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Kein Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen für ein Studium, welches eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet

Kein Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen für ein Studium, welches eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet: 1. Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium, welches zugleich eine Erstausbildung vermittelt und das nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat, sind nach § 12 Nr. 5 i.V.m. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit. - 2. Die bereits für die Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwendenden gesetzlichen Neuregelungen in § 12 Nr. 5 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind verfassungsgemäß. Sie enthalten weder eine unzulässige verfassungsrechtliche Rückwirkung noch verstoßen sie gegen den Gleichheitssatz i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG. - Urt.; BFH 5.11.2013, VIII R 22/12; SIS 13 34 23

Kapitel:
Privatbereich > Sonderausgaben
Fundstellen
  1. BFH 05.11.2013, VIII R 22/12
    BStBl 2014 II S. 165
    DStR 2014 S. 22
    NJW 2014 S. 1134

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 13.2.2014
    -/- in NWB 3/2014 S. 82
    jh in StuB 4/2014 S. 154
    H.J.P. in BFH/PR 3/2014 S. 72
    TK in DStZ 4//2014 S. 101
    M.T. in DStZ 6/2014 S. 189
    U.H. in StC 3/2014 S. 7
    KAM in Stbg 5/2014 S. M 17
Normen
[EStG] § 4 Abs. 9, § 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 18.04.2012, SIS 12 18 18, Erststudium, Rechtsanwalt, Vorweggenommene Betriebsausgaben, Sonderausgabe, Rückwirkungsverbot
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 18.5.2021, SIS 21 08 53, Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren, Aussetzung der Steuerfestsetzung,...
  • BFH 16.6.2020, SIS 20 16 17, Kein Abzug von Aufwendungen für ein Erststudium, das eine Erstausbildung vermittelt, als Betriebsausgaben...
  • BVerfG 19.11.2019, SIS 20 01 16, Verfassungsmäßigkeit von § 9 Abs. 6 EStG: § 9 Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Ges...
  • FG Hamburg 5.2.2015, SIS 15 09 90, Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs gemäß § 10 d Abs. 4 Satz 6 2. Halbsatz EStG: Das Finanzamt h...
  • FG Köln 31.7.2014, SIS 14 29 14, Kein Werbungskostenabzug für Ausbildung als Verkehrsflugzeugführer: 1. Aufwendungen für eine Ausbildung a...
  • BFH 17.7.2014, SIS 14 28 41, Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten: Es wird eine Entscheidung des BVerfG dar...
  • BFH 17.7.2014, SIS 14 28 42, Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten: Es wird eine Entscheidung des BVerfG dar...
  • FG München 20.6.2014, SIS 15 01 62, Dreijährige Anlaufhemmung für Verlustfeststellung, Abzugsbeschränkung für Erstausbildungskosten ist verfa...
  • FG Köln 20.2.2014, SIS 14 12 60, Kosten zur erstmaligen Ausübung des Berufs des Verkehrsflugzeugführers nicht abziehbar: Aufwendungen zur ...
Fachaufsätze
  • LIT 03 07 90 H. Weber-Grellet, FR 13/2015 S. 609: VGA wegen Übernahme eines Grundstückskaufpreises für den Gesellschafter-Geschäftsführer - Kommentar zum B...
Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

 

1

I. Die Beteiligten streiten um den Abzug von Aufwendungen für ein Erststudium als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.

 

 

2

Der in der Wohnung seiner Eltern in A mit Zweitwohnsitz gemeldete ledige Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte seit dem Sommersemester 2003 zunächst an der Universität B und später an der Universität C ein Jurastudium als Erststudium. Am jeweiligen Studienort, an dem er jeweils mit Hauptwohnsitz gemeldet war, unterhielt er eine sog. „Studentenbude“ von knapp 25 qm.

 

 

3

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen und Erklärungen zur Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge für die Streitjahre 2004 und 2005 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 5.461 EUR (2004) bzw. 3.865 EUR (2005) als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend. Hiervon entfielen 4.476 EUR (2004) bzw. 2.649 EUR (2005) auf Miete und Strom für die Wohnung am Studienort und 192 EUR (2004) bzw. 140 EUR (2005) auf Telefonkosten. Das zunächst zuständige Finanzamt C erkannte die erklärten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht an, setzte die Einkommensteuer für 2004 und 2005 auf 0 EUR fest und stellte - jeweils unter Fortschreibung des zum 31.12.2003 festgestellten Verlustvortrags - die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer zum 31.12.2004 und 31.12.2005 auf jeweils 1.661 EUR fest.

 

 

4

Im anschließenden beim Finanzgericht C geführten Klageverfahren erklärte der Kläger bisher nicht angegebene Einnahmen aus Kapitalvermögen von 2.085 EUR (2004) und 2.780 EUR (2005) sowie aus selbständiger Arbeit von 1.000 EUR (2005) nach. Der inzwischen durch einen Wohnortwechsel des Klägers zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) stellte daraufhin mit geänderten Bescheiden vom 2.11.2009 die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31.12.2004 auf 997 EUR und auf den 31.12.2005 auf 0 EUR fest. In diesen Bescheiden, die gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden sind, blieben die Studienkosten weiterhin unberücksichtigt.

 

 

5

Mit der daraufhin an das Finanzgericht (FG) verwiesenen Klage begehrte der Kläger, seine Studienkosten als vorweggenommene Betriebsausgaben abzuziehen. Das FG wies die Klage mit seinem in EFG 2012, 1433 = SIS 12 18 18 veröffentlichten Urteil vom 18.4.2012 10 K 4400/09 F ab.

 

 

6

Dagegen richtet sich die Revision. Der Kläger macht geltend, seine Studienkosten müssten als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden, andernfalls werde gegen das Nettoprinzip verstoßen. Denn sein Studium der Rechtswissenschaften habe final im Zusammenhang mit seiner späteren, inzwischen ausgeübten Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gestanden. Die in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRLUmsG) vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) - EStG - erfolgte angebliche „Klarstellung“, dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium ohne vorangegangene Berufsausbildung keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien, sei in seinem Fall schon deshalb nicht anzuwenden, weil die in § 52 Abs. 12, Abs. 23d und Abs. 30a EStG angeordnete Geltung der vorgenannten Vorschriften ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gegen das Rückwirkungsverbot verstoße und daher verfassungswidrig sei.

 

 

7

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Bescheide vom 2.11.2009 über die Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zum 31.12.2004 bzw. zum 31.12.2005 dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von 5.461 EUR (für 2004) und in Höhe von 3.865 EUR (für 2005) festgestellt wird.

 

 

8

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

9

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

 

10

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die angefochtenen Bescheide vom 2.11.2009 über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31.12.2004 und 31.12.2005 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 FGO).

 

 

11

1. Zutreffend geht das FG davon aus, dass es sich bei den Aufwendungen des Klägers um solche für ein Erststudium handelt, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Es handelt sich daher um Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der für die Streitjahre 2004 und 2005 geltenden Fassung bis zu 4.000 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Zwar ist nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung der Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.7.2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 = SIS 11 26 72, und VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 = SIS 11 26 71). Dass die hier streitigen Aufwendungen indes keine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind, ordnet § 12 Nr. 5 i.V.m. § 4 Abs. 9 EStG ausdrücklich an. In § 4 Abs. 9 EStG heißt es dazu: „Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Betriebsausgaben“; entsprechend ist auch § 12 Nr. 5 EStG formuliert.

 

 

12

§ 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sind gemäß Art. 25 Abs. 4 BeitrRLUmsG am Tag nach der Verkündung des BeitrRLUmsG, d.h. am 14.12.2011, in Kraft getreten und gemäß § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden. Die Auffassung des FG, bei den Aufwendungen des Klägers handele es sich um Sonderausgaben, ist revisionsrechtlich daher nicht zu beanstanden.

 

 

13

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die gesetzliche Neuregelung betreffend Aufwendungen für ein Erststudium bzw. eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses, die der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 und Abs. 30a EStG geschaffen hat, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden (so auch Urteil des FG des Saarlandes vom 4.4.2012 2 K 1020/09 = SIS 13 05 71; Urteil des FG Münster vom 20.12.2011 5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612 = SIS 12 08 11; Urteile des FG Köln vom 17.7.2013 14 K 3720/12, juris = SIS 13 26 96, und 14 K 587/13, EFG 2013, 1745 = SIS 13 26 97; vom 22.5.2012 15 K 3413/09, EFG 2012, 1735 = SIS 12 20 67; Urteil des FG Düsseldorf vom 14.12.2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686 = SIS 12 14 79; im Ergebnis ebenso Förster, DStR 2012, 486; Trossen, FR 2012, 501; ders. in EFG 2012, 614; Fischer, jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

 

 

14

a) Die Neuregelungen verstoßen insbesondere nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsverbot. Da die Rechtsfolgen der Neuregelungen mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten sollen - hier: Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 - handelt es sich um einen Fall der sog. echten Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Eine solche ist grundsätzlich unzulässig, denn bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Norm, zumindest bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, müssen die von einem Gesetz Betroffenen grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7.7.2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 = SIS 10 22 45, m.w.N.).

 

 

15

b) Dieses Rückwirkungsverbot kann jedoch durchbrochen werden, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte, etwa weil die Rechtslage unklar und verworren war; auch ist es dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, welche vor der Änderung einer Rechtsprechung einer einheitlichen Rechtspraxis und gefestigter Rechtsprechung entsprach (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.10.2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 23.11.1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239; BVerfG-Entscheidung vom 19.12.1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261).

 

 

16

c) Im Streitfall hat der Gesetzgeber mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seine bisherige Auffassung zum Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzugsverbot für Kosten der Erstausbildung, die er bereits in früheren Jahren vertreten und die er im Rahmen des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze (AOÄndG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1753) nochmals bestätigt hat, erneut bekräftigt. Mit dem AOÄndG hatte der Gesetzgeber Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung im neu gefassten § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zur Höhe von 4.000 EUR im Kalenderjahr zum Sonderausgabenabzug zugelassen und gleichzeitig § 12 EStG durch eine neue Nr. 5 ergänzt, wonach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium als nichtabzugsfähige Ausgaben zu bewerten sind, es sei denn, diese Maßnahmen finden im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Diese Regelung trat gemäß Art. 6 des AOÄndG mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft. Diesem grundsätzlichen Abzugsverbot für Kosten der beruflichen Erstausbildung entsprach auch die langjährige Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 17.4.1996 VI R 94/94, BFHE 180, 341, BStBl II 1996, 450 = SIS 96 18 04, m.w.N.; vom 4.12.2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74; vom 17.12.2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407 = SIS 03 07 75, und vom 27.5.2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 = SIS 03 29 58). Diese langjährige Rechtsanwendungspraxis hat der BFH endgültig erst im Juli 2011 aufgegeben und entschieden, das seit 2004 geltende grundsätzliche Abzugsverbot für Kosten eines Studiums und einer Erstausbildung stehe der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium selbst dann nicht entgegen, wenn diese Maßnahmen unmittelbar im Anschluss an die Schulausbildung durchgeführt werden (BFH-Urteile vom 28.7.2011 VI R 5/10, BFHE 234, 262, BStBl II 2012, 553 = SIS 11 28 17; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038 = SIS 11 36 45; VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 = SIS 11 26 71; VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19 = SIS 11 38 80; in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 = SIS 11 26 72). Auf diese geänderte Rechtsprechung hat der Gesetzgeber reagiert und mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seinen bereits 2004 zu Tage getretenen Willen verdeutlicht. Demgemäß sieht der Gesetzgeber die gesetzlichen Änderungen im BeitrRLUmsG auch lediglich als Klarstellung an (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 26.10.2011 zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

 

 

17

Für den Kläger bestand daher kein schutzwürdiges Vertrauen in die durch die vorgenannten BFH-Urteile vom 28.7.2011 geschaffene Rechtslage. Auch wenn der BFH ab 2002 die Grenze zwischen den nur als Sonderausgaben abziehbaren Ausbildungskosten und den unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbaren Fortbildungskosten in Richtung Fortbildungskosten verschoben hat, hat der BFH die grundsätzliche Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein Erststudium, welches zugleich eine Erstausbildung vermittelt, erstmalig mit den vorstehend genannten Entscheidungen vom 28.7.2011, d.h. weit nach Ablauf der Streitjahre 2004 und 2005, bejaht. Zutreffend geht das FG deshalb davon aus, dass der Kläger aus der Rechtsprechung des BFH aus den Jahren vor 2011 kein schutzwürdiges Vertrauen herleiten kann.

 

 

18

Nämliches gilt für die geänderte Rechtsprechung des BFH aus dem Juli 2011. Für die Streitjahre 2004 und 2005 kann sie schon deshalb nicht vertrauensschaffend sein, da sie zum damaligen Zeitpunkt noch niemandem bekannt sein konnte. Ein Vertrauenstatbestand hätte sich deshalb erstmals ab Veröffentlichung der Urteile ab dem 17.8.2011 entwickeln können. Nicht zuletzt aufgrund der sofort aufgekommenen steuerpolitischen Diskussion (vgl. BTDrucks 17/6978 und 17/7259) konnte der Kläger auf den Fortbestand der durch die neuen BFH-Urteile geschaffenen Rechtslage aber nicht vertrauen, zumal die Neuregelung der §§ 4, 9 und 12 EStG im Rahmen der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum BeitrRLUmsG vom 26.10.2011 bereits weniger als drei Monate nach Veröffentlichung der geänderten BFH-Rechtsprechung bekannt geworden ist (so auch Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612 = SIS 12 08 11; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735 = SIS 12 20 67; in EFG 2013, 1745 = SIS 13 26 97; vom 17.7.2013 14 K 3720/12, juris = SIS 13 26 96; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686 = SIS 12 14 79; Urteil des FG des Saarlandes vom 4.4.2012 2 K 1020/09, juris = SIS 13 05 71; Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

 

 

19

d) Die gesetzlichen Neuregelungen in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes in dessen Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit.

 

 

20

aa) Zutreffend geht die Vorinstanz davon aus, dass der Gesetzgeber die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem objektiven und nach dem subjektiven Nettoprinzip bemisst. Unabhängig davon, ob dem Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt oder nicht, zählt doch die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des Nettoprinzips zu den Grundentscheidungen des Gesetzgebers. Soweit es um die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung geht, bedürfen Ausnahmen besonderer, sachlich begründeter Rechtfertigung. Als solche kommen insbesondere Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG-Beschluss vom 6.7.2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318 = SIS 10 19 16, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42). Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42).

 

 

21

bb) Auf eine solche Typisierung hat sich der Gesetzgeber mit den Neuregelungen von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG durch das BeitrRLUmsG bezogen; nämliches hatte er bereits mit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und mit der Neuschaffung des § 12 Nr. 5 EStG durch das AOÄndG im Jahr 2004 ausdrücklich getan (vgl. BTDrucks 15/3339, S. 10) und seine damalige Auffassung mit der Neufassung der Vorschriften durch das BeitrRLUmsG lediglich nochmals klargestellt (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

 

 

22

cc) Der Senat hat keine Bedenken, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschriften realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde gelegt hat. Durch die Zuordnung der Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung bzw. für ein Erststudium zu den Sonderausgaben und damit die Beschränkung des Abzugs auf 4.000 EUR im Jahr (ab Veranlagungszeitraum 2012 6.000 EUR) dürfte sich in der überwiegenden Zahl der Fälle in Folge der Versagung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs keine relevante steuerliche Auswirkung ergeben, auch wenn der Sonderausgabenabzug bei fehlenden positiven Einkünften regelmäßig ins Leere läuft; auch sorgt die Typisierung für mehr Steuergerechtigkeit und vermeidet Widersprüche zu anderen gesetzlichen Regelungen (vgl. Trossen in FR 2012, 501; im Ergebnis ähnlich Förster in DStR 2012, 486; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686 = SIS 12 14 79; Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612 = SIS 12 08 11; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735 = SIS 12 20 67; in EFG 2013, 1745 = SIS 13 26 97; vom 17.7.2013 14 K 3720/12 = SIS 13 26 96, und Urteil des FG des Saarlandes vom 4.4.2012 2 K 1020/09, juris = SIS 13 05 71). Dafür spricht nicht zuletzt, dass Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten Dienstverhältnisses stehen, sondern losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer „Ausbildung“ dienen (Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686 = SIS 12 14 79, m.w.N.). Es handelt sich damit um sog. gemischt veranlasste Aufwendungen, die nicht zwangsläufig dem objektiven Nettoprinzip unterfallen, weil ein unmittelbarer und direkter Anknüpfungspunkt an eine spätere Berufstätigkeit fehlt und möglicherweise auch private Interessen für die Aufwendungen eine Rolle spielen (Urteil des FG Münster in EFG 2012, 1433 = SIS 12 18 18). Demgemäß steht es dem Gesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit grundsätzlich frei, ob er Aufwendungen für die berufliche Erstausbildung oder ein Erststudium wegen ihrer Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit den Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuordnet oder ob er die private (Mit-)Veranlassung systematisch in den Vordergrund stellt und demgemäß eine Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben vornimmt (BVerfG-Beschluss vom 16.3.2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 = SIS 05 30 25; in diesem Sinne auch Förster in DStR 2012, 486). Die Entscheidung des Gesetzgebers, den mit einer Erstausbildung verbundenen Aufwendungen nur durch den Sonderausgabenabzug Rechnung zu tragen, ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und beinhaltet auch keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip (Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501).

 

Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

Die Entscheidung ist vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung zum Spielraum des Gesetzgebers bei der Typisierung von Lebenssachverhalten und ihrer Regelung zu sehen. Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen.