LuF, Strukturwandel zu gewerblicher Tierzucht, ZRFG-Rücklage: 1. Eine auf einer ausreichenden Futtergrundlage betriebene landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung kann infolge einer nachhaltigen Änderung im Tier- oder Flächenbestand in die Gewerblichkeit hineinwachsen (Strukturwandel). 2. Strukturiert der Landwirt durch auf Dauer angelegte planmäßige Maßnahmen seinen Betrieb so um, dass die Vieheinheitengrenze nachhaltig überschritten wird, führt dies zur sofortigen Entstehung eines Gewerbebetriebs. Dieser tritt neben den weiter bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb und beginnt grundsätzlich mit der ersten Vorbereitungshandlung, die auf die nachhaltige Kapazitätserweiterung gerichtet ist (Fall des sofortigen Strukturwandels). - 3. Lässt sich eine auf Dauer angelegte Maßnahme zur nachhaltigen Kapazitätserweiterung nicht feststellen, ist nach einem Beobachtungszeitraum von drei Jahren, in dem die Vieheinheitengrenze jeweils auch nur geringfügig überschritten wird, ein Gewerbebetrieb anzunehmen (Fall des allmählichen oder schleichenden Strukturwandels). - 4. Wird die Vieheinheitengrenze um mehr als 10 % überschritten und wird dadurch zugleich ein zusätzlicher Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen von mehr als 10 % erforderlich, lässt dies den Schluss auf das Vorliegen eines sofortigen Strukturwandels zu. - 5. Wirtschaftsgüter des landwirtschaftlichen Betriebs, die nach dem Strukturwandel ausschließlich dem infolge einer Überschreitung der Vieheinheitengrenze gewerblichen Betrieb dienen, sind erst mit der Aufstallung der zusätzlichen Tierbestände in den Gewerbebetrieb zu überführen. - 6. Eine Rücklage gemäß § 3 Abs. 2a ZRFG, die für eine Investition gebildet werden darf, die zu einem sofortigen Strukturwandel führt, ist ausschließlich durch den entstehenden Gewerbebetrieb veranlasst. - Urt.; BFH 19.2.2009, IV R 18/06; SIS 09 14 83
I. Die verheirateten Kläger,
Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagten (Kläger)
werden in den Streitjahren 1992 und 1993 zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger unterhält einen
landwirtschaftlichen Betrieb, dessen bewirtschaftete
landwirtschaftliche Fläche in den Wirtschaftsjahren 1992/93
bis 1995/96 zwischen 50,20 ha und 68,53 ha betrug.
Am 28.2.1995 beantragte der Kläger
für seinen landwirtschaftlichen Betrieb die Bildung einer
Rücklage nach § 3 des Zonenrandförderungsgesetzes
(ZRFG) zum 30.6.1994 in Höhe von 1 Mio. DM für den
geplanten Neubau eines Schweinestalls im Jahre 1996 mit
voraussichtlichen Herstellungskosten in Höhe von 2 Mio. DM.
Die beantragte Rücklage wurde mit Bescheid vom 19.1.1996
bewilligt. Der Stall mit 2.080 Stallplätzen wurde im Oktober
1996 fertig gestellt sowie in Nutzung genommen.
Die bewilligte Rücklage
berücksichtigte der Kläger erstmals in der Bilanz
für den landwirtschaftlichen Betrieb zum 30.6.1994. Dies
führte zu einer Gewinnminderung im Wirtschaftsjahr 1993/94 in
Höhe von 1 Mio. DM.
Mit Vertrag vom 28.6.1996 übertrug der
Kläger mit Wirkung zum 1.7.1996 den landwirtschaftlichen
Betrieb, mit Ausnahme des der Schweinemast dienenden
Grundstücks und der Rücklage, auf die mit einer
Angehörigen neu errichtete Landwirtschafts-GbR. Diese
führte die bisherige landwirtschaftliche Produktion fort. Die
Schweinemast in dem neuen Maststall wird seitdem von dem
Kläger als Gewerbebetrieb geführt.
Nach einer Betriebsprüfung löste
der Beklagte, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) die Rücklage im Wirtschaftsjahr
1993/94 gewinnerhöhend auf, weil sie wegen der
Überschreitung der Vieheinheitengrenze (§ 13 Abs. 1 Nr. 1
Satz 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ) in einem neu
eröffneten Betrieb „gewerblicher Tierzucht“ zu
bilden sei, dort aber nach § 15 Abs. 4 EStG weder zu
ausgleichsfähigen noch abziehbaren Verlusten führe.
Dadurch verringerte sich die Verlustverrechnung bzw. der
Verlustrücktrag für die Streitjahre (1992 und 1993) um
jeweils 500.000 DM. Durch den Stallneubau mit 2.080
Mastplätzen hätten sich ausgehend von einem Umtrieb von
2,5/Jahr und einem Umrechnungsschlüssel gemäß
Anlage 1 zu § 51 Abs. 4 Satz 1 des Bewertungsgesetzes a.F.
(BewG) von 0,12 die Vieheinheiten um 624 erhöht. Unter
Berücksichtigung der bisher noch nicht für die
Masttierhaltung eingesetzten landwirtschaftlichen Flächen habe
sich für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers ein
zusätzlicher Flächenbedarf von 355 ha ergeben.
Nach erfolglosem Einspruch gab das
Finanzgericht (FG) der Klage, mit der die Kläger die
Anerkennung der Rücklage zum 30.6.1994 im land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb begehrten, nur insoweit statt, als es
die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in den
Wirtschaftsjahren 1993/94 und 1994/95 um die Gewinne aus der
Schweinehaltung minderte sowie diese den Einkünften aus
gewerblicher Tierzucht zurechnete und mit den Verlusten aus der
Rücklagenbildung verrechnete. Dadurch minderten sich die
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in 1993 um 20.000 DM
und es erhöhte sich der auf 1992 rücktragsfähige
Verlust um 12.000 DM.
Im Wesentlichen folgte das FG indes der
Auffassung des FA. Die Rücklage könne nicht bei den
Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gebildet werden. Sie
sei für die Errichtung einer Stallanlage mit 2.080
Stallplätzen gebildet worden. Für die Viehhaltung in
dieser Größenordnung habe es an der ausreichenden
Futtergrundlage gefehlt, weshalb es sich insoweit um eine
gewerbliche Tierzucht gehandelt habe. Es sei auch weder hinreichend
konkretisiert noch nachgewiesen worden, dass der Kläger die
Absicht verfolgt habe, eine ausreichende Futtergrundlage durch
Anpachtung oder Ankauf weiterer landwirtschaftlicher Flächen
zu schaffen. Die Rücklage sei durch die gewerbliche
Schweinemast veranlasst und deshalb bei den Einkünften aus
Gewerbebetrieb zu berücksichtigen.
Die Rechtsprechung zu § 7g EStG sei im
Streitfall nicht einschlägig.
Die Kläger könnten sich auch
nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
zum allmählichen Strukturwandel berufen. Im Streitfall sei
bereits mit dem Beschluss der Errichtung des vorliegenden
Schweinestalls und der Bildung der Rücklage der Strukturwandel
vollzogen, da die für die Fortführung des
landwirtschaftlichen Betriebs ausreichende Futtergrundlage nicht
zur Verfügung gestanden habe. Dem stünde auch Sinn und
Zweck des ZRFG nicht entgegen. Die Auslegung sei auch unter
Gleichheitsaspekten geboten. Soweit ein Nicht-Landwirt einen
vergleichbaren Stall geplant hätte, wären die
Einkünfte ebenfalls von vornherein als gewerblich einzustufen
gewesen.
Die Klage habe aber insoweit Erfolg, als
die Einkünfte aus der Schweinemast bereits zum 30.6.1994 als
gewerblich anzusehen und deshalb die diesbezüglichen Gewinne
der Wirtschaftsjahre 1993/94 und 1994/95 den Einkünften aus
Gewerbebetrieb zuzurechnen seien (vgl. SIS 06 28 17).
Dagegen wenden sich die Kläger mit der
Revision. In der Revisionsbegründung, die dem FA am 5.5.2006
zugestellt worden ist, führen sie im Wesentlichen aus, dass
das FG zu Unrecht die Bildung der Rücklage als Maßnahme
betrachtet habe, die zu einer Umstrukturierung des Betriebs hin zu
einem gewerblichen Mastbetrieb geführt habe. Die Rücklage
sei lediglich ein Buchungssatz, eine bloße bilanzielle
Maßnahme. Zu diesem Zeitpunkt sei noch offen gewesen, ob die
mit der Bildung der Rücklage vorbereitete Investition
tatsächlich durchgeführt werden würde. Nach der
Rechtsprechung und ebenso nach den einschlägigen
Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) könnten nur
tatsächlich durchgeführte Maßnahmen (Investitionen,
Eingehen vertraglicher Verpflichtungen, Anschaffungen) einen
Strukturwandel begründen. Das FG stelle demgegenüber die
Bildung einer Rücklage rechtlich mit der Durchführung der
Investition gleich.
Diese Rechtsansicht widerstreite auch der
Rechtsprechung zum § 7g EStG. Der BFH setze für die
Bildung einer § 7g-Rücklage voraus, dass objektiv
erkennbar auf eine gewerbliche Tätigkeit gerichtete
Vorbereitungshandlungen vorlägen. Im Hinblick auf einen zu
eröffnenden Gewerbebetrieb verlange die Rechtsprechung zudem,
dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen verbindlich bestellt
worden seien. Die Bildung der Rücklage selbst sei danach kein
Kriterium, auf das die Aufnahme eines Gewerbebetriebs gestützt
werden könnte.
Im Streitfall komme daher für die
Annahme eines Strukturwandels nur der Zeitpunkt in Betracht, zu dem
mit den Investitionen tatsächlich begonnen worden sei. Im
Zeitpunkt der Rücklagenbildung sei die Vieheinheitengrenze
nicht überschritten worden. Ein Strukturwandel habe deshalb in
den Streitjahren nicht vorgelegen.
Die Kläger beantragen
sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung, soweit
sie die Klage abgewiesen hat, und der Einspruchsentscheidung vom
20.8.2001 die Einkommensteuerbescheide 1992 vom 22.3.1999 und 1993
vom 11.1.1999 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus
Land- und Forstwirtschaft für 1992 um 488.000 DM und für
1993 um 480.000 DM gemindert werden.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen und die Klage in vollem Umfang
abzuweisen.
Die Vorentscheidung verletze, soweit sie
die Klage abgewiesen habe, kein Bundesrecht. Abweichend von der
Vorinstanz gehe das FA jedoch davon aus, dass nicht von einem
Strukturwandel des landwirtschaftlichen Betriebs zu einem
Gewerbebetrieb, sondern von der Neugründung eines
Gewerbebetriebs auszugehen sei. Letztere sei mit der Bildung der
Rücklage eingeleitet worden. Da die Vieheinheitengrenze auf
Grund der geplanten Größe des Stalls nachhaltig
überschritten worden sei, sei ohne zeitlichen Übergang
sofort von einem Gewerbebetrieb auszugehen.
Ausgehend von der Neugründung des
Gewerbebetriebs in 1994 habe das FG die in den Wirtschaftsjahren
1993/94 und 1994/95 erzielten Einkünfte aus der Schweinemast
zu Unrecht als solche aus Gewerbebetrieb beurteilt. Die Klage
hätte daher insgesamt abgewiesen werden müssen.
II. Die Revision der Kläger ist als
unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Anschlussrevision des FA ist
unzulässig und daher zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).
A. Revision der Kläger
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass
die Rücklage nach § 3 Abs. 2a ZRFG für die
Errichtung des Schweinestalls nicht im land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb, sondern im Gewerbebetrieb des
Klägers (gewerbliche Tierzucht) zu bilden war. Die in dem
Gewerbebetrieb durch die Rücklagenbildung entstandenen
Verluste können gemäß § 15 Abs. 4 EStG weder
mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten des Jahres
1993 verrechnet noch auf solche des Jahres 1992 zurückgetragen
werden.
1. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
gehören zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft
auch die Einkünfte aus der Tierzucht und Tierhaltung, wenn der
Betrieb über eine ausreichende Futtergrundlage in Gestalt von
landwirtschaftlichen Flächen verfügt. Steht eine
ausreichende Futtergrundlage nicht zur Verfügung, weil die
Anzahl der Vieheinheiten die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
bezeichneten Grenzen übersteigt, erfolgt die Tierhaltung und
Tierzucht im Rahmen eines Gewerbebetriebs i.S. des § 15 Abs. 2
Satz 1 und Abs. 4 EStG. Die Annahme der Gewerblichkeit setzt jedoch
voraus, dass die Grenzen in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
nachhaltig überschritten werden. Dies folgt sowohl aus der
Verweisung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG auf § 51 Abs.
2 Satz 1 BewG als auch aus der Definition des Gewerbebetriebs in
§ 15 Abs. 2 EStG. Soweit die maßgeblichen Vieheinheiten
nachhaltig überschritten sind, ist bei Vorhandensein nur eines
Tierbestandszweigs die gesamte Tierzucht/-haltung gewerblich,
anderenfalls gehören nur die über die Vieheinheitengrenze
hinausgehenden nicht aufteilbaren Tierbestandszweige zur
gewerblichen Tierzucht/-haltung (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4
EStG i.V.m. § 51 Abs. 2 BewG).
2. Eine auf einer ausreichenden
Futtergrundlage betriebene landwirtschaftliche Tierzucht und
Tierhaltung kann in Folge einer nachhaltigen Änderung im Tier-
oder Flächenbestand in die Gewerblichkeit hineinwachsen. Ab
welchem Zeitpunkt eine betriebliche Strukturänderung eines
landwirtschaftlichen Betriebs hin zu einer gewerblichen Tierzucht
und Tierhaltung vorliegt, hängt entscheidend von der Art und
Weise der durchgeführten Änderung ab.
Die Strukturänderung eines
landwirtschaftlichen Betriebs kann sich in zwei Formen
vollziehen:
a) In der Regel stellen sich Handlungen, die
eine solche Änderung zur Folge haben, als ein Bündel von
Einzelmaßnahmen dar, deren erste vor und deren letzte nach
der Wandlung des Betriebs liegen können (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 7.10.1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189,
BStBl II 1975, 168 = SIS 75 00 97). Erst in ihrem Zusammenhang
lassen die Einzelmaßnahmen erkennen, ob und von welchem
Zeitpunkt an sie zu einer neuen selbständigen Erwerbsquelle
führen. Im Falle eines solchen allmählichen
Strukturwandels lässt sich bei Beginn der Entwicklung noch
nicht erkennen, ob sie zu einer nachhaltigen Änderung des
Betriebs führen wird (BFH-Urteile vom 4.2.1976 I R 113/74,
BFHE 118, 205, BStBl II 1976, 423 = SIS 76 02 24, und vom 9.5.1996
V R 118/92, BFHE 181, 184, BStBl II 1996, 550 = SIS 96 21 37). Der
allmähliche Strukturwandel ist vielmehr gerade dadurch
gekennzeichnet, dass strukturelle, auf Dauer angelegte
Maßnahmen fehlen, die zu einer wiederholten
Überschreitung der Vieheinheitengrenze geführt haben. In
diesen Fällen wird es regelmäßig zumindest in den
ersten Jahren an einem Willen des Landwirts zum nachhaltigen
Strukturwandel fehlen. Für die Überschreitung der
Vieheinheitengrenze werden vielmehr häufig Gründe der
laufenden Wirtschaftsführung ursächlich sein (z.B. Ablauf
der Pachtverträge, kurzfristige Absatzschwankungen). In diesem
Fall muss, ähnlich wie beim überbetrieblichen
Maschineneinsatz (vgl. dazu BFH-Urteile vom 14.12.2006 IV R 10/05,
BFHE 216, 241, BStBl II 2007, 516 = SIS 07 15 06, und vom 20.9.2007
IV R 32/06, BFH/NV 2008, 569 = SIS 08 14 15), für die
Entscheidung der Frage, ob die maßgebliche
Vieheinheitengrenze nachhaltig überschritten wurde, mit der
Folge, dass ein Gewerbebetrieb anzunehmen ist, ein
Beobachtungszeitraum von drei Wirtschaftsjahren zugrunde gelegt
werden. Wird die Vieheinheitengrenze in diesem Zeitraum
regelmäßig auch nur geringfügig überschritten,
ist ab dem vierten Wirtschaftsjahr ein Gewerbebetrieb anzunehmen
(ebenso Leingärtner/Stalbold, Besteuerung der Landwirte, Kap.
6, Rz 57; Schmidt/Seeger, EStG, 27. Aufl., § 13 Rz 85;
Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 58;
R 13.2 Abs. 2 und R 15.5 Abs. 2 EStR; a.A. Blümich/Selder,
§ 13 EStG Rz 98; Kube in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 13
Rz 10).
b) Von dem Fall des allmählichen oder
schleichenden Strukturwandels ist der Fall des sofortigen
Strukturwandels zu unterscheiden, in dem der Landwirt durch auf
Dauer angelegte planmäßige Maßnahmen seinen
Betrieb bewusst so umstrukturiert, dass die Vieheinheitengrenze
nachhaltig überschritten wird. Der notwendige klare
Zusammenhang mit der neuen Erwerbsquelle ergibt sich in diesen
Fällen regelmäßig aus Art und Umfang der geplanten
und durchgeführten Maßnahmen (BFH-Urteil in BFHE 118,
205, BStBl II 1976, 423 = SIS 76 02 24). Zu diesen Maßnahmen
zählen insbesondere Investitionen in die
Kapazitätsausweitung der Tierzucht und Tierhaltung, soweit
diese ohne flankierende Maßnahmen zur Ausweitung der als
Futtergrundlage zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen
Flächen stattfinden.
Wird die Vieheinheitengrenze nach § 13
Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG um mehr als 10 % überschritten und
wird dadurch zugleich ein zusätzlicher Bedarf an
landwirtschaftlichen Flächen von mehr als 10 % erforderlich,
lässt dies regelmäßig die Schlussfolgerung zu, dass
dem Maßnahmen im Hinblick auf einen sofortigen Strukturwandel
zu Grunde liegen.
c) Der Gewerbebetrieb infolge des sofortigen
Strukturwandels beginnt grundsätzlich mit den ersten
Vorbereitungshandlungen, die erkennbar auf die nachhaltige
Kapazitätserweiterung ohne entsprechende
Flächenzuwächse gerichtet sind. Die Investitionen im
Rahmen einer Kapazitätserweiterung, die zu einem sofortigen
Strukturwandel führen, sind daher nicht mehr dem
landwirtschaftlichen Betrieb, sondern dem Gewerbebetrieb
zuzuordnen. Die Maßnahmen, die den Beginn der gewerblichen
Tierzucht und Tierhaltung vorbereiten, können insoweit nicht
anders beurteilt werden, als die Maßnahmen, die der
Vorbereitung einer erstmals aufzunehmenden anderen werbenden
Tätigkeit im Rahmen eines Gewerbebetriebs dienen (vgl. dazu
BFH-Urteile vom 7.4.1992 VIII R 34/91, BFH/NV 1992, 797 = SIS 93 01 08, und vom 19.4.2007 IV R 28/05, BFHE 218, 75, BStBl II 2007, 704
= SIS 07 25 19).
Der Gewerbebetrieb tritt daher mit der
Aufnahme der ersten Vorbereitungshandlungen, die eindeutig auf eine
Kapazitätsausweitung gerichtet sind, neben den weiterhin
bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb. Denn die Bewirtschaftung
der landwirtschaftlichen Flächen vollzieht sich,
unabhängig davon, ob sie der Futtergewinnung für den
nunmehr gewerblichen Tierbestand dienen, weiterhin im
landwirtschaftlichen Betrieb (Gmach in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 13 EStG Rz 262; Leingärtner/ Stalbold, a.a.O., Kap. 6,
Rz 68).
d) Davon zu unterscheiden ist die Frage, ab
wann die Tierbestände sowie die Wirtschaftsgüter des
landwirtschaftlichen Betriebs, soweit sie nunmehr
ausschließlich dem gewerblichen Betrieb dienen, in den
Gewerbebetrieb zu überführen sind. Der
Wirtschaftsguttransfer ist regelmäßig erst mit der
Aufstallung der zusätzlichen Tierbestände zu vollziehen.
Denn erst ab diesem Zeitpunkt liegt eine tatsächliche
Überschreitung der Vieheinheitengrenzen gemäß
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vor (Leingärtner/Stalbold,
a.a.O., Kap. 6, Rz 65). Dem Landwirt bleibt es jedoch unbenommen,
Tierbestände und Wirtschaftsgüter des
landwirtschaftlichen Betriebs bereits in dem Zeitraum zwischen
erster Vorbereitungshandlung und Aufstallung des zusätzlichen
Viehbestandes dem Gewerbebetrieb ausdrücklich zuzuordnen.
Daraus folgt zugleich, dass die mit den zu überführenden
Wirtschaftsgütern zusammenhängenden Einkünfte bis
zum Zeitpunkt der Überführung dem landwirtschaftlichen
Betrieb zuzurechnen sind.
3. Davon ausgehend hat das FG zu Recht
entschieden, dass die Rücklage für die Errichtung des
Schweinestalls in Höhe von 1 Mio. DM zum 30.6.1994 im
Gewerbebetrieb (gewerbliche Tierzucht) des Klägers gebildet
werden musste.
a) Nach den für den Senat bindenden
Feststellungen des FG hat der Kläger die Bildung einer
Rücklage für den Neubau eines Schweinemaststalls mit
2.080 Mastplätzen beantragt. Der Maststall wurde im Oktober
1996 fertig gestellt und in Nutzung genommen. Dies führte zu
einer Kapazitätsausweitung von 624 Vieheinheiten
gegenüber den bisher erzeugten bzw. gehaltenen Vieheinheiten
zwischen 201 und 276 in den Wirtschaftsjahren 1992/93 bis 1995/96.
Um über eine ausreichende Futtergrundlage i.S. des § 13
Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu verfügen, hätten vom
Kläger unter Berücksichtigung der vorhandenen
landwirtschaftlichen Flächen, die in den Wirtschaftsjahren
1992/93 bis 1995/96 zwischen 50,20 ha und 68,53 ha betrugen,
zusätzliche Flächen von 355 ha angeschafft bzw.
angepachtet werden müssen. Der Neubau des Schweinemaststalls
hat damit zu einer Kapazitätsausweitung geführt, die
einen sofortigen Strukturwandel hin zum Gewerbetrieb begründet
hat.
b) Die Errichtung des Stallgebäudes ist
daher nicht mehr durch den landwirtschaftlichen Betrieb, sondern
durch den Gewerbebetrieb veranlasst gewesen. Davon, dass der
Schweinemastbetrieb durch die Kapazitätsausweitung zum
Gewerbebetrieb umstrukturiert wurde, ist ersichtlich auch der
Kläger ausgegangen. Denn der Kläger hat den bisherigen
landwirtschaftlichen Betrieb zum 1.7.1996, noch vor der
Fertigstellung und Inbetriebnahme des neuen Maststalls, auf die mit
einer Angehörigen errichtete GbR übertragen und die
Schweinemast in dem neuen Schweinemaststall als Gewerbebetrieb
fortgeführt.
c) Ist die Errichtung des Schweinestalls dem
Gewerbebetrieb zuzurechnen, muss dies gleichermaßen für
die Rücklage gemäß § 3 Abs. 2a ZRFG gelten,
die im Hinblick auf diese Investitionen gebildet worden ist.
aa) Die Rücklage nach § 3 Abs. 2a
ZRFG dient ausschließlich dazu, den Aufwand für eine
bestimmte Investition in einen früheren Veranlagungszeitraum
zu verlagern, um damit dem Steuerpflichtigen
Liquiditätsvorteile zu verschaffen. Anknüpfungspunkt
für die betriebliche Zurechnung dieses vorgezogenen Aufwands
ist damit allein die tatsächlich durchgeführte
Investition. Der durch die Rücklage vorgezogene Aufwand ist
daher ebenfalls durch den Betrieb veranlasst, für den das
Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt worden ist. Die
Aufwendungen stellen damit vorweggenommene Betriebsausgaben des
Gewerbebetriebs dar.
bb) Dieser Rechtsauffassung steht die
Rechtsprechung zur Bildung einer Ansparrücklage
gemäß § 7g Abs. 3 EStG bei der Herstellung von
Wirtschaftsgütern vor Vollendung der Eröffnung eines
landwirtschaftlichen Betriebs nicht entgegen (BFH-Urteile in BFHE
218, 75, BStBl II 2007, 704 = SIS 07 25 19, und vom 25.4.2002 IV R
30/00, BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182 = SIS 02 09 52). Dort ging
es um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine
Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG gebildet werden kann. Um
in den Fällen, in denen die Betriebseröffnung noch nicht
vollendet ist, eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der
Förderung zu vermeiden, hat der BFH verlangt, dass die
Investitionsentscheidung ausreichend konkretisiert sein muss.
Über die Bewilligung der Rücklagenbildung nach § 3
Abs. 2a ZRFG ist jedoch vorliegend bereits mit Bescheid vom
19.1.1996 bestandskräftig entschieden worden. Dieser Bescheid
ist Grundlagenbescheid für die Steuerfestsetzung. Im
vorliegenden Fall ist daher nicht über die Zulässigkeit
der Bildung der Rücklage, sondern nur darüber zu
entscheiden, durch welchen Betrieb der rücklagenbedingte
vorgezogene Aufwand veranlasst worden ist.
Zutreffend hat das FG auch darauf hingewiesen,
dass der Bewilligungsbescheid keine Regelung dahin trifft, welchem
Betriebsvermögen die Rücklage zuzuordnen ist. Diese
Entscheidung bleibt vielmehr dem Steuerfestsetzungsverfahren
vorbehalten.
4. Ist die Rücklage zum 30.6.1994 daher
in dem Gewerbebetrieb zu bilden gewesen, können die dadurch im
Wirtschaftsjahr 1993/94 entstandenen Verluste gemäß
§ 15 Abs. 4 EStG weder mit positiven Einkünften aus
anderen Einkunftsarten des Streitjahres 1993 verrechnet noch auf
solche des Jahres 1992 zurückgetragen werden.
5. Zu Unrecht hat das FG die Einkünfte
aus der Schweinemast, die in den Wirtschaftsjahren 1993/94 und
1994/95 erzielt worden sind, als solche aus gewerblicher Tierzucht
behandelt. Wie oben unter II.A.2.d ausgeführt, wären die
bisher dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnenden Tiere erst
mit der Aufstallung der zusätzlichen Tierbestände in den
Gewerbebetrieb zu überführen gewesen. Dazu kam es im
Streitfall jedoch nicht, da der landwirtschaftliche Betrieb schon
vor diesem Zeitpunkt aber nach den Streitjahren in ein anderes
Unternehmen eingebracht worden ist. Die Einkünfte aus der
Schweinemast der Wirtschaftsjahre 1993/94 und 1994/95 sind danach
weiterhin als Einkünfte aus Landwirtschaft zu erfassen. An
einer diesbezüglichen Änderung der Vorentscheidung sieht
sich der Senat allerdings durch das auch im Revisionsverfahren
geltende Verböserungsverbot gehindert.
B. Anschlussrevision des FA
Der Senat legt die Revisionserwiderung des FA
dahin aus, dass damit eine Anschlussrevision (§ 155 FGO i.V.m.
§ 554 der Zivilprozessordnung - ZPO - ) eingelegt werden
sollte. Zwar fehlt es an einer ausdrücklichen Bezeichnung des
Begehrens als Anschlussrevision; darauf kommt es aber nicht an, da
der Wille des FA eindeutig erkennbar geworden ist, dass es
ebenfalls eine Abänderung der Vorentscheidung erreichen will.
So hat sich das FA in der Revisionserwiderung nicht darauf
beschränkt, die Zurückweisung der Revision zu beantragen.
Vielmehr hat es die Abweisung der Klage auch insoweit beantragt,
als die Vorentscheidung dem Begehren der Kläger entsprochen
hat.
Die so auszulegende Anschlussrevision des FA
war als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht fristgerecht
eingelegt worden ist.
Die Anschlussrevision muss innerhalb eines
Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung eingelegt
werden (§ 155 FGO i.V.m. § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl.
auch BFH-Urteil vom 8.3.2007 IV R 41/05, BFH/NV 2007, 1813 = SIS 07 31 94). Daran fehlt es vorliegend. Die Revisionsbegründung der
Kläger wurde dem FA, ausweislich dessen Posteingangsstempel
auf dem Empfangsbekenntnis, am 5.5.2006 zugestellt. Die
Anschlussrevision wurde jedoch erst am 21.6.2006 eingelegt.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§
56 Abs. 1 FGO) wegen der Versäumung dieser Frist kommt nicht
in Betracht. Das FA hat insoweit keinen Antrag gestellt. Auch nach
Aktenlage sind Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen
könnten, nicht ersichtlich.
Zwar ist eine unzulässige Revision nach
§ 126 Abs. 1 FGO grundsätzlich durch Beschluss zu
verwerfen. Haben aber beide Beteiligte Revision eingelegt, und ist
davon die eine unbegründet, die andere unzulässig, kann
der Senat insgesamt über beide Revisionen durch Urteil
entscheiden (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1813 = SIS 07 31 94). Dies
gilt gleichermaßen für die Entscheidung über eine
unzulässige Anschlussrevision, die neben einer zulässigen
Revision eingelegt worden ist (Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 126 Rz 4).