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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist der Vater des im Januar 1984 geborenen und
seitdem schwerbehinderten S. Er erhielt für S bis zur
Vollendung dessen 21. Lebensjahres im Januar 2005 Kindergeld. Mit
Bescheid vom 15.12.2004 hob die Beklagte und Revisionsklägerin
(Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes ab Februar 2005
auf. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit
bestandskräftiger Einspruchsentscheidung vom 13.1.2005
zurück. Im Dezember 2006 beantragte der Kläger unter
Hinweis auf die Schwerbehinderung des S erneut Kindergeld. Diesen
Antrag lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 15.1.2007 ab. Der
Einspruch des Klägers hatte wiederum keinen Erfolg
(Einspruchsentscheidung vom 29.11.2007). Im April 2008 stellte der
Kläger einen weiteren Kindergeldantrag, den die Familienkasse
mit Bescheid vom 1.7.2008 ebenfalls ablehnte. Auch der hiergegen
gerichtete Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom
27.1.2009).
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Das Finanzgericht (FG) gab durch Urteil vom
29.9.2010 12 K 528/09 (EFG 2011, 810 = SIS 11 10 13) der im Februar
2009 erhobenen Klage, die auf „Bewilligung“ von
Kindergeld für S ab Dezember 2004 gerichtet war, zum Teil
statt und verpflichtete die Familienkasse unter Aufhebung des
Ablehnungsbescheides vom 1.7.2008 und der dazu ergangenen
Einspruchsentscheidung vom 27.1.2009, über den
Kindergeldantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des FG
für den Zeitraum ab Februar 2007 erneut zu entscheiden. Die
weiter gehende Klage wies das FG ab.
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Zur Begründung führte das FG im
Wesentlichen aus, S sei materiell nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr.
3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden
Fassung (EStG) als Kind zu berücksichtigen, weil er wegen
seiner - vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen -
Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. Da
die Familienkasse jedoch zuletzt einen Kindergeldantrag des
Klägers mit Bescheid vom 15.1.2007 abgelehnt habe, sei bis
einschließlich Januar 2007 Bestandskraft eingetreten.
Entgegen der vom FG Düsseldorf vertretenen Ansicht (Urteil vom
7.3.2008 14 K 2266/06 Kg, DStRE 2008, 1474 = SIS 08 33 64)
verlängere sich die Bindungswirkung eines Ablehnungsbescheides
bei einem sich anschließenden Rechtsbehelfsverfahren nicht
bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung.
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Zur Begründung der Revision trägt
die Familienkasse vor, die Entscheidung des FG beruhe auf einer
unzutreffenden Auslegung des § 367 Abs. 2 der Abgabenordnung
(AO). Ein Ablehnungsbescheid treffe zunächst eine Regelung auf
der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner
Erteilung und erschöpfe sich damit in der Regelung des
Kindergeldanspruchs für den bis dahin abgelaufenen Zeitraum.
Durch das Einspruchsverfahren werde das Verwaltungsverfahren aber
wieder aufgenommen und fortgesetzt, die Sachprüfung werde
erneut eröffnet. Die umfassende Prüfung i.S. von §
367 Abs. 2 AO beinhalte nicht nur die inhaltliche Prüfung des
ursprünglichen Bescheides, sondern auch den gesamten
Zeitrahmen bis zur Einspruchsentscheidung. Somit entfalle der
Kindergeldanspruch für den Zeitraum bis Dezember 2007, da der
Ablehnungsbescheid vom 15.1.2007 Bindungswirkung bis zum Ende des
Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung entfalte.
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Die Familienkasse beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist hinsichtlich der Monate
Dezember 2004 bis Januar 2007 sowie des Zeitraums ab Januar 2008
unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Familienkasse hat insoweit
ihren Revisionsantrag entgegen § 120 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 FGO
nicht begründet. Da die Revision im Übrigen zulässig
ist, ist über das Rechtsmittel einheitlich durch Urteil zu
entscheiden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27.4.2005 II R
52/02, BFHE 210, 507, BStBl II 2005, 892 = SIS 05 47 49).
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Die Revision ist im Übrigen wegen der
Verpflichtung der Familienkasse zur erneuten Bescheidung für
den Zeitraum Februar 2007 bis Dezember 2007 begründet. Sie
führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung
der Klage.
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1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen,
dass die Ablehnung des vorherigen Kindergeldantrages des
Klägers nur bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe des
Ablehnungsbescheides (Januar 2007) Bindungswirkung entfalte.
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a) Wird ein Antrag auf Kindergeld
bestandskräftig abgelehnt, beschränkt sich die
Bindungswirkung eines solchen Bescheides auf die Zeit bis zum Ende
des Monats seiner Bekanntgabe, so dass auf einen danach gestellten
weiteren Antrag Kindergeld rückwirkend ab dem auf die
Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides folgenden Monat bewilligt
werden kann (grundlegend BFH-Urteil vom 25.7.2001 VI R 164/98, BFHE
196, 257, BStBl II 2002, 89 = SIS 01 13 64; ebenso für einen
Aufhebungsbescheid in Verbindung mit einer Nullfestsetzung,
BFH-Urteil vom 25.7.2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002,
88 = SIS 01 13 65).
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Da der Umfang der Bindungswirkung des
Bescheides sich aus seinem Regelungsgehalt ergibt und er als
Verwaltungsakt eine Regelung auf der Grundlage der Sach- und
Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über die
Bescheiderteilung trifft, erschöpft sich ein Bescheid, durch
den ein Antrag auf die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt wird,
in der Regelung des Anspruchs auf Kindergeld für den bis dahin
abgelaufenen Zeitraum. Über die in der Zukunft liegenden und
damit zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entstandenen
Kindergeldansprüche kann ein Ablehnungsbescheid oder eine
diesem gleichzusetzende Nullfestsetzung noch keine Regelung
treffen. Eine in die Zukunft weisende Bindungswirkung kommt ihm
demnach nicht zu (BFH-Urteile in BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88 =
SIS 01 13 65; in BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89 = SIS 01 13 64;
vom 28.1.2004 VIII R 12/03, BFH/NV 2004, 786 = SIS 04 29 43).
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b) Legt der Kindergeldberechtigte Einspruch
gegen den Ablehnungs- oder Aufhebungsbescheid ein und weist die
Familienkasse diesen Rechtsbehelf als unbegründet zurück,
verlängert sich die Bindungswirkung der in dem
bestandskräftigen Bescheid über den Kindergeldanspruch
getroffenen Regelung regelmäßig bis zum Ende des Monats
der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (ebenso Greite in Korn,
§ 66 EStG Rz 15 sowie § 70 EStG Rz 4 und 11; Wendl in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 70 EStG Rz 6; FG Düsseldorf,
Urteil in DStRE 2008, 1474 = SIS 08 33 64; a.A. Wüllenkemper,
EFG 2011, 813; Reuß, EFG 2010, 228; Lange/Novak/Sander/Stahl/
Weinhold, Kindergeldrecht im öffentlichen Dienst, III/A.90
Erl. B VI 2 c zu § 70 EStG). In einem solchen Fall kann
aufgrund eines neuen Antrages Kindergeld rückwirkend erst ab
dem auf die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung folgenden Monat
festgesetzt werden.
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Nach § 66 Abs. 2 EStG wird das Kindergeld
vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des
Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Daraus
ergibt sich die Pflicht der Behörde, einen Antrag auf
Festsetzung von Kindergeld (§ 67 EStG), der keine
ausdrückliche zeitliche Einschränkung enthält,
umfassend und damit auch für die Vergangenheit zu prüfen
(BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 786 = SIS 04 29 43). Lehnt die
Familienkasse den Kindergeldantrag ab und legt der
Kindergeldberechtigte gegen die ablehnende Entscheidung Einspruch
ein, so wird das - durch den Ablehnungsbescheid aus Sicht der
Familienkasse zunächst beendete - Verwaltungsverfahren
fortgesetzt. Enthält auch der Einspruch keine zeitliche
Einschränkung, ist das Begehren des Kindergeldberechtigten
dahin zu verstehen, dass er nicht lediglich eine
Überprüfung der bereits abgelehnten - die Vergangenheit
betreffenden - Ansprüche begehrt. Vielmehr macht er mit einem
zeitlich nicht eingeschränkten Einspruch deutlich, dass er
neben der Überprüfung der bereits abgelehnten
Kindergeldansprüche an seinem Begehren hinsichtlich der
Kindergeldfestsetzung durch Erlass eines Dauerverwaltungsakts auch
mit Wirkung für die Zukunft weiterhin festhält. Dadurch
fallen zugleich die Monate bis zur Entscheidung über den
Einspruch in das fortgesetzte Verwaltungsverfahren. Zwar ist
Gegenstand des Einspruchsverfahrens der Ablehnungsbescheid als
angefochtener Verwaltungsakt, allerdings prüft die
Familienkasse nicht primär die Rechtmäßigkeit der
Ablehnung, sondern - entsprechend dem Verpflichtungsbegehren des
Kindergeldberechtigten (vgl. auch Senatsurteile vom 2.6.2005 III R
66/04, BFHE 210, 265, BStBl II 2006, 184 = SIS 05 41 69, und vom
27.1.2011 III R 65/09, BFH/NV 2011, 991 = SIS 11 15 79) -, ob der
Einspruchsführer Anspruch auf Kindergeld gemäß
§§ 62 ff. EStG hat und deshalb der begünstigende
Dauerverwaltungsakt zu erlassen ist. Da eine positive
Kindergeldfestsetzung nach der gesetzlichen Konzeption des §
70 EStG - anders als die Ablehnung - Bindungswirkung für die
Zukunft hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89 =
SIS 01 13 64), der Kindergeldanspruch aber erst mit Beginn jedes
Monats neu für diesen Monat entsteht (Greite, Neue
Wirtschafts-Briefe - NWB - Fach 2, S. 7989 - Heft 41/2002 -, unter
IV. 1.) und die Entscheidung hierüber aufgrund des Einspruchs
gleichsam vertagt wurde, ist nunmehr die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch maßgebend.
Die Entscheidung schließt mithin auch die Monate seit Ergehen
der Ablehnungsentscheidung ein. Auch wenn die Familienkasse im
Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides noch keine
Entscheidung über die künftigen, noch nicht entstandenen
Kindergeldansprüche treffen konnte, sind durch die
einspruchsbedingte Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens aus
ursprünglich künftigen Ansprüchen sukzessive bereits
entstandene Ansprüche geworden, die die Familienkasse
entsprechend dem Begehren des Kindergeldberechtigten in ihre
abschließende Entscheidung einzubeziehen hat.
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist
das FG zu Unrecht davon ausgegangen, die Bindungswirkung der nach
durchgeführtem Einspruchsverfahren bestandskräftig
gewordenen Ablehnung des vorherigen Kindergeldantrages erstrecke
sich nur bis einschließlich Januar 2007. Vielmehr entfaltet
die bestandskräftige, die Gewährung von Kindergeld
für S ablehnende Entscheidung der Familienkasse
Bindungswirkung bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der
Einspruchsentscheidung, d.h. bis Ende Dezember 2007. Das FG konnte
die Familienkasse demzufolge erst ab Januar 2008 zur erneuten
Bescheidung über den Kindergeldantrag des Klägers
verpflichten.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf
§§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Da der Kläger
mit seiner Verpflichtungsklage für den Zeitraum Dezember 2004
bis Dezember 2007 unterliegt und ab Januar 2008 in Form eines
Bescheidungsurteils obsiegt, sind die Kosten des Klageverfahrens
verhältnismäßig zu teilen. Nicht zu Lasten des
Klägers zu berücksichtigen ist dabei der Umstand, dass er
auch ab Januar 2008 insoweit teilweise unterlegen ist, als das FG
nur ein Bescheidungsurteil erlassen hat (vgl. Senatsurteil in BFHE
210, 265, BStBl II 2006, 184 = SIS 05 41 69). Da die Revision der
Familienkasse ebenfalls nur teilweise Erfolg hatte, sind auch die
Kosten des Rechtsmittelverfahrens verhältnismäßig
zu teilen. Insoweit ist eine Kostenentscheidung nach
Verfahrensabschnitten sachgerecht. Auch diese wahrt den Grundsatz
der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (BFH-Urteil vom 6.7.1999
VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306 = SIS 99 21 33).
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Maßstab für die
verhältnismäßige Teilung ist insofern der
Streitwert des Verfahrens (Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 136
Rz 31). Danach beträgt die Unterliegensquote des Klägers
im Klageverfahren 58 %, die der Familienkasse im Revisionsverfahren
83 %.
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