Familien-GmbH, widerrechtliche Entnahmen eines Nicht-Gesellschafter-Geschäftsführers: Verschafft sich der Geschäftsführer einer Familien-GmbH, der nicht selbst Gesellschafter, aber Familienangehöriger eines Gesellschafters ist, widerrechtlich Geldbeträge aus dem Vermögen der GmbH, so ist dem Gesellschafter keine mittelbare vGA zuzurechnen, wenn ihm die widerrechtlichen eigenmächtigen Maßnahmen des Geschäftsführers nicht bekannt waren und auch nicht in seinem Interesse erfolgt sind. - Urt.; BFH 19.6.2007, VIII R 54/05; SIS 07 29 10
I. Der im Jahr 1935 geborene Kläger
und Revisionskläger (Kläger) ist Postbeamter. In den
Streitjahren (1997 bis 1999) war er bereits im Ruhestand; er wurde
mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im
Streitjahr 1997 gründete er gemeinsam mit seiner
Schwiegertochter die X GmbH (im Folgenden: GmbH). Er selbst hielt
98 v.H. der Anteile, seine Schwiegertochter 2 v.H. Alleiniger
Geschäftsführer der GmbH war zunächst der Sohn des
Klägers. Am 28.10.1999 wurde der Kläger zum weiteren
Geschäftsführer bestellt. Gegenstand des Unternehmens der
GmbH waren der Handel mit Betonfertigkleinteilen sowie der Handel
und die Vermittlung mit und von Immobilien. Tatsächlich
tätig geworden ist die GmbH in den Streitjahren
ausschließlich für zwei Firmen, eine Immobilienservice
KG und eine weitere Firma, die der GmbH das für ihre
Tätigkeit benötigte Material gestellt hat. Nachdem die
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Dezember 2002 mangels
Masse abgelehnt worden war, wurde die GmbH im Handelsregister
gelöscht.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei
der GmbH wurde festgestellt, dass der Sohn des Klägers als
Geschäftsführer der GmbH fingierte Rechnungen an diese
gerichtet und die jeweiligen Beträge für sich selbst
verwendet hatte (im Streitjahr 1997 insgesamt 133.690 DM, im
Streitjahr 1998 insgesamt 197.169 DM und im Streitjahr 1999
insgesamt 160.746 DM). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) beurteilte diese Zahlungen als verdeckte
Gewinnausschüttungen (vGA) an eine den Gesellschaftern
nahestehende Person und rechnete sie dem Kläger entsprechend
seinem Anteil an der GmbH zu 98 v.H. als weitere Einnahmen aus
Kapitalvermögen zu.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach
erfolglosem Einspruch hiergegen gerichtete Klage ab (EFG 2005, 1697
= SIS 05 42 86). Der Kläger könne sich nicht mit Erfolg
darauf berufen, dass sein Sohn nicht Gesellschafter der GmbH
gewesen sei und durch seine Handlungen der GmbH geschadet habe.
Handlungen des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft
seien dieser stets zuzurechnen. Darauf, ob der die Zuwendung
veranlassende Geschäftsführer selbst Gesellschafter sei,
komme es nicht an. Unabhängig davon habe der Kläger auch
selbst in nicht unerheblichem Umfang an dem Zustandekommen der vGA
mitgewirkt, da er seine gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte und
-pflichten offensichtlich nicht wahrgenommen habe.
Mit der Revision rügt der Kläger
die unrichtige Auslegung des Begriffs „verdeckte
Gewinnausschüttung“ i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz
2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Er beantragt sinngemäß, die
Vorentscheidung aufzuheben und die geänderten
Einkommensteuerbescheide vom 4.12.2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 24.10.2003 dahin abzuändern, dass
die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung von vGA in Höhe
von
131.016,32 DM für 1997,
193.226,37 DM für 1998 und
157.531,68 DM für 1999
festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen. Es schließt sich der
Vorentscheidung an.
II. Die Revision ist begründet. Nach
§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das
FG hat die Zahlungen der GmbH, die der Sohn des Klägers als
Geschäftsführer für sich selbst verwendet hat, dem
Kläger mit unzutreffender Begründung und ohne
ausreichende tatsächliche Feststellungen als vGA
zugerechnet.
1. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1
Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen auch vGA.
Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz
2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter
außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen
Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im
Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1
Nr. 1 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm
der Vermögensvorteil zufließt (§ 8, § 11 Abs.
1 EStG).
a) Einkünfte aus Kapitalvermögen
erzielt der Anteilseigner (§ 20 Abs. 2a Satz 1 EStG).
Anteilseigner im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein
Nichtgesellschafter sein, wenn der Gesellschafter für ihn den
Gesellschaftsanteil lediglich als verdeckter Treuhänder
hält (§ 20 Abs. 2a Satz 2 EStG, § 39 Abs. 2 Nr. 1
Satz 2 der Abgabenordnung). Ein zur abweichenden Zurechnung
führendes (verdecktes) Treuhandverhältnis ist zwar nur
wirksam, wenn es eindeutig vereinbart und nachweisbar ist (Urteile
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15.7.1997 VIII R 56/93, BFHE 183,
518, BStBl II 1998, 152 = SIS 97 21 32; vom 20.1.1999 I R 69/97,
BFHE 188, 254 = SIS 99 15 10; vom 28.2.2001 I R 12/00, BFHE 194,
320, 323 f. = SIS 01 09 74, BStBl II 2001, 468, 470 = SIS 01 09 74;
BFH-Beschluss vom 2.3.2004 III B 114/03, BFH/NV 2004, 1109 = SIS 04 30 37). Allerdings kann eine Treuhandvereinbarung über Anteile
an einer noch zu gründenden GmbH auch formlos getroffen werden
(BFH-Urteil vom 25.4.2006 X R 57/04, BFH/NV 2006, 1819 = SIS 06 38 21, m.w.N.). Der Nachweis muss daher nicht notwendigerweise durch
schriftliche Vereinbarungen geführt werden, sondern kann sich
auch aus den Gesamtumständen, insbesondere der eindeutigen
tatsächlichen Handhabung ergeben.
b) Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen
Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem
Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine
ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen
zieht. Das „Nahestehen“ in diesem Sinne kann
familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher
oder auch rein tatsächlicher Art sein.
Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an
eine nahestehende Person ist unabhängig davon als vGA zu
beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein
vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat. Dies gilt
sowohl für die vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 des
Körperschaftsteuergesetzes - KStG - (BFH-Urteil vom 18.12.1996
I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301 = SIS 97 08 23, unter
II. A. 1. b der Gründe) als auch für die vGA i.S. von
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (BFH-Urteile vom 25.5.2004 VIII
R 4/01, BFHE 207, 103 = SIS 05 01 84; vom 22.2.2005 VIII R 24/03,
BFH/NV 2005, 1266 = SIS 05 31 79). Allerdings gilt dies
uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen
für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu
einem Gesellschafter auszuschließen sind. Nur in diesem Falle
spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die
nahestehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum
Gesellschafter nicht erhalten hätte.
Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist die
Zuwendung zu Lasten der GmbH so zu beurteilen, als hätte der
Gesellschafter den Vorteil erhalten und diesen an die nahestehende
Person weitergegeben (BFH-Urteile in BFHE 207, 103 = SIS 05 01 84;
in BFH/NV 2005, 1266 = SIS 05 31 79; vom 6.12.2005 VIII R 70/04,
BFH/NV 2006, 722 = SIS 06 15 02). Bei dem betreffenden
Gesellschafter handelt es sich um eine einkommensteuerrechtlich
unbeachtliche Einkommensverwendung (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1266
= SIS 05 31 79).
c) Der Beweis des ersten Anscheins für
eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann durch
die Feststellung erschüttert werden, dass die Zuwendung des
Vorteils ihre Ursache ausschließlich in einer vom
Gesellschaftsverhältnis zum nahestehenden Gesellschafter
unabhängigen Beziehung der Kapitalgesellschaft zum
Empfänger der Zuwendung hat (BFH-Urteile vom 27.11.1974 I R
250/72, BFHE 114, 236, BStBl II 1975, 306 = SIS 75 01 82; in BFH/NV
2005, 1266 = SIS 05 31 79).
Der für eine Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis sprechende Anscheinsbeweis ist ferner
dann erschüttert, wenn die Zuwendung des Vorteils auf der
Beziehung zu einem anderen, dem Empfänger ebenfalls
nahestehenden Gesellschafter beruhen kann. Ist unmittelbarer
Empfänger der Zuwendung ein nahestehender anderer
Gesellschafter, so ist die vGA ausschließlich diesem
zuzurechnen, soweit ihm nicht (auch) sein Mitgesellschafter etwas
zuwenden wollte (BFH-Urteil vom 29.9.1981 VIII R 8/77, BFHE 135,
31, BStBl II 1982, 248 = SIS 82 07 18). Dasselbe gilt, wenn der
unmittelbare Empfänger der Zuwendung (auch) einem anderen
Gesellschafter nahesteht und anzunehmen ist, dass nur dieser ihm
etwas zuwenden wollte; die vGA ist in diesem Fall nicht auf die
Gesellschafter zu verteilen. Vielmehr ist in derartigen Fällen
- ohne Beweiserleichterung - festzustellen, wer die vGA veranlasst
hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1266 = SIS 05 31 79). Es kann im
Streitfall offen bleiben, ob eine mittelbare vGA auch dann zu
verneinen sein kann, wenn ein Gesellschafter von der Zuwendung
wusste, sie duldete oder ihr zustimmte (so BFH-Urteil in BFHE 135,
31, BStBl II 1982, 248 = SIS 82 07 18). Einem Gesellschafter kann
jedenfalls dann keine vGA als Einnahme gemäß § 8,
§ 11 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zugerechnet
werden (vgl. dazu Wrede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG
Rz 231), wenn ihm nicht nachgewiesen werden kann, dass er von der
Begünstigung der ihm nahestehenden Person durch die GmbH
überhaupt Kenntnis hatte (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1266 =
SIS 05 31 79).
d) Verschafft sich ein
Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist,
widerrechtlich Geldbeträge aus dem Vermögen der GmbH -
wie im Streitfall durch das Ausstellen von Scheinrechnungen -, so
ist der Anscheinsbeweis für eine Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis auch dann erschüttert, wenn der
Geschäftsführer zwar einem Gesellschafter nahesteht,
diesem die widerrechtlichen eigenmächtigen Maßnahmen des
Geschäftsführers aber nicht bekannt sind und auch nicht
in seinem Interesse erfolgen (vgl. zu letzterem Frotscher in
Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, Freiburg 1978 ff., Anhang zu § 8
KStG Rz 59). Denn dann ist die Zuwendung an den Begünstigten
allein durch die eigenmächtigen widerrechtlichen
Maßnahmen des Geschäftsführers veranlasst, nicht
aber durch das Gesellschaftsverhältnis.
Eine solche Zuwendung der GmbH an den
Geschäftsführer ist auch dann nicht durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn - wovon das FG im
Streitfall ausgeht - die widerrechtlichen Maßnahmen des
Geschäftsführers durch unzureichende oder fehlende
Kontrolle seitens der Gesellschafterversammlung erleichtert oder
ermöglicht worden sind. Es gibt keine Rechtspflicht des
Gesellschafters einer GmbH zur sorgfältigen Überwachung
des Geschäftsführers (Roth in Roth/Altmeppen, Gesetz
betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG
-, 5. Aufl., § 46 Rz 46; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl.,
§ 46 Rz 17; Römermann in Michalski, GmbHG, 2002, §
46 Rz 345 ff.; ähnlich Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 9.
Aufl., § 46 Rz 113). Die Vorschrift des § 45 des Gesetzes
betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
normiert grundsätzlich nur Gesellschafterrechte, aber keine
Pflichten des Gesellschafters zur Wahrnehmung seiner Organfunktion;
denn die Beteiligung an der GmbH bedeutet keine aktive
unternehmerische Mitwirkung des Gesellschafters (Roth in
Roth/Altmeppen, a.a.O., § 45 Rz 14 ff.). Deshalb kommt eine
persönliche Haftung des Gesellschafters einer GmbH
ausnahmsweise allenfalls dann in Betracht, wenn er faktischer
Geschäftsführer ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -
BGH - vom 11.7.2005 II ZR 235/03, HFR 2005, 1220 = SIS 05 44 10),
bei rechtsmissbräuchlichen Eingriffen in das
Gesellschaftsvermögen (BGH-Urteil vom 24.6.2002 II ZR 300/00,
BGHZ 151, 181 = SIS 02 98 61), sonstiger aktiver Schädigung
der GmbH (vgl. BGH-Urteile vom 29.11.2004 II ZR 14/03, DB 2005,
331; vom 14.11.2005 II ZR 178/03, BGHZ 165, 85 - Durchgriffshaftung
bei Insolvenz der GmbH) oder Verletzung der Treuepflicht
gegenüber einem Mitgesellschafter (BGH-Urteil vom 11.12.2006
II ZR 166/05, DB 2007, 276). Durch unzureichende oder fehlende
Kontrolle des Geschäftsführers wird hingegen keine
Haftung begründet. Auch eine steuerrechtliche Haftung
gemäß §§ 69 ff. der Abgabenordnung (AO)
besteht zulasten des Gesellschafters einer GmbH grundsätzlich
nicht, solange er nicht faktischer Geschäftsführer oder
Verfügungsberechtigter (§ 35 AO) ist.
Wollte man in Fällen der vorliegenden Art
dem GmbH-Gesellschafter allein deshalb eine vGA als Einnahme
zurechnen, weil er den Geschäftsführer unzureichend
kontrolliert hat, so würde auf dem Umweg über die vGA
eine Art Gefährdungshaftung des Gesellschafters für
Fehlverhalten des Geschäftsführers begründet, die
ansonsten dem Gesellschaftsrecht und auch dem Steuerrecht fremd
ist. Dafür bietet § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG keine
Rechtsgrundlage. Vielmehr kann dem GmbH-Gesellschafter in
derartigen Fällen nur dann eine mittelbare vGA als Einnahme
zugerechnet werden, wenn angenommen werden kann, dass einmal die
GmbH dem Gesellschafter und zum Zweiten der Gesellschafter dem
Geschäftsführer einen Vermögensvorteil zuwenden
wollte und beide Zuwendungen mittelbar dadurch erfolgt sind, dass
die GmbH unmittelbar an ihren Geschäftsführer geleistet
hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248 = SIS 82 07 18). Dies setzt aber, wie dargelegt, voraus, dass der
Gesellschafter von den eigenmächtigen widerrechtlichen
Geldentnahmen des Geschäftsführers Kenntnis hatte und ihn
bewusst gewähren ließ.
e) Die vorstehenden Erwägungen bedeuten
nicht, dass in Fällen der vorliegenden Art nicht gleichwohl
auf der Ebene der GmbH eine vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2
KStG gegeben sein kann. Denn die Korrektur des Einkommens der GmbH
nach dieser Vorschrift geschieht unabhängig davon, ob eine vGA
beim Gesellschafter zugeflossen ist (BFH-Urteile vom 19.5.1982 I R
102/79, BFHE 136, 105, BStBl II 1982, 631 = SIS 82 17 11; vom
18.12.1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301 = SIS 97 08 23). Übt ein Alleingesellschafter gegenüber einem
Geschäftsführer, der selbst nicht Gesellschafter, aber
naher Angehöriger des Gesellschafters ist, die in § 46
GmbHG vorgesehenen Kontrollbefugnisse nicht aus und gibt er dadurch
unwissentlich dem Geschäftsführer Gelegenheit, sich unter
Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten zulasten der
GmbH eigenmächtig zu bereichern, so kann die daraus folgende
Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei
der GmbH auf der persönlichen Nähe zwischen
Gesellschafter und Geschäftsführer beruhen, damit durch
das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein und die
Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auslösen. Wenn in
derartigen Fällen keine Zuwendung des Gesellschafters gegeben
ist, weil er die eigenmächtigen Aktivitäten des
Geschäftsführers nicht kannte, und somit die Zurechnung
einer Einnahme nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim
Gesellschafter nicht in Betracht kommt, wenn die vGA andererseits
auch nicht dem Geschäftsführer aufgrund eines verdeckten
Treuhandverhältnisses unmittelbar zugerechnet werden kann, so
stellt sich die - hier nicht zu entscheidende - weitere Frage, ob
der Geschäftsführer, der sich eigenmächtig unter
Verletzung seiner Pflichten zulasten der GmbH bereichert, aus
diesen Aktivitäten selbst Einkünfte erzielt. In Betracht
kommen insoweit im Zusammenhang mit dem Anstellungsvertrag erzielte
Einkünfte gemäß § 19 EStG oder, wenn kein
Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis besteht,
Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG.
2. Das angefochtene Urteil entspricht den
vorstehenden Maßstäben nicht und ist daher
aufzuheben.
a) Das FG hat nicht geprüft, ob der
Kläger die GmbH-Beteiligung treuhänderisch für
seinen Sohn gehalten hat. Eine solche Prüfung wäre
geboten gewesen, weil der Kläger vorgetragen hatte, die GmbH
sei lediglich auf Bitten seines Sohnes und allein in dessen
Interesse gegründet worden, er habe von den
eigenmächtigen widerrechtlichen Aktivitäten seines Sohnes
nichts gewusst und sei dadurch selbst geschädigt worden.
b) Ferner hat das FG die Voraussetzungen einer
vGA an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ohne
ausreichende Feststellungen bejaht. Im Streitfall war der für
eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sprechende
Anscheinsbeweis durch die Darlegung im Klageverfahren
erschüttert, der Sohn des Klägers habe als
Geschäftsführer ohne Wissen des Klägers
Betriebsausgaben fingiert und sich die Gelder widerrechtlich
angeeignet. Vor diesem Hintergrund hätte das FG eine
mittelbare vGA an den Kläger nur annehmen dürfen, wenn es
festgestellt hätte, dass der Kläger von den
widerrechtlichen eigenmächtigen Geldentnahmen des
Geschäftsführers gewusst hat und ihn gleichwohl bewusst
gewähren ließ. Diese Feststellung hat das FG jedoch
nicht getroffen. Stattdessen hat das FG seine Entscheidung auf die
Erwägung gestützt, der Kläger habe seine
gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte und -pflichten nicht
ausgeübt, daher hätte sein Sohn die Zuwendungen der GmbH
ohne das Näheverhältnis zum Kläger nicht erhalten.
Mit dieser Begründung können jedoch die widerrechtlichen
eigenmächtigen Geldentnahmen des Geschäftsführers
dem Kläger nicht als vGA zugerechnet werden. Denn die vom FG
vorausgesetzten Kontrollpflichten des Gesellschafters
gegenüber dem Geschäftsführer lassen sich weder
gesellschaftsrechtlich noch steuerrechtlich herleiten.
3. Die Sache ist nicht spruchreif.
a) Das FG wird im zweiten Rechtsgang
prüfen müssen, ob dem Kläger schon deshalb keine vGA
zuzurechnen ist, weil er mit seinem Sohn ein verdecktes
Treuhandverhältnis vereinbart hatte. Ist ein
Treuhandverhältnis nicht gegeben, so ist weiter zu
prüfen, ob der Kläger von den widerrechtlichen
eigenmächtigen Geldentnahmen seines Sohnes wusste und ihn
bewusst gewähren ließ, so dass eine Zuwendung an seinen
Sohn anzunehmen ist. Dazu wird durch Vernehmung des Klägers
als Beteiligtem sowie seines Sohnes, seiner Schwiegertochter, des
Außenprüfers und des mit den Jahresabschlüssen
befassten Steuerberaters als Zeugen zu ermitteln sein, welche
Vereinbarungen über die Ausübung der Gesellschafterrechte
geschlossen worden waren. Ferner wird, auch unter Auswertung der
Prüfungsakten, zu ermitteln sein, ob und wie der Kläger
in die Finanzierung der GmbH eingeschaltet war und ob er an
Gesellschafterversammlungen teilgenommen hat.
b) Hat der Kläger im zweiten Rechtsgang
seine Pflicht erfüllt, bei der Aufklärung des
Sachverhalts mitzuwirken und die in seiner Sphäre und in
seinem Wissen liegenden Umstände offenzulegen (vgl. BFH-Urteil
vom 22.9.2004 III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160 = SIS 05 02 14), lässt sich aber dennoch nicht mehr aufklären,
ob der Kläger von den widerrechtlichen eigenmächtigen
Geldentnahmen seines Sohnes wusste, so trägt das FA insoweit
die Feststellungslast. Die Voraussetzungen einer mittelbaren vGA
wären zu verneinen.
c) Stellt das FG im zweiten Rechtsgang
hingegen fest, dass der Kläger von den widerrechtlichen
eigenmächtigen Geldentnahmen seines Sohnes wusste und ihn
bewusst gewähren ließ, so dass eine Zuwendung an den
Sohn vorliegt, so wäre dem Kläger nicht ohne weiteres
eine vGA in Höhe seiner Beteiligungsquote zuzurechnen.
Vielmehr hätte das FG, da mehrere dem
Geschäftsführer nahestehende Gesellschafter vorhanden
sind, dann zu ermitteln, ob allein der Kläger oder ob auch
(und mit welchem Anteil) seine Schwiegertochter die vGA veranlasst
hat (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1266 = SIS 05 31 79).