1
|
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2008 zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im
Streitjahr u.a. Einkünfte aus selbständiger
Tätigkeit. Die Klägerin ist ausgebildete Ärztin, war
jedoch im Streitjahr nicht erwerbstätig.
|
|
|
2
|
Für ihre drei Kinder (J, geb. 12.2004,
L, geb. 6.2006, und G, geb. 12.2007) machten die Kläger
Kinderbetreuungskosten in Höhe von 6.828,52 EUR geltend. Diese
setzten sich aus Kindergartenbeiträgen für J in Höhe
von 2.325 EUR, Aufwendungen für den Besuch einer Spiel- und
Krabbelgruppe durch L in Höhe von 661,50 EUR und den Kosten
für ein ab dem 20.7.2008 beschäftigtes
Au-Pair-Mädchen in Höhe von 3.842,02 EUR
zusammen.
|
|
|
3
|
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) mit Bescheid vom 28.8.2009 zunächst
nur Kinderbetreuungskosten in Höhe von 1.550 EUR (= 2/3 von
2.325 EUR) als Sonderausgaben anerkannt hatte, stellte das FA im
Einspruchsverfahren mit Änderungsbescheid vom 18.11.2010
zusätzlich auch die Aufwendungen für die Spiel- und
Krabbelgruppe (661,50 EUR) und für das über drei Jahre
alte Kind J 1/3 der Au-Pair-Kosten (1/3 von 3.842 EUR = 1.280 EUR)
in die Berechnung mit ein. Danach ergaben sich anerkannte
Sonderausgaben in Höhe von 2.844 EUR [2/3 x (2.325 EUR +
661,50 EUR + 1.280 EUR)]. Des Weiteren gewährte das FA auf die
Aufwendungen für das Au-Pair- Mädchen eine
Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen
in Höhe von 600 EUR.
|
|
|
4
|
Wegen einer in einem anderen Punkt
erfolgten Änderung wurde die Einkommensteuer mit
Änderungsbescheid vom 3.1.2011 zuletzt auf 47.276 EUR
festgesetzt. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung
vom 23.3.2011 als unbegründet zurück.
|
|
|
5
|
Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die
Kläger aus den nicht anerkannten Au-Pair-Aufwendungen einen
weiteren Sonderausgabenabzug in Höhe von 1.707 EUR (= 2/3 von
2.561 EUR) geltend machten, wies das Finanzgericht (FG) als
unbegründet ab.
|
|
|
6
|
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
7
|
Die Kläger beantragen, das Urteil des
FG Düsseldorf aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom
3.1.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.3.2011
dahingehend abzuändern, dass weitere Kinderbetreuungskosten in
Höhe von 1.707 EUR angesetzt werden und die Einkommensteuer
entsprechend herabgesetzt wird.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
II. Die Revision ist unbegründet und
gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Die bei den Klägern angefallenen
Kinderbetreuungskosten sind nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)
in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung nicht über den vom
FA bereits anerkannten Umfang hinaus steuerlich
berücksichtigungsfähig. Auch das Verfassungsrecht
gebietet einen weitergehenden Abzug nicht. Deshalb kommt weder eine
Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage der Sache an das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG) in Betracht noch besteht Anlass für
eine verfassungskonforme Auslegung.
|
|
|
10
|
1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass
im Streitfall kein im Veranlagungszeitraum 2008 geltender
Tatbestand des EStG erfüllt ist, der einen weitergehenden
Abzug der als Kinderbetreuungskosten geltend gemachten Aufwendungen
für das Au-Pair-Mädchen ermöglicht.
|
|
|
11
|
a) § 4f EStG, der den Abzug
erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten im Bereich der
Gewinneinkunftsarten und mithin bei den Einkünften aus der
selbständigen Tätigkeit des Klägers regelt, ist
unanwendbar, weil die zusammenlebenden Kläger nicht
beiderseits erwerbstätig waren (§ 4f Satz 2 EStG).
Entsprechendes gilt für einen Werbungskostenabzug bei der
Klägerin nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4f Satz 2
EStG.
|
|
|
12
|
b) § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist nur
insoweit einschlägig, als die Kinder der Kläger im
Streitjahr zwischen drei und sechs Jahre alt waren. Diese
Voraussetzung hat das FG nach dem von ihm festgestellten
Sachverhalt zu Recht nur für das im Dezember 2004 geborene
Kind J bejaht.
|
|
|
13
|
c) Auch der Sonderausgabenabzug
gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG scheidet aus. Die
Vorschrift setzt voraus, dass der nicht erwerbstätige
Elternteil sich in Ausbildung befindet, körperlich, geistig
oder seelisch behindert oder krank ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz
1 EStG; zur Auslegung des Begriffes „krank“ s.
Senatsurteil vom 5.7.2012 III R 80/09, BFHE 238, 76, BStBl II 2012,
816 = SIS 12 25 65). Nach den nicht mit Verfahrensrügen
angegriffenen Feststellungen des FG lagen diese Voraussetzungen bei
der Klägerin nicht vor.
|
|
|
14
|
d) Anhaltspunkte dafür, dass einer der
Familienangehörigen im Streitjahr krank, hilflos oder
schwerbehindert war und deswegen i.S. des § 33a Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 EStG die Beschäftigung einer Hilfe im
Haushalt erforderlich war, hat das FG ebenfalls nicht
festgestellt.
|
|
|
15
|
e) Die Steuerermäßigung für
haushaltsnahe Dienstleistungen hat das FA bereits mit dem in §
35a Abs. 2 Satz 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag von 600 EUR
berücksichtigt, so dass hiernach Aufwendungen für die
Beschäftigung des Au-Pair-Mädchens jedenfalls nicht in
weitergehendem Umfang zum Abzug zugelassen werden können.
|
|
|
16
|
2. Die im EStG vorgesehenen
Einschränkungen für den Abzug von Kinderbetreuungskosten
verstoßen nicht gegen Grundrechte der Kläger.
|
|
|
17
|
a) Der Senat hat im Urteil in BFHE 238, 76,
BStBl II 2012, 816 = SIS 12 25 65, unter II.2. die
verfassungsrechtlichen Maßstäbe, an denen die
einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des
Betreuungsbedarfs eines Kindes auszurichten ist, im Einzelnen
dargelegt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen
verwiesen.
|
|
|
18
|
b) Die gesetzlichen Vorschriften zur
Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs genügten im
Streitjahr 2008 den dort dargestellten verfassungsrechtlichen
Anforderungen.
|
|
|
19
|
aa) Auch soweit die Au-Pair-Kosten nach keiner
der speziellen Vorschriften (§ 4f, § 9 Abs. 5 Satz 1,
§ 10 Abs. 1 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 8, § 33a Abs. 3,
§ 35a Abs. 2 EStG) Berücksichtigung fanden, blieben sie
nicht unberücksichtigt, da bereits mit dem den Klägern
gemäß § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG
gewährten Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und
Ausbildungsbedarf des Kindes auch Fremdbetreuungskosten abgedeckt
werden (Senatsurteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816 = SIS 12 25 65, unter II.2.b aa, m.w.N.).
|
|
|
20
|
bb) Die in §§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1
und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG enthaltenen Beschränkungen des Abzugs
dem Grunde nach sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der
Gesetzgeber war ausgehend von seiner Vereinfachungsbefugnis
grundsätzlich berechtigt, den Abzug auf die typischen
Fälle zu beschränken, in denen Kinderbetreuungskosten
zwangsläufig anfallen. Die mit der Beschränkung
verbundene Härte, dass im Einzelfall vom Gesetz nicht erfasste
Umstände eintreten können, die eine Fremdbetreuung und
die Entstehung entsprechender Aufwendungen ebenso unabweisbar
machen, haben die davon betroffenen Steuerpflichtigen
hinzunehmen.
|
|
|
21
|
cc) Bezogen auf die im Streitfall zur
Beurteilung anstehende Personengruppe der zusammenlebenden Eltern
mit Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
ermöglichen die Tatbestände der §§ 4f, 9 Abs. 5
Satz 1 und 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG den Abzug von
Kinderbetreuungskosten bei Vorliegen der
Zwangsläufigkeitsgründe Erwerbstätigkeit,
Ausbildung, längere Erkrankung und Behinderung. In Person
eines jeden Elternteils muss mindestens einer der Gründe
verwirklicht sein. Liegt in der Person eines Elternteils ein
solcher Grund nicht vor, dann geht der Gesetzgeber typisierend
davon aus, dass dieser Elternteil die Betreuung des Kindes
übernehmen kann und Aufwendungen für die Kinderbetreuung
nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig entstehen
(Senatsurteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816 = SIS 12 25 65,
unter II.2.b cc (1), m.w.N.).
|
|
|
22
|
dd) Nach Auffassung des Senats hat der
Gesetzgeber die Grenzen seiner Typisierungsbefugnis nicht dadurch
überschritten, dass er für Fälle wie den
vorliegenden keinen rechtlich relevanten
Zwangsläufigkeitsgrund angenommen hat.
|
|
|
23
|
(1) Zwar hat der Senat im Urteil in BFHE 238,
76, BStBl II 2012, 816 = SIS 12 25 65 (unter II.2.b cc (2), m.w.N.)
ausgeführt, dass ein Bedarf an Fremdbetreuung auch dann
unabweisbar entstehen kann, wenn bei Erwerbstätigkeit des
einen Elternteils eine größere Zahl minderjähriger
Kinder zu betreuen ist.
|
|
|
24
|
Insoweit kommt es jedoch entgegen der
Revisionsbegründung der Kläger nicht darauf an, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang die Kinderanzahl der Kläger
den statistischen Durchschnittswert der Geburtenrate von Frauen im
gebärfähigen Alter oder von Familien mit Kindern
überschreitet. Vielmehr setzt die Annahme eines
Zwangsläufigkeitsgrundes voraus, dass die Betreuungssituation
im typischen Fall eine Betreuung durch mindestens zwei Personen
erforderlich macht, so dass der nicht erwerbstätige Elternteil
die Betreuung typischerweise nicht in Form der Eigenbetreuung
durchführen kann. Für den Senat sind weder aus dem
Revisionsvorbringen noch anderweitig Anhaltspunkte ersichtlich,
dass bereits bei drei Kindern im Alter von bis zu drei Jahren eine
Betreuungssituation vorliegt, die zwangsläufig den Einsatz
einer zweiten Betreuungskraft erfordert.
|
|
|
25
|
(2) Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im
Streitjahr 2008 über § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG für
Kinder, die das dritte Lebensjahr bereits vollendet haben, ohnehin
einen Abzug von Betreuungsaufwendungen zulässt, der - anders
als in § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG - nicht an besondere
Voraussetzungen in der Person beider Elternteile geknüpft ist.
Hierdurch wird ein steuerlich wirksamer Einsatz von
Fremdbetreuungskräften ermöglicht, der den
Eigenbetreuungsaufwand für Familien mit drei Kindern im Alter
von bis zu drei Jahren bereits deutlich reduziert. Entsprechend hat
das FA im Fall der Kläger 1/3 der Aufwendungen für das
Au-pair-Mädchen als Betreuungskosten für das Kind J
anerkannt.
|
|
|
26
|
(3) Überdies bezieht das BVerfG, sofern
im Zusammenhang mit einer durch kindesbedingte Aufwendungen
verminderten Leistungsfähigkeit die Verletzung von Art. 3 Abs.
1 GG gerügt wird, das gesamte den Regelungskomplex umfassende
Normengeflecht in die Prüfung mit ein, da es dem Gesetzgeber
grundsätzlich frei steht, die kindesbedingte Minderung der
Leistungsfähigkeit entweder im Steuerrecht oder im Sozialrecht
zu berücksichtigen (vgl. etwa Nichtannahmebeschluss des BVerfG
vom 7.9.2009 2 BvR 1966/04, BFH/NV 2009, 2123). Insoweit muss
vorliegend beachtet werden, dass der Gesetzgeber entsprechend dem
aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden verfassungsrechtlichen Auftrag, die
Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form
in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und
zu fördern (s. hierzu etwa BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 2
BvR 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06,
unter B.I.4., m.w.N.), den Betreuungsbedarf in jungen Familien
nicht nur mit den Regelungen des Steuerrechts erfasst. Vielmehr
gleicht er die Leistungsfähigkeitseinbuße, die Familien
dadurch erleiden, dass sie teilweise und zeitweise auf eine eigene
Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung
ihrer Kinder verzichten oder Familientätigkeit und
Erwerbstätigkeit miteinander verbinden, auch durch
sozialrechtliche Regelungen aus. So eröffnet beispielsweise
das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der im
Streitjahr geltenden Fassung für ab dem 1.1.2007 geborene
Kinder dem Berechtigten gerade die Wahlfreiheit, ob er das Kind
vollständig selbst betreut, mit der Folge, dass ihm das
gezahlte Elterngeld verbleibt, oder ob er sich der Hilfe Dritter
oder einer Betreuungseinrichtung bedient, mit der Folge, dass er
die ihm staatlicherseits zur Verfügung gestellten Mittel
hierfür verwenden kann. Insoweit werden auch individuelle
Besonderheiten in der Geburtenfolge, wie Mehrlingsgeburten und
kurze Geburtenfolgen berücksichtigt (s. etwa § 2 Abs. 4
und 6 BEEG in der im Streitjahr geltenden Fassung) und
Gestaltungsmöglichkeiten für eine Ausdehnung des
Auszahlungszeitraums geschaffen (§ 6 BEEG). Damit werden
gerade für Eltern mit Kindern im Alter von bis zu zwei Jahren
vielfältige Möglichkeiten geschaffen, den
Betreuungsbedarf ihrer Kinder zu decken. Ebenso sah das Gesetz zum
Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG) für vor dem
1.1.2007 geborene Kinder (§ 27 Abs. 1 BEEG) unter bestimmten
Voraussetzungen einen Erziehungsgeldanspruch vor, wenn der
betreffende Elternteil das Kind selbst betreut und erzogen und
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt hat
(§ 1 Abs. 1 BErZGG in der im Streitjahr geltenden
Fassung).
|
|
|
27
|
(4) Keinen Zwangsläufigkeitsgrund im
Hinblick auf eine Fremdbetreuung vermag der Senat auch aus einer
während der Eigenbetreuung von Kindern eingetretenen
Schwangerschaft zu entnehmen. Wie bereits im Senatsurteil in BFHE
238, 76, BStBl II 2012, 816 = SIS 12 25 65, unter II.2.b cc (2)
ausgeführt, ist die gesetzgeberische Erwägung, wonach
eine Schwangerschaft - sofern in deren Verlauf keine den
Krankheitsbegriff erfüllende Komplikationen eintreten - einer
Eigenbetreuung durch die schwangere Mutter nicht entgegensteht,
sachlich nachvollziehbar. Dem stehen auch die
Beschäftigungsverbote nach §§ 3 ff. des Gesetzes zum
Schutz der erwerbstätigen Mutter (MuSchG) nicht entgegen. Wie
bereits der in § 1 MuSchG geregelte persönliche
Geltungsbereich des Gesetzes zeigt, bezieht das MuSchG nur Frauen
in seinen Schutzbereich ein, die in einem Arbeitsverhältnis
stehen, sowie weibliche in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen
Gleichgestellte, soweit sie am Stück mitarbeiten.
Gesetzeszweck ist damit der Schutz der (werdenden) Mutter vor
Gefahren, Überforderung und Gesundheitsschädigung am
Arbeitsplatz (Zmarlik/Zipperer/Viethen/Vieß,
Mutterschutzgesetz, Mutterschaftsleistungen,
Bundeserziehungsgeldgesetz, 8. Aufl. 1999, S. 29, 97). Entsprechend
schützen die Beschäftigungsverbote der §§ 3 ff.
MuSchG nur vor einem Widerstreit zwischen den Anforderungen aus dem
Erwerbstätigkeitsverhältnis und den Anforderungen aus der
Mutterschaft. Nicht hingegen ist aus den
Beschäftigungsverboten des MuSchG zu folgern, dass die
(werdende) Mutter vor den aus einer mehrfachen Mutterschaft
folgenden Belastungen bewahrt werden soll. Überdies hat der
Gesetzgeber durch die oben aufgeführten sozialen
Fördermaßnahmen nach dem BEEG auch
Gestaltungsmöglichkeiten für die Familie geschaffen, um
etwaige Zeiten eingeschränkter
Eigenbetreuungsmöglichkeiten der Mutter anderweitig zu
überbrücken.
|
|
|
28
|
(5) Schließlich sieht der Senat die
Entscheidung des Gesetzgebers, die steuerliche Abzugsfähigkeit
von Betreuungskosten zwar von einer Erwerbstätigkeit eines
oder beider Elternteile, nicht hingegen von deren zeitlichem Umfang
abhängig zu machen, nicht als gleichheitswidrig an. Wie der
Senat bereits im Urteil in BFHE 238, 76, BStBl II 2012, 816 = SIS 12 25 65, unter II.2.b cc (3) ausgeführt hat, war der
Gesetzgeber verfassungsrechtlich nur gehalten, zwangsläufige
Aufwendungen für die Kinderbetreuung zum Abzug zuzulassen. Da
dem Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts grundsätzlich die
Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung zusteht, ist er
berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu
erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die
regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt
(BVerfG-Beschlüsse vom 7.5.2013 2 BvR 909/06 u.a., DStR 2013,
1228 = SIS 13 17 53, m.w.N.). Soweit er mit der vorgenommenen
Typisierung einen Abzug von Kinderbetreuungskosten auch im Falle
einer nur teilweisen Erwerbstätigkeit beider Ehegatten
ermöglicht hat, ist zum einen zu berücksichtigen, dass
eine allen Einzelfällen gerecht werdende gesetzliche Regelung
kaum möglich ist. Denn insoweit wäre im Hinblick auf die
denkbaren Fallgestaltungen (Umfang der jeweiligen Arbeits- und
Urlaubszeiten beider Elternteile, zeitliche Überlappungen der
jeweiligen Arbeitszeiten, Dauer des Arbeitsweges etc.) ein
tatsächlich vorhandener zwangsläufiger
Fremdbetreuungsbedarf nur im konkreten Einzelfall feststellbar. Der
Gesetzgeber durfte deshalb einen aus dem Normzweck folgenden
Anknüpfungspunkt (Vorliegen eines
Zwangsläufigkeitsgrundes in der Person beider Elternteile)
wählen, auch wenn die steuerliche Begünstigung dadurch
zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung eine gewisse Bandbreite
nach oben und unten erfuhr. Zum anderen ist auch insoweit der
Gesamtumfang der gesetzlichen Regelungen zur Berücksichtigung
des Betreuungsbedarfs junger Familien in den Blick zu nehmen.
Hierbei müsste man insbesondere auch den Umstand
miteinbeziehen, dass eine neben der Betreuung ausgeübte
teilweise Erwerbstätigkeit beider Elternteile im Rahmen des
Elterngeldes Berücksichtigung findet und hier nachteilige
Folgen haben kann. Denn dort wird - anders als bei einem nicht
erwerbstätigen betreuenden Elternteil - das Elterngeld nicht
aus dem vor der Betreuungszeit erzielten Erwerbseinkommen
berechnet, sondern nur aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem
Einkommen vor und während der Betreuung (§ 2 Abs. 3
BEEG).
|