Auf die Revision des Beklagten und der
Revisionskläger zu 2. und 3. wird das Urteil des
Finanzgerichts Hamburg vom 18.4.2012 3 K 89/11 = SIS 12 20 34
aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Hamburg
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens übertragen.
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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin)
anlässlich ihres Ausscheidens aus einer in Form einer
Personengesellschaft betriebenen Wirtschaftsprüfungs-,
Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät einen Gewinn zu
versteuern hat.
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Die Klägerin war zu 20 % an der
Sozietät ... (Sozietät) beteiligt, die neben ihrer
Hauptniederlassung in X eine Zweigniederlassung in Y unterhielt und
ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte
(§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Weitere
Gesellschafter waren die Revisionskläger zu 2. und 3. und die
Beigeladenen zu 1., 2. und 4. Der Beigeladene zu 3. trat zum
15.12.2006 in die Sozietät ein; der Beigeladene zu 4. schied
im Jahr 2008 aus der Sozietät aus.
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Mit Schreiben vom 25.7.2005 stellte die
Sozietät beim Beklagten und Revisionskläger zu 1.
(Finanzamt - FA - ) einen Antrag auf Erteilung einer
„verbindlichen Auskunft“ über die Folgen des
Ausscheidens der Klägerin gegen Übernahme der Y
Niederlassung und einer bis zu ihrem 65. Lebensjahr zu zahlenden
monatlichen Rente. Mit Schreiben vom 12.8.2005 erteilte das FA der
Sozietät antragsgemäß die Auskunft, die
Klägerin könne aus der Sozietät grundsätzlich
nach Realteilungsgrundsätzen i.S. des § 16 Abs. 3 EStG zu
Buchwerten ausscheiden. Eine ihr aus diesem Anlass gewährte
Rente führe bei ihr zu einem Veräußerungsgewinn und
bei den zurückbleibenden Gesellschaftern zu zusätzlichen
Anschaffungskosten. Die Klägerin könne im Hinblick auf
die ihr gewährte Rente das ertragsteuerliche Wahlrecht
zwischen der Sofort- und der Zuflussbesteuerung
ausüben.
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Mit Vertrag vom 15.12.2005 vereinbarten die
Gesellschafter, dass die Klägerin aus der Sozietät
ausscheiden und die Y Praxis mit Wirkung zum 2.1.2006
übernehmen, die X Praxis aber von den übrigen
Gesellschaftern weitergeführt werden solle. Der Vertrag
enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
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„§ 11 Ergebnisverteilung
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(1) Im Rahmen der Realteilung und des
Ausscheidens aus ... (der Sozietät) ist keine besondere
Ergebnisermittlung und Ergebnisverteilung auf den Stichtag
erforderlich.
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(2) Die Ergebniszurechnung für die
Jahre 2005 bis 2006 erfolgt für ... (die Klägerin)
pauschal. Sie soll nicht erst aufgrund der Ergebnisse per
31.12.2005 bzw. 31.12.2006 vorgenommen werden.
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(3) Die bisherigen Grundsätze
über die Ergebnisermittlung werden fortgesetzt. Vor diesem
Hintergrund stehen die Ergebnisse der Y Zweigniederlassung per
31.12.2005 und per 2.1.2006 - als Teil des Gesamtergebnisses (der
Sozietät der Klägerin) ... zu. Vom Jahresergebnis
erhält ... (die Klägerin) für das Kalenderjahr 2005
einen Anteil von EUR 297.000 und für das Kalenderjahr 2006
einen Anteil von EUR 850.
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(4) Der Saldo aller Bankkonten der Y Praxis
... inklusive des Kassenbestandes des Y Teilbetriebes hat diesen
Gewinnanteil zuzüglich der in der Vergangenheit bisher von ...
(der Klägerin) nicht entnommenen Gewinnanteile abzüglich
der Y Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (abzüglich
Wertberichtigungen und Umsatzsteuer) zuzüglich der gem. §
7 Abs. (4) erfassten Kosten um EUR 220.000 zu übersteigen.
...“
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Außerdem waren für die
Reduzierung des Y Personalbestandes (Abfindung, Lohnfortzahlung bei
Freistellung, Rechtskosten) pauschal 80.000 EUR zu zahlen und die X
Praxis sollte die Kosten für die Datenumstellung in Y bis zur
Höhe von 10.000 EUR tragen (§ 12 des Vertrages). Ferner
war die Sozietät nach § 15 der Vereinbarung verpflichtet,
der Klägerin „zur wirtschaftlichen Absicherung und
Versorgung“ mit Wirkung ab 3.1.2006 eine monatliche Rente von
5.000 EUR bis Mai 2016 zu zahlen. Für diese Verpflichtung der
Sozietät hafteten alle Gesellschafter auch
persönlich.
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Seit dem 3.1.2006 wurde die Y Praxis, der
zuvor entsprechend den vorstehenden Vereinbarungen weitere 310.000
EUR zugeordnet worden waren, im Außenverhältnis von der
Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. geführt, der am
Gesellschaftsvermögen und Gewinn allerdings nicht beteiligt
war. Sowohl die Klägerin als auch die Sozietät
ermittelten ihre Gewinne nach der Trennung durch
Einnahmenüberschussrechnung.
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Am 15.11.2007 reichte die Sozietät die
Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 2006 ein und erklärte darin
einen Gesamtgewinn der Gesellschaft von 2.388.657,92 EUR, von dem
auf die Klägerin ein laufender Gewinn in Höhe von 850 EUR
und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 623.620,33
EUR entfiel. In Höhe des Veräußerungsgewinns wurden
bei den verbliebenen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer
Beteiligungen Verluste abgezogen.
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Daraufhin führte das FA bei der
Sozietät eine Außenprüfung für die Jahre 2002
bis 2006 durch und kam zu dem Ergebnis, dass der erklärte
Veräußerungsgewinn laufender Gewinn in der Form eines
Übergangsgewinns sei. Die von der Sozietät eingereichte
Auseinandersetzungsbilanz weise ein nach
Bilanzierungsgrundsätzen ermitteltes Kapitalkonto der
Klägerin von 604.379,88 EUR aus, das sich aus den zum Stichtag
anteilig noch nicht abgerechneten Forderungen und halbfertigen
Mandantenarbeiten abzüglich anteiliger Verbindlichkeiten sowie
aus den nach dem Auseinandersetzungsvertrag zu leistenden Zahlungen
von insgesamt 310.000 EUR ergebe. Dieser Gewinn aus dem
Übergang von der Einnahmenüberschussrechnung zur
Bilanzierung sei von der Klägerin zusätzlich zu
versteuern und bei den verbliebenen Gesellschaftern als Aufwand zu
berücksichtigen. Aus den von der Sozietät vorgelegten
Bestandskonten der Einnahmenüberschussrechnung ergebe sich
zudem zu Lasten der Klägerin eine bisher noch nicht
versteuerte Überentnahme von 19.240,95 EUR. Das FA
erließ am 11.6.2008 einen Feststellungsbescheid
gegenüber der Sozietät, in dem es der Klägerin einen
Anteil von 624.470,33 EUR an den Einkünften aus
selbständiger Arbeit zurechnete.
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Mit der dagegen nach erfolglosem Einspruch
erhobenen Klage begehrte die Klägerin, den auf sie
entfallenden Gewinn auf 850 EUR herabzusetzen. Das Finanzgericht
(FG) gab der Klage mit seinem in EFG 2012, 1744 = SIS 12 20 34
veröffentlichten Urteil statt. Es setzte den auf die
Klägerin entfallenden Gewinn antragsgemäß auf 850
EUR herab und erhöhte im gleichen Umfang den auf die
übrigen Gesellschafter entfallenden Gewinn im Verhältnis
ihrer Anteile.
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Dagegen richten sich die Revisionen des FA
und der Revisionskläger zu 2. und 3., mit denen sie die
Verletzung materiellen Rechts rügen.
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Die Revisionsbegründungsfrist für
das FA wurde auf rechtzeitigen Antrag bis zum 30.1.2014
verlängert. Am 28.1.2014 ging beim Bundesfinanzhof (BFH) per
Telefax ein Vorabexemplar der Revisionsbegründung ein, das
keine Unterschrift enthielt. Erst am 31.1.2014 folgte das
unterschriebene Original. Nach einem Hinweis auf die fehlende
Unterschrift und den verspäteten Zugang beantragte das FA
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete
dies.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG Hamburg
vom 18.4.2012 3 K 89/11 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Revisionskläger zu 2. und 3.
beantragen, das angefochtene Urteil des FG Hamburg vom 18.4.2012 3
K 89/11 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revisionen
zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es
habe kein rechtlicher Zwang zum Übergang zum
Betriebsvermögensvergleich bestanden, insbesondere halte sich
die Zuweisung liquider Mittel im zulässigen Rahmen. Bei der
Leibrente handele es sich um ein eigenständig zu beurteilendes
Rechtsgeschäft und nicht um einen Spitzenausgleich, da sie
zwar in Zusammenhang mit der Realteilung vereinbart worden sei,
aber nicht aus dem Privatvermögen der übrigen
Gesellschafter bezahlt werde. Überdies handle es sich um eine
betriebliche Versorgungsrente. Jedenfalls stehe die Bindungswirkung
der verbindlichen Zusage einer Aufhebung des angefochtenen Urteils
entgegen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Revisionsverfahren beigetreten. Seiner Meinung nach hat die
Klägerin eine nach allgemeinen Grundsätzen
einkommensteuerpflichtige Sachwertabfindung erhalten, die zur
Aufdeckung stiller Reserven führt. Die
Buchwertfortführung sei eine Begünstigung, die
ähnlich wie der Veräußerungsfreibetrag (§ 16
Abs. 4 EStG) und die Tarifermäßigung bei
außerordentlichen Einkünften (§ 34 EStG) dem
letzten Rechtsakt der Mitunternehmerschaft vorbehalten sei. Das
Ausscheiden der Klägerin aus der Sozietät sei im
Streitfall auch nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG
erfolgsneutral, da diese Vorschrift nur die Übertragung
einzelner Wirtschaftsgüter, nicht dagegen von Sachgesamtheiten
erfasse. Eine analoge Anwendung des § 24 des
Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) scheide aus, da die Realteilung
nur im Fall der Betriebsaufgabe als umgekehrter Fall der
Einbringung verstanden werden könne.
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Das BMF und die Beigeladenen haben keinen
Antrag gestellt.
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II. Die Revisionen sind zulässig.
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1. Das FA hat zwar die Frist zur
Begründung der Revision (§ 120 Abs. 2 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ) versäumt, weil es die Revision
innerhalb der Frist nicht in der gebotenen Schriftform
begründete (vgl. BFH-Urteil vom 2.8.2002 IV R 14/01, BFH/NV
2002, 1604 = SIS 03 02 71; Rüsken in Beermann/Gosch, FGO
§ 120 Rz 150). Dem FA war aber Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu gewähren (§ 56 FGO). Der Versand der
Begründungsschrift per Telefax wurde einer zuverlässigen
Mitarbeiterin übertragen, die angewiesen war, durch Kontrolle
sicherzustellen, dass nur unterschriebene Schriftsätze
versandt werden. Das FA hatte damit in Wahrnehmung seiner
Organisationspflichten die gebotenen Vorkehrungen getroffen, eine
Fristversäumung infolge Absendung nicht unterschriebener
Schriftsätze zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 25.11.2008
III R 78/06, BFH/NV 2009, 407 = SIS 09 06 22; BFH-Urteil vom
14.12.1994 X R 176/93, BFH/NV 1995, 798, m.w.N.). Das FA hat zudem
die formgerechte Begründung rechtzeitig nachgeholt (§ 56
Abs. 2 Satz 3 FGO).
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2. Auch die Revisionen der
Revisionskläger zu 2. und 3. sind zulässig.
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Zur Einlegung der Revision berechtigt sind
grundsätzlich alle Beteiligten des Verfahrens vor dem FG
(§ 115 Abs. 1 FGO). Für ein Rechtsmittel des Beigeladenen
ist allerdings erforderlich, dass er durch die angefochtene
Entscheidung materiell beschwert ist (BFH-Urteil vom 10.7.1997 V R
94/96, BFHE 183, 288, BStBl II 1997, 707 = SIS 97 20 42, unter
II.1.c, und BFH-Beschluss vom 9.2.2006 VIII B 52/05, BFH/NV 2006,
1155 = SIS 06 21 78, unter 2.). Die Revisionskläger zu 2. und
3. erfüllen diese Voraussetzungen. Sie waren als Beigeladene
Beteiligte des Verfahrens vor dem FG (§ 57 Nr. 3 FGO), sie
sind durch das FG-Urteil materiell beschwert, da das FG ihren
Gewinnanteil erhöht hat.
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III. Die Revisionen sind auch begründet.
Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FA hat dem
Grunde nach zu Recht der Klägerin neben dem laufenden Gewinn
von 850 EUR einen weiteren Gewinn zugerechnet. Denn das Ausscheiden
der Klägerin aus der Sozietät gegen Erhalt der Y
Niederlassung und der Rente stellt eine Veräußerung des
gesamten Mitunternehmeranteils i.S. des § 18 Abs. 3 Satz 2
i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar.
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1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb
gehören nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne,
die erzielt werden bei der Veräußerung des Anteils eines
Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs
anzusehen ist. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der dabei zu
berücksichtigende Veräußerungsgewinn oder -verlust
der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der
Veräußerungskosten den Wert des Anteils am
Betriebsvermögen übersteigt. Der Wert des Anteils am
Betriebsvermögen ist für den Zeitpunkt des Ausscheidens
nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln (§ 16
Abs. 2 Satz 2 EStG).
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2. Eine derartige Veräußerung ist
im Allgemeinen gegeben, wenn ein Gesellschafter aus einer
fortbestehenden Gesellschaft ausscheidet und sein Anteil am
Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern
zuwächst (§ 738 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
- BGB - ggf. i.V.m. § 105 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs).
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Der ausscheidende Gesellschafter ist, sofern
der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes bestimmt, nach dem
tatsächlichen Wert seines Anteils abzufinden (vgl. z.B. Urteil
des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 17.5.2011 II ZR 285/09, DB 2011,
1631, DStR 2011, 1382 = SIS 11 41 38; BGH-Beschluss vom 21.1.2014
II ZR 87/13, DStR 2014, 1404). Steuerrechtlich ist hierin
grundsätzlich eine Veräußerung des
Gesellschaftsanteils an die verbleibenden Gesellschafter zu sehen
(BFH-Urteil vom 9.7.2015 IV R 19/12, BFHE 249, 555, BStBl II 2015,
954 = SIS 15 18 41, m.w.N., zum Ausscheiden eines Kommanditisten
aus einer KG).
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3. Im Streitfall hat die Klägerin als
Gegenleistung für ihr Ausscheiden aus der Sozietät, die
mit den verbliebenen Gesellschaftern fortgeführt wurde, einen
Teilbetrieb (die Y Niederlassung) sowie eine aus künftigen
Erträgen der Gesellschaft zu zahlende Rente erhalten.
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Soweit der Abfindungsanspruch eines
ausscheidenden Gesellschafters durch die Übereignung eines
Teilbetriebs (Sachgesamtheit) erfüllt wird, der weiterhin
Betriebsvermögen des ausgeschiedenen Gesellschafters bleibt,
liegt - in Abänderung des bisher vom BFH vertretenen (engen)
Realteilungsbegriffs - eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG
erfolgsneutrale Realteilung vor (dazu 4.). Erhält der
Gesellschafter für sein Ausscheiden daneben eine Geldrente,
welche die Gesellschafter aus ihrem Privatvermögen oder die
Gesellschaft aus künftigen Erträgen zu leisten haben,
erfüllt der ausscheidende Gesellschafter gleichwohl insgesamt
einen Veräußerungstatbestand nach § 16 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 EStG; Veräußerungspreis i.S. des § 16 Abs.
2 Satz 1 EStG sind der nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 Satz
2 EStG anzusetzende Wert des Teilbetriebs (Y Niederlassung) und der
Kapitalwert der Rente im Zeitpunkt des Ausscheidens, so dass nur
hinsichtlich der Rente eine Gewinnrealisierung gegeben ist (dazu
5.). Infolge des gegebenen Veräußerungstatbestands
musste die Sozietät nach § 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. §
16 Abs. 2 Satz 2 EStG zur Ermittlung des Anteilswerts der
Klägerin zwingend zur Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG
übergehen (dazu 6.). Als Veräußerungsgewinn der
Klägerin ist der Kapitalwert der Rente zuzüglich der
Buchwerte des Y Teilbetriebs abzüglich etwaiger
Veräußerungskosten und des Werts ihres Kapitalkontos
anzusetzen (dazu 7.).
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4. a) Werden im Zuge der Realteilung einer
Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder
einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige
Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen,
so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die
Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den
Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die
Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der
übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden
(§ 16 Abs. 3 Satz 2 Halbsätze 1 und 2 EStG). Diese
Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
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b) Der Begriff der
„Realteilung“ wird vom Gesetz nur vorausgesetzt,
aber nicht definiert. Er wurde ursprünglich in der
Rechtsprechung entwickelt (grundlegend BFH-Urteil vom 6.5.1952 I
17/52 U, BFHE 56, 473, BStBl III 1952, 183 = SIS 52 01 00, in der
Folge u.a. BFH-Urteile vom 2.10.1962 I 256/61 U, BFHE 75, 675,
BStBl III 1962, 513 = SIS 62 03 29, und vom 5.7.1963 VI 333/61 U,
BFHE 77, 472, BStBl III 1963, 492 = SIS 63 03 19). In das EStG
aufgenommen wurde der Begriff der Realteilung erstmals in § 16
Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 26 Buchst. b des
Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24.3.1999
(BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) mit Wirkung vom 1.1.1999. Die
für den Streitzeitraum geltende Fassung erhielt § 16 Abs.
3 Satz 2 EStG durch Art. 1 Nr. 5 Buchst. b des
Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom 20.12.2001
(BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35).
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c) Der BFH verstand den Begriff der
Realteilung jedenfalls seit dem Urteil vom 19.1.1982 VIII R 21/77
(BFHE 135, 282, BStBl II 1982, 456 = SIS 82 25 82, unter I.1.) in
Anlehnung an das Zivilrecht als eine Form der Auseinandersetzung
einer aufgelösten Mitunternehmerschaft. In Abgrenzung zur
zivilrechtlichen Naturalteilung setzte die steuerrechtliche
Realteilung zusätzlich voraus, dass die von den Beteiligten
übernommenen Wirtschaftsgüter weiterhin
Betriebsvermögen bleiben (BFH-Urteil vom 10.12.1991 VIII R
69/86, BFHE 166, 476, BStBl II 1992, 385 = SIS 92 08 18, unter
A.I.1.). Hieran hielt der BFH auch für § 16 Abs. 3 Satz 2
EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 (BFH-Beschluss vom 29.4.2004
IV B 124/02, BFH/NV 2004, 1395 = SIS 04 35 88, unter 1.a) und
i.d.F. des UntStFG fest (Senatsurteil vom 11.4.2013 III R 32/12,
BFHE 241, 346, BStBl II 2014, 242 = SIS 13 22 90, Rz 16; BFH-Urteil
vom 4.9.2014 IV R 44/13, BFH/NV 2015, 209 = SIS 14 34 58, Rz 23;
s.a. BFH-Urteil vom 29.3.2011 VIII R 28/08, BFHE 233, 434, BStBl II
2014, 299 = SIS 11 25 96, Rz 19). Er definierte Realteilung
ertragsteuerlich zuletzt als die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft
durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den
Mitunternehmern, bei der zumindest einer der bisherigen
Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene
Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen
überführt (Senatsurteil in BFHE 241, 346, BStBl II 2014,
242 = SIS 13 22 90; in der Sache ebenso BFH-Urteil in BFH/NV 2015,
209 = SIS 14 34 58, jeweils m.w.N.).
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32
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d) Dieser Rechtsprechung haben sich die
Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 28.2.2006, BStBl I 2006, 228 =
SIS 06 13 24, unter II.) und Teile des Schrifttums angeschlossen
(z.B. Crezelius in Carlé/Stahl/Strahl [Hrsg.], Gestaltung
und Abwehr im Steuerrecht, Festschrift für Klaus Korn, 2005,
S. 273, 278 f.; Gänger in Bordewin/Brandt, § 16 EStG Rz
232; Heß, DStR 2006, 777, 778; Hörger/Rapp in
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 16
Rz 188b; Märkle/Franz in Festschrift für Klaus Korn,
a.a.O., S. 365, 367; Mitschke, Neue Wirtschafts-Briefe - NWB -
2009, 606, 607; Musil, DB 2005, 1291, 1292; Rogall, DStR 2005, 992,
994 f.; Blümich/ Schallmoser, § 16 EStG Rz 391; Schulze
zur Wiesche, Die Steuerberatung 2006, 374; Sieker in Lademann,
EStG, § 16 EStG Rz 577; Wendt in Tipke/Seer/Hey/Englisch
[Hrsg.], Gestaltung der Steuerrechtsordnung, Festschrift für
Joachim Lang, 2010, S. 699, 704, 706 f.).
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33
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Nach anderen Auffassungen im Schrifttum ist
auch bei Ausscheiden eines oder mehrerer Mitunternehmer aus einer
im Übrigen fortbestehenden Mitunternehmerschaft § 16 Abs.
3 Satz 2 EStG unmittelbar (Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR
-, § 16 EStG Rz 542; Paus, DStZ 2006, 285 f.; Schmidt/Wacker,
EStG, 34. Aufl., § 16 Rz 536, unter d) oder zumindest
entsprechend (Niehus/Wilke, FR 2012, 1093, 1100, 1103; Reiß
in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 16 Rz 235, 233) anwendbar,
wenn die ausscheidenden Mitunternehmer jeweils einen Teilbetrieb
erhalten (so im Ergebnis auch BFH-Urteil vom 10.2.1972 IV 317/65,
BFHE 104, 543, BStBl II 1972, 419 = SIS 72 02 44). Eine
weitergehende Auffassung nimmt eine Realteilung durch Ausscheiden
eines oder mehrerer Mitunternehmer aus einer im Übrigen
fortbestehenden Mitunternehmerschaft auch dann an, wenn die
ausscheidenden Mitunternehmer lediglich Einzelwirtschaftsgüter
erhalten (Ley in Festschrift für Klaus Korn, a.a.O., S. 335,
348; Pupeter in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anhang 10 Rz 1467;
Stahl in Korn, § 16 EStG Rz 296; Stuhrmann, DStR 2005, 1355,
1356 f.).
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e) Der Senat hält an der engen Definition
der Realteilung nicht mehr fest. Der Begriff der
„Realteilung“ i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2
EStG i.d.F. des UntStFG schließt jedenfalls das Ausscheiden
eines Mitunternehmers aus einer unter den übrigen
Gesellschaftern fortbestehenden Gesellschaft unter Mitnahme eines -
weiterhin zum Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen
gehörenden - Teilbetriebs ein. Ob dies auch bei Mitnahme von
Einzelwirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen des
ausgeschiedenen Gesellschafters gilt oder in einem solchen Fall
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG eingreift, bedarf im Streitfall
keiner Klärung. Denn die Klägerin hat einen Teilbetrieb
erhalten.
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35
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Die so verstandene Realteilung ist eine
Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1
i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Sie führt nach § 16 Abs.
3 Satz 2 EStG nicht zur Aufdeckung stiller Reserven, wenn und
soweit der übernommene Teilbetrieb weiterhin
Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen bleibt. Unerheblich ist,
ob die Mitunternehmerschaft insgesamt aufgelöst wird oder ob
nur einzelne Mitunternehmer einer mehrgliedrigen
Mitunternehmerschaft ausscheiden und die Mitunternehmerschaft von
den verbliebenen Mitunternehmern fortgeführt wird.
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36
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aa) Der Begriff der
„Realteilung“ i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2
EStG ist ein steuerrechtlicher Begriff. Seine Auslegung ist daher
nicht mehr - wie die frühere BFH-Rechtsprechung angenommen hat
- an das Zivilrecht gebunden. Weil § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auf
die Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft Bezug nimmt,
setzt die Realteilung einen Sachverhalt voraus, der sich
grundsätzlich auf den Gewinn der Mitunternehmerschaft
auswirkt. Dies bedingt aber nicht die vollständige
Auflösung der Mitunternehmerschaft, denn auch der
Veräußerungs- oder Aufgabegewinn des aus einer
fortbestehenden Mitunternehmerschaft ausscheidenden Mitunternehmers
ist Teil des Gewinns der Mitunternehmerschaft (BFH-Urteil vom
29.4.1993 IV R 107/92, BFHE 171, 23, BStBl II 1993, 666 = SIS 93 19 19; Senatsurteil vom 10.4.2014 III R 20/13, BFHE 244, 530 = SIS 14 16 49; Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 180 Rz 18).
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37
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bb) Der Gesetzgeber wollte das Vorliegen einer
Realteilung nicht von der Auflösung der Mitunternehmerschaft
abhängig machen. Denn nach der Entwurfsbegründung zu
§ 16 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 sollte eine
Realteilung außer bei der Vollbeendigung auch dann vorliegen,
wenn „die Mitunternehmerschaft zwar bestehen bleibt,
jedoch Teile des Betriebsvermögens dem ausscheidenden
Gesellschafter als Abfindung überlassen werden“
(BTDrucks 14/265, S. 179). Die Entwurfsbegründung zur
Neufassung des § 16 Abs. 3 EStG durch das UntStFG (BTDrucks
14/6882, S. 34) enthält keine abweichenden
Erwägungen.
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cc) Nach dem Aufbau des § 16 Abs. 3 EStG
ist die Realteilung ein Sonderfall der Betriebsaufgabe
gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG (BMF-Schreiben in
BStBl I 2006, 228 = SIS 06 13 24, unter I.; Crezelius in
Festschrift für Klaus Korn, a.a.O., S. 273, 278 f.; Reiß
in Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz 235; Schmidt/Wacker, a.a.O.,
§ 16 Rz 535; Wendt in Festschrift für Joachim Lang,
a.a.O., S. 699, 704). § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG erfasst als
gleichrangige Aufgabetatbestände nicht nur die Aufgabe des
Gewerbebetriebs, sondern auch die vollständige Aufgabe eines
Mitunternehmeranteils oder des Anteils eines persönlich
haftenden Gesellschafters einer KG auf Aktien (Paus, DStZ 2006,
285, 286). Beurteilt man das Ausscheiden mindestens eines
Mitunternehmers unter Mitnahme von Gesellschaftsvermögen nicht
länger als Veräußerung eines Mitunternehmeranteils
(vgl. BFH-Urteil vom 10.3.1998 VIII R 76/96, BFHE 186, 50, BStBl II
1999, 269 = SIS 98 18 31, unter II.2.b aa), sondern als dessen
Aufgabe, erlangt die Bezugnahme des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG
auf § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG eine eigenständige
Bedeutung. Damit erhält dieser Aufgabetatbestand einen klaren
sachlichen Anwendungsbereich und ist nicht länger vor allem
auf jene Fälle beschränkt, in denen der
Mitunternehmeranteil neben dem Gesellschaftsanteil auch
Sonderbetriebsvermögen umfasst und dieses nicht auf den
Erwerber übertragen wird (vgl. dazu BFH-Beschluss vom
31.8.1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890 = SIS 95 22 15, unter II.2.).
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39
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Dies bedeutet für Fälle vorliegender
Art, in denen ein Teilbetrieb übernommen und ein sonstiges
Veräußerungsentgelt gezahlt wird, jedoch nicht, dass der
Vorgang insgesamt als ein Aufgabetatbestand zu behandeln ist.
Vielmehr ist die Realteilung und die damit einhergehende
Gewinnneutralität der Teilbetriebsübertragung im Rahmen
der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu
berücksichtigen.
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dd) Für die Erstreckung der Realteilung
i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auf Fälle des
Ausscheidens mindestens eines Mitunternehmers unter Mitnahme eines
Teilbetriebs spricht auch der Zweck dieses Rechtsinstituts.
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Das Rechtsinstitut der Realteilung bezweckt,
wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich
nicht zu belasten, solange die steuerliche Erfassung stiller
Reserven sichergestellt ist (so bereits BFH-Urteil in BFHE 104,
543, BStBl II 1972, 419 = SIS 72 02 44, unter 1.). Der Gesetzgeber
versteht die Realteilung weiterhin als
Umstrukturierungsmaßnahme (BTDrucks 14/6882, S. 34). Dabei
soll die Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden (HHR/Kulosa,
§ 16 EStG Rz 540). Eine Mitunternehmerschaft kann aber nicht
nur durch ihre vollständige Auflösung, sondern auch durch
das Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Mitnahme eines
Teilbetriebs sinnvoll umstrukturiert werden.
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Zur Verwirklichung dieses Zwecks ist die
Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vorzugswürdig
gegenüber einer Analogie zu § 24 UmwStG oder einer
teleologischen Extension des nach seinem Wortlaut auf
Einzelwirtschaftsgüter beschränkten § 6 Abs. 5 Satz
3 EStG. Denn sie kann sich unmittelbar auf den Gesetzeswortlaut
stützen und stellt im Gegensatz zu der Anwendung des § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19.9.2012 IV R 11/12,
BFHE 239, 76 = SIS 12 27 02, Rz 15) eine gewinnneutrale
Umstrukturierung auch dann sicher, soweit mit dem Teilbetrieb
Verbindlichkeiten übergehen.
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f) Auf Anfrage des erkennenden Senats hat der
IV. Senat mit Beschluss vom 18.6.2015 erklärt, dass er an der
mit dem BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 209 = SIS 14 34 58 vertretenen
Auffassung, dass eine Realteilung i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2
EStG die Aufgabe des Betriebs der Mitunternehmerschaft voraussetzt,
nicht mehr festhält und der vorstehend dargelegten Auffassung
des erkennenden Senats ausdrücklich zustimmt. Der VIII. Senat
hat mitgeteilt, dass das BFH-Urteil in BFHE 233, 434, BStBl II
2014, 299 = SIS 11 25 96 sich nicht zu der Frage verhalten habe, ob
die Realteilung auch Fälle der Sachwertabfindung gegen
Übernahme eines Teilbetriebs als weitere Fallgruppe umfasse,
und daher der Entscheidung des erkennenden Senats nicht
entgegenstehe. Im Übrigen teilt er die Auffassung des
erkennenden Senats, nach der das Ausscheiden eines Mitunternehmers
aus einer fortbestehenden Gesellschaft gegen eine Sachwertabfindung
in Gestalt eines Teilbetriebs unmittelbar die Voraussetzungen des
§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG erfüllt.
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g) Die Klägerin hat auch insoweit keinen
Veräußerungserlös erzielt, als der Y Niederlassung
anlässlich ihres Ausscheidens erhebliche liquide Mittel
zugeordnet wurden. Geld und Forderungen können als Teil des
(ungeteilten) Betriebsvermögens wie andere materielle oder
immaterielle Wirtschaftsgüter im Zuge einer Realteilung den
Gesellschaftern frei zugeordnet werden (h.M. Reiß in
Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz 244; Schmidt/Wacker, a.a.O., §
16 Rz 544, 545, jeweils m.w.N.; HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz 554;
Blümich/Schallmoser, § 16 EStG Rz 420).
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Der Senat kann offenlassen, ob dies auch gilt,
wenn die Gesellschafter kurz vor dem Ausscheiden eines
Gesellschafters Einlagen leisten oder Darlehen aufnehmen und diese
Mittel dann im Rahmen der Realteilung dem Teilbetrieb des
ausscheidenden Gesellschafters zuordnen (vgl. Schmidt/Wacker,
a.a.O., § 16 Rz 550, m.W.N.; HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz
556; Blümich/ Schallmoser, § 16 EStG Rz 420, jeweils
m.w.N.; Musil, DB 2005, 1291; Paus, DStZ 2006, 285, 287;
Rogall/Stangl, FR 2006, 345, 353 f.; Stuhrmann, DStR 2005, 1355 f.;
Wacker, NWB Fach 3, 10669, 10681 ff.; Gragert, NWB Fach 3, 13887,
13892; BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 253 = SIS 06 16 36, Tz. 25 zu
Miterben-Mitunternehmerschaft; a.A. Groh, Die
Wirtschaftsprüfung 1991, 620, 624; Winkemann, BB 2004, 130,
135; Hörger/Rapp in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 16 Rz
196). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor, da die
Geldmittel bereits vor dem Ausscheiden der Klägerin aus der
Gesellschaft im Betriebsvermögen vorhanden waren.
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46
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h) Im Streitfall muss auch nicht entschieden
werden, ob unter dem „Betriebsvermögen der einzelnen
Mitunternehmer“ i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG
auch das Gesamthandsvermögen einer neuen Mitunternehmerschaft
verstanden werden kann, an der neben dem ausgeschiedenen
Mitunternehmer auch ein Mitunternehmer beteiligt ist, der zugleich
weiterhin der bisherigen Mitunternehmerschaft angehört. Denn
der Beigeladene zu 1. war kein Mitunternehmer (§ 18 Abs. 4
Satz 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) der von der
Klägerin fortgeführten Y Niederlassung.
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47
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Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 EStG kann grundsätzlich nur sein, wer zivilrechtlich
Gesellschafter einer Personengesellschaft ist (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 25.2.1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1,
BStBl II 1991, 691 = SIS 91 08 21, unter C.III.3.a). Eine
Mitunternehmerschaft setzt zudem eine gemeinschaftliche
Gewinnerzielungsabsicht voraus (BFH-Urteil vom 14.4.2005 XI R
82/03, BFHE 210, 241, BStBl II 2005, 752 = SIS 05 40 00, unter
II.1.).
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Der Beigeladene zu 1. ist nach den
Feststellungen des FG nur im Außenverhältnis als Sozius
aufgetreten und war am Betriebsvermögen und am Gewinn nicht
beteiligt. Selbst wenn sein Auftreten im Außenverhältnis
möglicherweise eine Rechtsscheinhaftung begründete,
ergäbe sich daraus noch keine Mitunternehmerstellung
(Schmidt/Wacker, a.a.O., § 18 Rz 42). Anders als beim
Komplementär einer KG (vgl. BFH-Urteil vom 25.4.2006 VIII R
74/03, BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595 = SIS 06 26 76, unter
II.1.) wird die fehlende Beteiligung am Gewinn und Verlust beim
Außensozius auch nicht durch eine herausgehobene
gesellschaftsrechtliche Stellung ausgeglichen.
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49
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5. Eine Gewinnrealisierung ist jedoch gegeben,
soweit der Klägerin anlässlich ihres Ausscheidens aus der
Sozietät eine aus künftigen Erlösen der
Sozietät oder, falls diese nicht ausreichen, aus dem
Vermögen der Gesellschafter zu leistende (§ 15 der
Auseinandersetzungsvereinbarung) Rente zugesagt wurde. Die Rente
ist mit ihrem Kapitalwert zu berücksichtigen.
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50
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a) Entgegen der Auffassung der Klägerin
liegt keine betriebliche Versorgungsrente vor, die zu einem
unentgeltlichen Übergang des Betriebsvermögens
führen würde (vgl. HHR/Kratzsch, § 5 EStG Rz 1335;
Hörger/Rapp in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 16 Rz 97;
Schulze zur Wiesche, BB 1995, 593, 596).
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51
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aa) Für eine betriebliche
Versorgungsrente ist kennzeichnend, dass ihr Rechtsgrund
überwiegend durch das betrieblich veranlasste Bestreben (z.B.
Fürsorgeleistungen an einen früher im Unternehmen
tätigen Gesellschafter oder Rücksichtnahme auf
geschäftliches Ansehen des Betriebsübernehmers) bestimmt
wird, den Rentenberechtigten zu versorgen, ihn insbesondere vor
materieller Not zu schützen. Sie kann demgemäß auch
dann gegeben sein, wenn das vom Rentenberechtigten übertragene
Betriebsvermögen und der versicherungsmathematische Barwert
der Rente zwar objektiv gleichwertig sind, die Parteien aber
bewusst und gewollt die Rentenzahlungen danach bemessen haben, was
dem Rentenberechtigten zum Zwecke der Versorgung zur Verfügung
stehen sollte (BFH-Urteile vom 30.7.1959 IV 265/58 U, BFHE 69, 387,
BStBl III 1959, 406 = SIS 59 02 49; vom 20.12.1988 VIII R 121/83,
BFHE 156, 339, BStBl II 1989, 585 = SIS 89 16 44, unter II.4., und
vom 2.12.1997 VIII R 11/96, BFH/NV 1998, 835, unter II.1.).
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bb) Der Senat kann im Streitfall offenlassen,
ob eine betriebliche Versorgungsrente in Betracht kommt, wenn ein
Gesellschafter - wie hier - neben der Rente anlässlich seines
Ausscheidens auch einen Teilbetrieb erhält. Jedenfalls ist
weder eine Versorgungsbedürftigkeit der Klägerin noch ein
Versorgungswille der verbliebenen Gesellschafter erkennbar.
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53
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Gegen die Versorgungsbedürftigkeit der
Klägerin spricht insbesondere, dass sie nach ihrem Ausscheiden
aus der Sozietät weiterhin voll berufstätig war und die
Rente auf zehn Jahre befristet war, d.h. bis zu ihrem
voraussichtlichen Eintritt in den Ruhestand.
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Die Feststellungen des FG bieten auch keine
Anhaltspunkte für einen Versorgungswillen der verbliebenen
Gesellschafter. Zwar sollte die Rente „der
wirtschaftlichen Absicherung und Versorgung dienen“.
Diese Vereinbarung ist allerdings im Zusammenhang mit der
antragsgemäß erteilten Zusage des FA und einem
möglichen Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung
(dazu sogleich unter d) zu sehen. Sie belegt insofern keinen
Versorgungswillen im vorgenannten Sinn. Die von der Sozietät
beantragte Zusage zur steuerrechtlichen Behandlung der Rente
verdeutlicht vielmehr, dass alle Gesellschafter
einschließlich der Klägerin auch hinsichtlich der Rente
von einem entgeltlichen Geschäft ausgingen.
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b) Der Kapitalwert der Rente ist als
Veräußerungserlös im Zeitpunkt des Ausscheidens der
Klägerin aus der Sozietät anzusetzen, und zwar
unabhängig davon, ob der Klägerin hinsichtlich der Rente
ein Besteuerungswahlrecht zustand und wie sie dieses ausgeübt
hat.
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aa) Der Gewinn aus der Veräußerung
eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils ist auch dann
bereits im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern, wenn
der Veräußerungserlös in Form wiederkehrender
Bezüge bezahlt wird. Rechtsprechung und Verwaltung räumen
Steuerpflichtigen in diesen Fällen aber ein Wahlrecht ein,
entweder den Kapitalwert der Rente zum Zeitpunkt der
Betriebsveräußerung als Erlös anzusetzen oder die
einzelnen Rentenzahlungen bei Zufluss als nachträgliche
Betriebseinnahmen zu versteuern (z.B. BFH-Urteile vom 17.7.2013 X R
40/10, BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883 = SIS 13 24 83; vom
14.5.2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532 = SIS 02 09 57, Rz 20, m.w.N., und vom 26.7.1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525,
BStBl II 1984, 829 = SIS 84 21 07). Dies gilt jedoch nur, wenn es
sich um Bezüge handelt, die lebenslang zu zahlen sind oder
eine feste Laufzeit von mehr als zehn Jahren haben und primär
der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch
der Versorgung des bisherigen Betriebsinhabers oder Mitunternehmers
dienen (z.B. BFH-Urteile vom 11.11.2010 IV R 17/08, BFHE 232, 28,
BStBl II 2011, 716 = SIS 11 02 26, m.w.N., und in BFHE 199, 198,
BStBl II 2002, 532 = SIS 02 09 57). Die Sofortbesteuerung ist der
gesetzliche Normalfall und die Zuflussbesteuerung eine auf
Billigkeitserwägungen beruhende Ausnahmeregelung (z.B.
BFH-Urteile in BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883 = SIS 13 24 83; in
BFHE 232, 28, BStBl II 2011, 716 = SIS 11 02 26, jeweils m.w.N.;
BFH-Beschlüsse vom 12.5.1999 IV B 52/98, BFH/NV 1999, 1330 =
SIS 99 51 33, unter 3., und vom 29.3.2007 XI B 56/06, BFH/NV 2007,
1306 = SIS 07 20 08, unter 1.a bb). Zu einer Zuflussbesteuerung
kann es nur kommen, wenn dies vom Steuerpflichtigen
ausdrücklich im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung
gewählt wird (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1330 = SIS 99 51 33, und BFH-Urteil in BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883 = SIS 13 24 83, Rz 29).
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bb) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die
Rente im Streitfall primär der Versorgung der Klägerin
dient und ihr daher ein solches Wahlrecht zustand. Dagegen
könnte sprechen, dass sie die Y Niederlassung fortführte
und damit weiterhin berufstätig, die Rente nur knapp über
zehn Jahre und nur bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahrs zu
zahlen war. Selbst wenn ihr ein Wahlrecht zugestanden und sie die
nachgelagerte Besteuerung gewählt haben sollte, wäre
gleichwohl im Zeitpunkt ihres Ausscheidens der Kapitalwert der
Rente als Erlös zu erfassen. Dies folgt schon daraus, dass das
aus Billigkeitsgründen gewährte Wahlrecht nichts daran
ändert, dass der ausscheidende Gesellschafter einen
Veräußerungsgewinn erzielt, den er nur - falls er die
nachgelagerte Besteuerung wählt - nicht sofort, sondern
ratierlich versteuern muss, sobald die Summe der Rentenzahlungen
den Wert seines Kapitalkontos im Zeitpunkt der
Veräußerung übersteigt (vgl. BFH-Urteile vom
24.1.1996 X R 14/94, BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287 = SIS 96 12 01, unter 2., in BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532 = SIS 02 09 57,
unter II.2.b, und vom 14.1.2004 X R 37/02, BFHE 205, 96, BStBl II
2004, 493 = SIS 04 10 81, unter II.1.b bb). Da das Wahlrecht erst
im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des ausgeschiedenen
Gesellschafters ausgeübt wird, ist überdies im Rahmen der
Gewinnermittlung der Gesellschaft die Feststellung des
Veräußerungsgewinns erforderlich.
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6. Zur Ermittlung des Anteilswerts der
Klägerin musste die Sozietät zwingend zur Bilanzierung
nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen (§ 18 Abs. 3 Satz 2
i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG).
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Ein Übergangsgewinn oder -verlust ist der
Klägerin nach dem BFH-Urteil vom 13.9.2001 IV R 13/01 (BFHE
196, 546, BStBl II 2002, 287 = SIS 02 02 51, unter II.2.) im
Zeitpunkt ihres Ausscheidens entsprechend dem
gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel, also zu
20 %, zuzurechnen (vgl. BFH-Urteile vom 13.11.1997 IV R 18/97, BFHE
184, 518, BStBl II 1998, 290 = SIS 98 05 26, unter 2.; vom
19.8.1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179 = SIS 00 01 43, zur Zurechnung eines Übergangsgewinns beim Ausscheiden
eines Gesellschafters aus zweigliedrigen Gesellschaften).
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7. Als Veräußerungsgewinn der
Klägerin ist der Kapitalwert der Rente zuzüglich der
Buchwerte des Y Teilbetriebs (Veräußerungspreis)
abzüglich etwaiger Veräußerungskosten und des Werts
ihres Kapitalkontos anzusetzen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG; vgl.
BFH-Urteil vom 9.7.2015 IV R 19/12, BFHE 249, 555, BStBl II 2015,
954 = SIS 15 18 41).
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a) Ob sich aus dem zu einer Realteilung mit
Spitzenausgleich ergangenen BFH-Urteil vom 1.12.1992 VIII R 57/90
(BFHE 170, 320, BStBl II 1994, 607 = SIS 93 12 22) eine andere
Berechnungsmethode ergibt, kann dahinstehen. Denn die Sachverhalte
sind, wie auch der VIII. Senat des BFH auf Anfrage des erkennenden
Senats mitgeteilt hat, nicht miteinander vergleichbar; für
einen Spitzenausgleich ist im Streitfall nichts ersichtlich.
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62
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Der BFH hat mit diesem Urteil in BFHE 170,
320, BStBl II 1994, 607 = SIS 93 12 22 entschieden, dass es bei
einer Realteilung mit Buchwertfortführung der gewinnneutralen
Realteilung des Gesellschaftsvermögens nicht entgegensteht,
wenn ein Realteiler dem anderen einen sog. Spitzenausgleich
bezahlt. Der Spitzenausgleich führe jedoch in voller Höhe
und damit ohne Gegenrechnung anteiliger Buchwerte zu einem
Veräußerungsgewinn. Werde die Gesellschaft
aufgelöst, erlangten die Gesellschafter einen
Auseinandersetzungsanspruch, der sich gegen die Gesellschaft richte
und zunächst auf Geld gerichtet sei. Die
Realteilungsvereinbarung nehme auf die Erfüllung des
Auseinandersetzungsanspruchs insoweit Einfluss, als anstelle des
auf Geld gerichteten Auseinandersetzungsanspruchs ein auf
Übereignung bestimmter Wirtschaftsgüter gerichteter
Anspruch trete und die Höhe des Anspruchs verändert
werde. Die Realteilungsvereinbarung enthalte in Höhe der
Wertdifferenz zwischen der Summe der Verkehrswerte der
übernommenen Wirtschaftsgüter und dem ursprünglichen
Auseinandersetzungsanspruch eine Abtretung dieses Anspruchs an den
anderen Gesellschafter. Mit dem Spitzenausgleich werde ein Entgelt
für diese Abtretung bezahlt. Diese Zahlung (Spitzenausgleich)
führe beim Ausgleichsberechtigten in Höhe des
Ausgleichsbetrags zu einer Gewinnrealisierung.
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b) Dieses Urteil hat Kritik erfahren
(BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 601 = SIS 94 20 08, BStBl I 2006,
228, unter VI.; HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz 555; Reiß in
Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz 251; Schmidt/ Wacker, a.a.O., §
16 Rz 549; Wendt, FR 1999, 333, 343; Kauffmann in Frotscher, EStG,
§ 16 Rz 177ad; Blümich/ Schallmoser, § 16 EStG Rz
421; Sieker in Lademann, a.a.O., § 16 EStG Rz 583; Musil, DB
2005, 1291, 1295; Winkelmann, BB 2004, 130, 134; Schell, BB 2006,
1026, 1028; Sterzinger, NJW 2011, 3057, 3059; Märkle/Franz in
Festschrift Korn, a.a.O., S. 365, 372, und wohl auch Hörger/
Rapp in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 16 EStG Rz 196).
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64
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c) Scheidet - wie hier - ein Gesellschafter
aus einer fortbestehenden Personengesellschaft aus, steht ihm, wie
ausgeführt, ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft zu.
Die Erfüllung dieses Abfindungsanspruchs kann im Gegensatz zum
Sachverhalt, der dem BFH-Urteil in BFHE 170, 320, BStBl II 1994,
607 = SIS 93 12 22 zugrunde liegt (Liquidation der Gesellschaft
durch Realteilung), nicht als Forderungskauf der verbleibenden
Gesellschafter beurteilt werden. Weder die verbleibenden noch der
ausscheidende Gesellschafter erlangen mehr als ihrem Anteil am
Gesellschaftsvermögen entspricht; sie zahlen deswegen auch
nicht dem oder den anderen Gesellschaftern einen Ausgleich aus
eigenen Mitteln (Spitzenausgleich).
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65
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Der ausscheidende Gesellschafter erhält
vielmehr - wie in § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB oder hiervon
abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen vorgesehen -
allein den Wert seines Mitunternehmeranteils ersetzt. Soweit der
Anspruch auf Geld gerichtet ist, erfüllt die Gesellschaft
zivilrechtlich den ursprünglich entstandenen
Abfindungsanspruch, der abweichend vom Auseinandersetzungsanspruch
nach einer Realteilung mit der Vereinbarung eines Spitzenausgleichs
nicht der Höhe und der Art nach verändert wird. Soweit
die Gesellschaft und der ausscheidende Gesellschafter - wie hier -
vereinbaren, dass Ratenzahlungen oder statt Geld
Wirtschaftsgüter aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet
werden, modifiziert sich der Abfindungsanspruch nur der Art, nicht
aber der Höhe nach. Der für eine Realteilung mit
Vereinbarung eines Spitzenausgleichs typische Sachverhalt, dass ein
Gesellschafter mehr an Wirtschaftsgütern aus dem
Gesellschaftsvermögen erhält, als seinem Anteil
entspricht mit der Folge, dass er dafür an den (die) anderen
Gesellschafter einen Ausgleich zu zahlen hat (vgl. Senatsurteil in
BFHE 241, 346, BStBl II 2014, 242 = SIS 13 22 90, Rz 18, m.w.N.),
liegt im Streitfall nicht vor.
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66
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8. Die verbindliche Zusage des FA vom
12.8.2005 steht der Ermittlung eines Übergangsgewinns nicht
entgegen. Das FA war hieran nicht mehr gebunden, nachdem die
Gesellschaft einen über dem Kapitalwert der Rente liegenden
Veräußerungsgewinn der Klägerin in Höhe von
624.470,33 EUR erklärt und sich damit selbst von der Zusage
gelöst hat, nach der nur die Rente bei der Klägerin zu
einem Veräußerungsgewinn führen sollte. Betrifft
eine vor Einführung des § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung
(AO) erteilte Zusage eine gesonderte und einheitliche Feststellung
nach § 179 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a AO, können sich die anfechtungsberechtigten
Feststellungsbeteiligten grundsätzlich nur einvernehmlich
hierauf berufen. An diesem Einvernehmen fehlt es im Streitfall.
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a) Die Bindungswirkung einer Zusage wurde bis
zur Einführung des § 89 Abs. 2 AO aus dem Grundsatz von
Treu und Glauben hergeleitet (z.B. BFH-Urteil vom 16.11.2005 X R
3/04, BFHE 211, 30, BStBl II 2006, 155 = SIS 06 03 80, unter
II.2.i; Senatsurteil vom 15.3.2007 III R 39/06 BFH/NV 2007, 1459 =
SIS 07 23 82, unter 4., sowie BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 742 =
SIS 03 53 64). Sie entfiel, wenn die Zusage klar dem Gesetz
widersprach und offensichtlich rechtswidrig war (BFH-Urteil vom
16.7.2002 IX R 28/98, BFHE 198, 403, BStBl II 2002, 714 = SIS 02 93 33, unter II.2.d). Eine verbindliche Zusage bezüglich einer
gesonderten und einheitlichen Feststellung führte zu
offensichtlich rechtswidrigen Ergebnissen, wenn von mehreren
Beteiligten ein Teil sich auf die Zusage berufen, ein anderer Teil
aber die Besteuerung aufgrund einer abweichenden tatsächlichen
oder rechtlichen Würdigung durchsetzen könnte. Die
gesetzlich vorgesehene Einheitlichkeit der Feststellung (§ 179
Abs. 2 Satz 2 AO) wäre dann nicht mehr gewährleistet.
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b) Die Einkünfte der Klägerin, der
Revisionskläger zu 2. und 3. und der Beigeladenen aus der
Sozietät sind gesondert und einheitlich festzustellen (§
179 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO), da
sie ihnen als Mitunternehmern gemeinsam zuzurechnen sind. Insofern
ist neben der Klägerin auch die Sozietät klagebefugt. Die
Sozietät hat sich aber durch die Erklärung eines
über dem Kapitalwert der Rente liegenden
Veräußerungsgewinns der Klägerin in Höhe von
624.470,33 EUR von der Zusage gelöst, nach der nur die Rente
bei der Klägerin zu einem Veräußerungsgewinn
führen sollte.
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aa) Die Sozietät muss sich nicht an der
Zusage festhalten lassen. Die Bindungswirkung der Zusage gilt nur
zugunsten, nicht zulasten des Steuerpflichtigen (vgl. BMF-Schreiben
in BStBl I 2003, 742 = SIS 03 53 64, Tz. 4.4).
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bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin
folgt auch nichts anderes aus der gesellschaftsrechtlichen
Treuepflicht.
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Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht
verlangt von Gesellschaftern einer Personengesellschaft, die
Belange der Gesellschaft und der anderen Gesellschafter nicht zu
beeinträchtigen (vgl. BGH-Urteile vom 9.9.2002 II ZR 198/00,
DStR 2002, 2234, und vom 19.10.2009 II ZR 240/08, BGHZ 183, 1;
MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rz 229).
Dies gilt auch im Hinblick auf Verfahrenshandlungen im
Besteuerungsverfahren (vgl. Beschlüsse des Oberlandesgerichts
- OLG - München vom 18. Oktober und 23.12.2010 7 U 3343/10,
juris; Beschluss des OLG Dresden vom 29.11.2004 2 U 1507/04, GmbHR
2005, 238) und in einer aufgelösten Gesellschaft bzw. als
nachlaufende Treuepflicht (MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 3.
Aufl., § 105 Rz 188).
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Diese Pflicht besteht aber nur zwischen den
Gesellschaftern untereinander bzw. zwischen Gesellschaftern und
Gesellschaft (MünchKommHGB/Karsten Schmidt, a.a.O., § 105
Rz 189). Sie betrifft nicht das Außenverhältnis zum FA
im Besteuerungsverfahren. Die Treuepflicht kann sich zwar in
Einzelfällen zu einer Pflicht zur Zustimmung zu einer
konkreten Geschäftsführungsmaßnahme verdichten.
Eine rechtswidrig verweigerte Zustimmung wird aber auch dann nicht
im Außenverhältnis fingiert, sondern muss im Wege der
Leistungsklage über § 894 der Zivilprozessordnung
erzwungen werden (BGH-Urteil vom 19.6.2008 III ZR 46/06, DStR 2008,
1741, unter II.B.1.).
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9. Das FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher
aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, weil der Senat anhand
der Feststellungen des FG nicht entscheiden kann, ob das FA den
Gewinnanteil der Klägerin zutreffend ermittelt hat. Das FG hat
- von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu
den Buchwerten der von der Klägerin übernommenen
Wirtschaftsgüter, zum Kapitalkonto der Klägerin im
Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Sozietät und zu den
Veräußerungskosten getroffen. Für den zweiten
Rechtsgang weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass er die
Einschätzung der Beteiligten teilt, dass die Sozietät
steuerrechtlich nur eine (einzige) Mitunternehmerschaft ist und
daher nur ein einstufiges Feststellungsverfahren durchzuführen
war.
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10. Die Kostenentscheidung wird
gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen.
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