Liebhaberei, endgültige Steuerfestsetzung, Wegfall der Ungewissheit: Die Ungewissheit i.S. von § 165 AO i.V.m. § 171 Abs. 8 AO, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob Liebhaberei vorliegt, ist beseitigt, wenn die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen festgestellt werden können und das FA davon positive Kenntnis hat. - Urt.; BFH 4.9.2008, IV R 1/07; SIS 09 03 40
I. Streitig ist, ob eine zunächst
bestehende Ungewissheit über die
Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger und
Revisionsbeklagten (Kläger) erst im Zuge einer
Betriebsprüfung oder schon mit dem Verkauf des
landwirtschaftlichen Betriebes und der Erklärung des daraus
resultierenden Veräußerungsgewinns beseitigt wurde, so
dass die Festsetzungsfrist schon vor Beginn der
Betriebsprüfung abgelaufen war.
Die Kläger erwarben als Gesellschafter
einer inzwischen voll beendeten Gesellschaft bürgerlichen
Rechts mit Kaufvertrag vom 25.4.1984 einen circa 20 ha großen
Hof. Der Kaufpreis betrug 860.000 DM. Sie beglichen ihn z.T. durch
die Übernahme von Tilgungsleistungen, die der Verkäufer
für dinglich gesicherte Kredite schuldete; den Restkaufpreis
zahlten sie am 30.1.1992. Die Übergabe und die
Eigentumsumschreibung erfolgten am 5.10.1992.
Bis dahin bewirtschaftete der
Verkäufer den landwirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung
weiter, während den Klägern das Nutzungsrecht an nicht
ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Teilen des Hofes
und das Recht auf bauliche Umgestaltung von Gebäuden (Ausbau
als Wohnung) zustanden. Ab 5.10.1992 übernahmen die
Kläger die Bewirtschaftung des Hofes. Die erforderlichen
Arbeiten ließen sie durch den Verkäufer bzw. fremde
Dritte als Lohnunternehmer durchführen. Am 11.3.1993
verkauften sie den Hof für 800.000 DM. Die Übergabe wurde
für den 21.7.1993 vereinbart.
Die Kläger erklärten ab dem
Wirtschaftsjahr 1984/85 bis zum Verkauf Verluste aus Land- und
Forstwirtschaft. Sie ermittelten einen
Veräußerungsgewinn von 86.516 DM. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) folgte den
Erklärungen und stellte für die Streitjahre (1984 bis
1991) sowie für die Jahre 1992 und 1993
antragsgemäß folgende Einkünfte aus Land- und
Forstwirtschaft gesondert und einheitlich fest:
Jahr
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Gewinn/Verlust
|
Datum
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1984
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-35.000 DM
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9.5.1990
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1985
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-82.345 DM
|
9.5.1990
|
1986
|
-78.022 DM
|
11.6.1990
|
1987
|
-57.530 DM
|
9.5.1990
|
1988
|
-53.802 DM
|
9.5.1990
|
1989
|
-53.724 DM
|
13.2.1992
|
1990
|
-53.356 DM
|
19.8.1992
|
1991
|
-91.851 DM
|
24.2.1994
|
1992
|
-117.387 DM
|
31.1.1995
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1993
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63.279 DM
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14.3.1996
|
Summe
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-559.738 DM
|
|
Sämtliche Feststellungsbescheide
ergingen gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO) „vorläufig hinsichtlich der Verluste
aus Land- und Forstwirtschaft, da eine Zuordnung zu
einkommensteuerlich relevanten Einkünften oder Liebhaberei
bzw. Einkommensverwendung noch nicht möglich
ist“.
Am 13.9.1995 reichten die Kläger beim
FA die Feststellungserklärung 1993 und den Jahresabschluss auf
den 30.6.1993 ein. Darin erklärten sie einen aus dem Verkauf
des Hofes resultierenden Veräußerungsgewinn von 86.516
DM.
Am 26.10.1998 fand eine
Betriebsprüfung bei den Klägern statt. Der
Betriebsprüfer gewann die Überzeugung, dass die
Kläger aufgrund der Struktur des Betriebes von Beginn an ohne
Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden seien; die
Verluste seien im Bereich der steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei
angefallen. Das FA hob daraufhin am 7.5.1999 die
Feststellungsbescheide 1984 bis 1993 ersatzlos auf.
Die gegen die Feststellungsbescheide 1984
bis 1991 gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG)
entschied, der Aufhebungsbescheid habe nicht mehr ergehen
dürfen, weil die Feststellungsfrist vorher abgelaufen sei. Die
Betriebsprüfung habe nicht nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO zu
einer Verlängerung der Feststellungsfrist führen
können, weil sie erst nach deren Ablauf begonnen habe. Die
durch die Vorläufigkeitsvermerke (§ 165 Abs. 1 Satz 1 AO)
ausgelöste Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 8 AO sei mit dem
31.12.1996 und damit bereits vor Erlass des Aufhebungsbescheides
beendet gewesen. Denn die Mitteilung der
Betriebsveräußerung im September 1995 habe die
Ungewissheit über die Einkünfteerzielungsabsicht der
Kläger beseitigt. Davon habe das FA gleichzeitig auch Kenntnis
erlangt. Das Urteil des FG ist in EFG 2007, 977 = SIS 07 08 60
veröffentlicht.
Dagegen richtet sich die Revision des FA,
mit der es im Wesentlichen geltend macht, die Ungewissheit
über das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sei
erst im Zuge der Betriebsprüfung beseitigt worden. Denn durch
die Betriebsprüfung habe es (das FA) Kenntnis von den für
das Vorliegen der Liebhaberei maßgeblichen inneren Tatsachen
erlangt. Das FG habe außerdem gegen die Grundordnung des
Verfahrens verstoßen. Denn es habe auch über das
Streitjahr 1989 entschieden, obwohl dieses Jahr in dem in der
Klageschrift enthaltenen Antrag nicht genannt worden sei.
Das FA beantragt sinngemäß, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
des FA zurückzuweisen.
Sie machen im Wesentlichen geltend,
maßgeblich für den Beginn der Jahresfrist in § 171
Abs. 8 Satz 1 AO sei, ob dem FA bekannt sei, dass es den
Sachverhalt ermitteln könne. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut
der Vorschrift und der Funktion des § 165 AO und werde durch
den Anwendungserlass zur Abgabenordnung bestätigt (AEAO zu
§ 171 Nr. 5 Satz 4). Im Übrigen habe das FG festgestellt,
dass dem FA alle wesentlichen Umstände schon vor dem 13.9.1995
bekannt gewesen seien. Daran sei der Bundesfinanzhof (BFH)
gebunden. Das FG habe außerdem das Klagebegehren zutreffend
dahin ausgelegt, dass sich die Klage auch auf das Streitjahr 1989
erstrecke. Denn die Kläger hätten in der Klageschrift
sowohl in der Sachverhaltsdarstellung als auch in den rechtlichen
Ausführungen das Jahr 1989 einbezogen. Die Formulierung des
Klageantrags in der Klageschrift sei demgegenüber nicht
entscheidend.
II. Die Revision ist nicht begründet und
war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die angefochtenen Bescheide sind
rechtswidrig und waren aufzuheben. Die Feststellungsfrist war - wie
das FG zutreffend entschieden hat - abgelaufen (dazu unter 1.). Es
kann offenbleiben, ob die Festsetzungsfrist für die
Folgebescheide ebenfalls abgelaufen war; denn die
Aufhebungsbescheide enthielten den anderenfalls nach § 181
Abs. 5 Satz 2 AO erforderlichen Hinweis nicht (dazu unter 2.).
Gegenstand der Klage war - wie das FG ebenfalls zu Recht
entschieden hat - auch das Streitjahr 1989 (dazu unter 3.).
1. Die Feststellungsfrist für die
Aufhebungsbescheide war schon vor Beginn der Betriebsprüfung
abgelaufen.
a) Nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gelten
für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
u.a. die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung
(§§ 169 bis 171 AO) sinngemäß. Die
Festsetzungsfrist für die hier betroffene Einkommensteuer
beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Wenn eine
Steuererklärung einzureichen ist, beginnt sie nach § 170
Abs. 2 Nr. 1 AO - von näher bezeichneten Ausnahmen abgesehen -
mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung
eingereicht wird.
Vorliegend war die vierjährige
Feststellungsfrist nach § 181 Abs. 1 i.V.m. § 169 Abs. 2
Nr. 2 AO schon vor Erlass der angefochtenen Aufhebungsbescheide am
7.5.1999 abgelaufen. Denn die Gewinnfeststellungserklärungen
waren für das letzte Streitjahr (1991) im Mai 1993 und
für die übrigen Streitjahre bereits früher abgegeben
worden. Die Fristen endeten daher für das Streitjahr 1991 mit
Ablauf des Jahres 1997 und für die anderen Streitjahre
entsprechend früher.
b) Dem Ablauf der Feststellungsfrist steht
vorliegend nicht entgegen, dass die Feststellungsbescheide für
die Streitjahre vorläufig nach § 165 AO ergangen
waren.
aa) Wurde die Steuer vorläufig nach
§ 165 AO festgesetzt, so endet die Festsetzungsfrist nach
§ 171 Abs. 8 Satz 1 AO nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem
die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon
Kenntnis erhalten hat. Die Ungewissheit ist beseitigt, wenn das FA
davon positive Kenntnis hat und die Tatbestandsmerkmale für
die endgültige Steuerfestsetzung feststellen kann (BFH-Urteile
vom 26.8.1992 II R 107/90, BFHE 169, 9, BStBl II 1993, 5 = SIS 92 21 64, unter II.1. a.E. der Gründe; vom 17.4.1996 II R 4/94,
BFH/NV 1996, 929, unter II.1. der Gründe; BFH-Beschluss vom
16.5.2006 VIII B 160/05, BFH/NV 2006, 1477 = SIS 06 30 60; AEAO zu
§ 171 Nr. 5; Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -,
§ 171 AO Rz 95; Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 69).
Nach diesem Zeitpunkt verbleibt der Finanzbehörde nach §
171 Abs. 8 Satz 1 AO ein Jahr, um die erforderlichen Konsequenzen
zu ziehen.
Diese Grundsätze gelten für
vorläufige Gewinnfeststellungsbescheide
sinngemäß.
(1) Für den Beginn der Jahresfrist des
§ 171 Abs. 8 Satz 1 AO kommt es danach auf die positive
Kenntnis von der Beseitigung der Ungewissheit an. Ein bloßes
„Kennenmüssen“ von Tatsachen, die das FA
bei pflichtgemäßer Ermittlung erfahren hätte, steht
der Kenntnis nicht gleich (BFH-Urteile in BFHE 169, 9, BStBl II
1993, 5 = SIS 92 21 64; vom 25.7.2000 IX R 93/97, BFHE 192, 241,
BStBl II 2001, 9 = SIS 00 14 49). Zwar gilt für § 173 AO
der Grundsatz, dass nachträglich bekannt gewordene Tatsachen
nach Treu und Glauben dann nicht mehr berücksichtigt werden
dürfen, wenn die Behörde diese bei gehöriger
Erfüllung ihrer Ermittlungspflicht schon vor der
Steuerfestsetzung oder Feststellung der Besteuerungsgrundlagen
hätte feststellen können. Dieser Grundsatz kann jedoch
nicht auf § 171 Abs. 8 AO übertragen werden. Denn die
Besonderheit der vorläufigen Steuerfestsetzung oder
Feststellung nach § 165 Abs. 1 AO liegt gerade darin, dass dem
Steuerpflichtigen die für das FA bestehende Ungewissheit
bekannt ist, so dass eine zu seinen Gunsten Vertrauensschutz
erzeugende Situation nicht entstehen kann (BFH-Urteil vom
26.10.2005 II R 9/01, BFH/NV 2006, 478 = SIS 06 11 34, unter II.2.a
der Gründe).
(2) Aus § 165 AO ergibt sich, welche
Ungewissheit beseitigt sein muss, um den Beginn der Jahresfrist
nach § 171 Abs. 8 Satz 1 AO auszulösen. Beruht
nämlich die Ablaufhemmung auf der für die vorläufige
Festsetzung oder Feststellung nach § 165 AO maßgeblichen
Ungewissheit, kann für deren Beseitigung nichts anderes
gelten. Die Jahresfrist nach § 171 Abs. 8 Satz 1 AO beginnt
daher, wenn die Ungewissheit beseitigt ist, die zu der
vorläufigen Festsetzung oder Feststellung geführt
hat.
bb) Eine Steuer kann nach § 165 Abs. 1
Satz 1 AO vorläufig festgesetzt oder eine
Besteuerungsgrundlage vorläufig festgestellt werden, soweit
ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für ihre Entstehung
eingetreten sind. Die Ungewissheit muss sich auf Tatsachen
beziehen; eine Unsicherheit in der steuerrechtlichen Beurteilung
eines feststehenden Sachverhalts rechtfertigt die Anordnung der
Vorläufigkeit nicht (BFH-Beschluss vom 8.7.1998 I B 111/97,
BFHE 186, 313, BStBl II 1998, 702 = SIS 98 20 76, m.w.N.).
Da die aus § 88 AO folgende amtliche
Ermittlungspflicht unbeschadet des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO
besteht, kommt eine vorläufige Steuerfestsetzung oder
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 165
AO somit nur in Betracht, wenn trotz angemessener Bemühungen
des FA, den Sachverhalt aufzuklären, eine Unsicherheit in
tatsächlicher Hinsicht bleibt, die entweder zur Zeit nicht
oder nur unter unverhältnismäßig großen
Schwierigkeiten beseitigt werden kann (BFH-Urteil vom 26.9.1990 II
R 99/88, BFHE 161, 489, BStBl II 1990, 1043 = SIS 90 24 44, unter
II.1. der Gründe, m.w.N.).
cc) Die Ungewissheit, ob ein Steuerpflichtiger
mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob
Liebhaberei vorliegt, ist danach beseitigt, wenn die für die
Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen
Hilfstatsachen festgestellt werden können und das FA davon
positive Kenntnis hat.
(1) Bei der Ungewissheit in der Beurteilung
der Einkünfteerzielungsabsicht handelt es sich nach
ständiger Rechtsprechung nicht um eine Unsicherheit in der
steuerrechtlichen Beurteilung eines feststehenden Sachverhalts; es
geht vielmehr um eine „innere“ Tatsache, die nur
anhand äußerlicher Merkmale (Hilfstatsachen) beurteilt
werden kann (BFH-Beschluss vom 3.5.2000 IV B 59/99, BFH/NV 2000,
1075 = SIS 00 58 07; BFH-Urteil vom 25.10.1989 X R 109/87, BFHE
159, 128, BStBl II 1990, 278 = SIS 90 06 46, unter 2. der
Gründe; kritisch Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl.,
§ 15 Rz 34; Heuermann in HHSp, § 165 AO Rz 11). Derartige
Hilfstatsachen können (auch) nach dem Zeitpunkt der
Steuerfestsetzung oder der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen
entstehen und für diesen Zeitpunkt zu einer veränderten
Würdigung in Bezug auf die innere Tatsache der
Einkünfteerzielungsabsicht führen (BFH-Urteil vom
6.12.1994 IX R 11/91, BFHE 176, 221, BStBl II 1995, 192 = SIS 95 08 52, unter 1. der Gründe).
(2) Die Rechtsprechung hat jedoch aus der
Abhängigkeit der Beurteilung des Gewinnstrebens als innere
Tatsache von den maßgeblichen äußerlichen
Merkmalen gefolgert, dass eine Ungewissheit i.S. des § 165 AO
hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht nur gegeben ist,
wenn die maßgeblichen Hilfstatsachen nicht mit der gebotenen
Sicherheit festgestellt werden können (BFH-Urteil in BFHE 159,
128, BStBl II 1990, 278 = SIS 90 06 46, unter 2. der Gründe).
Die Ungewissheit besteht daher nicht (mehr), wenn die
maßgeblichen (Hilfs-)Tatsachen entstanden sind und dies dem
FA bekannt ist. Denn zum einen kommt es - wie dargelegt - für
die Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht auf die
Hilfstatsachen an. Zum anderen ist deren Würdigung Teil der
steuerrechtlichen Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht;
der Ablauf der Festsetzungsfrist bzw. Feststellungsfrist kann
jedoch nicht von der steuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts
durch das FA abhängig gemacht werden.
(3) Verkauft ein Unternehmer den Betrieb und
hat das FA davon Kenntnis, ist danach die Ungewissheit über
die Einkünfteerzielungsabsicht beseitigt. Denn aus dem Verkauf
folgt zwangsläufig, dass der Steuerpflichtige mit dem Betrieb
in Zukunft keine Einkünfte mehr erzielen will. Die für
die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht
maßgeblichen Hilfstatsachen müssen deshalb bis dahin
entstanden sein; weitere Hilfstatsachen entstehen danach nicht
mehr. Hat das FA Kenntnis von dem Verkauf erlangt, ist es daher in
der Regel nicht (mehr) gehindert, die Tatbestandsmerkmale für
die Steuerfestsetzung oder Feststellung der Besteuerungsgrundlagen
festzustellen. Eine vorläufige Steuerfestsetzung oder
Feststellung nach § 165 Abs. 1 AO kommt danach
grundsätzlich nicht mehr in Betracht.
dd) Die Jahresfrist des § 171 Abs. 8 Satz
1 AO begann im Streitfall somit, als das FA Kenntnis vom Verkauf
des landwirtschaftlichen Betriebes erhielt, also im September 1995.
Die nach § 165 AO vorläufige Gewinnfeststellung hat daher
nicht zu einer Verlängerung der regulären
Feststellungsfrist (siehe oben unter II.1.a) geführt.
Entgegen der Auffassung des FA setzt - wie
dargelegt - der Beginn der Jahresfrist nicht zugleich die positive
Kenntnis des Vorliegens oder Nichtvorliegens der
Einkünfteerzielungsabsicht und aller dafür vom FA
für maßgeblich erachteten Hilfstatsachen voraus. Diese
musste das FA vielmehr nach Wegfall des Hindernisses feststellen
und innerhalb der Jahresfrist die erforderlichen Konsequenzen
ziehen. Das ist vorliegend nicht geschehen; das FA hat die
Betriebsprüfung erst im Jahr 1998 durchgeführt und die
Feststellungsbescheide erst am 7.5.1999 aufgehoben.
ee) Auf die Frage, ob dem FA schon vor dem
13.9.1995 alle wesentlichen Umstände für die Beurteilung
der Einkünfteerzielungsabsicht bekannt waren, kommt es bei
dieser Sachlage nicht an.
c) An dem Ablauf der Feststellungsfrist
änderte im Streitfall auch die Betriebsprüfung nichts.
Wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist - oder der Feststellungsfrist
- mit einer Außenprüfung begonnen oder deren Beginn auf
Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben wird, läuft zwar
die Festsetzungsfrist bzw. Feststellungsfrist nach § 171 Abs.
4 AO nicht ab, bis die aufgrund der Außenprüfung zu
erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Im
Streitfall begann die Betriebsprüfung jedoch erst im Oktober
1998. Zu diesem Zeitpunkt war die Feststellungsfrist - wie
dargelegt (siehe oben unter II.1.a und b) - bereits abgelaufen.
2. Es bedurfte im Streitfall auch keiner
Feststellung, ob bzw. inwieweit die Festsetzungsfrist für die
Folgebescheide - die Einkommensteuerbescheide der Kläger -
abgelaufen war.
a) Zwar kann eine gesonderte Feststellung nach
§ 181 Abs. 5 Satz 1 AO auch nach Ablauf der für sie
geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte
Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist,
für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten
Feststellung noch nicht abgelaufen ist, wobei § 171 Abs. 10 AO
außer Betracht bleibt. Diese Regelung gilt auch für die
Änderung und die Berichtigung von Feststellungsbescheiden
(Senatsurteil vom 10.12.1992 IV R 118/90, BFHE 170, 336, BStBl II
1994, 381 = SIS 93 12 17, unter II.c aa der Gründe). Für
die Aufhebung von Feststellungsbescheiden kann daher nichts anderes
gelten.
b) Das FA hat jedoch bei Erlass eines
Feststellungsbescheides nach Ablauf der Feststellungsfrist darauf
hinzuweisen, dass die getroffenen Feststellungen nur noch für
solche Steuerfestsetzungen Bedeutung haben sollen, für die die
Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch
nicht abgelaufen ist (§ 181 Abs. 5 Satz 2 AO). Dieser Hinweis
hat nicht bloße Begründungsfunktion, sondern
Regelungscharakter, weil mit ihm der zeitliche Geltungsbereich der
getroffenen Feststellungen abweichend von § 182 Abs. 1 AO
bestimmt und damit rechtsgestaltend auf das
Steuerrechtsverhältnis eingewirkt wird (BFH-Urteil vom
12.7.2005 II R 10/04, BFH/NV 2006, 228 = SIS 06 07 25, unter II.b
aa der Gründe, m.w.N.). Ein Feststellungsbescheid, der nach
Ablauf der Feststellungsfrist ergangen ist und einen solchen
Hinweis nicht enthält, ist rechtswidrig; das gilt auch dann,
wenn die Verfahrenssituation des FA schwierig ist, weil gerade die
Wahrung der Feststellungsfrist streitig ist (BFH-Urteil vom
17.6.1998 IX R 65/95, BFHE 186, 485, BStBl II 1999, 4 = SIS 99 03 12, unter 2.b der Gründe).
c) Vorliegend lässt sich den
Feststellungen im angefochtenen Urteil zwar nicht entnehmen, ob die
Festsetzungsfrist für die Folgebescheide - die jeweiligen
Einkommensteuerbescheide der Kläger - im Zeitpunkt der
Aufhebung der Feststellungsbescheide bereits abgelaufen war. Diese
Frage kann jedoch offenbleiben. Denn weder die angefochtenen
Aufhebungsbescheide noch die Einspruchsentscheidung enthalten den
nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erforderlichen Hinweis.
3. Das FG hat nicht gegen die Grundordnung des
Verfahrens verstoßen, indem es auch über den
Aufhebungsbescheid für das Jahr 1989 entschieden hat.
a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darf das
Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an
die Fassung der Anträge nicht gebunden. Beachtet das FG diese
Vorschrift nicht, verstößt es gegen die Grundordnung des
Verfahrens (Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6.
Aufl., § 96 Rz 3; Lange in HHSp, § 96 FGO Rz 200, jeweils
m.w.N.). Dabei ist - wie sich der Vorschrift entnehmen lässt -
zwischen Klagebegehren und Klageantrag zu unterscheiden. Das
Gericht hat das wirkliche Klagebegehren an Hand des gesamten
Parteivorbringens einschließlich des Klageantrags zu
ermitteln (vgl. Lange in HHSp, § 96 FGO Rz 181, m.w.N.). Es
verstößt deshalb gegen § 96 Abs. 1 FGO, wenn es die
wörtliche Fassung des Klageantrags als maßgeblich
ansieht, obwohl diese dem erkennbaren Klageziel nicht entspricht
(BFH-Beschluss vom 8.6.2006 IX B 30/06, BFH/NV 2006, 1689 = SIS 06 34 46). Im Übrigen kommt es auf den in der mündlichen
Verhandlung gestellten Klageantrag an, und zwar auch dann, wenn er
von einem zuvor schriftsätzlich formulierten Klageantrag
abweicht (vgl. Lange in HHSp, § 96 FGO Rz 182, m.w.N.).
b) Das FG hat danach zu Recht auch über
das Streitjahr 1989 entschieden. Zwar trifft es zu, dass der dieses
Streitjahr betreffende Bescheid in dem in der Klageschrift
enthaltenen Antrag nicht ausdrücklich genannt wurde. Darauf
kommt es jedoch - anders als das FA offenbar meint - vorliegend
nicht an. Denn die im selben Schriftsatz enthaltene
Klagebegründung bezog sich ausdrücklich auch auf das
Streitjahr 1989. Das FG konnte und musste daher das wahre
Klagebegehren ermitteln. Das ist vorliegend geschehen.
Unerheblich ist dabei auch, ob das FG
zunächst - offenbar vor einer näheren Prüfung - von
der wörtlichen Fassung des in der Klageschrift formulierten
Antrags ausgegangen war. Ausweislich der Niederschrift haben die
Kläger in der mündlichen Verhandlung das Jahr 1989 in den
Klageantrag mit einbezogen, ohne dass das FA dagegen Bedenken
erhoben hat. Das FG hat daher zu Recht auch über dieses
Streitjahr entschieden.