Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 03.09.2019 - 8 K
8260/17 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Berlin-Brandenburg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 03.09.2019 - 8 K 8260/17
wird als unbegründet zurückgewiesen.
Dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg wird die
Entscheidung über die Kosten der Verfahren
übertragen.
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I. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Insolvenzverwalterin
über das Vermögen der A-AG (Schuldnerin). Auf Antrag der
B vom …2015 ordnete das Amtsgericht C mit Beschluss vom
…2015 zunächst die vorläufige Insolvenzverwaltung
an; mit Beschluss vom …2015 wurde das Insolvenzverfahren
eröffnet.
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Die Schuldnerin meldete am …2015
für den Monat … 2015 Lohnsteuer,
Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer in Höhe von
insgesamt … EUR an. Die gesamten Nettolöhne
überwies die Schuldnerin am …2015, die angemeldete
Lohnsteuer zahlte sie nicht.
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3
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Mit Bescheid vom 27.05.2016 setzte der
Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Finanzamt -
FA - ) die Körperschaftsteuer für 2014 auf … EUR
fest. Nach Abzug der im Jahr 2014 geleisteten Vorauszahlungen ergab
sich ein Guthaben in Höhe von … EUR
Körperschaftsteuer sowie … EUR
Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer (insgesamt
… EUR), welches das FA auf die Lohnsteuerverbindlichkeiten
umbuchte.
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Am 31.05.2016 erklärte die
Klägerin gegenüber dem FA, dass sie die Aufrechnung
für unzulässig halte, und bat um Überweisung des
Guthabens zur Masse in Höhe von … EUR nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
pro Jahr seit dem …2015. Die Klägerin widersprach der
Umbuchung zudem mit einem weiteren Schreiben vom 20.07.2016 (vgl.
auch Schreiben vom 08.11.2016 und vom 10.02.2017). Hierbei machte
sie nur noch einen Betrag in Höhe von … EUR geltend,
weil sie die Umbuchung bezüglich der Umsatzsteuer 2014 in
Höhe von … EUR anerkannte. Da das FA an der Umbuchung
festhielt, beantragte die Klägerin am 29.03.2017 den Erlass
eines Abrechnungsbescheids.
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Mit Abrechnungsbescheid vom 08.05.2017
rechnete das FA entsprechend seiner Umbuchungsmitteilung über
Lohnsteuer sowie Nebenabgaben zur Lohnsteuer für … 2015
ab. Angaben zur begehrten Zinsfestsetzung enthielt der Bescheid
nicht.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 13.09.2017
wies das FA den Einspruch der Klägerin gegen den
Abrechnungsbescheid zurück, weil die Aufrechnung nicht
gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 der Insolvenzordnung (InsO)
unzulässig sei. Die streitgegenständliche
Aufrechnungslage beruhe nicht auf einer anfechtbaren
Rechtshandlung, da die Lohnsteuer im Zeitpunkt der Erfüllung
der Tatbestandsvoraussetzungen kraft Gesetzes entstehe und es auf
den Willen des Steuerpflichtigen nicht ankomme. Das weite
Verständnis der Klägerin vom Begriff der Rechtshandlung
führe zu einem vollständigen Ausschluss der Aufrechnung
von Steuerforderungen im Insolvenzfall. Zu den von der
Klägerin begehrten Zinsen enthielt die Einspruchsentscheidung
keine Ausführungen.
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Dagegen erhob die Klägerin Klage und
begehrte einen Auszahlungsbetrag in Höhe von … EUR
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr seit dem
…2015.
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Das Finanzgericht (FG) änderte den
Abrechnungsbescheid vom 08.05.2017 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung dahingehend, dass ein Auszahlungsbetrag in
Höhe von … EUR festgestellt wurde, und wies die Klage
im Übrigen ab. Nach seiner Auffassung war die Aufrechnung
durch das FA unwirksam, weil dieser ein insolvenzrechtliches
Aufrechnungsverbot entgegenstand. Die strittigen Guthaben zur
Körperschaftsteuer und zum Solidaritätszuschlag zur
Körperschaftsteuer 2014 resultierten aus Steuervorauszahlungen
für den Veranlagungszeitraum 2014. Der Erstattungsanspruch der
Schuldnerin sei in voller Höhe durch diese Vorauszahlungen
unter der aufschiebenden Bedingung entstanden, dass am 31.12.2014
(Ende des Besteuerungszeitraums) die geschuldete Steuer geringer
sei als die Vorauszahlung. Der Aufrechnung stehe jedoch § 96
Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegen. Im Streitfall liege eine Rechtshandlung
im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO vor, weil die Anstellung der
Arbeitnehmer durch die Schuldnerin und die Bezahlung der
Arbeitslöhne vom Willen getragenes Handeln darstellten, das
rechtliche Wirkungen auslöse und das Vermögen der
Schuldnerin zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändert
habe. Das FA habe keinen Anspruch auf diese Rechtshandlungen
gehabt.
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Die Klage auf Erweiterung des
Abrechnungsbescheids in Bezug auf die Zinsen sei unzulässig,
weil es insoweit an dem erforderlichen Vorverfahren fehle. Das FA
habe noch nicht rechtsmittelfähig über den Zinsanspruch
entschieden.
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10
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Das FG ließ im Tenor der
Vorentscheidung die Revision zu. In der Rechtsmittelbelehrung wurde
darauf hingewiesen, dass die Nichtzulassung der Revision durch
Beschwerde angefochten werden könne. Der Berichterstatter
hielt nach einer Nachfrage des FA in einem Vermerk vom 22.10.2019
fest, dass die Revision zugelassen werden sollte.
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Die Vorentscheidung wurde dem FA am
27.09.2019 mit Empfangsbekenntnis zugestellt.
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Der Klägerin wurde die Vorentscheidung
am 05.11.2019 mit Postzustellungsurkunde zugestellt, nachdem sie
dem FG mit Schreiben vom 01.11.2019 mitgeteilt hatte, dass ihr das
Urteil bislang nicht zugestellt worden sei.
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Beide Beteiligte legten gegen das Urteil
des FG Revision ein.
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Das FA begründet seine Revision mit
der Verletzung materiellen Bundesrechts. Der Bundesgerichtshof
(BGH) habe im Zusammenhang mit einer
Zwangsvollstreckungsmaßnahme entschieden, dass es an einer
Rechtshandlung fehle, wenn der Schuldner trotz der
Vollstreckungsmaßnahme seinen Geschäftsbetrieb in der
bisher geübten Weise fortsetze. Diese Rechtsprechung sei auf
den Streitfall übertragbar und treffe auf alle
Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO zu. Die
Aufrechnung sei daher schon mangels anfechtbarer Rechtshandlung
nicht zu beanstanden. Es seien aber auch die weiteren
Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 i.V.m. § 131 InsO nicht
gegeben. Da die Hauptforderung der Klägerin gegen das FA
bereits bestanden habe, als die Gegenforderung begründet
worden sei, habe es auf die Möglichkeit der Tilgung einer noch
entstehenden Forderung gegen die Schuldnerin durch Aufrechnung
vertrauen dürfen. Entstehe in der hier vorliegenden
Sachverhaltskonstellation eine Aufrechnungslage, stelle dies
allenfalls einen Fall der kongruenten Deckung gemäß
§ 130 InsO dar. Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit
der Klägerin und dazu, wann es - das FA - davon Kenntnis
erhalten habe, habe das FG jedoch nicht getroffen. Im Übrigen
sei auch das Erfordernis der Monatsfrist nach § 131 Abs. 1 Nr.
1 InsO nicht erfüllt, weil nicht erkennbar sei, dass die
Anstellung der Arbeitnehmer in dem Zeitraum von einem Monat vor
Insolvenzantragstellung erfolgt sei. Auf die Gehaltszahlungen
könne nicht abgestellt werden, weil es sich dabei nur um die
Erfüllung der bereits bestehenden und früher
begründeten vertraglichen Pflichten der Klägerin handele.
Zur Frage der Verzinsung habe sich das FA weder im
Abrechnungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung
geäußert, sodass es den Antrag auf Zahlung von Zinsen
nicht konkludent abgelehnt habe.
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Das FA beantragt
sinngemäß,
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die Vorentscheidung aufzuheben, soweit der
Klage stattgegeben wurde, und die Klage auch insoweit
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision des FA
zurückzuweisen.
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Darüber hinaus beantragt die
Klägerin sinngemäß,
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die Vorentscheidung aufzuheben, soweit die
Klage abgewiesen wurde, und den Abrechnungsbescheid vom 08.05.2017
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2017 dahingehend zu
ändern, dass ein Auszahlungsbetrag in Höhe von …
EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten pro Jahr
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem …2015
festgestellt werde.
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Die Klägerin begründet ihre
Revision ebenfalls mit der Verletzung materiellen Bundesrechts. Das
FG hätte den Sachverhalt dahingehend würdigen
müssen, dass das Vorverfahren gemäß § 44 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) auch hinsichtlich der Zinsen
durchgeführt worden sei und das FA den Zinsanspruch
rechtsmittelfähig zurückgewiesen habe. Das FA habe den
Zinsanspruch in seiner Einspruchsentscheidung zwar nicht explizit
angesprochen. Dies sei jedoch nicht erforderlich, um diesen zum
Gegenstand der Einspruchsentscheidung zu machen.
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Bei einer Beschäftigung der
Arbeitnehmer sowie der Zahlung der Gehälter, durch welche die
zur Aufrechnung gestellten Lohnsteuerverbindlichkeiten
ausgelöst worden seien, handele es sich um Rechtshandlungen.
Das BGH-Urteil vom 01.06.2017 - IX ZR 48/15 sei nicht auf den
Streitfall übertragbar, weil die Herbeiführung der
Aufrechnungslage hier schon nicht auf einer vorangegangenen
vermögensverlagernden Vollstreckungsmaßnahme beruhe. Es
sei kein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen
worden. Nehme man an, dass eine Rechtshandlung im Sinne von §
129 Abs. 1 InsO schon immer dann nicht vorliege, wenn der Schuldner
Leistungen im Rahmen seines üblichen Geschäftsbetriebs
erbringe, wäre das Institut der Insolvenzanfechtung praktisch
ausgeschaltet. Darüber hinaus komme es entgegen der Auffassung
des FA für die Frage der Inkongruenz beziehungsweise Kongruenz
nicht darauf an, in welcher Reihenfolge Forderung und
Gegenforderung entstanden seien. Für den Zeitpunkt der
Herbeiführung der Aufrechnungslage sei nicht auf die
Abschlüsse der Anstellungsverträge abzustellen, weil die
rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung in dem Zeitpunkt
einträten, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer
zufließe.
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Das FA beantragt,
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die Revision der Klägerin
zurückzuweisen.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend
auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet.
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II. Der Senat entscheidet gemäß
§ 121 Satz 1, § 90 Abs. 2 FGO mit Zustimmung der
Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
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III. Die Revisionen sind zulässig.
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1. Das FG hat die Revision in der
Vorentscheidung zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115
Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Dies ergibt sich aus dem Ausspruch
zur Zulassung der Revision im Tenor sowie aus der Begründung
der Vorentscheidung (unter III.) und wird ferner durch einen
Vermerk des Berichterstatters vom 22.10.2019, den er zu einer
diesbezüglichen Nachfrage des FA verfasst hatte,
bestätigt. Dementsprechend widerspricht die
Rechtsmittelbelehrung, in der das FG auf die Möglichkeit der
Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hingewiesen hat, dem
klaren Willen des FG. Dies wertet der erkennende Senat als
offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 107 FGO.
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25
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Nach § 107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler,
Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten vom
Gericht zu berichtigen. Eine offenbare Unrichtigkeit kann sich auch
aus einer falschen Rechtsmittelbelehrung ergeben (vgl. Beschluss
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.09.2009 - IX B 68/09, BFH/NV
2009, 2001 = SIS 09 36 38). Die Berichtigung ist nicht antrags-
oder fristgebunden und ist jederzeit vom Gericht
durchzuführen. Ist gegen das Urteil des betroffenen Gerichts
ein Rechtsmittel eingelegt, so ist der BFH neben dem FG für
die Berichtigung zuständig (vgl. BFH-Beschluss vom 22.03.2016
- VIII B 130/14, VIII B 17/15 = SIS 16 11 54, Rz 6; vgl. auch BFH-Urteil vom 13.05.2015 - III R 8/14,
BFHE 249, 422 = SIS 15 18 40, Rz 40, m.w.N.).
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26
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Ausgehend von diesen rechtlichen Grundlagen
und dem tatsächlichen Willen des FG wurde die
Rechtsmittelbelehrung in der Vorentscheidung mit Beschluss vom
18.04.2023 gemäß § 107 Abs. 1 FGO korrigiert. Die
Berichtigung ist auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt
worden (§ 107 Abs. 2 Satz 2 FGO).
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2. Die Revision wurde von beiden Beteiligten
innerhalb der Frist gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO
eingelegt.
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a) Da dem FA das Urteil laut
Empfangsbekenntnis am 27.09.2019 zugestellt wurde, begann die Frist
zur Einlegung der Revision gemäß § 120 Abs. 1 Satz
1, § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung (ZPO) und § 187 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) am 28.09.2019 (Samstag) und endete
gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 FGO
i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO sowie § 188 Abs. 2 BGB am
28.10.2019 (Montag). Die Revision des FA ging am 28.10.2019 beim
BFH ein.
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b) Ausgehend von der Zustellung des Urteils an
die Klägerin am 05.11.2019 mit Postzustellungsurkunde begann
die Frist zur Einlegung der Revision am 06.11.2019 und endete
gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 FGO
i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB am
05.12.2019 (Donnerstag). Die Revision der Klägerin ging am
04.12.2019 beim BFH ein.
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30
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Dass die Klägerin das Urteil
tatsächlich bereits am 27.09.2019 erhalten hat, kann anhand
der FG-Akten nicht eindeutig nachvollzogen werden. Vielmehr besteht
die Möglichkeit, dass dem Prozessbevollmächtigten der
Klägerin nur das Empfangsbekenntnis und nicht auch das Urteil
übermittelt wurde.
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31
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IV. Die Revision des FA ist unbegründet
und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die
Vorentscheidung entspricht insoweit Bundesrecht (§ 118 Abs. 1
Satz 1 FGO). Das FG hat den Abrechnungsbescheid vom 08.05.2017 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung zu Recht dahingehend
geändert, dass ein Auszahlungsbetrag in Höhe von …
EUR festgestellt wird.
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1. Gemäß § 218 Abs. 1 und Abs.
2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) ergeht unter anderem dann ein
Abrechnungsbescheid, wenn die Verwirklichung von Ansprüchen
aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) und ihr
Erlöschen (§ 47 AO) durch Aufrechnung (§ 226 Abs. 1
AO i.V.m. §§ 387 ff. BGB) streitig sind (vgl. z.B.
Senatsurteil vom 18.02.2020 - VII R 39/18, BFHE 268, 391, BStBl II
2023, 224 = SIS 20 10 33, Rz 22, m.w.N.).
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33
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Im Streitfall hat das FA zu Recht einen
Abrechnungsbescheid erlassen, weil streitig ist, ob der Anspruch
der Schuldnerin auf Erstattung von Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer durch
Aufrechnung erloschen ist. Die Klägerin macht keinen
Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO
geltend, für den der ordentliche Rechtsweg eröffnet
wäre.
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2. Die allgemeinen Voraussetzungen für
eine Aufrechnung gemäß § 226 AO i.V.m. §§
387 ff. BGB waren erfüllt.
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a) Die sich gegenüberstehenden
Forderungen waren gleichartig, weil es sich sowohl bei den
Lohnsteuerforderungen als auch bei dem
Körperschaftsteuererstattungsanspruch um Geldforderungen
handelte.
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b) Es handelte sich um gegenseitige
Forderungen, weil sie im Verhältnis zwischen der Schuldnerin
und dem FA jeweils gegen den anderen gerichtet waren.
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c) Die Lohnsteuerforderung für …
2015 war gemäß § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) am zehnten Tag nach Ablauf des
jeweiligen Lohnsteuer-Anmeldezeitraums - vorliegend der
Kalendermonat nach § 41a Abs. 2 Satz 1 EStG - fällig,
mithin am …2015 (…). Für den
Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer zur Lohnsteuer
gelten diese Regelungen entsprechend (vgl. § 1 Abs. 2 des
Solidaritätszuschlaggesetzes a.F. und § 6 Abs. 1 Satz 1
des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch
öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften…).
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Insbesondere war der
Körperschaftsteuererstattungsanspruch erfüllbar.
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Erfüllbarkeit bezeichnet den Zeitpunkt,
von dem ab der Schuldner leisten darf (vgl.
Grüneberg/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 82.
Aufl., § 271 Rz 1).
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Steuererstattungsansprüche aufgrund von
Steuervorauszahlungen entstehen im Zeitpunkt der Entrichtung der
Steuer unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Ende des
Besteuerungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die
Vorauszahlung. Auf die Festsetzung des Erstattungsanspruchs in
einem Erstattungsbescheid kommt es nicht an (BFH-Urteil vom
23.02.2011 - I R 38/10 = SIS 11 23 16, Rz 13, m.w.N.).
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41
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Da der Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens am …2015 und damit deutlich nach Ablauf
des Veranlagungszeitraums gestellt wurde, bestand der
Erstattungsanspruch bereits vor diesem Zeitpunkt und war daher
erfüllbar. Wann genau der Zeitpunkt der Erfüllbarkeit
eintrat, kann dahinstehen.
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Dass die Umbuchung auf die Lohnsteuer bereits
am Tag vor der Festsetzung des Körperschaftsteuerguthabens
erfolgt war, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil es auf
die Festsetzung des Erstattungsguthabens nicht ankommt.
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43
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3. Das FG hat zu Recht angenommen, dass der
Aufrechnung ein Aufrechnungsverbot im Sinne von § 96 Abs. 1
Nr. 3 i.V.m. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO entgegenstand.
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44
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a) Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die
Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger die
Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare
Rechtshandlung im Sinne von §§ 129 ff. InsO erlangt
hat.
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45
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§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO verfolgt das Ziel,
den Anfechtungsvorschriften der Insolvenzordnung (§§ 129
ff. InsO) im Hinblick auf eine von einem Insolvenzgläubiger
erklärte Aufrechnung in dem Sinne Geltung zu verschaffen, dass
einer etwaigen Aufrechnungserklärung die Rechtswirkung
genommen und dadurch eine anderenfalls etwa notwendige Anfechtung
der betreffenden Rechtsvorgänge seitens des
Insolvenzverwalters überflüssig wird (vgl. Windel in
Jaeger, Insolvenzordnung, § 96 Rz 45 f.; Uhlenbruck/Sinz,
Insolvenzordnung, 15. Aufl., § 96 Rz 46). Sie ist dahin zu
verstehen, dass der Erwerb der Möglichkeit der Aufrechnung
zugunsten eines späteren Insolvenzgläubigers erfolgt sein
muss, dieser also nicht etwa bereits beim Erwerb dieser
Möglichkeit Insolvenzgläubiger, mithin das
Insolvenzverfahren beim Erwerb noch nicht anhängig gewesen
sein muss. Vielmehr schränkt § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO
gerade § 94 InsO ein, der grundsätzlich eine vor
Verfahrenseröffnung eingetretene Aufrechnungslage während
des Insolvenzverfahrens fortbestehen lässt und die Abgabe
einer Aufrechnungserklärung während desselben
zulässt (Karsten Schmidt/Thole, InsO, 20. Aufl., § 96 Rz
12; Senatsurteil vom 02.11.2010 - VII R 6/10, BFHE 231, 488, BStBl
II 2011, 374 = SIS 11 01 56, Rz 19).
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46
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b) Im Streitfall liegen die in § 129 InsO
geregelten allgemeinen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung
vor.
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aa) Das FA ist Insolvenzgläubiger der
Lohnsteuerforderung, weil diese vor Eröffnung des
Insolvenzverfahrens am …2015 begründet und noch nicht
beglichen wurde (§ 38 InsO).
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48
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bb) Im Streitfall liegt weiterhin eine
anfechtbare Rechtshandlung vor.
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49
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(1) Der Begriff der Rechtshandlung im Sinne
der §§ 129 ff. InsO ist weit auszulegen. Als
Rechtshandlung kommt jede Handlung in Betracht, die zum Erwerb
einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt, das
heißt ein von einem Willen getragenes Handeln, das rechtliche
Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum
Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann
(BGH-Urteil vom 22.10.2009 - IX ZR 147/06 = SIS 10 06 34, unter II.2.b aa, m.w.N.; vgl.
auch BGH-Urteil vom 20.04.2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350, Rz
28). Erfasst werden nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch
rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte, denen
das Gesetz Rechtswirkungen beimisst (BGH-Urteile vom 22.10.2009 -
IX ZR 147/06 = SIS 10 06 34, unter
II.2.b aa; vom 14.12.2006 - IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196, unter
II.3.a, m.w.N., zum Einbringen einer Sache, das zu einem
Vermieterpfandrecht führt und vom 09.07.2009 - IX ZR 86/08 =
SIS 09 33 67, unter II.2.c aa,
m.w.N., zum Brauen von Bier, welches die Biersteuer und die
Sachhaftung des Bieres entstehen lässt). Dass die
Rechtswirkungen (unabhängig vom Willen der Beteiligten) kraft
Gesetzes eintreten, ist dabei unbeachtlich (vgl. Senatsurteil vom
02.11.2010 - VII R 62/10, BFHE 232, 290, BStBl II 2011, 439 = SIS 11 09 31, Rz 20 f., unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung
im Senatsurteil vom 16.11.2004 - VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl
II 2006, 193 = SIS 05 17 32).
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50
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Unter anderem hat der erkennende Senat in
Übereinstimmung mit dem BGH und der allgemein vertretenen
Auffassung die Leistungserbringung im Umsatzsteuerrecht als eine
Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO angesehen (vgl.
Senatsurteile vom 02.11.2010 - VII R 62/10, BFHE 232, 290, BStBl II
2011, 439 = SIS 11 09 31, Rz 20 f. und vom 02.11.2010 - VII R 6/10,
BFHE 231, 488, BStBl II 2011, 374 = SIS 11 01 56, Rz 25; Probst in
Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, VIII.4.3.3 Rz 190; Kirch
in eKomm Ab 09.06.2021, § 251 AO, Rz 57; Jatzke in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 251 AO Rz 266). Die
Umsatzsteuer entsteht zwar von Gesetzes wegen, das Entstehen von
Umsatzsteuer beziehungsweise Vorsteuer setzt jedoch voraus, dass
eine Leistung erbracht wird (Senatsurteil vom 02.11.2010 - VII R
62/10, BFHE 232, 290, BStBl II 2011, 439 = SIS 11 09 31, Rz 20).
Auch der XI. Senat hat entschieden, dass Handlungen des Schuldners
oder Dritter, die zum Entstehen einer Umsatzsteuerschuld
führen, eine Rechtshandlung darstellen, durch die das
Schuldnervermögen belastet wird (BFH-Urteil vom 03.08.2022 -
XI R 44/20, BFHE 277, 46 = SIS 23 00 24, Rz 27). Nach dem
erkennenden Senat ist diese Rechtsprechung - unter Aufgabe seiner
bisherigen Rechtsprechung im Senatsbeschluss vom 21.12.1998 - VII B
175/98, BFH/NV 1999, 745 = SIS 98 57 11, unter 3. - auch auf die
Lohnsteuer anzuwenden; auf den Umstand, dass die Lohnsteuer kraft
Gesetzes durch Erfüllung der gesetzlichen
Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich nach § 38 Abs. 2 Satz
2 EStG mit Zahlung des Arbeitslohns, entsteht und nicht durch die
Rechtshandlung selbst, kommt es nicht an.
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51
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Darüber hinaus hat der erkennende Senat
auch die Herstellung einer Aufrechnungslage durch Rechtshandlungen
als eigenständige Rechtshandlung angesehen und ihre
selbständige Anfechtbarkeit bejaht (vgl. Senatsurteil vom
18.02.2020 - VII R 39/18, BFHE 268, 391, BStBl II 2023, 224 = SIS 20 10 33, Rz 37; vgl. auch BGH-Urteil vom 22.10.2009 - IX ZR 147/06
= SIS 10 06 34). Die Herstellung
einer Aufrechnungslage durch Rechtshandlungen wirkt
grundsätzlich gläubiger-benachteiligend im Sinne des
§ 129 Abs. 1 InsO, da sich die Befriedigungsmöglichkeiten
der übrigen Insolvenzgläubiger durch eine wirksame
Aufrechnung eines Insolvenzgläubigers verschlechtern (vgl.
BGH-Urteil vom 22.10.2009 - IX ZR 147/06 = SIS 10 06 34, Rz 11; Senatsurteil vom
02.11.2010 - VII R 62/10, BFHE 232, 290, BStBl II 2011, 439 = SIS 11 09 31, Rz 22 ff.).
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Dass die Rechtshandlung unmittelbar und
unabhängig vom Hinzutreten etwaiger weiterer Umstände
(zum Beispiel Abgabe einer Steueranmeldung) eine Aufrechnungslage
zum Entstehen bringen müsste, setzt § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO nicht voraus. Er verlangt lediglich, dass die Rechtshandlung
vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist,
sie irgendeine Voraussetzung für die
Aufrechnungsmöglichkeit des Insolvenzschuldners geschaffen hat
und die Insolvenzgläubiger benachteiligt (Senatsurteile vom
02.11.2010 - VII R 62/10, BFHE 232, 290, BStBl II 2011, 439 = SIS 11 09 31, Rz 21, m.w.N. und vom 02.11.2010 - VII R 6/10, BFHE 231,
488, BStBl II 2011, 374 = SIS 11 01 56, Rz 26, m.w.N.).
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(2) Im Streitfall hat die Schuldnerin dadurch
eine Rechtshandlung vorgenommen, dass sie im letzten Monat vor dem
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der seitens der
B am …2015 gestellt worden war, ihren Arbeitnehmern am
…2015 Lohn überwiesen hat.
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cc) Diese Rechtshandlung hat auch zu einer
objektiven Gläubigerbenachteiligung geführt. Denn durch
die Überweisung der Löhne ist bei der Schuldnerin
insofern eine Verschlechterung der Vermögenssituation
eingetreten, als sie infolgedessen für die Entrichtung der
Lohnsteuer einzustehen hatte. Wie bereits aufgezeigt, entsteht die
Lohnsteuer gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG in dem
Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt.
Zwar ist gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG der
Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer. Der Arbeitgeber haftet
jedoch gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die
Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Der
Haftungsanspruch entsteht (§ 38 AO), sobald die
einzubehaltende Lohnsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt nicht an
das FA abgeführt wird (Schmidt/Krüger, EStG, 42. Aufl.,
§ 42d Rz 10). Dadurch besteht - zumindest mittelbar - die
Möglichkeit, dass das Vermögen der Schuldnerin
beeinträchtigt wird.
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dd) Auch die Kausalität zwischen der
Rechtshandlung und der objektiven Gläubigerbenachteiligung
liegt vor, weil gerade durch die Zahlung der Löhne die
Lohnsteuerschuld entstanden ist.
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ee) Des Weiteren liegt ausgehend von der oben
dargestellten Senatsrechtsprechung eine Rechtshandlung auch darin,
dass infolge der Zahlung der Arbeitslöhne eine
Aufrechnungsmöglichkeit zugunsten des FA geschaffen wurde.
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c) Das FG hat auch zu Recht die (besonderen)
Voraussetzungen einer inkongruenten Deckung im Sinne von § 131
Abs. 1 Nr. 1 InsO bejaht.
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Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung
anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder
Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht
oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag
vorgenommen worden ist.
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aa) Die Überweisung des Lohns wurde im
Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und
somit innerhalb der in § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO genannten Frist
vorgenommen.
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bb) Auch hat die Überweisung des
Arbeitslohns zur Entstehung der Lohnsteuer und in der weiteren
Folge zur Entstehung einer Aufrechnungslage geführt, sodass
dem FA eine Möglichkeit zur Befriedigung gegeben wurde. Denn
gemäß § 389 BGB bewirkt die Aufrechnung, dass die
Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen
gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander
gegenübergetreten sind. Eine unmittelbare Befriedigung des FA
(Gewährung einer Befriedigung) ist demgegenüber noch
nicht anzunehmen, weil die Aufrechnung zunächst noch von einer
entsprechenden Erklärung des FA gemäß § 388
BGB abhing.
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cc) Das FA hatte keinen Anspruch auf die
Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung.
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Nach der Rechtsprechung des BGH richtet sich
die Beurteilung, ob die Begründung der Aufrechnungslage zu
einer kongruenten oder einer inkongruenten Deckung führt,
danach, ob der Aufrechnende einen Anspruch auf Abschluss der
Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage entstehen
ließ, oder ob dies nicht der Fall war. Dabei stellt der BGH
maßgeblich auf das zwischen dem Schuldner und dem
Gläubiger bestehende Rechtsverhältnis ab (BGH-Urteil vom
08.12.2022 - IX ZR 175/21 = SIS 23 02 94, Rz 7, m.w.N.). Allerdings setzt eine die
Aufrechnungsbefugnis begründende Verknüpfung zwischen
Haupt- und Gegenforderung nicht voraus, dass die Aufrechnung
ausdrücklich vereinbart wird, weil es sich bei dieser um ein
echtes Erfüllungssurrogat handelt. Die Einordnung des Erwerbs
einer Aufrechnungslage als kongruent oder inkongruent richtet sich
also entscheidend nach dem Inhalt der Rechtsbeziehungen zwischen
dem Insolvenzschuldner und seinem Gläubiger (BGH-Urteil vom
08.12.2022 - IX ZR 175/21 = SIS 23 02 94, Rz 9, m.w.N.). Somit ist § 131 InsO
einschlägig (und nicht ein Fall einer sogenannten kongruenten
Deckung gemäß § 130 InsO gegeben), wenn sich die
Aufrechnungsbefugnis nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem
Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt
(BGH-Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 121/03, unter II.1.; vgl. u.a.
auch BGH-Urteil vom 05.04.2001 - IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233; vgl.
dazu auch Senatsurteil vom 02.11.2010 - VII R 62/10, BFHE 232, 290,
BStBl II 2011, 439 = SIS 11 09 31, Rz 34).
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Im Streitfall bestand ein Anspruch des FA auf
Begleichung der Lohnsteuer durch Zahlung, nicht aber darauf, dem FA
die Möglichkeit einer Erfüllung des
Körperschaftsteuererstattungsanspruchs der Schuldnerin durch
Aufrechnung zu verschaffen. Die Aufrechnungslage ist vielmehr
dadurch entstanden, dass die Schuldnerin die Lohnzahlung geleistet
hat, ohne dass sich dies aus einem Rechtsverhältnis zwischen
der Schuldnerin und dem FA ergeben hätte oder dieses darauf
auch nur hätte Einfluss nehmen können. Auch eine
gesetzliche Privilegierung des FA gegenüber den anderen
Insolvenzgläubigern bestand nicht. Ohne die - eher
zufällig entstandene - Möglichkeit der Aufrechnung
hätte das FA die Steuererstattung zur Masse auszahlen
müssen und die Lohnsteuerforderung gemäß
§§ 174 ff. InsO zur Tabelle anmelden können.
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4. Da das FA die Aufrechnung somit nicht
wirksam erklärt hat, ist der Anspruch der Schuldnerin auf
Erstattung von Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer für 2014
nicht gemäß § 47 AO erloschen.
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V. 1. Die Revision der Klägerin ist
begründet und die Vorentscheidung daher insoweit aufzuheben
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Vorentscheidung verletzt
insoweit Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Sache ist
zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen, weil das FG - von seinem rechtlichen
Standpunkt aus zu Recht - bislang keine Feststellungen zu den
Voraussetzungen des geltend gemachten Zinsanspruchs getroffen
hat.
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a) Die Klägerin hat vor dem FG eine
Änderung des Abrechnungsbescheids vom 08.05.2017 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2017 dahingehend beantragt,
dass neben dem begehrten Auszahlungsbetrag auch Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
pro Jahr seit dem …2015 festgestellt werden.
Tatsächlich war das Klagebegehren der Klägerin jedoch auf
Auszahlung von Zinsen gerichtet.
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aa) Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2
FGO ist das Gericht an die Fassung des Klageantrags nicht gebunden,
sondern hat im Wege der Auslegung den Willen der Partei anhand der
erkennbaren Umstände zu ermitteln (BFH-Urteil vom 12.06.1997 -
I R 70/96, BFHE 183, 465, BStBl II 1998, 38 = SIS 98 01 43, unter
II.1., m.w.N.). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im
Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der
Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen
Interessenlage entspricht (BFH-Urteil vom 29.04.2009 - X R 35/08,
BFH/NV 2009, 1777 = SIS 09 32 33, m.w.N.). Nur eine solche
Auslegung trägt dem Grundsatz der Rechtsschutz
gewährenden Auslegung nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes
Rechnung (BFH-Urteil vom 27.01.2011 - III R 65/09 = SIS 11 15 79, Rz 10, m.w.N.; Senatsbeschluss
vom 21.10.2020 - VII B 121/19 = SIS 21 00 66, Rz 24).
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Eine Auslegung findet ihre Grenze in dem
erklärten Willen des Klägers. Ist der Klageantrag schon
dem Wortlaut nach eindeutig gestellt und wird dieser Wortlaut durch
die Ausführungen des Klägers im Übrigen
gestützt, so ist für eine Auslegung durch das Gericht
kein Raum mehr (Senatsurteil vom 13.12.1994 - VII R 18/93, BFH/NV
1995, 697, unter II.).
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Allerdings unterscheidet § 96 Abs. 1 Satz
2 FGO zwischen dem Klagebegehren und der „Fassung der
Anträge“ und stellt dabei letztlich auf
das Klagebegehren ab. Daraus folgt, dass, wenn das FG auf die
wörtliche Fassung des Klageantrags abstellt, obwohl dieser dem
erkennbaren Klageziel des Klägers nicht entspricht, auch dies
einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO
begründet (vgl. BFH-Urteile vom 14.09.2017 - IV R 34/15 =
SIS 17 22 17, Rz 16 und vom
04.09.2008 - IV R 1/07, BFHE 222, 220, BStBl II 2009, 335 = SIS 09 03 40, unter II.3.a, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 27.06.2017 - X
B 106/16 = SIS 17 18 71, Rz 22 und
vom 19.08.2015 - V B 26/15 = SIS 15 22 81, Rz 18, jeweils m.w.N.).
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Maßgeblich ist letztlich stets das
materielle Ziel der Klage und nicht dessen Formalisierung durch
einen Antrag (vgl. BFH-Beschlüsse in vom 27.06.2017 - X B
106/16 = SIS 17 18 71, Rz 22 und
vom 19.08.2015 - V B 26/15 = SIS 15 22 81, Rz 18; vgl. auch Lange in HHSp, § 96 FGO Rz 177;
Seer in Tipke/Kruse, § 96 FGO Rz 97).
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Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz
2 FGO ist auch ohne ausdrückliche Rüge zu beachten und
zwingt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, weil dadurch die
Ordnungsmäßigkeit des ganzen weiteren Verfahrens
betroffen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 17.07.2019 - II B 31/18 =
SIS 19 13 84, Rz 10, m.w.N.).
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Zu einer rechtsschutzgewährenden
Auslegung des Klagebegehrens ist der erkennende Senat im
Revisionsverfahren ohne Bindung an die Würdigung des FG befugt
(ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11.12.2018
- VIII R 11/16, BFHE 263, 418 = SIS 19 06 44, Rz 30 und vom
01.03.2018 - IV R 38/15, BFHE 260, 543, BStBl II 2018, 587 = SIS 18 07 74, Rz 30, jeweils m.w.N.).
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bb) Davon ausgehend ist das Klagebegehren der
Klägerin dahingehend zu verstehen, dass sie einen
insolvenzrechtlichen Anspruch auf Zahlung von Zinsen nach §
143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1
und §§ 291, 288 Abs. 1 BGB im Wege einer allgemeinen
Leistungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 3 FGO
geltend macht. Dies schließt der Senat zum einen aus den von
der Klägerin angegebenen zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen und
zum anderen daraus, dass die Klägerin bereits gegenüber
dem FA einen entsprechenden Zahlungsanspruch geltend gemacht hat.
Dazu kommt, dass das FA nicht befugt wäre, den
insolvenzrechtlichen Zahlungsanspruch im Wege eines
Abrechnungsbescheids festzusetzen, sodass dem Rechtsschutzbegehren
der Klägerin im Abrechnungsverfahren nicht entsprochen werden
kann. Denn der Anspruch des Insolvenzverwalters auf
Rückgewähr (vermeintlich) in anfechtbarer Weise
geleisteter Steuern nach § 143 Abs. 1 InsO ist kein Anspruch
aus dem Steuerschuldverhältnis im Sinne des § 37 Abs. 1
AO, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch (Senatsurteil
vom 12.11.2013 - VII R 15/13, BFHE 243, 309, BStBl II 2014, 359 =
SIS 14 08 43, Rz 6). Dies gilt auch für den Zinsanspruch, der
sich ebenfalls nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO beurteilt (vgl.
BGH-Urteile vom 24.09.2015 - IX ZR 55/15 = SIS 16 01 29, Rz 21; vom 12.04.2018 - IX ZR
88/17 = SIS 18 08 13, Rz 31 ff.
und vom 10.12.2020 - IX ZR 80/20 = SIS 21 03 30, Rz 24).
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b) Der erkennende Senat ist an die (inzidente)
Entscheidung des FG zum Rechtsweg gebunden. Denn das
Revisionsgericht prüft gemäß § 17a Abs. 5 des
Gerichtsverfassungsgesetzes im Rechtsmittelverfahren gegen die
Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr, ob der beschrittene
Rechtsweg zulässig ist (vgl. auch Senatsurteil vom 10.11.2020
- VII R 8/19 = SIS 21 10 28, Rz
41). Eine entsprechende Rüge hinsichtlich des eingeschlagenen
Rechtswegs haben die Beteiligten nicht erhoben.
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c) Die allgemeine Leistungsklage ist
zulässig. Insbesondere ist die vorherige Durchführung
eines außergerichtlichen Vorverfahrens nach § 44 FGO
nicht erforderlich (vgl. auch BFH-Urteile vom 14.04.2021 - X R
25/19, BFHE 272, 319 = SIS 21 13 40, Rz 23 und vom 19.04.2012 - III
R 85/09, BFHE 237, 145, BStBl II 2013, 19 = SIS 12 16 83, Rz
10).
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2. Im zweiten Rechtsgang wird das FG
prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für einen
Zinsanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO (in der jeweils
geltenden Fassung) i.V.m. § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 und
§§ 291, 288 Abs. 1 BGB erfüllt sind.
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VI. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
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