 

 

23

d) Lagen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs Originalrechnungen anderer Unternehmer mit gesondertem Steuerausweis vor, die aber danach verlorengegangen sind und nicht mehr rekonstruiert werden können, sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung - AO - ). Denn die erfolgte Rechnungstellung wird durch den Verlust der Rechnungen nicht aufgehoben (BFH-Urteil vom 1.4.1982 V R 66/77, juris). Der fehlende Nachweis des Rechnungsbesitzes kann dagegen nicht durch eine Schätzung ersetzt werden (BFH-Urteil vom 12.6.1986 V R 75/78, BFHE 146, 569, BStBl II 1986, 721 = SIS 86 16 29; BFH-Beschlüsse vom 26.11.1997 V B 48/97, BFH/NV 1998, 563, und vom 28.12.2001 V B 148/01, BFH/NV 2002, 682 = SIS 02 62 70).

 

 

24

2. Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge zu.

 

 

25

a) Wie das FG zu Recht entschieden hat, fehlt es im Streitfall bereits an den Voraussetzungen für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Denn der Kläger hat weder dargelegt noch nachgewiesen, welche konkreten Leistungen er von anderen Unternehmen für sein Unternehmen tatsächlich bezogen hat. Die im finanzgerichtlichen Verfahren als Zeugen benannten Personen (B.A., K.T., A.O.) sind insoweit ungeeignet, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass diese aus eigener Wahrnehmung Angaben über den tatsächlichen Leistungsbezug für das Unternehmen des Klägers machen könnten.

 

 

26

Auch sind diese Zeugen vom Kläger lediglich zum Nachweis seiner Behauptung benannt worden, dass in den erstellten Umsatzsteuererklärungen nur solche Vorsteuerbeträge geltend gemacht worden seien, für die auch entsprechende Originalrechnungen vorgelegen hätten. Das Vorliegen von Originalrechnungen besagt indes nichts darüber, ob der Kläger die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich bezogen hat (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 14 Rz 42 und 44, sowie § 15 Rz 85).

 

 

27

Entgegen der Ansicht des Klägers widerspricht das Erfordernis der Darlegung und des Nachweises von Einzelheiten des tatsächlichen Leistungsbezuges nicht der von ihm bezeichneten BFH-Rechtsprechung. Diese betrifft lediglich die Nachweismöglichkeiten beim Verlust der Originalrechnung und damit die Ausübungsvoraussetzung des Vorsteuerabzugs. Der fehlende Nachweis der Entstehung des Vorsteueranspruchs kann nicht durch den Nachweis der Ausübungsvoraussetzung ersetzt werden.

 

 

28

b) Das FG hat keinen Verfahrensfehler begangen, indem es die eidesstattliche Versicherung nicht in seinem Urteil berücksichtigt und eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der angebotenen Zeugen abgelehnt hat.

 

 

29

aa) Soweit die im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Buchhalterin B.A. zum Inhalt hat, dass formell ordnungsgemäße Rechnungen des Lieferanten i.S. von § 14 UStG vorgelegen hätten, ist diese zur Glaubhaftmachung ungeeignet, da sie keine Tatsachen, sondern eine rechtliche Schlussfolgerung beinhaltet. Die Richtigkeit einer Rechtsansicht kann nicht eidesstattlich versichert werden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 95 AO Rz 5).

 

 

30

bb) Entgegen der Ansicht des FG beziehen sich der vom Kläger angebotene Zeugenbeweis jedoch nicht und die eidesstattliche Versicherung nicht nur auf diese rechtliche Schlussfolgerung, sondern (auch) auf die dem Beweis zugängliche Tatsache, ob dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs die Original-Eingangsrechnungen vorgelegen haben.

 

 

31

(1) Nach ständiger Rechtsprechung kann der Unternehmer beim Verlust der Originalrechnung den Nachweis, dass diese bei Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Besitz des Unternehmers war, mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen (BFH-Urteile in BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582 = SIS 97 17 52 Leitsatz 2, sowie in BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120 = SIS 88 24 29; BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1226 = SIS 03 37 61). Bei diesem Nachweis geht es somit nicht um den Besitz einer nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung, sondern lediglich um das vormalige Vorhandensein der Originalurkunde.

 

 

32

(a) Als Beweismittel kommen in erster Linie Kopien oder Zweitausfertigungen der Originalrechnung in Betracht. So hat der BFH im Urteil in BFHE 154, 477, BStBl II 189, 120 Vorsteuerbeträge aufgrund der Vorlage einer Rechnungskopie anerkannt, nachdem sich die Existenz eines Durchschlags dieser Rechnung bei dem liefernden Unternehmen und einer weiteren Fotokopie bei den Akten einer mit dem Kläger in Geschäftsbeziehung stehenden Bezirkssparkasse herausgestellt hatte und überdies feststand, dass die erbrachte Leistung getilgt worden war. Nicht ausreichend ist dagegen im Regelfall die Kopie eines Vorsteuerkontos aus der Buchführung (vgl. BFH-Beschluss vom 14.4.2000 V B 157/99, BFH/NV 2000, 1373 = SIS 00 14 11).

 

 

33

(b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Beweis des Vorliegens von Originalrechnungen mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln [vgl. oben II.2.b bb (1)] und damit auch durch Zeugen erbracht werden.

 

 

34

Einem entsprechenden Beweisantrag muss das FG allerdings nur dann nachkommen, wenn dieser hinreichend substantiiert ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14.7.2008 II B 5/08, BFH/NV 2008, 1815 = SIS 08 37 94; vom 13.8.2002 VII B 267/01, BFH/NV 2003, 63 = SIS 03 06 74; vom 17.3.2003 VII B 269/02, BFH/NV 2003, 825 = SIS 03 24 77, und vom 2.3.2006 XI B 79/05, BFH/NV 2006, 1132 = SIS 06 21 59). Das setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben werden (BFH-Beschlüsse vom 21.11.2002 VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485 = SIS 03 17 78, und vom 12.12.2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736 = SIS 08 17 14). Beweisermittlungs- oder Beweisausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme dagegen nicht nahe zu legen (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 1132 = SIS 06 21 59, und vom 6.9.2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166 = SIS 05 48 09).

 

 

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(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen im Streitfall keine hinreichend bestimmten Beweisanträge vor:

 

 

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Der Kläger hat lediglich in pauschaler und damit in unbestimmter Weise behauptet, die von ihm benannten Zeugen könnten aussagen, dass für alle Lieferungen und Leistungen des Anlage- und Umlaufvermögens entsprechende Rechnungen im Original vorgelegen hätten. Damit fehlt die Bezugnahme auf einzelne konkrete Tatsachen, zu denen sich die Zeugen äußern sollen. Die hinreichende Substantiierung eines Beweisantrages erfordert danach, dass er sich auf das Vorliegen der Originalrechnung für eine konkret bezeichnete Eingangsleistung (vgl. unter II.2.a) beziehen. Das FG hat daher im Ergebnis ohne Verfahrensverstoß eine Vernehmung der Buchhalterin B.A., des Steuerberaters K.T. und der Sachbearbeiterin A.O. abgelehnt.