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Elektronische Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen

Elektronische Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen: 1. Die Verpflichtung eines Unternehmers, seine Umsatzsteuer-Voranmeldungen dem Finanzamt grundsätzlich durch Datenfernübertragung elektronisch zu übermitteln, ist verfassungsgemäß. - 2. Beantragt der Unternehmer, zur Vermeidung von unbilligen Härten die Umsatzsteuer-Voranmeldungen (weiterhin) nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in Papierform abgeben zu dürfen, muss das Finanzamt diesem Antrag entsprechen, wenn dem Unternehmer die elektronische Datenübermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. - 3. Liegt eine solche wirtschaftliche oder persönliche Unzumutbarkeit nicht vor, verbleibt es bei dem Anspruch des Unternehmers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Finanzamts über diesen Antrag. - 4. Der Unternehmer darf vom Finanzamt hinsichtlich der zur Erfüllung der Erklärungspflicht auf elektronischem Weg erforderlichen Hard- und Software grundsätzlich nicht auf den Internetzugang anderer "Konzerngesellschaften" verwiesen werden. - Urt.; BFH 14.3.2012, XI R 33/09; SIS 12 11 01

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Besteuerungsverfahren / Umsatzsteuer
Fundstellen
  1. BFH 14.03.2012, XI R 33/09
    BStBl 2012 II S. 477
    DStR 2012 S. 748
    LEXinform 0927570

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 19.6.2012
    T.L. in BB 18/2012 S. 1140
    F.H.L. in BFH/PR 6/2012 S. 208
    H.Sch. in HFR 6/2012 S. 654
    jh in StuB 12/2012 S. 494
    H.F.L. in StC 6/2012 S. 12
    G.G./H.B.in DB 17/2012 S. M 20
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 22 Abs. 4 Buchst. a
[RL 2006/112/EG] Art. 250 Abs. 2
[UStG] § 18 Abs. 1
[AO 1977] § 34 Abs. 1, § 150 Abs. 8
[FGO] § 101, § 102
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 20.10.2009, SIS 10 03 17, Umsatzsteuervoranmeldung, Elektronische Übermittlung, Billigkeit, Ermessen, Verfassung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 20.3.2023, SIS 23 09 72, Verpflichtung eines freiberuflichen Künstlers und umsatzsteuerlichen Kleinunternehmers zur elektronischen...
  • BFH 20.9.2022, SIS 22 16 98, Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei Streit um das Vorliegen eines Härtefalls gemäß § 150 Abs. 8 A...
  • FG Köln 30.3.2022, SIS 22 14 33, Billigkeitserlass einer Kindergeld-Rückforderung: 1. Eine ermessensfehlerhafte Ablehnung eines Erlasses e...
  • FG München 26.1.2022, SIS 22 05 41, Stundung der Erbschaftsteuer: 1. Ein die Stundung ablehnender Verwaltungsakt erledigt sich nicht durch di...
  • FG Baden-Württemberg 12.11.2021, SIS 23 12 23, Keine sachliche Unbilligkeit bei Ausschluss der Verrechnung von Verlusten aus Aktienveräußerungen mit Sti...
  • BMF 1.11.2021, SIS 21 19 03, Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO): Die Regelungen des AEAO zu §§ 26, 30, 89, 108,...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 8.7.2021, SIS 21 14 59, Wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Schaffung der technischen Voraussetzungen für eine elektronische Überm...
  • BFH 21.4.2021, SIS 21 13 07, Pflicht zur Einreichung einer E-Bilanz bei finanziellem Aufwand von ca. 40 EUR: 1. § 5 b Abs. 1 EStG ist ...
  • FG Münster 11.3.2021, SIS 21 06 50, Stundung von Schenkungsteuer: 1. Ein die Stundung ablehnender Verwaltungsakt erledigt sich nicht durch di...
  • FG Münster 28.1.2021, SIS 21 03 98, Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Bilanz: 1. Wenn eine persönliche oder wirts...
  • FG München 25.1.2021, SIS 23 05 00, Rechtmäßigkeit eines Verspätungszuschlags bei Nichtabgabe der Steuererklärung in elektronischer Form: Die...
  • FG Köln 23.9.2020, SIS 21 09 66, Örtliche Zuständigkeit für den Billigkeitserlass von zurückgefordertem Kindergeld: 1. Eine Klage ist gemä...
  • Hessisches FG 16.9.2020, SIS 21 12 38, Frühstück als Nebenleistung zur Beherbergungsleistung eines Hotels: 1. Frühstücksleistungen dienen nicht ...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 9.9.2020, SIS 20 20 19, Verpflichtung einer UG zur Abgabe einer elektronischen Bilanz: Bei Vorliegen einer persönlichen oder wirt...
  • FG Köln 30.6.2020, SIS 21 00 06, Vorsteuervergütung, Frage der Zulässigkeit der Zusammenfassung mehrerer Rechnungen in einer Antragspositi...
  • BFH 16.6.2020, SIS 20 17 32, Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung aufgrund wirtschaf...
  • BFH 16.6.2020, SIS 20 17 33, Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung aufgrund wirtschaf...
  • FG Hamburg 12.6.2020, SIS 21 05 81, Kein steuerfreier Sanierungsgewinn bei Erlass einer Forderung aus ausschließlich eigennützigem Interesse ...
  • FG Berlin-Brandenburg 8.8.2019, SIS 20 18 78, Abgabe der Steuererklärungen in elektronischer Form: 1. Das Ermessen der Finanzverwaltung, auf Antrag auf...
  • BFH 20.3.2019, SIS 19 08 60, Kein Altersvorsorge-Eigenheimbetrag bei Erweiterung einer bereits bestehenden Wohnung: § 92 a EStG begüns...
  • BFH 15.5.2018, SIS 18 14 41, Keine unbillige Härte bei Verpflichtung eines Unternehmers zur elektronischen Übermittlung seiner Bilanz ...
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  • FG Berlin-Brandenburg 8.10.2015, SIS 15 26 99, Verspätungszuschlag bei nicht genehmigter Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung in Papierform, zur Befreiun...
  • BFH 17.8.2015, SIS 15 28 61, Abgabe einer Steuererklärung durch Übergabe eines Datenträgers (USB-Stick oder CD): 1. Körperschaft- und ...
  • FG Rheinland-Pfalz 15.7.2015, SIS 15 21 72, Verpflichtung zur Einreichung der Einkommensteuererklärung mittels Datenfernübertragung nach § 25 Abs. 4 ...
  • BFH 14.4.2015, SIS 15 15 36, Elektronische Abgabe von Voranmeldungen: Die Verpflichtung eines Unternehmers, seine Umsatzsteuer-Voranme...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • FG Nürnberg 5.8.2014, SIS 14 28 60, Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe der elektronischen Umsatzsteuervoranmeldung: 1. Die Verpflichtung z...
  • FG Bremen 26.6.2014, SIS 14 23 21, Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen an das Finanzamt verfassungs...
  • OFD Koblenz 19.8.2013, SIS 13 31 13, LSt-Anmeldungen, USt-Voranmeldungen, Verpflichtung zur authentifizierten Übermittlung: Eine Rundverfügung...
  • BFH 24.4.2013, SIS 13 32 18, Regelsteuersatz für Frühstücksleistungen an Hotelgäste: 1. Bei Übernachtungen in einem Hotel unterliegen ...
  • FG Köln 11.4.2013, SIS 13 20 68, Mindestbesteuerung, Definitivbelastung, Ermessensentscheidung: Bei einer Veranlagung, die unter Anwendung...
  • OFD Karlsruhe 15.1.2013, SIS 13 11 33, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BMF 17.12.2012, SIS 12 33 87, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31.12.2012: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten geändert...
  • FG Münster 29.8.2012, SIS 12 28 86, Abzugsbetrag nach § 7 i EStG im Lohnsteuerermäßigungsverfahren vor Bescheid der Denkmalbehörde: 1. Im Rah...
Fachaufsätze
  • LIT 02 38 22 G. Geberth/H. Burlein, DB 17/2012 S. M 20: Elektronische Übermittlungspflicht von USt-Voranmeldungen verfassungsgemäß - BFH-Urteil vom 14.3.2012, XI...

 

1

I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) berechtigt ist, ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin in Papierform abzugeben.

 

 

2

Die Klägerin ist eine im Jahr 2004 gegründete GmbH & Co. KG. Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin sind die Eheleute A und B sowie deren Kinder C und D. Einziger Kommanditist der Klägerin ist A.

 

 

3

Die Klägerin vermietet Betriebsgrundstücke an verbundene Unternehmen und erwirtschaftete in den Jahren 2005 bis 2008 einen Gewinn in einer Höhe von jeweils mehr als ... EUR. Sie erstellte ihre Buchführung handschriftlich mit einem sog. „amerikanischen Journal“.

 

 

4

Mit Schreiben des A, eines ..., beantragte die Klägerin unter dem 12.12.2004 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ), ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin in Papierform abzugeben und begründete dies wie folgt:

 

 

5

„Umsatzsteuervoranmeldung 2005

 

für Steuernummer: ...

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich beantrage hiermit, auch in Zukunft die Meldungen auf amtlichem Formular handschriftlich abgeben zu dürfen, weil ich a) aus technischer Sicht, b) aus persönlichen Gründen nicht in der Lage bin, der Vorschrift zu entsprechen.

 

Die Buchhaltung ist so klein, dass sie zurzeit ohne elektronische Hilfe erledigt werden kann. Außerdem verfügt die Buchhaltung nicht über die erforderliche Hard- und Software. Zusätzlich ist anzumerken, dass die Sachbearbeitung noch nicht in der Lage ist, mit einem PC umzugehen [...]“.

 

 

6

Den Antrag lehnte das FA mit Schreiben vom 21.12.2004 ab.

 

 

7

Der Einspruch vom 25.12.2004, in dem A u.a. auf sein Alter von ... Jahren, auf das Fehlen eines Internetzugangs, auf seine mangelnde Fähigkeit zur Nutzung des Internets, auf den Umstand, dass es sich um ein „neues Unternehmen“ handele, welches „noch anlaufen“ müsse sowie darauf verwiesen hatte, dass voraussichtlich nur ca. 150 Buchungssätze pro Jahr anfallen würden und dass die Buchführung in Form eines „amerikanischen Journals“ erstellt werde, so dass ein technischer Anschluss „völlig überdimensioniert“ wäre, blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 18.3.2005 führt das FA zur Begründung aus:

 

 

8

„[...] Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Finanzamt in Ausnahmefällen weiterhin die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung in herkömmlicher Form (Papier) zulassen. Ein Härtefall kann vorliegen, wenn und solange es dem Unternehmer bzw. Arbeitgeber nicht zumutbar ist, die notwendigen technischen Voraussetzungen für die elektronische Übermittlung zu schaffen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Unternehmer

 

-

finanziell nicht in der Lage ist, entsprechende Investitionen zu tätigen oder

 

-

kurzfristig eine Einstellung seiner betrieblichen Tätigkeit beabsichtigt oder

 

-

in nächster Zeit eine Umstellung der Software/Hardware beabsichtigt.

 

Keines dieser Merkmale trifft jedoch zu. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft zu einem Konzern gehört. Der Konzern—zu welchem die Efin gehört—unterhält nach den vorliegenden Wirtschaftsprüfungsberichten eine hauseigene EDV-Anlage, in der sowohl die anfallenden Geschäftsvorfälle als auch die Lohn- und Gehaltsbuchführung erfasst werden. Mehrere der Konzerngesellschaften unterhalten zudem eine Internetpräsenz. Finanzielle Investitionen müssten—wenn überhaupt—nur in sehr geringem Umfang getätigt werden. Dies ist der Efin finanziell zuzumuten und verstößt gegen keinerlei Übermaßverbot.
Die Einwendung, die Übermittlung von Steuerdaten mit der ELSTER-Software sei nicht sicher, ist unberechtigt [...]“.

 

 

9

Auf die daraufhin erhobene Klage mit dem Antrag, das FA zu verpflichten, ihr zu gestatten, Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin in herkömmlicher Form (Papierform) abgeben zu dürfen, verpflichtete das Finanzgericht (FG) das FA, den Antrag der Klägerin vom 12.12.2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des FG neu zu bescheiden.

 

 

10

Die Klägerin habe nach der ab 1.1.2009 geltenden und im Streitfall maßgebenden Rechtslage keinen Anspruch, von der Verpflichtung befreit zu werden, Umsatzsteuer-Voranmeldungen in elektronischer Form abzugeben. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen in elektronischer Form nach § 18 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) liege innerhalb des verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Weder das Fehlen der für eine elektronische Übermittlung erforderlichen Hard- und Software noch das geltend gemachte Alter der Geschäftsführer A und B oder die vorgebrachten generellen Sicherheitsbedenken gegen die Abgabe elektronischer Steueranmeldungen führten zu einem Anspruch auf Befreiung nach § 18 Abs. 1 UStG i.V.m. § 150 Abs. 8 der Abgabenordnung (AO).

 

 

11

Das FA sei aber zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin vom 12.12.2004 zu verpflichten, weil es von dem ihm durch § 18 Abs. 1 UStG eingeräumten Ermessen nicht i.S. des § 102 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe. Es habe die Ermessensentscheidung nicht aufgrund einer erschöpfenden Ermittlung des Sachverhalts getroffen und die Ermessensentscheidung nicht mit einer hinreichenden Begründung (§ 121 Abs. 1 AO) versehen. Das FA habe in seiner Einspruchsentscheidung pauschal auf eine „Konzernstruktur“ verwiesen, in die die Klägerin eingebunden gewesen sei, ohne die „Konzerngesellschaften“ zu bezeichnen oder in sonstiger Weise darzulegen, welche Verflechtungen seiner Ermessenserwägung zugrunde lagen. Außerdem fehlten jegliche Erwägungen zu Umsätzen und Gewinnen der Klägerin oder anderer mit der Klägerin verbundener Unternehmen. Zwar habe der Beklagte im Klageverfahren Konkretisierungen vorgenommen, allerdings überschreite dieses Nachholen den Rahmen des § 102 Satz 2 FGO, so dass der Ermessensfehler nicht geheilt werden könne.

 

 

12

Das Urteil ist veröffentlicht in EFG 2010, 277 = SIS 10 03 17.

 

 

13

Mit ihrer durch das FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das FG gehe unzutreffend von der Verfassungsmäßigkeit des § 18 Abs. 1 UStG, § 150 Abs. 8 AO aus. Der Gesetzgeber könne dem Unternehmer nicht vorschreiben, wie er den notwendigen Schriftwechsel mit den Finanzbehörden zu führen habe. Dies stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit und die Grundrechte aus Art. 12 und 14 des Grundgesetzes (GG) dar.

 

 

14

Jedenfalls verneine das FG unzutreffend eine Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen einer ggf. durchzuführenden Härtefallprüfung. Im Jahr 2008 habe das von ihr verwendete amerikanische Journal lediglich 30 Buchungen ausgewiesen. Lediglich in vier Fällen habe sich eine Umsatzsteuer ergeben. Aus drei Geschäftsvorfällen habe sich zusammen ein Betrag von ... EUR Vorsteuer ergeben. Im Jahr 2009 seien fünf Umsatzsteuer-Voranmeldungen eingereicht worden, aus denen sich eine Zahllast ergeben habe. Die übrigen sieben Umsatzsteuer-Voranmeldungen hätten „Null-Meldungen“ enthalten. Sie verfüge nicht über die technischen Voraussetzungen zur elektronischen Übermittlung und sei auch nicht verpflichtet, diese zu schaffen. Außerdem bestehe die Gefahr von Virenverseuchung und unberechtigten Zugriffen auf ihre Buchhaltung über das Internet.

 

 

15

Im Übrigen sei der Zwang zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen auch dann unverhältnismäßig und unzumutbar, wenn der Steuerpflichtige nicht mit dem elektronischen Datenverkehr vertraut sei und nicht über hinreichende Medienkompetenz verfüge. Dies sei bei den Geschäftsführern A und B der Fall. Auf die weiteren Geschäftsführer C und D könne nicht abgestellt werden. Diese seien „lediglich formal als solche bestellt“ und nur wegen des Alters von A und B zu Geschäftsführern berufen worden. Tatsächlich nähmen die Kinder C und D - aus unterschiedlichen Gründen - keine Geschäftsführertätigkeit wahr.

 

 

16

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 21.12.2004 sowie der Einspruchsentscheidung vom 18.3.2005 unbefristet zu verpflichten, ihrem Antrag, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen in Papierform abgeben zu dürfen, zu entsprechen.

 

 

17

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

18

Es ist der Auffassung, § 18 Abs. 1 UStG und § 150 Abs. 8 AO verstießen nicht gegen das Grundgesetz.

 

 

19

Ein Anspruch nach § 150 Abs. 8 AO auf Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen in Papierform scheide aus. Der finanzielle Aufwand für den Erwerb eines Computers sei für die Klägerin unerheblich. Darüber hinaus könne die Klägerin auf die Nutzung des Internets durch den Unternehmensverbund der X-KG zurückgreifen. Die X-KG, an deren Vermögen A zu 50 % beteiligt sei, unterhalte eine hauseigene EDV-Anlage, in der sowohl die angefallenen Geschäftsvorfälle als auch die Lohn- und Gehaltsbuchführung erfasst würden. Mehrere Gesellschaften des von der X-KG beherrschten Unternehmensverbunds hätten eine Internetpräsenz in Form einer Homepage.

 

 

20

Alter und Hinweis auf mangelnde Computererfahrung einzelner von mehreren Geschäftsführern der Komplementärin der Klägerin führten ebenfalls nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Vielmehr seien dies lediglich Aspekte, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen seien, wobei auch in Betracht gezogen werden könne, dass gemäß § 34 Abs. 1 AO grundsätzlich jeder Geschäftsführer einer GmbH deren steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen habe.

 

 

21

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und 4 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin vom FA neu zu bescheiden ist.

 

 

22

1. Das FG hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch zu Recht unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ab dem 1.1.2009) geltenden Regelungen des § 18 Abs. 1 UStG und des § 150 Abs. 8 AO beurteilt.

 

 

23

a) Die Verpflichtung, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen elektronisch zu übermitteln, war zum 1.1.2005 durch § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. eingeführt worden. Nach dieser Vorschrift hatte der Unternehmer bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Umsatzsteuer-Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf elektronischem Weg nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung (StDÜV) zu übermitteln ...; auf Antrag konnte das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten.

 

 

24

b) § 18 Abs. 1 UStG wurde mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz) vom 20.12.2008 (BGBl I 2008, 2850) neu gefasst (Art. 8 Nr. 2 Buchst. a, Art. 17 des Steuerbürokratieabbaugesetzes). Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG hat der Unternehmer bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung (DFÜ) nach Maßgabe der StDÜV zu übermitteln ... Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf Antrag auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben.

 

 

25

Hierzu bestimmt der zeitgleich eingeführte § 150 Abs. 8 AO (Art. 10 Nr. 4, Art. 17 des Steuerbürokratieabbaugesetzes): „Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.“

 

 

26

c) Bei Verpflichtungsklagen auf Erlass eines gebundenen Verwaltungsakts kommt es grundsätzlich auf die im Zeitpunkt der Entscheidung in der Tatsacheninstanz bestehende Sach- und Rechtslage an (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21.7.1992 VII R 28/91, BFH/NV 1993, 440, unter 2.b; vom 2.6.2005 III R 66/04, BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184 = SIS 05 41 69, unter II.2.b aa; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 24.6.2004 2 C 45/03, BVerwGE 121, 140, unter 1.a, m.w.N.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 101 FGO Rz 25 f., m.w.N.; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 101 FGO Rz 8; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rz 102).

 

 

27

Dies gilt auch bei Ermessensentscheidungen, wenn - wie hier - eine Ermessensreduzierung auf Null geltend gemacht wird (vgl. BVerwG-Urteil vom 21.1.1992 1 C 49/88, NVwZ 1992, 1211; Wernsmann in HHSp, § 5 AO Rz 235 ff., 242; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 101 FGO Rz 8, m.w.N.; Wagner, EFG 2010, 280, 281; Wolff in Sodan/ Ziekow, a.a.O., § 113 Rz 113). Eine solche Verpflichtung kann nur ausgesprochen werden, wenn zu dem Zeitpunkt, in dem die gerichtliche Entscheidung ergeht, ein Anspruch auf die erstrebte Verpflichtung des FA besteht (vgl. Lange in HHSp, § 101 FGO Rz 25, m.w.N.; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 5 AO Rz 77, m.w.N.; Wagner, EFG 2010, 280, 281).

 

 

28

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Regelung in § 18 Abs. 1 UStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO verfassungsgemäß (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.3.2009 5 K 303/08, EFG 2009, 1069 = SIS 09 17 45, rkr.; FG Hamburg, Urteil vom 9.11.2009 2 K 65/08, nicht veröffentlicht - n.v. -, rkr.; Drüen/ Hechtner, DStR 2006, 821, 822; Heß in Weimann/Lang, § 18 UStG Ziff. 2.1.1; Maunz in Hartmann/ Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rz 50; Wagner, EFG 2010, 280, 282; wohl auch Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 18 Rz 224; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 18 Rz 11; Leonard in Bunjes, UStG, 10. Aufl., § 18 Rz 4; Schmid in Offerhaus/Söhn/Lange, § 18 UStG Rz 24). Die Regelung liegt innerhalb des verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und wahrt insbesondere die Verhältnismäßigkeit.

 

 

29

a) Die Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG dient verfassungsrechtlich legitimen Zielen.

 

 

30

aa) Die online übermittelte elektronische Steuererklärung bietet der Finanzverwaltung den großen Vorteil, die vom Steuerpflichtigen bzw. von dessen Berater bereits erfassten elektronischen Daten unmittelbar weiterverarbeiten zu können. Neben der Verwaltungsvereinfachung und der administrativen Kostenersparnis verbessert die elektronische Übermittlung offenkundig die Überprüfungsmöglichkeiten von Umsatzsteuer-Voranmeldungen durch die Finanzverwaltung und beschleunigt die Auswertung (vgl. Drüen/Hechtner, DStR 2006, 821, 822; Seer in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 150 AO Rz 36 i.V.m. § 85 AO Rz 33 ff.).

 

 

31

bb) Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich sowohl bei der Sicherstellung der von Art. 3 Abs. 1 GG verlangten Gleichmäßigkeit der Besteuerung und des Steuervollzugs (vgl. Urteile des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 = SIS 91 14 01; vom 9.3.2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, 115, BStBl II 2005, 56 = SIS 04 13 59) und auch bei der Gewährleistung einer effektiven, möglichst wirtschaftlichen und einfachen Verwaltung (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) um gewichtige öffentliche Belange handelt (vgl. BFH-Urteile vom 16.11.2011 X R 18/09, BStBl II 2012, 129 = SIS 11 39 69, unter B.II.1.c cc (3) - Rz 67 -; vom 18.1.2012 II R 49/10, BFHE 235, 151 = SIS 12 03 20, unter II.C.3.c aa - Rz 47 - und II.C.3.c bb ggg - Rz 96 -).

 

 

32

Die Automatisierung und maschinelle Bearbeitungsfähigkeit der Steueranmeldungen sind in besonderem Maße geeignet, die Verwirklichung der genannten Belange zu fördern.

 

 

33

(1) Hängt die Festsetzung einer Steuer - wie vorliegend - von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 = SIS 91 14 01, unter C.I.2.; in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56 = SIS 04 13 59, unter C.II.1.).

 

 

34

(2) Dabei kommt insbesondere im Bereich der Umsatzsteuer der Bekämpfung des Steuerbetrugs besondere Bedeutung zu (vgl. z.B. Drüen/Hechtner, DStR 2006, 821, 822; Mattes, UR 2006, 689; Ammann, UR 2009, 372; Kemper, UR 2009, 751; Pahne, UR 2011, 247). So wird beispielsweise in dem Bericht des Bundesrechnungshofs vom 3.9.2003 über Steuerausfälle bei der Umsatzsteuer durch Steuerbetrug und Steuervermeidung davon ausgegangen, dass dem Fiskus zum damaligen Zeitpunkt durch nationale und internationale Betrugsdelikte im Bereich der Umsatzsteuer jährlich zweistellige Milliardenbeträge entgehen (BTDrucks 15/1495, 3). Ebenso ergibt sich aus dem Gemeinsamen Bericht des Bundesrechnungshofs und der Rechnungshöfe von Belgien und den Niederlanden zum innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerbetrug vom 12.3.2009 die Notwendigkeit eines schnelleren Datenaustauschs der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten (www.bundesrechnungshof.de/ veroeffentlichungen/sonderberichte).

 

 

35

cc) Auch das Unionsrecht sieht die Befugnis der Mitgliedstaaten vor, die Übermittlung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen auf elektronischem Weg vorzuschreiben (vgl. Art. 22 Abs. 4 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern; Art. 250 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 347, 1 - ).

 

 

36

b) § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BStBl II 2012, 129 = SIS 11 39 69, unter B.II.1.c cc - Rz 62 ff.-).

 

 

37

aa) Der Gesetzgeber hat die Frage der Zumutbarkeit gesehen und ihr durch die sog. Härtefallregelung in § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG Rechnung getragen.

 

 

38

bb) Zudem haben die Finanzbehörden in den Fällen des § 150 Abs. 8 AO abweichend von § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG keinen Ermessensspielraum. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien wurde durch § 150 Abs. 8 AO „in Ergänzung der einzelgesetzlichen Regelungen“ (vgl. BTDrucks 16/10940, 10) der nach den Einzelsteuergesetzen bestehende Ermessensspielraum bei der Entscheidung über einen Härtefallantrag in den in § 150 Abs. 8 AO aufgeführten Fällen (wirtschaftliche oder persönliche Unzumutbarkeit) - zu Gunsten der Steuerpflichtigen - beseitigt und ein Anspruch auf Befreiung begründet (vgl. BTDrucks 16/10910, 1; BTDrucks 16/10940, 10; Heuermann in HHSp, § 150 Rz 53). § 150 Abs. 8 AO konkretisiert bestimmte Härtefälle und verdichtet in Fällen der wirtschaftlichen oder persönlichen Unzumutbarkeit den nach den Einzelsteuergesetzen bestehenden Anspruch des Steuerpflichtigen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Befreiungsantrag zu einem Anspruch auf Befreiung.

 

 

39

(1) § 150 Abs. 8 AO, der in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Steuerbürokratieabbaugesetz vom 2.9.2008 (BTDrucks 16/10188) noch nicht enthalten war, ist aufgrund der Beschlussempfehlung des federführenden Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 12.11.2008 in den Gesetzentwurf aufgenommen worden (BTDrucks 16/10910).

 

 

40

Der Finanzausschuss empfahl darin „insbesondere, den Gesetzentwurf dahingehend zu ändern, dass in bestimmten Härtefällen ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Übermittlung von Daten an die Finanzverwaltung in Papierform besteht“ (vgl. BTDrucks 16/10910, 1).

 

 

41

(2) Im Bericht des Finanzausschusses vom 13.11.2008 wird das Anliegen des Antrags allgemein vorgestellt (BTDrucks 16/10940, 3):

 

 

42

Danach ermögliche es § 150 Abs. 8 AO „denjenigen, die nicht über die technischen Voraussetzungen verfügen, weiterhin Daten auf Papierbasis zu übermitteln.“ Die Regelung sei so weit gefasst, dass eine ungerechtfertigte Versagung einer Ausnahmegenehmigung ausgeschlossen sei. Gegen die Möglichkeit der tatsächlichen Freiwilligkeit der elektronischen Datenübermittlung habe man sich entschieden, da man zu der Auffassung gekommen sei, dass die Nutzung der von der Steuerbehörde aufgebauten Infrastruktur im wirtschaftlich notwendigen Ausmaß nur durch die verpflichtende Einführung der elektronischen Datenübermittlung sichergestellt sei. Um dennoch jede Form von Unbilligkeit zu vermeiden, habe man sich auf eine großzügige Ausnahmeregelung ohne Notwendigkeit eines förmlichen Antrags geeinigt. Auch Schwierigkeiten mit der Kapazität der Datenleitungen insbesondere im ländlichen Raum führten zur Erzielung einer Ausnahmegenehmigung.

 

 

43

(3) Weiter wird § 150 Abs. 8 AO wie folgt im Einzelnen dargestellt (BTDrucks 16/10940, 10):

 

 

44

„Die Finanzbehörden können nach den einschlägigen Regelungen der Steuergesetze (z.B. § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 31 Abs. 1a Satz 2 KStG, § 14a Satz 2 GewStG oder § 181 Abs. 2a AO) zur Vermeidung unbilliger Härten auf Antrag auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten. § 150 Abs. 8 AO bestimmt in Ergänzung der einzelgesetzlichen Regelungen, dass dem Antrag zu entsprechen ist, wenn die Härte darin besteht, dass dem Steuerpflichtigen die Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung wirtschaftlich oder persönlich nicht zuzumuten ist. In diesen Fällen haben die Finanzbehörden abweichend von den einzelgesetzlichen Regelungen keinen Ermessensspielraum.

 

 

45

Einem Steuerpflichtigen ist die Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung insbesondere nicht zuzumuten, wenn er nicht über die erforderliche technische Ausstattung verfügt und es für ihn nur mit nicht unerheblichem finanziellen Aufwand möglich wäre, die für eine elektronische Übermittlung der Steuererklärungen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mittels Datenfernübertragung erforderlichen technischen Möglichkeiten zu schaffen. Eine unbillige Härte ist darüber hinaus anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten einer Datenfernübertragung zu nutzen. In der Praxis dürften diese Voraussetzungen insbesondere bei Kleinstbetrieben gegeben sein.“

 

 

46

c) Die in § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG enthaltene Anordnung begegnet unter Berücksichtigung der Regelungen in § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG und in § 150 Abs. 8 AO keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

 

47

aa) Der Einwand der Klägerin, die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG verpflichte den Unternehmer, Umsatzsteuer-Voranmeldungen „nur“ noch auf elektronischem Weg zu übermitteln, greift zu kurz.

 

 

48

Denn die Vorschriften des § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG und des § 150 Abs. 8 AO bieten bei sachgerechter, die Vorstellungen des Gesetzgebers berücksichtigender Anwendung hinreichend Gewähr, dass etwaige Härten im Einzelfall vermieden werden.

 

 

49

bb) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien kann, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 EUR beträgt. Wird diese Befreiung erteilt (vgl. dazu Abschn. 18.2. Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ) entfällt somit auch die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung.

 

 

50

Unabhängig von der Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG kann das Finanzamt den Unternehmer von der Abgabe von Voranmeldungen befreien, z.B. wenn und soweit in bestimmten Voranmeldungszeiträumen regelmäßig keine Umsatzsteuer entsteht (Abschn. 18.6. Abs. 1 Satz 1 UStAE).

 

 

51

3. Im Ergebnis zu Recht hat das FG entschieden, dass sich ein Anspruch der Klägerin darauf, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Papierform) abgeben zu dürfen, nicht aus § 150 Abs. 8 AO ergibt.

 

 

52

Die dafür erforderliche Voraussetzung, dass der Klägerin die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch DFÜ wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist (vgl. § 150 Abs. 8 Satz 1 AO), liegt nicht vor.

 

 

53

a) Wirtschaftliche Unzumutbarkeit i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 1 AO ist gegeben, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine DFÜ nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre (vgl. § 150 Abs. 8 Satz 2 Alternative 1 AO).

 

 

54

Davon kann im Streitfall schon angesichts der von der Klägerin erwirtschafteten Gewinne (in den Jahren 2005 bis 2008 jeweils mehr als ... EUR) nicht ausgegangen werden. Sie trägt selbst vor, dass für den Zugang zum Internet in der heutigen Zeit nur ein unerheblicher finanzieller Aufwand erforderlich sei. Soweit sie darauf hinweist, bei der Frage des finanziellen Aufwands dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass für einen internetfähigen Computer GEZ-Gebühren erhoben würden, wäre dies im Streitfall jedenfalls angesichts der Höhe der Gewinne der Klägerin unbeachtlich.

 

 

55

aa) Zwar wurde zu § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. die Ansicht vertreten, die Vorschrift umfasse nicht die Pflicht des Unternehmers, sich zur Erfüllung der Erklärungspflicht auf elektronischem Wege Hard- und Software (erst) anschaffen zu müssen (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 10.3.2005 II 51/05, EFG 2005, 992 = SIS 05 23 33; Niedersächsisches FG, Urteil in EFG 2009, 1069 = SIS 09 17 45, rkr.; Drüen/Hechtner, DStR 2006, 821, 824; Seer, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft 31 [2008], 7, 23; Maunz in Hartmann/Metzenmacher, § 18 UStG Rz 53).

 

 

56

Diese Ansicht konnte sich auf die Gesetzesbegründung zu § 18 Abs. 1 UStG a.F. stützen, wonach dem Härtefallantrag insbesondere dann stattzugeben sei, wenn der Unternehmer nicht über die technischen Voraussetzungen verfüge, die für die Übermittlung nach der StDÜV eingehalten werden müssten (BTDrucks 15/1798, 13; BTDrucks 15/1945, 14).

 

 

57

bb) § 150 Abs. 8 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Alternative 1 AO stellt jedoch für einen Anspruch auf Befreiung nicht auf das Vorhandensein technischer Ausstattung ab, sondern darauf, ob die „Schaffung“ der technischen Möglichkeiten für eine DFÜ für den Unternehmer nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre.

 

 

58

Damit hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass im Rahmen des § 150 Abs. 8 AO bei wirtschaftlicher Zumutbarkeit der Anschaffung allein das Fehlen der für eine elektronische Übermittlung der Voranmeldungen erforderlichen Technik keinen Anspruch i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 1 AO auf Befreiung von der Abgabe von Voranmeldungen in elektronischer Form begründet (ebenso Wagner, EFG 2010, 280, 282; a.A. Klein/Rätke, AO, 10. Aufl., § 150 Rz 21; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 150 AO Rz 43, jedoch ohne auf den Wortlaut des § 150 Abs. 8 Satz 2 AO näher einzugehen).

 

 

59

Dies bedeutet aber nicht, dass die Frage der vorhandenen technischen Ausstattung nicht im Rahmen der Ermessensausübung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG zu berücksichtigen wäre (s. unter II.4.b dd).

 

 

60

b) Der Klägerin ist die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen auf elektronischem Weg auch nicht i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 1 AO aus persönlichen Gründen unzumutbar.

 

 

61

aa) Persönliche Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der DFÜ zu nutzen (vgl. § 150 Abs. 8 Satz 2 Alternative 2 AO).

 

 

62

bb) Diese Voraussetzung ist zwar gegeben, wenn der Steuerpflichtige über keinerlei Medienkompetenz verfügt und z.B. aufgrund seines Alters auch keinen Zugang zur Computertechnik mehr finden kann (vgl. Heuermann in HHSp, § 150 FGO Rz 53; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 150 AO Rz 43; Klein/Rätke, a.a.O., § 150 Rz 21; Pahlke/Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 150 Rz 40). Darauf beruft sich die Klägerin aber ohne Erfolg.

 

 

63

(1) Die Klägerin ist eine KG (§ 161 des Handelsgesetzbuchs - HGB - ). Sie wird durch die Komplementär-GmbH und diese durch ihre vier Geschäftsführer A, B, C und D vertreten. Zu Recht weist das FG darauf hin, dass Alter und mangelnde Computererfahrung lediglich einzelner von mehreren Geschäftsführern grundsätzlich nicht geeignet sind, einen Anspruch auf Befreiung i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 1 AO zu begründen.

 

 

64

Denn bei einer KG haben die geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter (§§ 161, 114, 125, 164, 170 HGB) die Pflichten zu erfüllen, welche dieser Gesellschaft wegen der Besteuerung auferlegt sind (§ 34 Abs. 1 AO). Ist persönlich haftender Gesellschafter eine GmbH, haben deren Geschäftsführer (§ 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG - ) die steuerlichen Pflichten dieser Gesellschaft (§ 34 Abs. 1 AO) und mit diesen die steuerlichen Pflichten der KG zu erfüllen. Zu diesen Pflichten gehört es auch, Steuererklärungen abzugeben (vgl. Boeker in HHSp, § 34 AO Rz 45; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 34 AO Rz 19).

 

 

65

(2) Sind - wie hier - mehrere gesetzliche Vertreter einer GmbH bestellt, so trifft jeden von ihnen gemäß § 34 Abs. 1 AO, § 35 GmbHG die Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen, d.h. grundsätzlich jeder von ihnen hat auch alle steuerlichen Pflichten zu erfüllen, die der GmbH auferlegt sind (vgl. BFH-Urteile vom 26.4.1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776 = SIS 84 21 09; vom 23.6.1998 VII R 4/98, BFHE 186, 132, BStBl II 1998, 761 = SIS 98 18 76).

 

 

66

Als Geschäftsführer der GmbH trifft deshalb auch C und D die Verpflichtung, bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch DFÜ nach Maßgabe der StDÜV zu übermitteln (§ 34 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Unerheblich sind die Einwände der Klägerin, C und D seien lediglich formal bestellt (vgl. Boeker in HHSp, § 34 AO Rz 54, m.w.N.) und private Gründe hinderten C und D an der Ausübung der Geschäftsführertätigkeit. Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht über die für eine DFÜ notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, sind weder vorgetragen noch anderweitig zu erkennen.

 

 

67

c) Sonstige Gründe, aus denen sich im Streitfall aus § 150 Abs. 8 Satz 1 AO außerhalb der in § 150 Abs. 8 Satz 2 AO formulierten Regelbeispiele („insbesondere“) ein Anspruch der Klägerin auf Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck ergeben könnte, sind durch das FG nicht festgestellt worden und auch nicht ersichtlich.

 

 

68

Sie können insbesondere nicht aus allgemeinen Bedenken gegen die Sicherheit der von § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG vorgeschriebenen elektronischen Übermittlung von Voranmeldungen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch eine Datenübertragung nach Maßgabe der - aufgrund der Ermächtigung in § 150 Abs. 6 AO erlassenen - StDÜV i.d.F. der Änderungsverordnung vom 20.12.2006, BGBl I 2006, 3380 (abgedruckt u.a. bei Heuermann in HHSp, § 150 AO Rz 51) hergeleitet werden (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil in EFG 2009, 1069 = SIS 09 17 45, rkr.; FG Hamburg, Urteil vom 9.11.2009 2 K 65/08, n.v., rkr.; Drüen/Hechtner, DStR 2006, 821, 827 f.; Wagner, EFG 2010, 280, 282; Maunz in Hartmann/Metzenmacher, § 18 UStG Rz 50; Heß in Weimann/Lang, § 18 UStG Ziff. 2.1.1; wohl auch Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 18 Rz 12a; Leonard in Bunjes, a.a.O., § 18 Rz 4; a.A. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rz 51 a.E.).

 

 

69

Hierzu hat das FG zu Recht im Einzelnen - und insoweit von der Revision nicht angegriffen - dargelegt, dass die Übermittlung der Daten im - auf der Basis der StDÜV von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellten - ELSTER-Verfahren (vgl. dazu Drüen/Hechtner, DStR 2006, 821, 824 ff.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 150 AO Rz 35 ff.) nicht manipulationsanfälliger als die papiergebundene Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist.

 

 

70

Ein etwaiges trotz Anwendung der zur Verfügung stehenden technischen Sicherungsmöglichkeiten verbleibendes Risiko eines „Hacker-Angriffs“ auf die gespeicherten oder übermittelten Daten ist im überwiegenden Interesse des Gemeinwohls hinzunehmen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 235, 151 = SIS 12 03 20, unter II.C.4.c - Rz 102 -).

 

 

71

4. Im Ergebnis zu Recht hat das FG das FA zur Neubescheidung der Klägerin verpflichtet (§ 101 Satz 2 FGO).

 

 

72

a) Da nach den tatsächlichen Feststellungen des FG die Voraussetzungen des § 150 Abs. 8 AO für einen Anspruch der Klägerin, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, nicht gegeben sind, verbleibt es bei ihrem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG, auf die elektronische Übermittlung zur Vermeidung unbilliger Härten zu verzichten (vgl. Heuermann in HHSp, § 150 AO Rz 53 f.; Schmid in Offerhaus/ Söhn/Lange, § 18 UStG Rz 24). Davon ist das FG zutreffend ausgegangen.

 

 

73

b) Dem ist das FA bislang - wie das FG im Ergebnis zu Recht entschieden hat - nicht nachgekommen, weil es von dem durch § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG eingeräumten Ermessen nicht - wie nach § 102 Satz 1 FGO erforderlich - in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

 

 

74

aa) Im Rahmen des § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG sind einerseits die vom Unternehmer für das Vorliegen eines Härtefalls vorgetragenen Gründe in die pflichtgemäße Ermessensausübung und Einzelfallabwägung umfassend einzubeziehen. Andererseits sind diesen Erwägungen die dargelegten Interessen des Fiskus an einer elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen gegenüberzustellen.

 

 

75

bb) Das FA hat in seiner Einspruchsentscheidung vom 18.3.2005 im Kern dargelegt, dass ein Härtefall i.S. des § 18 Abs. 1 UStG dann vorliegen könne, wenn ein Unternehmer finanziell nicht zu den für eine elektronische Übermittlung erforderlichen Investitionen in der Lage sei oder kurzfristig eine Einstellung seiner betrieblichen Tätigkeit oder eine Umstellung der Soft- bzw. Hardware beabsichtige. Es hat das Vorliegen dieser Tatbestände verneint und dabei die Zugehörigkeit der Klägerin zu einem „Konzern“ berücksichtigt.

 

 

76

cc) Dies ist bereits deshalb unzureichend, weil das FA die von der Klägerin mit ihrem Antrag vom 12.12.2004 und mit ihrem Einspruch vom 25.12.2004 vorgetragenen Gründe für eine Befreiung nicht - bzw. nicht vollständig - gewürdigt hat.

 

 

77

Eine fehlerfreie Ermessensausübung setzt aber voraus, dass die Behörde ihre Entscheidung anhand eines einwandfrei und erschöpfend ermittelten Sachverhalts trifft und dabei die Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art berücksichtigt, die nach Sinn und Zweck der Norm, die das Ermessen einräumt, maßgeblich sind (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 22.5.2001 VII R 79/00, BFH/NV 2001, 1369 = SIS 01 77 09, unter II.1.; BFH-Beschluss vom 25.8.2010 X B 149/09, BFH/NV 2011, 266 = SIS 11 00 88, unter II.2.b, m.w.N.; Wernsmann in HHSp, § 5 AO Rz 122; Kruse in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 102 FGO Rz 1a, m.w.N.; Lange in HHSp, § 102 FGO Rz 87, 97 ff., m.w.N.).

 

 

78

dd) Bei der nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG zu treffenden Ermessensentscheidung muss das Finanzamt insbesondere den Einwand eines Unternehmers berücksichtigen, er verfüge nicht über die für eine elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen erforderliche Hard- und Software (vgl. Heuermann in HHSp, § 150 AO Rz 54; Leonard in Bunjes, a.a.O., § 18 Rz 4). Das ergibt sich aus der (unter II.1.a und b) dargelegten Entstehungsgeschichte des § 18 Abs. 1 Satz 2 UStG und insbesondere aus den (unter II.2.b bb) wiedergegebenen Vorstellungen des Gesetzgebers.

 

 

79

Soweit das FA in seiner Einspruchsentscheidung die Klägerin hinsichtlich der für eine elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen erforderlichen technischen Ausstattung auf den Internetzugang anderer „Konzerngesellschaften“ verwiesen hat, ist diese - vom FA vor dem FG und in der Revisionserwiderung vertiefte und vom FG grundsätzlich für zutreffend gehaltene - Erwägung nicht statthaft. Denn bei der Klägerin und den vom FG angesprochenen „Konzerngesellschaften“ handelt es sich um selbständige Rechtssubjekte. Folglich kann die technische Ausstattung anderer „Konzerngesellschaften“ grundsätzlich nicht der Klägerin zugerechnet werden. Zudem hat das FA bei seiner Argumentation die sich aus dem Steuergeheimnis gemäß § 30 AO ergebenden Grenzen nicht beachtet.

 

 

80

Ob im Fall einer Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) etwas anderes gilt, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Denn nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt liegen die Voraussetzungen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG (s. dazu z.B. BFH-Urteile vom 1.12.2010 XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600 = SIS 11 09 25; vom 7.7.2011 V R 53/10, BFHE 234, 548, BFH/NV 2011, 2195 = SIS 11 34 10) im Streitfall nicht vor. Davon geht offenbar auch das FA aus.

 

 

81

c) Das FA hat den Antrag der Klägerin, ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, bislang in der Einspruchsentscheidung vom 18.3.2005 erst auf der Grundlage der mittlerweile außer Kraft getretenen Regelung des § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. und des im Dezember 2004 von der Klägerin dargestellten - mittlerweile jedenfalls teilweise überholten - Sachverhalts beurteilen können.

 

 

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Da die Sache mangels einer Ermessensreduzierung auf Null nicht i.S. von § 101 Satz 1 FGO spruchreif ist (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 101 FGO Rz 2; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 102 FGO Rz 10, m.w.N.; Lange in HHSp, § 102 FGO Rz 118) und der Senat nicht befugt ist, sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Finanzbehörde zu setzen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24.8.2011 I R 87/10, BFH/NV 2012, 161 = SIS 12 00 07, unter II.3.; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 102 FGO Rz 9, m.w.N.; Lange in HHSp, § 102 FGO Rz 114, m.w.N.) verbleibt es bei der vom FG bereits ausgesprochenen Verpflichtung des FA, die Klägerin - nunmehr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - erneut zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO).