Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Thüringer Finanzgerichts vom 01.02.2022 - 3 K 210/21 =
SIS 22 08 86 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten um den Abzug
von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben. Nach Auffassung des
Klägers und Revisionsklägers (Kläger) ist das in
§ 10 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) normierte
Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit des Kindes
verfassungswidrig.
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Der Kläger ist Steuerberater und Vater
einer am ...2013 geborenen Tochter. Seit dem Jahr 2018 lebte er von
der Mutter des Kindes dauernd getrennt. Im Streitjahr 2020 hatte
die Tochter ihren ausschließlichen Wohnsitz bei der Mutter
und gehörte nicht zum Haushalt des Klägers. Er schuldete
den Barunterhalt, während die Mutter für die Betreuung
der Tochter verantwortlich war (sogenanntes Residenzmodell).
Ehegattenunterhalt zahlte der Kläger nicht.
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Die Tochter besuchte im Streitjahr
zunächst einen Kindergarten und nach ihrer Einschulung den
Hort der Grundschule. Die Mutter überwies in diesem Jahr
für den Besuch des Kindergartens insgesamt 250 EUR und
für den Besuch des Schulhorts insgesamt 348 EUR an die
jeweilige Einrichtung. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts
(FG) erstattete der „zivilrechtlich im Rahmen des Mehrbedarfs
zur anteiligen Zahlung von Kindergartenbeiträgen und
Hortgebühr verpflichtete Kläger“ der
Mutter jeweils den halben Monatsbeitrag.
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In seiner Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machte der Kläger die Hälfte der
Betreuungsaufwendungen für Kindergarten und Schulhort als
Sonderausgaben geltend. Die „Höhe der getragenen
Kinderbetreuungskosten“ gab er mit 299 EUR
an.
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Im Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr vom 30.03.2021 versagte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) dem Kläger den begehrten
Sonderausgabenabzug für die Kinderbetreuungskosten. Zur
Erläuterung führte es aus, die Tochter habe während
des gesamten Veranlagungszeitraums nicht zum Haushalt des
Klägers gehört.
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Der Kläger erhob daraufhin Sprungklage
zum FG, der das FA zustimmte. Durch Urteil vom 01.02.2022 - 3 K
210/21 wies das FG die Klage ab. Die Gründe sind in EFG 2022,
1190 = SIS 22 08 86 mitgeteilt.
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Mit der vom FG zugelassenen Revision macht
der Kläger die Verletzung von Bundesrecht geltend. Das FG habe
gegen seine Pflicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) verstoßen. Es habe verkannt, dass § 10 Abs. 1
Nr. 5 EStG nicht mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei. Die
Haushaltszugehörigkeit des Kindes sei kein geeignetes
Typisierungsmerkmal. Die Differenzierung nach diesem sachfremden
Kriterium sei willkürlich und verstoße gegen Art. 3 Abs.
1 GG. Ferner verstoße § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG gegen das
subjektive Nettoprinzip. Der Betreuungsbedarf müsse als
notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums
unbelastet bleiben (Art. 6 GG). Der Kläger sei aufgrund der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum betreuungsbedingten
Mehrbedarf (Hinweis auf Beschluss vom 04.10.2017 - XII ZB 55/17,
BGHZ 216, 96) zur hälftigen Übernahme der Aufwendungen
für den Kindergarten und den Schulhort verpflichtet gewesen.
Solche Aufwendungen für die Betreuung seien pädagogisch
veranlasst, dienten der Förderung des Kindes und nicht dazu,
die Erwerbstätigkeit der Mutter zu ermöglichen. § 10
Abs. 1 Nr. 5 EStG bilde die zivilrechtliche Lastenverteilung im
Residenzmodell nicht zutreffend ab.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Thüringer FG vom
01.02.2022 - 3 K 210/21 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid
vom 30.03.2021 dahin zu ändern, dass zusätzlich 199 EUR
als Sonderausgaben in Abzug gebracht werden.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die
Vorentscheidung steht im Einklang mit dem EStG (1.). In der
Nichtvorlage an das BVerfG liegt kein Verfahrensfehler des FG (2.).
Auch der erkennende Senat ist nicht davon überzeugt, dass
§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG gegen das GG verstößt
(3.).
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1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die
im Streitjahr vorgenommenen Überweisungen des Klägers in
Höhe von insgesamt 299 EUR nicht zu abziehbaren Sonderausgaben
im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG führen. Die
Rechtslage nach dem EStG steht zwischen den Beteiligten zu Recht
nicht im Streit.
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a) Abziehbare Sonderausgaben sind zwei Drittel
der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind, für
Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des
Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32
Abs. 1 EStG, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat
oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen
körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung
außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 10 Abs. 1
Nr. 5 Satz 1 EStG, vgl. die weiteren Regelungen in den Sätzen
2 bis 4).
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b) Danach liegen beim Kläger keine
abziehbaren Sonderausgaben in Höhe von 199 EUR
(beziehungsweise zwei Dritteln von 299 EUR) vor, da er die
Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG nicht
erfüllte. Seinem Sonderausgabenabzug steht entgegen, dass die
Tochter im Streitjahr allein zum Haushalt der Mutter und nicht auch
zum Haushalt des Klägers gehörte.
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c) Der steuerliche Abzug für die
konkreten vom Kläger getragenen Kosten der Betreuung der
Tochter im Kindergarten und im Schulhort lässt sich auch nicht
auf eine andere Vorschrift des EStG stützen.
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2. Die als Verfahrensmangel des FG
gerügte Verletzung der Pflicht, dem BVerfG die Vorschrift des
§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG im Rahmen einer konkreten
Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG) zur
verfassungsgerichtlichen Prüfung vorzulegen, liegt nicht vor.
Ausgehend von der maßgeblichen Auffassung des FG, dass die
Regelung des 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG verfassungsgemäß sei,
waren die Voraussetzungen für die Vorlage an das BVerfG im
erstinstanzlichen Verfahren nicht gegeben. Dass ein Beteiligter des
Klageverfahrens eine entscheidungserhebliche Norm für
verfassungswidrig hält, begründet keine Vorlagepflicht
des zur Entscheidung berufenen Gerichts, das von der
Verfassungswidrigkeit nicht überzeugt ist.
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3. Eine Aussetzung gemäß § 74
FGO und eine Vorlage an das BVerfG zur verfassungsgerichtlichen
Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. §§ 80
ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes) kommen auch im
Revisionsverfahren nicht in Betracht. Der erkennende Senat ist
ebenfalls nicht davon überzeugt, dass § 10 Abs. 1 Nr. 5
EStG im Fall des Klägers ein Eltern- bzw. Familiengrundrecht
(Art. 6 GG) oder den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)
verletzt.
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a) Nach Art. 6 GG stehen Ehe und Familie unter
dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung (Abs. 1), Pflege und
Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und
die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht (Abs. 2 Satz 1). Nach
Art. 3 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich (Abs. 1),
Männer und Frauen sind gleichberechtigt (Abs. 2 Satz 1). Der
allgemeine Gleichheitssatz umfasst unter anderem das Gebot der
Rechtsetzungsgleichheit, bei dessen Umsetzung der Gesetzgeber
grundsätzlich nicht daran gehindert ist, generalisierende,
typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden; für
die Gesetzgebung im Steuerrecht folgen aus Art. 3 Abs. 1 GG das
Gebot der Belastungsgleichheit und - in Verbindung mit Art. 1 Abs.
1, Art. 20 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG - das Gebot der
Steuerfreiheit des Existenzminimums für sämtliche
Familienmitglieder (vgl. BVerfG-Beschluss vom 28.06.2022 - 2 BvL 9,
10, 13, 14/14, BVerfGE 162, 277 = SIS 22 12 94, Rz 67).
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b) Ein Verstoß des § 10 Abs. 1 Nr.
5 EStG gegen Art. 6 Abs. 1 GG im Hinblick auf das Existenzminimum
der Tochter, des Klägers oder seiner Familie ist im Streitfall
schon wegen der in § 32 Abs. 6 EStG gewährten
Freibeträge zu verneinen.
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aa) Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1
Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verpflichten den
Gesetzgeber, das Einkommen des Bürgers jedenfalls insoweit
steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der
Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für
sich und seine Familie benötigt (Prinzip der Steuerfreiheit
des Existenzminimums). Bei der Besteuerung einer Familie muss
deshalb das - durch das Sozialhilferecht auf der Grundlage des
Verfassungsrechts bestimmte - Existenzminimum für
sämtliche Familienmitglieder steuerfrei bleiben. Dies gilt in
besonderer Weise auch für den Kindesunterhalt. Der Staat darf
auf Mittel, die für den Lebensunterhalt von Kindern
unerlässlich sind, nicht so zugreifen wie auf finanzielle
Mittel, die zur Befriedigung anderer Bedürfnisse eingesetzt
werden (BVerfG-Beschlüsse vom 19.11.2019 - 2 BvL 22-27/14,
BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 104 ff. und in BVerfGE 162, 277
= SIS 22 12 94, Rz 80,
m.w.N.).
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bb) Nach § 31 Satz 1 EStG wird die
steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des
Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe
für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung im gesamten
Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach
§ 32 Abs. 6 EStG oder durch Kindergeld nach Abschnitt X des
EStG bewirkt (vgl. zum Familienleistungsausgleich
BVerfG-Beschlüsse vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057, 1226, 980/91,
BVerfGE 99, 216 = SIS 99 04 06; vom 11.01.2005 - 2 BvR 167/02,
BVerfGE 112, 164 = SIS 05 30 28, Rz 33 f. und in BVerfGE 152, 274 =
SIS 20 01 16). Soweit das im laufenden Kalenderjahr als
Steuervergütung monatlich gezahlte Kindergeld dafür nicht
erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie (§
31 Sätze 2 und 3 EStG). Bewirkt der Anspruch auf Kindergeld
für den gesamten Veranlagungszeitraum die nach § 31 Satz
1 EStG gebotene steuerliche Freistellung nicht vollständig und
werden deshalb bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die
Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG vom Einkommen
abgezogen, erhöht sich die unter Abzug dieser Freibeträge
ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf
Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum; bei nicht
zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch im Umfang
des Kinderfreibetrags angesetzt (§ 31 Satz 4 EStG; vgl. zur
sogenannten Günstigerprüfung BVerfG-Beschluss in BVerfGE
162, 277 = SIS 22 12 94, Rz 3;
Senatsurteil vom 14.04.2021 - III R 34/19, BFHE 273, 33, BStBl II
2021, 848 = SIS 21 15 43, Rz 22 ff.).
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cc) Gemäß § 32 Abs. 6 EStG
erhielt der Kläger im Streitjahr für die bei beiden
Eltern zu berücksichtigende minderjährige Tochter (§
32 Abs. 3 EStG) den Freibetrag für das sächliche
Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) und daneben auch den
Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder
Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag). Der Kinderfreibetrag belief
sich im Streitjahr auf 2.586 EUR, der BEA-Freibetrag auf 1.320 EUR.
In dem mit der Klage angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom
30.03.2021 wurden diese Freibeträge in Höhe von insgesamt
3.906 EUR in Abzug gebracht. Aufgrund des ausdrücklich auch
den Betreuungsbedarf betreffenden BEA-Freibetrags (vgl. dazu
Senatsurteil vom 22.04.2020 - III R 25/19, BFHE 269, 257, BStBl II
2022, 63 = SIS 20 15 50, Rz 16) ist im Streitfall eine Verletzung
des Art. 6 Abs. 1 GG in Gestalt einer Beeinträchtigung des
familiären Existenzminimums durch die Vorschrift des § 10
Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht ersichtlich. Denn der dem Kläger
gewährte BEA-Freibetrag lag mit 1.320 EUR wesentlich
höher als der von ihm für die Kindergarten- und
Hortbeiträge entrichtete Betrag von 299 EUR, dessen Abzug als
Sonderausgaben er in Höhe von 199 EUR unter Verweis auf das GG
begehrt. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass das
Existenzminimum der Tochter, des Klägers oder der Familie des
Klägers wegen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht mehr gewahrt
gewesen sein könnte.
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dd) Soweit der Kläger in der
mündlichen Verhandlung besonders auf die Rz 75 des
BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 99, 216 = SIS 99 04 06 hingewiesen
hat, folgt auch daraus keine Verfassungswidrigkeit des § 10
Abs. 1 Nr. 5 EStG.
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Das BVerfG hat dort ausgeführt, dass es
nach dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich
geboten sei, den Betreuungsaufwand für Kinder bei allen Eltern
steuerrechtlich zu berücksichtigen. Der Aufwand entstehe
unabhängig davon, ob und wenn ja, in welchem zeitlichen Rahmen
die Kinderbetreuung durch Dritte wahrgenommen werde, und sei in das
Existenzminimum des Kindes einzurechnen. Die nach damaliger
Rechtslage (§ 33c EStG a.F.) auf erwerbstätige
Alleinstehende beschränkte steuerliche Abziehbarkeit der
Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung
verletze die - unbeschränkt steuerpflichtige - eheliche
Erziehungsgemeinschaft in ihrem Gleichbehandlungsanspruch aus Art.
6 Abs. 1 und Abs. 2 GG, weil das Gesetz den Abzug allein wegen des
Tatbestands der Ehe versage und insoweit gegen das
Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG verstoße. Der
Gesetzgeber kam der vom BVerfG zur Beseitigung der
Verfassungswidrigkeit angeordneten Verpflichtung zur Neuregelung
durch die Gleichstellung alleinstehender und (verheiratet oder
unverheiratet) zusammenlebender Eltern nach. Mit Wirkung vom
01.01.2000 wurde in § 32 Abs. 6 EStG der Freibetrag für
das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag)
angehoben und darüber hinaus um einen Betreuungsfreibetrag
erweitert (vgl. Gesetz zur Familienförderung vom 22.12.1999,
BGBl I 1999, 2552; vgl. auch BT-Drucks. 14/1513, S. 11, 14).
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ee) Die Verfassungswidrigkeit der Höhe
der Freibeträge gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG
im Streitjahr 2020 macht der Kläger mit der Revision nicht
geltend. Die Festsetzung der Einkommensteuer im
streitgegenständlichen Bescheid vom 30.03.2021 erfolgte im
Übrigen hinsichtlich der Höhe der kindbezogenen
Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG nur
vorläufig (vgl. das beim BVerfG anhängige Verfahren 2 BvL
3/17; im Streitjahr 2014 des dortigen Ausgangsverfahrens betrug der
BEA-Freibetrag ebenfalls 1.320 EUR).
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c) Eine Verletzung des allgemeinen
Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) durch das Kriterium der
Haushaltszugehörigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG liegt
nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG nicht vor.
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aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet
dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich
Ungleiches seinem Wesen entsprechend ungleich zu behandeln.
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(1) Art. 3 Abs. 1 GG gilt für ungleiche
Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen.
Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger
Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem
Personenkreis gewährt, einem anderen, vergleichbaren
Personenkreis aber vorenthalten wird. Zwar ist es
grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte
auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und
die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er
jedoch sachgerecht treffen. Genauere Maßstäbe und
Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber
den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und
allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen
unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Dabei
ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und
Differenzierungsmerkmalen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im
Sinne eines stufenlosen, am Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit orientierten
Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den
Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer
strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen.
Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch
Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß
der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse
in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 94 ff. und in BVerfGE 162,
277 = SIS 22 12 94, Rz 68 ff.,
m.w.N.).
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(2) Der allgemeine Gleichheitssatz ist
verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache
folgender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für eine
gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden
lässt. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers und damit
höhere Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für
gesetzliche Differenzierungen können sich insbesondere
ergeben, wenn und soweit sich die Ungleichbehandlung von Personen
oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich
geschützter Freiheiten auswirken kann. Zudem verschärfen
sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die
Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft,
für Einzelne verfügbar sind (BVerfGE-Beschlüsse in
BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 97 f. und in BVerfGE 162, 277 =
SIS 22 12 94, Rz 71 f.,
m.w.N.).
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(3) Den Steuergesetzgeber bindet Art. 3 Abs. 1
GG an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet, die
Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
auszurichten. Das gilt insbesondere im Einkommensteuerrecht, das
auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen
hin angelegt ist. Zwar belässt der allgemeine Gleichheitssatz
dem Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes ebenso wie
bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden
Entscheidungsspielraum. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung
steuerlicher Lasten verlangt jedoch eine gesetzliche Ausgestaltung
der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit
Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des
Steuerschuldners sicherstellt. Unter dem Gebot möglichst
gleichmäßiger Belastung der betroffenen
Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen
Ausgangstatbestandes folgerichtig im Sinne von belastungsgleich
erfolgen. Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung der
getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung bedürfen eines
besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art
und Ausmaß zu rechtfertigen vermag (BVerfGE-Beschlüsse
in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 99 f. und in BVerfGE 162,
277 = SIS 22 12 94, Rz 75 f.,
m.w.N.).
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(4) Der Gesetzgeber ist allerdings berechtigt,
bei der Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstandes
getroffenen Belastungsentscheidung generalisierende, typisierende
und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein schon
wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Typisierung
bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete
Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die
im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können
generalisierend vernachlässigt werden. Die Vorteile der
Typisierung müssen aber im rechten Verhältnis zu der mit
ihr notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung
stehen. Eine zulässige Typisierung setzt voraus, dass die
durch sie eintretenden Härten nur unter Schwierigkeiten
vermeidbar wären, lediglich eine
verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen
und das Ausmaß der Ungleichbehandlung gering ist. Der
Gesetzgeber darf sich dabei grundsätzlich am Regelfall
orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils
durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen
Verallgemeinerungen müssen jedoch von einer möglichst
breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände
einschließenden Betrachtung ausgehen. Insbesondere darf der
Gesetzgeber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen,
sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als
Maßstab zugrunde legen (BVerfGE-Beschlüsse in BVerfGE
152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 101 ff. und in BVerfGE 162, 277 =
SIS 22 12 94, Rz 73 f., 77,
m.w.N.).
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(5) Der Grundsatz der Belastungsgleichheit
hindert den Gesetzgeber nicht, mit Hilfe des Steuerrechts
außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu
verfolgen; bei der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte
oder Personen gefördert werden sollen, ist er weitgehend frei.
Derartige Förderungs- und Lenkungsziele sind allerdings nur
dann geeignet, rechtfertigende Gründe für steuerliche Be-
und Entlastungen zu liefern, wenn entweder Ziel und Grenze der
Förderung und Lenkung mit hinreichender Bestimmtheit
tatbestandlich vorbezeichnet sind oder das angestrebte
Förderungs- und Lenkungsziel jedenfalls von einer erkennbaren
gesetzgeberischen Entscheidung getragen wird (BVerfGE-Beschluss in
BVerfGE 162, 277 = SIS 22 12 94,
Rz 78 f., m.w.N.).
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bb) Nach diesen Maßstäben ist das
Kriterium der Haushaltszugehörigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 5
EStG nicht gleichheitswidrig.
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(1) § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG wurde durch
das Steuervereinfachungsgesetz (StVereinfG) 2011 vom 01.11.2011
(BGBl I 2011, 2131) mit Wirkung vom 01.01.2012 in das EStG
eingefügt. Ziel war eine Vereinfachung der steuerlichen
Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten (vgl. dazu den
Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/5125, S. 20 f.,
23, 34, 37; zur Historie vgl. BeckOK EStG/Fissenewert, 15. Ed.
[01.03.2023], EStG § 10 Rz 243 f.; Kulosa in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 10 EStG Rz 141 f. und Nolte,
Kinderbetreuungskosten, NWB ZAAAE40887, Rz 5 ff.). Die zuvor im
Gesetz zersplitterten Regelungen (vgl. z.B. § 4f, § 9
Abs. 5 Satz 1, § 9c, § 10 Abs. 1 Nr. 8, § 33c EStG
a.F.) wurden in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zusammengeführt
(vgl. HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 141 f., s. dort auch zum
Normzweck des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG und zur
verfassungsrechtlichen Notwendigkeit eines Abzugstatbestands
für Kinderbetreuungskosten).
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(2) Im Hinblick auf das vom Kläger als
verfassungswidrig angesehene Merkmal der
Haushaltszugehörigkeit des Kindes verweist das FA in
zutreffender Weise auf den BVerfG-Beschluss vom 30.09.1992 - 1 BvR
626/89 (HFR 1993, 129). Das BVerfG hat in diesem Beschluss zu
§ 33c Abs. 1 Satz 1 EStG 1985 entschieden, es könne
keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art.
6 Abs. 1 GG darstellen, wenn der Gesetzgeber die Anerkennung von
Kinderbetreuungskosten von der Haushaltszugehörigkeit des
Kindes beim Steuerpflichtigen abhängig mache. Es handle sich
hierbei um eine Zuordnungsregelung, die darauf abstelle, wann
typischerweise Kinder von alleinstehenden Eltern diesen
erhöhte Betreuungskosten abverlangten. Nur wenn ein Kind zum
Haushalt des Steuerpflichtigen gehöre, stelle sich
grundsätzlich die Frage, ob er die sich aus seiner elterlichen
Stellung ergebenden Pflichten der Betreuung selbst erfülle
oder ob er sich zur Erfüllung dieser familienrechtlichen
Pflicht einer anderen Person bediene.
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(3) Auch nach dem Beschluss des BVerfG zum
Familienleistungsausgleich aus dem Jahr 1998 (BVerfGE 99, 216 = SIS 99 04 06) hatte der Gesetzgeber keine Veranlassung, das
Tatbestandsmerkmal der Haushaltszugehörigkeit aufzugeben oder
zu modifizieren. Nachdem § 33c EStG a.F. zunächst
aufgehoben worden war (Gesetz zur Familienförderung vom
22.12.1999, BGBl I 1999, 2552), wurde er durch das Zweite Gesetz
zur Familienförderung vom 16.08.2001 (BGBl I 2001, 2074) unter
Anknüpfung an das Merkmal der Zugehörigkeit zum Haushalt
erneut in das EStG eingefügt (vgl. BT-Drucks. 14/6160, S. 8,
11 f.). Auch in dieser Neufassung der Vorschrift (vgl. zu deren
Verfassungsmäßigkeit BVerfG-Beschluss vom 20.10.2010 - 2
BvR 2064/08, HFR 2011, 208 = SIS 10 42 58) und ebenso in den
späteren gesetzlichen Vorschriften zum Abzug von
Kinderbetreuungskosten blieb das Kriterium der
Haushaltszugehörigkeit als Tatbestandsmerkmal erhalten. Es
fand unverändert Eingang in die ab 2006 beziehungsweise ab
2009 anzuwendenden Tatbestände für den Abzug von
Kinderbetreuungskosten (vgl. § 4f, § 9 Abs. 5 Satz 1,
§ 9c und § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG a.F. sowie Senatsurteile
vom 14.11.2013 - III R 18/13, BFHE 243, 514, BStBl II 2014, 383 =
SIS 14 07 73, Rz 10 ff. und vom 18.12.2014 - III R 63/13, BFHE 249,
93, BStBl II 2015, 583 = SIS 15 11 12, Rz 15 ff.). Dasselbe gilt
auch für den seit 2012 anwendbaren § 10 Abs. 1 Nr. 5
EStG.
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(4) Entsprechend der verfassungsrechtlichen
Würdigung des BVerfG in HFR 1993, 129 ist das Merkmal der
Haushaltszugehörigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als
verfassungsgemäß anzusehen. Es handelt sich auch hier um
eine zulässige Vereinfachungs- und Typisierungsregelung, die
weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 6 Abs. 1 GG noch Art. 1 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verletzt. Die Bezugnahme auf
„Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des
Steuerpflichtigen gehörenden Kindes“
ist sachlich begründet, da das Kriterium der
Haushaltszugehörigkeit den typischen Fall abbildet und
zugleich der Verwaltungsvereinfachung dient. Es ist nicht
willkürlich, sondern sachgerecht, wenn der Gesetzgeber davon
ausgeht, dass Fremdbetreuungsaufwand typischerweise bei dem
Elternteil anfällt, der das Kind in seinen Haushalt
aufgenommen hat und deshalb das Kind entweder selbst betreuen oder
sich um eine Fremdbetreuung kümmern muss. Dem Umstand, dass
trotz fehlender Haushaltsaufnahme auch beim anderen Elternteil
Betreuungsaufwand in Gestalt der Eigenbetreuung oder der
Übernahme von Betreuungskosten entstehen kann, hat der
Gesetzgeber in verfassungsrechtlich grundsätzlich
hinreichender Weise dadurch Rechnung getragen, dass der
BEA-Freibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG auch diesem
Elternteil zu gewähren ist (zum Nebeneinander von § 10
Abs. 1 Nr. 5 EStG und § 32 Abs. 6 EStG vgl. nur
Schmidt/Krüger, EStG, 42. Aufl., § 10 Rz 63). Für
den Fall der Trennung der Eltern hat er außerdem dem
barunterhaltspflichtigen Elternteil das Recht eingeräumt, der
vollständigen Übertragung des BEA-Freibetrags auf den
anderen Elternteil, bei dem das minderjährige Kind gemeldet
ist, zu widersprechen (vgl. § 32 Abs. 6 Sätze 8 f. EStG
in der Fassung des StVereinfG 2011; BT-Drucks. 17/6146, S. 15;
Senatsurteil vom 27.10.2011 - III R 42/07, BFHE 236, 10, BStBl II
2013, 194 = SIS 12 07 33).
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(5) Ein weiteres Argument für die
verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Anknüpfung an die
Zugehörigkeit zum Haushalt kann ferner in der besonderen
steuerlichen Förderung des alleinerziehenden Elternteils
erblickt werden, der vom barunterhaltspflichtigen Elternteil
getrennt lebt. In diesem Sinne hat das BVerfG durch Beschluss vom
22.05.2009 - 2 BvR 310/07 (BVerfGK 15, 521 = SIS 09 27 20) eine Verfassungsbeschwerde nicht
zur Entscheidung angenommen, die sich dagegen richtete, dass der
Entlastungsbetrag gemäß § 24b EStG nur für
Alleinerziehende gilt. Das BVerfG verneinte auch insoweit eine
Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG und sah in
§ 24b EStG, der auf die Haushaltszugehörigkeit des Kindes
gemäß der Meldung in der Wohnung des alleinstehenden
Steuerpflichtigen abstellt, eine verfassungsrechtlich
gerechtfertigte Entlastungsentscheidung des Gesetzgebers.
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(6) Auch im Schrifttum wird das Merkmal der
Haushaltszugehörigkeit nicht als verfassungswidrig angesehen
(vgl. z.B. BeckOK EStG/Fissenewert, 15. Ed. [01.03.2023], EStG
§ 10 Rz 245; Bleschick in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl.,
§ 10 Rz 38a, 38e, 38k; Brandis/Heuermann/ Vogel, § 10
EStG Rz 350 ff.; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 142 f.; Kanzler in
Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht,
F. Kinderfreibetrag, Kindergeld und sonstige kinderbezogene
Ermäßigungen (Familienleistungsausgleich), Rz 470 ff.;
Schmidt/Krüger, EStG, 42. Aufl., § 10 Rz 64 ff.).
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(7) Der Rechtsprechung zum steuerlichen Abzug
von Kinderbetreuungskosten, zum BEA-Freibetrag (§ 32 Abs. 6
EStG) und zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§
24b EStG) lassen sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für die
Verfassungswidrigkeit des auch in anderen EStG-Normen verwendeten
und mit Wirkung vom 01.01.2012 in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG
übernommenen Merkmals der Haushaltszugehörigkeit
entnehmen (vgl. z.B. die Senatsentscheidungen vom 25.11.2010 - III
R 79/09, BFHE 232, 331, BStBl II 2011, 450 = SIS 11 08 84; in BFHE
236, 10, BStBl II 2013, 194 = SIS 12 07 33; vom 09.02.2012 - III R
67/09, BFHE 237, 39, BStBl II 2012, 567 = SIS 12 16 35; vom
05.07.2012 - III R 80/09, BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816 = SIS 12 25 65; in BFHE 243, 514, BStBl II 2014, 383 = SIS 14 07 73; vom
05.02.2015 - III R 9/13, BFHE 249, 436, BStBl II 2015, 926 = SIS 15 14 07; in BFHE 269, 257, BStBl II 2022, 63 = SIS 20 15 50; in BFHE
273, 33, BStBl II 2021, 848 = SIS 21 15 43; vom 14.04.2021 - III R
30/20, BFHE 273, 48, BStBl II 2021, 772 = SIS 21 11 55; vom
01.09.2021 - III R 54/20 = SIS 22 00 58, und vom 15.12.2021 - III R 24/20, BFHE 275, 157, BStBl
II 2022, 409 = SIS 22 04 73; Senatsbeschluss vom 08.05.2012 - III B
2/11 = SIS 12 19 01; vgl. auch die
BFH-Entscheidungen zu § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG vom 10.11.1998 -
VI B 125/98, BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137 = SIS 99 03 09; vom
19.08.2003 - VIII R 60/99, BFH/NV 2004, 320 = SIS 04 09 47 und vom
14.12.2004 - VIII R 106/03, BFHE 208, 220, BStBl II 2008, 762 = SIS 05 15 31).
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(8) Entgegen der Auffassung des Klägers
spricht auch der BGH-Beschluss in BGHZ 216, 96 nicht für die
Verfassungswidrigkeit des Merkmals der Haushaltszugehörigkeit
in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Nach der Rechtsprechung des BGH ist
zwar bei der Frage, ob ein betreuungsbedingter
„Mehrbedarf“ des Kindes vorliegt,
zu differenzieren. Bejaht wird ein weitergehender Bedarf des Kindes
bezüglich der üblichen pädagogisch veranlassten
Betreuung in staatlichen oder vergleichbaren privaten Einrichtungen
wie etwa Kindergärten, Schulen und Horten (BGH-Beschluss in
BGHZ 216, 96, Rz 13 und 18 f., m.w.N.). Soweit daraus im
Residenzmodell eine Pflicht des Barunterhaltspflichtigen zur
Tragung zusätzlicher Kosten für die Kinderbetreuung folgt
(im Streitfall nach den Feststellungen des FG in Höhe der
Hälfte der Kindergarten- und Hortbeiträge), ist es von
Verfassungs wegen dennoch nicht geboten, diese Aufwendungen bei dem
barunterhaltspflichtigen Elternteil zum Abzug als Sonderausgaben
zuzulassen. Die Abzugsberechtigung gemäß § 10 Abs.
1 Nr. 5 EStG in typisierender Weise nach dem Kriterium der
Haushaltszugehörigkeit zu gewähren, ist
verfassungsrechtlich vielmehr nach wie vor nicht zu beanstanden,
weil dem nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigten Elternteil
für das auch bei ihm zu berücksichtigende Kind der
BEA-Freibetrag gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG
zusteht (s. dazu bereits oben II.3.b cc und II.3.c bb (4)). Dies
gilt jedenfalls, solange und soweit - wie im Streitfall - die
tatsächlich getragenen Kinderbetreuungskosten mit dem
BEA-Freibetrag vollständig erfasst werden.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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