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§ 20 Abs. 2 und 3 i.V.m. §§ 7 ff. AStG a.F. verstößt gegen Gemeinschaftsrecht

§ 20 Abs. 2 und 3 i.V.m. §§ 7 ff. AStG a.F. verstößt gegen Gemeinschaftsrecht: 1. Die sog. Umschaltklauseln des § 20 Abs. 2 und 3 AStG i.d.F. des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21.12.1993 setzen die fiktive Steuerpflicht der Betriebsstätteneinkünfte nach Maßgabe der §§ 7 ff. AStG voraus. Eine solche ist nicht gegeben, soweit eine Besteuerung nach §§ 7 ff. AStG gegen die gemeinschaftsrechtlich verbürgten Grundfreiheiten verstößt. - 2. Die §§ 7 ff. AStG i.d.F. des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21.12.1993 verstoßen gegen die in Art. 43 EG garantierte Niederlassungsfreiheit (Anschluss an die Urteile des EuGH vom 6.12.2007, C-298/05 "Columbus Container Services", Slg. 2007, I-10451 = SIS 08 07 26, und vom 12.9.2006, C-196/04 "Cadbury Schweppes", Slg. 2006, I-7995 = SIS 06 39 02). - Urt.; BFH 21.10.2009, I R 114/08; SIS 10 00 34

Kapitel:
International > Außensteuergesetz
Fundstellen
  1. BFH 21.10.2009, I R 114/08
    BStBl 2010 II S. 774
    BB 2010 S. 618
    DStR 2010 S. 37
    LEXinform 0179604

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 4.8.2010
    L.R. in IWB 3/2010 S. 80
    -/- in IWB 2/2010 S. 34
    -/- in NWB 4/2010 S. 254
    K.v.B./T.H. in DStR 8/2010 S. 368
    S.S. in IStR 5/2010 S. 174
    J.S. in BB 11/2010 S. 619
    D.G. in BFH/PR 3/2010 S. 113
    erl in StuB 8/2010 S. 328
    K.B. in FR 8/2010 S. 397
    P.D. in StuB 6/2010 S. 234
    Th.R. in BB 31/2010 S. 1832
    J.I. in NWB 1/2011 S. 39
Normen
[AStG i.d.F. des StMBG] § 7 ff., § 20
[DBA-Belgien] Art. 7 Abs. 1, Art. 22 Abs. 2, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1
[EG] Art. 43, Art. 48
[AStG i.d.F. des JStG 2008] § 8 Abs. 2, § 20 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 11.11.2008, SIS 09 03 60, Europarecht, Betriebsstätte, Zwischeneinkünfte, EG, EU, Außensteuerrecht
Zitiert in... / geändert durch...
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  • FG Köln 22.9.2023, SIS 24 00 07, Erstattung von Kapitalertragsteuer gemäß § 32 Abs. 5 KStG an eine EU-Gesellschaft, deren einzige Anteilse...
  • FG Köln 22.9.2023, SIS 24 00 08, Erstattung von Kapitalertragsteuer gemäß § 32 Abs. 5 KStG an eine EU-Gesellschaft, deren einzige Anteilse...
  • BFH 6.9.2023, SIS 24 00 33, Wegzugsbesteuerung bei einem Wegzug in die Schweiz und Freizügigkeit: Auch wenn nach unionsrechtlichen Vo...
  • FG Rheinland-Pfalz 16.8.2023, SIS 23 20 70, Zu den Folgen des Hornbach-Urteils des EuGH (= SIS 18 10 14) für die Beurteilung der Gemeinschaftsrechtmä...
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  • FG Düsseldorf 18.4.2023, SIS 23 09 19, DBA-Freistellung von gewerblichen Einkünften aus US-Personengesellschaft, Wechsel zur Anrechnungsmethode ...
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  • FG Köln 16.2.2022, SIS 22 14 31, Keine vollständige Freistellung vom Steuerabzug bei Kapitalgesellschaften im Mutter-Tochter-Verhältnis in...
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  • FG Köln 27.8.2020, SIS 21 06 39, Erstattung von Abzugsteuern und einschränkende Anwendung der Missbrauchsregelung des § 50 d Abs. 3 EStG: ...
  • FG Köln 27.8.2020, SIS 21 06 40, Freistellung vom Steuerabzug und einschränkende Anwendung der Missbrauchsregelung des § 50 d Abs. 3 EStG:...
  • FG Köln 30.6.2020, SIS 20 21 11, Missbrauchsregelung des § 50 d Abs. 3 EStG: 1. § 50 d Abs. 3 EStG verstößt gegen die Niederlassungsfreihe...
  • FG Köln 20.5.2020, SIS 21 09 65, EuGH-Vorlage, Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch Nachweispflichten der Bescheinigung einer au...
  • BFH 27.11.2019, SIS 20 11 48, Verzicht auf Darlehenszinsen in grenzüberschreitenden Dreieckskonstellationen, Verhältnis von § 1 Abs. 1 ...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 13.3.2019, SIS 19 13 05, Verrechnung von sog. "finalen" Verlusten einer in einem EU-Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft m...
  • FG Köln 23.1.2019, SIS 19 14 52, Beschränkte Steuerpflicht der Erträge aus Wandelanleihen und Anwendung des § 50 d Abs. 3 EStG: 1. Erträge...
  • BFH 14.11.2018, SIS 19 06 37, Umfang der Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids i.S. des § 18 Abs. 1 Satz 1 AStG: 1. Die in einem...
  • BFH 24.7.2018, SIS 18 22 72, Doppelumwandlungsmodell, Sperrbetrag: 1. Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft I, bei deren Erwerb ...
  • BFH 13.6.2018, SIS 18 15 51, Hinzurechnung passiver Einkünfte nach § 8 AStG und Gegenbeweis, verdeckte Einlagen in Dreiecksverhältniss...
  • BFH 12.10.2016, SIS 17 03 79, Unionsrecht und Hinzurechnungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter im Drittstaat...
  • FG Münster 20.9.2016, SIS 17 01 35, EuGH-Vorlage, Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit durch § 9 Nr. 7 GewStG: Es bestehen erhebliche Zw...
  • FG Rheinland-Pfalz 16.3.2016, SIS 16 16 06, Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AStG: 1. In einem Feststellungsbesch...
  • FG Münster 20.11.2015, SIS 16 06 11, Wirtschaftliche Tätigkeit einer auf Zypern ansässigen Limited: 1. Eine auf Zypern ansässige Limited, die ...
  • FG Baden-Württemberg 12.8.2015, SIS 15 24 51, Ernstliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung bei Drittstaaten: Es bestehen ernstliche Zweifel an d...
  • FG Hamburg 18.6.2015, SIS 15 20 00, Halbeinkünfteverfahren für Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften von ausländischen Genussscheinen ...
  • FG Münster 30.10.2014, SIS 15 04 69, Aktive Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken in der Schweiz i.S. des § 8 AStG: 1. Im Falle einer ...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 29.11.2012, SIS 13 03 58, Einkünftekorrektur gem. § 1 Abs. 1 AStG wegen der Gewährung eines zinslosen Darlehens: 1. § 1 Abs. 1 AStG...
  • FG Baden-Württemberg 27.9.2012, SIS 13 12 64, Arzt als Grenzgänger nach DBA-Schweiz: 1. Bei einem Arzt, der in der Schweiz tätig ist und dessen Familie...
  • OFD Rheinland 22.10.2010, SIS 11 08 75, Anwendung der DBA auf Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten und auf ausländisches Betriebsstättenve...
  • BFH 13.10.2010, SIS 10 40 19, Aktivitätsvorbehalt bei einem Versicherungsunternehmen i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG a.F. und Betriebsfü...
  • FG München 30.3.2010, SIS 10 20 50, EG-Rechtswidrigkeit der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf Veräußerungsgewinne bzw. -verluste mit ...
  • Niedersächsisches FG 11.2.2010, SIS 10 13 95, Abzug der Verluste ausländischer Tochtergesellschaften bei deutscher Muttergesellschaft: 1. § 14 KStG ver...
Fachaufsätze
  • LIT 02 12 21 J. Intemann, NWB 1/2011 S. 39: Hinzurechnungsbesteuerung ist europarechtskonform auszulegen - BFH überrascht im Verfahren "Columbus Cont...
  • LIT 02 00 92 Th. Richter, BB 31/2010 S. 1832: Europarechtswidrigkeit der switch-over-KLausel im § 20 Abs. 2 AStG - BFH vom 21.10.2009, I R 114/08 (BB 2...
  • LIT 01 90 17 L. Rehfeld, IWB 3/2010 S. 80: Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit - Methodenwechsel für belgische Betriebsstätteneinkünfte eines i...
  • LIT 01 92 55 S. Sydow, IStR 5/2010 S. 174: Anmerkung zur BFH-Entscheidung vom 21.10.2009, I R 114/08 = SIS 10 00 34 (Nachfolge "Columbus Container")...
  • LIT 01 93 13 K. von Brocke/T. Hackemann, DStR 8/2010 S. 368: BFH vom 21.10.2009, I R 114/08 (DStR 2010 S. 37 = SIS 10 00 34): Die Niederlassungsfreiheit beschränkt di...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Es handelt sich um jenes Klageverfahren, das dem Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts (FG) Münster an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 5.7.2005 15 K 1114/99 F,EW (EFG 2005, 1512 = SIS 05 42 88) sowie dem anschließenden Urteil des EuGH vom 6.12.2007 C-298/05 „Columbus Container Services“ (Slg. 2007, I-10451 = SIS 08 07 26) zugrunde lag:

 

 

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft („Commanditaire Vennotschap“) belgischen Rechts (BVBA & Co CV) mit Sitz in Belgien. Sie wurde im Streitjahr 1996 von der belgischen Steuerverwaltung als ein Koordinationszentrum im Sinne der Königlichen Verordnung Nr. 187 behandelt.

 

 

3

Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr acht in Deutschland ansässige Angehörige derselben Familie mit einem Anteil von jeweils 10 v.H. und eine deutsche Personengesellschaft, deren Anteile ebenfalls Mitgliedern dieser Familie gehörten, mit 20 v.H. In der Gesellschafterversammlung wurden alle Anteilsinhaber durch dieselbe Person vertreten.

 

 

4

Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe. Ihr Gesellschaftszweck war im Streitjahr die Koordinierung der Aktivitäten dieser Gruppe, u.a. die Zentralisierung der finanziellen Transaktionen und der Buchführung, die Finanzierung der Liquidität der Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen, die elektronische Datenverarbeitung sowie Werbe- und Marketingaktivitäten. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit bestand im Wesentlichen in der Verwaltung von Kapitalanlagen i.S. von § 10 Abs. 6 Satz 2 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) i.d.F. des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG) vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) - AStG a.F. - . Durch diese Verwaltungstätigkeit erzielte sie im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie sonstige Einkünfte.

 

 

5

Die belgische Steuerverwaltung besteuerte den von der Klägerin tatsächlich erzielten Gewinn im Streitjahr zu dem für Koordinationszentren geltenden Steuersatz, der sich konkret auf weniger als 30 v.H. belief.

 

 

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) stellte die Einkünfte der als Kapitalanlagegesellschaft i.S. von § 10 Abs. 6 Satz 2 AStG a.F. behandelten Klägerin auf der Grundlage von § 20 Abs. 2 AStG a.F. gesondert und einheitlich fest. Er qualifizierte dabei die sonstigen Einkünfte der Klägerin als steuerfrei, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegend. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezog das FA - unter Anrechnung der darauf in Belgien erhobenen Steuer - in die Bemessungsgrundlage der Steuer ein. Zugleich stellte das FA den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1.1.1996 fest und bezog dabei das Vermögen der Klägerin nach Maßgabe von § 20 Abs. 3 AStG a.F. ein.

 

 

7

Auf die dagegen erhobene Klage richtete das FG Münster durch seinen Beschluss in EFG 2005, 1512 = SIS 05 42 88 gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) i.d.F. des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1) an den EuGH die folgende Rechtsfrage:

 

 

8

„Widerspricht es den Bestimmungen in Art. 52 EGV, jetzt Art. 43 EG, und in Art. 73b bis 73d EGV, jetzt Art. 56 bis 58 EG, wenn die Regelungen in § 20 Abs. 2 und Abs. 3 AStG (a.F.) die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter in der ausländischen Betriebsstätte eines im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen, die als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig wären, falls die Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, entgegen dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regulierung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern vom 11. (April) 1967 (DBA-Belgien) nicht durch Freistellung der Einkünfte von der inländischen Besteuerung, sondern durch Anrechnung der auf die Einkünfte erhobenen ausländischen Ertragsteuer von der Doppelbesteuerung befreien?“

 

 

9

Durch Urteil in Slg. 2007, I-10451 entschied der EuGH auf dieses Ersuchen:

 

 

10

„Die Art. 43 EG und 56 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, wonach die Einkünfte einer im Inland ansässigen Person aus Kapitalanlagen in einer Niederlassung mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ungeachtet eines Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Mitgliedstaat des Sitzes dieser Niederlassung nicht von der inländischen Einkommensteuer freigestellt sind, sondern unter Anrechnung der im anderen Mitgliedstaat erhobenen Steuer der inländischen Besteuerung unterliegen.“

 

 

11

Die daraufhin fortgeführte Klage wurde vom FG Münster als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 11.11.2008 15 K 1114/99 F,EW, EFG 2009, 309 = SIS 09 03 60).

 

 

12

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

 

 

13

Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil sowie den Bescheid über die Einheitswertfeststellung auf den 1.1.1996 aufzuheben und den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 1996 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus der belgischen Betriebsstätte von ... DM (... DM Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ... DM sonstige Einkünfte) lediglich dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden, hilfsweise, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage einzuholen, ob § 20 AStG a.F. aufgrund der Verletzung von Art. 20 Abs. 3 GG bzw. Art. 25 GG verfassungswidrig ist.

 

 

14

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

15

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zu anderweitigen Steuerfeststellungen. Das FG hat die Einkünfte und das Vermögen der Klägerin zu Unrecht im Inland als steuerpflichtig angesehen.

 

 

16

1. Bei der Klägerin handelt es sich aus deutscher Sicht um eine Personengesellschaft mit Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Die an ihr beteiligten, im Inland ansässigen und deswegen hier mit ihren (gesamten) Einkünften (sog. Welteinkommensprinzip) unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen (vgl. § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG) Gesellschafter, denen durch die Gesellschaft in Belgien jeweils eine Betriebsstätte vermittelt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteile vom 17.10.2007 I R 5/06, BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356 = SIS 08 14 73; vom 13.2.2008 I R 63/06, BFHE 220, 415, BStBl II 2009, 414 = SIS 08 20 68, jeweils m.w.N.), erzielen mit ihren Gewinnanteilen infolgedessen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Um doppelte Besteuerungen in Deutschland als Wohnsitzstaat und in Belgien als Betriebsstättenstaat zu vermeiden, haben sich beide Staaten jedoch abkommensrechtlich und völkerrechtlich verbindlich darauf verständigt, das Besteuerungsrecht für die in Belgien erwirtschafteten und den Anteilseignern zuzurechnenden Gewinne gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA-Belgien Belgien zuzuweisen. In Deutschland sind diese Gewinne nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DBA-Belgien von der Steuer befreit. Gleichermaßen verhält es sich nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 2 DBA-Belgien mit jenem beweglichen Vermögen, das Betriebsvermögen der in Belgien belegenen Betriebsstätten der unbeschränkt vermögensteuerpflichtigen Gesellschafter (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes) darstellt.

 

 

17

2. Allerdings bestimmt § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AStG a.F., dass abweichend von dieser Abkommenslage die Doppelbesteuerung von Einkünften mit Kapitalanlagecharakter i.S. des § 10 Abs. 6 Satz 2 AStG a.F., die in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen anfallen, nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden ist. Voraussetzung dafür ist, dass die betreffenden Einkünfte als Zwischeneinkünfte nach §§ 7 bis 18 AStG a.F. steuerpflichtig wären, falls die Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre. Gleiches gilt für diese Fälle des § 20 Abs. 2 AStG a.F. im Hinblick auf das Vermögen, das Einkünften mit Kapitalanlagecharakter i.S. von § 10 Abs. 6 Satz 2 AStG a.F. mit Ausnahme der Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter i.S. des § 10 Abs. 6 Satz 3 AStG a.F. zugrunde liegt; auch insoweit ist die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf dieses Vermögen erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden (§ 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AStG a.F.).

 

 

18

3. Voraussetzung für den Wechsel der Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Freistellung zur Anrechnung ist nach der beschriebenen Regelungslage also eine fiktive Steuerpflicht jener Einkünfte nach Maßgabe der §§ 7 ff. AStG a.F. Danach gilt Folgendes:

 

 

19

a) Sind unbeschränkt Steuerpflichtige an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und die nicht gemäß § 3 Abs. 1 KStG von der Körperschaftsteuer ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), i.S. von § 7 Abs. 2 AStG a.F. zu mehr als der Hälfte beteiligt, so sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei jedem von ihnen mit dem Teil steuerpflichtig, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft entfällt (§ 7 Abs. 1 AStG a.F.). Zu mehr als der Hälfte beteiligt sind unbeschränkt Steuerpflichtige i.S. von § 7 Abs. 1 AStG a.F. an einer ausländischen Gesellschaft, wenn ihnen allein am Ende des Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft, in dem sie die Einkünfte nach § 7 Abs. 1 AStG a.F. bezogen hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als 50 v.H. der Anteile oder Stimmrechte an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen sind (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AStG a.F.). Eine ausländische Gesellschaft ist i.S. von § 7 Abs. 1 AStG a.F. Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung (durch eine Ertragsteuerbelastung von weniger als 30 v.H., § 8 Abs. 3 Satz 1 AStG a.F.) unterliegen und nicht aus jenen Einkünften stammen, die in § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 AStG a.F. aufgelistet sind (§ 8 Abs. 1 erster Halbsatz AStG a.F.). Die hiernach steuerpflichtigen Einkünfte sind bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen mit dem Betrag, der sich nach Abzug der Steuern ergibt, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft von diesen Einkünften sowie von dem diesen Einkünften zugrunde liegenden Vermögen erhoben worden sind, anzusetzen (Hinzurechnungsbetrag, § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG a.F.). Der Hinzurechnungsbetrag gehört zu den Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Ziff. 1 EStG und gilt unmittelbar nach Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahrs der ausländischen Gesellschaft als zugeflossen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 AStG a.F.). Auf den Hinzurechnungsbetrag sind die Bestimmungen der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht anzuwenden, soweit im Hinzurechnungsbetrag im Rahmen bestimmter Voraussetzungen und Höchstbeträge Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter i.S. von § 10 Abs. 6 Satz 2 AStG a.F. enthalten sind (§ 10 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 AStG a.F.).

 

 

20

b) Es ist im Streitfall nicht kontrovers, dass die Klägerin die Voraussetzungen dieser Regelungslagen erfüllt: Ihre Gesellschafter waren im Streitjahr im Inland wohnhafte und deswegen unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen und zusammen - jeweils allein oder im Verbund über eine Personengesellschaft - zu mehr als der Hälfte an der Klägerin beteiligt. Die Klägerin ging sog. passiven Tätigkeiten mit Kapitalanlagecharakter i.S. von § 10 Abs. 6 Satz 1 AStG a.F. nach, welche nicht unter den Katalog des § 8 Abs. 1 AStG a.F. fielen. Sie wurde in Belgien überdies niedrig i.S. von § 8 Abs. 2 und 3 AStG a.F. besteuert. Schließlich wurde sie sowohl nach belgischem als auch nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Steuerrecht als (transparente) Personengesellschaft behandelt, was bedingt, dass sie ihren Gesellschaftern Betriebsstätten i.S. von Art. 5 DBA-Belgien, § 12 der Abgabenordnung (AO) vermittelte. Konsequenz dieses Sachverhalts ist, dass die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) in Deutschland entsprechende Hinzurechnungsbeträge auslösen, die unter Anrechnung der darauf entfallenden belgischen Ertragssteuern in die deutsche Besteuerung und damit in den für das Streitjahr nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellenden Gewinn der Klägerin ebenso wie in den nach § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO festzustellenden Einheitswert auf den 1.1.1996 einzubeziehen sind. Die zwischen Deutschland und Belgien nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 DBA-Belgien vereinbarte Freistellung der (Betriebsstätten-)Einkünfte ist wegen der gegenläufigen gesetzlichen Anordnung in § 20 Abs. 2 und 3 AStG a.F. nicht zu gewähren. Darüber besteht im Grundsatz kein Zweifel und unter den Beteiligten auch kein Streit.

 

 

21

4. Die Klägerin meint allerdings, es verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, dass ihr die abkommensrechtliche Freistellung versagt werde. Dem ist im Ergebnis beizupflichten.

 

 

22

a) Die Hinzurechnung von Einkunftsteilen ausländischer Zwischengesellschaften nach Maßgabe von §§ 7 ff. AStG a.F. bezweckt die Abschöpfung sog. passiver Einkünfte im niedrig besteuernden Ausland und dient als solche einer typisierten Missbrauchsabwehr. § 20 Abs. 2 und 3 AStG a.F. zielt darauf ab, die Rechtswirkungen dieser Missbrauchsabwehr für jene Fälle zu sichern, dass im niedrig besteuernden Ausland Betriebsstätten statt Kapitalgesellschaften zwischengeschaltet werden. § 20 Abs. 2 und 3 AStG a.F. stellt so gesehen also seinerseits eine Missbrauchsvermeidungsnorm dar; die Vorschrift soll verhindern, dass die (primäre) Missbrauchsabwehr durch §§ 7 ff. AStG a.F. bei ansonsten gleichgelagerten Gegebenheiten „umgangen“ wird (dazu Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 20 AStG Rz 31, Rz 151.7). Zu diesem Zweck bestimmt § 20 Abs. 2 und 3 AStG a.F. unilateral eine Abweichung von der abkommensrechtlich (hier auch mit Belgien) vereinbarten Freistellung der betreffenden Kapitaleinkünfte; an die Stelle der Freistellung tritt die Einbeziehung der Einkunftsteile unter Anrechnung der ausländischen Steuern.

 

 

23

Der EuGH hat mit Urteil in Slg. 2007, I-10451 entschieden, dass diese sog. Umschaltung („Switch over“) von der einen in die andere Methode zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht keine Bedenken aufwirft. Letztlich zielten sowohl die Freistellungs- als auch die Anrechnungsmethode gleichermaßen darauf ab, eine Doppelbesteuerung der in Rede stehenden Einkünfte zu verhindern. Es liege keine Ungleichbehandlung des gebietsfremden gegenüber dem gebietsansässigen Marktteilnehmer vor, weil gerade aufgrund der Umschaltklausel im Inland beide gleichbehandelt werden.

 

 

24

b) In Reaktion auf dieses Urteil des EuGH wird in weiten Teilen des Schrifttums jedoch vertreten, dass dadurch die gemeinschaftsrechtliche Problematik nicht erschöpft sei (vgl. z.B. Haun/Käshammer/Reiser, GmbHR 2007, 184, 188; Rainer/Müller, IStR 2007, 151; Köhler/Eicker, DStR 2007, 331, 334; Kaminski/Strunk/Haase, IStR 2007, 726; Lieber, IStR 2009, 35; Prokopf in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 20 AStG Rz 99; Vogt in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 20 AStG Rz 26 f.; Thömmes, Internationale Wirtschaftsbriefe - IWB -, Fach 11A, 1169, 1171; Hammerschmitt/Rehfeld, IWB, Fach 3, Gruppe 1, 2293, 2303; Rehfeld, Die Vereinbarkeit des Außensteuergesetzes mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrags, 2008, S. 465 ff.; Köhler/Haun, Die Unternehmensbesteuerung 2008, 73, 86; Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 20 AStG Rz 151.5 ff., letztere auch unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 8.1.2007, BStBl I 2007, 99 = SIS 07 03 32; anders Brombach-Krüger, BB 2009, 924; im Ergebnis unklar Goebel/ Jacobs/Schmidt, DStZ 2009, 185, 186; Kraft, AStG, § 20 Rz 75 a.E.). Der EuGH habe lediglich jene Vorlagefrage beantwortet, welche ihm zur Vorabentscheidung gestellt worden sei. Er habe jedoch nicht darüber befunden, ob die Hinzurechnung der Auslandseinkünfte nach §§ 7 ff. AStG a.F. als solche europäisches Primärrecht verletze. Das aber sei, wie sich aus dem (dem EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-10451 vorangegangenen) Urteil des EuGH vom 12.9.2006 C-196/04 „Cadbury Schweppes“ (Slg. 2006, I-7995 = SIS 06 39 02) ergebe, der Fall. Denn danach sei im Lichte der Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 48 EG) von der Anwendung einer Norm, die der „Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken“ dient, abzusehen, „wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die genannte beherrschte Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht“ (EuGH, daselbst, Rz 75; s. auch Rz 51 ff.). Die hiernach bei typisierten Missbrauchsvermeidungsvorschriften erforderliche Möglichkeit eines Gegenbeweises („Motivtest“) im Einzelfall fehle bei §§ 7 ff. AStG a.F., was wiederum auf § 20 Abs. 2 und 3 AStG a.F. durchschlage, weil genau jene Situation, die die Hinzurechnung auslöse, Grund für den dort angeordneten Wechsel in der Methode der Doppelbesteuerungsvermeidung sei. Die - unterstellte - Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der §§ 7 ff. AStG a.F. wirke sich sonach mittelbar auf die Umschaltklausel aus.

 

 

25

c) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.

 

 

26

aa) Die in §§ 7 ff. AStG a.F. vorausgesetzte Typisierung eines gestaltungsmissbräuchlichen Verhaltens widerspricht den Anforderungen der gemeinschaftsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit (Art. 43 i.V.m. Art. 48 EG), weil sie dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eines Gegenbeweises im Einzelfall vorenthält (s. zu diesem Erfordernis auch Senatsurteil vom 29.1.2008 I R 85/06, BFHE 220, 398, BStBl II 2008, 671 = SIS 08 18 02, m.w.N.). Diese Möglichkeit wurde - allerdings unter Ausschluss von Gesellschaften mit Einkünften aus Kapitalanlagen (vgl. § 7 Abs. 6 AStG a.F./n.F.) und deswegen ggf. nach wie vor unter unzulänglichen Voraussetzungen (s. z.B. Vogt in Blümich, a.a.O., § 8 AStG Rz 154 ff.; Schnitger, IStR 2007, 729; Thielo/Szentpetery, BB 2008, 1984, 1990; Sedemund, BB 2008, 696, 697 f.; Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., Vor §§ 7 bis 14 AStG Rz 203 ff. und wiederholend § 8 AStG Rz 409; Haun/Käshammer/Reiser, GmbHR 2007, 184, 187; Köhler/ Eicker, DStR 2007, 331, 332; Hammerschmitt/Rehfeld, IWB, Fach 3, Gruppe 1, 2293, 2298 ff.) - erst (und erklärtermaßen wegen der andernfalls bestehenden Gemeinschaftsrechtswidrigkeit, s. BTDrucks 16/6298, dort S. 91 f.) im Anschluss an das EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-7995, durch § 8 Abs. 2 AStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2008 vom 20.12.2007 (BGBl I 2008, 3058) - AStG n.F. - für Zwischeneinkünfte geschaffen, welche in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31.12.2007 begann (§ 21 Abs. 17 Satz 1 AStG n.F.). Um solche Einkünfte geht es im Streitfall nicht.

 

 

27

bb) Folge der aufgrund des Anwendungsvorrangs gemeinschaftsrechtlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht verbindlichen gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung durch den EuGH ist die Nichtanwendung der §§ 7 ff. AStG a.F. Allerdings wirkt sich der gemeinschaftsrechtliche Anwendungsvorrang nicht dergestalt aus, dass von der Hinzurechnungsbesteuerung gänzlich abzusehen ist. Die gemeinschaftsrechtlichen Erfordernisse sind vielmehr in die betroffenen Normen hineinzulesen (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 25.8.2009 I R 88, 89/07, DStR 2009, 2295 = SIS 09 33 70, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, m.w.N.). §§ 7 ff. AStG a.F. sind deshalb gemeinschaftskonform und im Einklang mit den regelungsimmanenten Wertungen (vgl. dazu M. Lang, Steuer und Wirtschaft International 2009, 216, 224 f.) dahin zu interpretieren, dass dem Steuerpflichtigen der gemeinschaftsrechtlich gebotene „Motivtest“ über seine tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivitäten im Einzelfall zu gewähren ist. Dies deckt sich letztlich mit der Vorgehensweise der Finanzverwaltung vor der Neuschaffung von § 8 Abs. 2 AStG n.F. im BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 99 = SIS 07 03 32 (s. auch Schönfeld in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., Vor §§ 7 bis 14 AStG Rz 321 f. und wiederholend § 8 AStG Rz 403).

 

 

28

Im Streitfall bestehen nach den tatrichterlichen Feststellungen keine Zweifel daran, dass die Klägerin im Streitjahr aktiv, ständig und nachhaltig im Rahmen ihres Unternehmenszwecks am Wirtschaftsleben in Belgien teilgenommen, über entsprechend qualifiziertes Personal und geeignete Geschäftsräume und damit über genügend wirtschaftliche „Substanz“ verfügt und ihre Einkünfte aus eigener Tätigkeit erzielt hat. Auf diese Feststellungen, die den Senat binden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ), ist Bezug zu nehmen. Das dagegen gerichtete Vorbringen des FA gibt ebenso wenig Anlass, diese Feststellungen und deren Würdigung in Frage zu stellen, wie die erwähnten, insoweit einschränkenden Erfordernisse nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 99 = SIS 07 03 32; diese werden den Vorgaben des EuGH-Urteils in Slg. 2006, I-7995 nicht vollen Umfangs gerecht. Der besagte „Motivtest“ wird von der Klägerin sonach bestanden; diese ging im Streitjahr im Sinne des EuGH-Urteils in Slg. 2006, I-7995 (dort Tz. 68) in Belgien einer „wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit“ nach und ist nicht als „eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung“ anzusehen (s. zuletzt auch wieder EuGH-Urteil vom 17.9.2009 C-182/08 „Glaxo Wellcome“, IStR 2009, 691 = SIS 09 33 23).

 

 

29

cc) Infolgedessen verbleibt es dabei, dass §§ 7 ff. AStG a.F. nicht eingreifen, wenn die von der Klägerin erzielten Einkünfte statt von einer Personengesellschaft - unter ansonsten gleichen Verhältnissen - von einer Kapitalgesellschaft erzielt worden wären. Mithin ist der Tatbestand des § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 und 3 AStG a.F. im Streitfall nicht erfüllt. Die Rechtsfolge dieser Vorschrift tritt deshalb nicht ein, und zwar - entgegen dem nunmehr in § 20 Abs. 2 AStG n.F. enthaltenen Anwendungsausschluss von § 8 Abs. 2 AStG n.F. (und der dazu bekundeten Annahme des Gesetzgebers, vgl. BTDrucks 16/6290, S. 94) - ungeachtet dessen, dass der dort angeordnete Methodenwechsel von der Freistellung zur Anrechnung als solcher keine gemeinschaftsrechtlich beachtliche Diskriminierung oder Beschränkung nach sich zieht. Ob sich diese Konsequenz des gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrangs hätte vermeiden lassen, wenn der angeordnete Methodenwechsel nicht von einer konkreten (fiktiven) Steuerpflicht gemäß §§ 7 ff. AStG a.F. - als „Rechtsgrundverweisung“ (s. Rehfeld, a.a.O., S. 473) - abhängig gemacht worden wäre, sondern - als „Rechtsfolgenverweisung“ - von einem abstrakten Vorliegen der Voraussetzungen jener Vorschriften, kann dahinstehen. Der Gesetzgeber des Außensteuergesetzes in der hier maßgeblichen (ebenso wie der jetzigen) Gesetzesfassung ist diesen Weg nicht gegangen.

 

 

30

d) Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage in Anbetracht des EuGH-Urteils in Slg. 2006, I-7995 als eindeutig. Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG - mit anderweitiger Fragestellung als jener des FG Münster in seinem Beschluss in EFG 2005, 1512 = SIS 05 42 88 - bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6.10.1982 Rs. 283/81 „C.I.L.F.I.T.“, EuGHE 1982, 3415, und zwar unbeschadet des EuGH-Urteils in Slg. 2007, I-10451; die darin vom EuGH gegebene Antwort resultiert ersichtlich allein aus der ihm im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens gestellten Frage, welche die tatbestandliche Verknüpfung zwischen § 20 Abs. 2 und 3 AStG a.F. einerseits und §§ 7 ff. AStG a.F. andererseits und die daraus abzuleitenden Konsequenzen nicht hinreichend verdeutlichte).

 

 

31

5. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung weicht von derjenigen des erkennenden Senats ab. Ihr Urteil war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die angefochtenen Bescheide sind antragsgemäß zu ändern. Die Ermittlung und Berechnung der festzustellenden Beträge wird dem FA nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Mit dem JStG 2008 v. 20.12.2007 (BGBl 2007 I S. 3150) wurde inzwischen § 8 Abs. 2 AStG dahin geändert, dass dem Steuerpflichtigen ab 2008 die Möglichkeit des Gegenbeweises eröffnet ist. Kapitalanlagegesellschaften (§ 7 Abs. 6 AStG) und Betriebsstätteneinkünfte (§ 20 Abs. 2 AStG n.F.) wurden allerdings von der Escape-Regelung des § 8 Abs. 2 AStG n.F. ausgespart. Der BFH meldet insoweit gemeinschaftsrechtliche Bedenken an (unter II, 4. c, cc, Tz. 29).