Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 19.07.2018 - 2 K 1835/16 =
SIS 19 04 99 aufgehoben.
Die Sache wird an den zuständigen
Vollsenat des Hessischen Finanzgerichts zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) kaufte in den Streitjahren
(2009 bis 2013) Gegenstände aus Haushaltsauflösungen an
und bot sie auf der Internet-Auktions-Plattform
„ebay“ (ebay) in Form von
Versteigerungen zum Verkauf an. Dazu legte sie vier Konten auf ebay
an und eröffnete zwei Girokonten. Die Klägerin verkaufte
2009 auf 577 Auktionen, 2010 auf 1.057 Auktionen, 2011 auf 628
Auktionen, 2012 auf 554 Auktionen und 2013 auf 260 Auktionen Waren
über ebay. Steuererklärungen gab sie nicht ab. Eine
Steuerfahndungsprüfung des Beklagten und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) ergab folgende Einnahmen:
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Auktionen
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Einnahmen
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2009
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577
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40.000 EUR
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2010
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1.057
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70.000 EUR
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2011
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628
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90.000 EUR
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2012
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554
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90.000 EUR
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2013
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260
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80.000 EUR
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Das FA erließ entsprechende
Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide, in denen es die
Betriebsausgaben und Vorsteuern in Höhe von 30 % der Einnahmen
schätzte. In den Umsatzsteuerbescheiden für die
Streitjahre jeweils vom 20.05.2016 setzte das FA Umsatzsteuer in
Höhe von 19 % auf die festgestellten Einnahmen fest.
Vorsteuerbeträge erkannte das FA nicht an.
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3
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Die Klägerin erhob nach erfolglosem
Vorverfahren Klage. Die Klage hatte teilweise Erfolg (Hessisches
Finanzgericht - FG -, Urteil vom 19.07.2018 - 2 K 1835/16, EFG
2019, 777 = SIS 19 04 99). Das FG entschied, die Einnahmen seien zu
Recht dem Grunde nach der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer
unterworfen worden. Die Klägerin habe nicht nur privates
Vermögen veräußert, sondern sei nach Würdigung
der gesamten Umstände wie eine typische Einzelhändlerin
aufgetreten. Dafür spreche u.a. die Anzahl der über viele
Jahre getätigten Verkäufe und der Aufwand. Sie habe An-
und Verkäufe mit auf Güterumschlag gerichteter Absicht
getätigt und sei dauerhaft am Markt als Anbieter verschiedener
Güter aufgetreten. In Anbetracht der Tatsache, dass die
Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen (FG Köln, Urteil
vom 04.03.2015 - 14 K 188/13, EFG 2015, 1103 = SIS 15 14 40, und
Niedersächsisches FG, Beschluss vom 26.05.2010 - 4 V 210/09,
juris = SIS 11 24 55) den Ansatz von Betriebsausgaben mit Werten
von 40 % bzw. 80 % des Nettoumsatzes für angemessen befunden
habe, sei eine Schätzung der Betriebsausgaben bei der
Einkommensteuer- und Gewerbesteuerfestsetzung von 60 % des
Nettoumsatzes gerechtfertigt. Im Übrigen wies das FG die Klage
ab.
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In dem vor dem X. Senat des
Bundesfinanzhofs (BFH) geführten Revisionsverfahren X R 26/18
hat der X. Senat das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2009 bis 2013 mit
Beschluss vom 17.06.2020 abgetrennt und zuständigkeitshalber
an den V. Senat abgegeben. Mit Urteil vom selben Tag hat der X.
Senat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG
zurückverwiesen (BFH-Urteil vom 17.06.2020 - X R 26/18, BFH/NV
2021, 314 = SIS 20 20 39).
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5
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin insbesondere die Verletzung materiellen Rechts. Sie
sei nicht als Händlerin anzusehen, da sie weder ein Konzept
noch eine Organisation noch Vorkenntnisse im Handel habe. Sie kaufe
gelegentlich aus Haushaltsauflösungen und verkaufe die
Gegenstände wieder über ebay für ein Mindestgebot
von 1 EUR. Es sei wie bei einer Lotterie unsicher, ob Gewinne
entstünden. Zahlreiche Gegenstände verkaufe sie deutlich
unter Einkaufswert, andere werfe sie einfach weg. Sie habe auch
nichts dafür getan, die Gegenstände gewinnbringend zu
veräußern (z.B. Mindestpreise, Werbung, besondere
Darstellung der Gegenstände, Auswahl gutgehender
Gegenstände) und jedenfalls per Saldo keinen Gewinn erzielt.
Ihr Ziel sei der Nervenkitzel bzw. die Spannung gewesen, zu welchem
Preis die Gegenstände gekauft würden. Für sie sei es
Zeitvertreib bzw. Hobby bzw. Liebhaberei gewesen. Bei ebay sei sie
nur private Kundin gewesen. Das FG habe auch nicht dargelegt, wann
die Gewerblichkeit begonnen und geendet habe. Es müsse
zunächst das Bestehen eines Gewerbebetriebs festgestellt
werden, bevor mangels ordnungsgemäßer Buchführung
zur Schätzung übergegangen werden könne. Zudem habe
das FG keine anerkannte Schätzungsmethode gewählt. Eine
Betriebsausgabenquote von 60 % des Nettoumsatzes sei
willkürlich. Der Schätzungsbescheid sei nichtig.
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6
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
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das angefochtene Urteil, die
Einspruchsentscheidung vom 12.09.2016 sowie die
Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2013 vom
20.05.2016 aufzuheben,
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hilfsweise die Zurückverweisung an
einen anderen Senat des FG.
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7
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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8
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II. Die Revision ist begründet; sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG-Urteil ist
aufzuheben, weil es § 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes
(UStG) verletzt, indem es zu Unrecht die Festsetzung von
Umsatzsteuer auf die (Brutto-)Einnahmen bestätigt hat. Die
Sache ist insbesondere im Hinblick auf die Differenzbesteuerung
nach § 25a UStG nicht spruchreif.
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1. Gemäß § 12 Abs. 1 UStG
beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19
% der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und 25a
Abs. 3 und 4 UStG).
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10
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a) Bemessungsgrundlage ist gemäß
§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG das Entgelt. Entgelt war
gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG nach der in den
Streitjahren geltenden Fassung dieser Vorschrift alles, was der
Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten,
abzüglich der Umsatzsteuer. Deshalb hätte die
festzusetzende Umsatzsteuer in den angefochtenen Bescheiden aus den
sog. (Brutto-)Einnahmen herausgerechnet werden müssen. Das
wird das FG bei seiner erneuten Entscheidung berücksichtigen
müssen.
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Dass die Klägerin mit ihrer Revision
nicht die Verletzung dieser Vorschrift rügt, ist ohne
Bedeutung. Denn stützt ein Revisionskläger - wie im
vorliegenden Fall - sein Rechtsmittel in zulässiger Weise auf
die Verletzung materiellen Rechts, prüft der BFH nach dem
Grundsatz der Vollrevision das angefochtene Urteil in vollem Umfang
auf die Verletzung revisiblen Rechts, ohne dabei an die
vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (§ 118
Abs. 3 Satz 2 FGO; vgl. BFH-Urteile vom 27.01.2016 - X R 2/14, BFHE
253, 89, BStBl II 2016, 534 = SIS 16 09 13; vom 19.10.2011 - X R
65/09, BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345 = SIS 12 04 23, und vom
23.10.2019 - V R 46/17, BFHE 267, 140 = SIS 19 19 22).
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12
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b) Diese Beurteilung entspricht auch der
unionsrechtlichen Grundlage in Art. 73 und Art. 78 Buchst. a der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach ist die
Besteuerungsgrundlage die vom Steuerpflichtigen tatsächlich
erhaltene Gegenleistung, wobei die Mehrwertsteuer nicht in die
Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Die Gegenleistung
beinhaltet somit im Gegensatz zur Bemessungsgrundlage den
Steuerbetrag. Denn wird z.B. ein Kaufvertrag ohne Hinweis auf die
Mehrwertsteuer abgeschlossen und kann der Lieferer die später
von der Steuerbehörde verlangte Mehrwertsteuer vom Erwerber
nicht wiedererlangen, hätte die Berücksichtigung des
Gesamtpreises ohne Abzug der Mehrwertsteuer als Grundlage für
die Erhebung der Mehrwertsteuer zur Folge, dass die Mehrwertsteuer
diesen Lieferer belasten würde, und verstieße somit
gegen den Grundsatz, dass es sich bei der Mehrwertsteuer um eine
Verbrauchsteuer handelt, die vom Endverbraucher zu tragen ist (vgl.
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH -
Tulicã vom 07.11.2013 - C-249/12 und C-250/12, EU:C:2013:722
= SIS 13 32 44, Rz 35). Dabei ist
der vereinbarte Betrag auch dann in Entgelt und in die darauf
entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen, wenn die an der Leistung
Beteiligten z.B. rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne
Umsatzsteuer vereinbaren (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2016 - V R
1/16, BFHE 256, 542, BStBl II 2017, 1079 = SIS 17 04 52, Leitsatz
2).
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2. Im Ergebnis zu Recht entschieden hat das
FG, dass die streitigen Leistungen der Klägerin der
Umsatzsteuer unterliegen.
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a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen
Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen
seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder
beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige
Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht,
Gewinn zu erzielen, fehlt.
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b) Bei richtlinienkonformer Anwendung muss
dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 9 Abs. 1
MwStSystRL ausgeübt werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
26.04.2012 - V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634 = SIS 12 13 66; vom 18.12.2008 - V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011,
292 = SIS 09 10 10, unter II.1.; vom 11.04.2008 - V R 10/07, BFHE
221, 456, BStBl II 2009, 741 = SIS 08 31 45, unter II.1. zu Art. 4
Abs. 1, Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom
17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Richtlinie 77/388/EWG
- ). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 9 MwStSystRL der
Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist
(EuGH-Urteile Van Tiem vom 04.12.1990 - C-186/89, EU:C:1990:429, Rz
17; EDM vom 29.04.2004 - C-77/01, EU:C:2004:243 = SIS 04 23 42, Rz 47 zu Art. 4 der Richtlinie
77/388/EWG).
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16
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c) Hinsichtlich der weiteren Anforderungen an
die Nachhaltigkeit von Verkäufen über ebay verweist der
Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil in BFHE
237, 286, BStBl II 2012, 634 = SIS 12 13 66.
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Danach ist im vorliegenden Streitfall die
Würdigung des FG, wonach es sich bei den Verkäufen um
eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG
handelt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat
ausdrücklich auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die
Verkehrsanschauung abgestellt und berücksichtigt, dass die
Klägerin ihre Verkaufstätigkeit über viele Jahre
hinweg nachhaltig ausgeübt hat, weil auch die Anzahl der
Verkäufe von beträchtlichem Umfang war. So hat die
Klägerin 2009 auf 577 Auktionen, 2010 auf 1.057 Auktionen,
2011 auf 628 Auktionen, 2012 auf 554 Auktionen und 2013 auf 260
Auktionen Waren veräußert. Das FG hat weiter
berücksichtigt, dass der Umfang dieser Tätigkeit eine
Betriebsorganisation erforderte. Sie hat Verpackungsmaterial
kaufen, Waren verpacken, Porto zahlen und digitale Bilder der
angebotenen Gegenstände fertigen müssen. Das FG hat
diesen Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze und ohne
Vernachlässigung wesentlicher Umstände dahingehend
gewürdigt, dass eine intensive und langfristige
Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter
Vertriebsmaßnahmen
(„ebay“-Plattform) vorliegt, die
deshalb als nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen
ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Klägerin einen
privaten oder einen gewerblichen Zugang gewählt hat, weil die
Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit keinem Wahlrecht
unterliegen.
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Auf das Vorliegen einer
Gewinnerzielungsabsicht kommt es im Umsatzsteuerrecht
gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht an.
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3. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif,
weil Feststellungen zur Differenzbesteuerung nach § 25a UStG
fehlen.
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a) Angesichts der nachhaltigen
selbständigen Tätigkeit ist davon auszugehen, dass die
Klägerin Wiederverkäuferin i.S. des § 25a Abs. 1 Nr.
1 UStG ist, weil sie gewerbsmäßig mit beweglichen
körperlichen Gegenständen handelt. Welche Anforderungen
an die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der
Voraussetzungen des § 25a UStG, und zwar insbesondere
dafür, dass der Vorlieferant die Voraussetzungen des §
25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG erfüllt, zu stellen sind, ist
zwar höchstrichterlich noch nicht entschieden (vgl. hierzu
z.B. FG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2021 - 5 K 1414/18 U, EFG
2021, 1948 = SIS 21 14 74 - Revision eingelegt, Az. des BFH: XI R
15/21). Da die Klägerin die von ihr weiter
veräußerten Gegenstände nach den Feststellungen des
FG „beim Stöbern bei
Haushaltsauflösungen“ erworben hat,
kann aber nach den Verhältnissen des Streitfalls von einem
Erwerb, für den keine Umsatzsteuer geschuldet wurde (§
25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG), auszugehen sein.
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21
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b) Ob die Klägerin auch auf gewerblichen
Haushaltsauflösungen Gegenstände erworben hat und ob es
sich dabei um Edelsteine oder Edelmetalle gehandelt hat (§ 25a
Abs. 1 Nr. 3 UStG), wird das FG feststellen müssen.
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22
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c) In Bezug auf die Aufzeichnungspflichten
gemäß § 25a Abs. 6 Satz 1 UStG weist der Senat
vorsorglich darauf hin, dass diese - entgegen dem FG-Urteil - nicht
zu den materiellen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung
gehören, sodass ein Verstoß gegen die
Aufzeichnungspflichten grundsätzlich nicht dazu führt,
die Differenzbesteuerung zu versagen, sondern vielmehr - ggf. zu
Lasten des Wiederverkäufers - nach § 162 der
Abgabenordnung (AO) zu schätzen sein kann (vgl. Grebe in
Wäger, UStG, 2. Aufl., § 25a Rz 56; zur Zulässigkeit
der Schätzung vgl. bereits FG Berlin, Urteil vom 21.12.1999 -
7 K 5176/98, EFG 2000, 521).
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23
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Unionsrechtlich erklärt sich dies zum
einen daraus, dass nur eine Pflicht zu (getrennten) Aufzeichnungen
nach Art. 324 MwStSystRL besteht, wenn die Differenzbesteuerung
neben der Regelbesteuerung angewendet wird. Zum anderen hat der
EuGH zwar entschieden, dass sich die Bemessungsgrundlage, die nach
der Differenzbesteuerung bestimmt wird, aus Aufzeichnungen ergeben
muss, die es ermöglichen, zu überprüfen, ob
sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung dieser
Regelung erfüllt sind (vgl. EuGH-Urteil Sjelle Autogenbrug vom
18.01.2017 - C-471/15, EU:C:2017:20 = SIS 17 00 23, Rz 43). Danach müssen die Aufzeichnungen des
steuerpflichtigen Wiederverkäufers und die damit in
Zusammenhang stehenden Rechnungen - abgesehen von
Ausnahmefällen - objektive Informationen zu dem betreffenden
Umsatz und den verkauften Gegenständen liefern können
(vgl. EuGH-Urteil E LATS vom 11.07.2018 - C-154/17, EU:C:2018:560 =
SIS 18 10 10, Rz 38). Steht aber
fest, dass die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung vorliegen,
kann ein Ausnahmefall in diesem Sinne vorliegen, bei dem aufgrund
des Fehlens von Aufzeichnungen die Anwendung der
Differenzbesteuerung nicht zwingend zu versagen ist. Es ist dann
vielmehr zu prüfen, ob Einkaufspreise ggf. mit einem
(erheblichen) Sicherheitsabschlag zu Lasten des
Wiederverkäufers nach § 162 AO geschätzt werden
können (so im Ergebnis auch Stadie in
Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 25a Rz 176).
Der Senat berücksichtigt dabei auch, dass im Rahmen der
Differenzbesteuerung der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (EuGH-Urteil
Litdana vom 18.05.2017 - C-624/15, EU:C:2017:389 = SIS 17 10 16, Rz 44) und danach eine derartige
Schätzung - als milderes Mittel - in Betracht zu ziehen sein
kann.
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24
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d) Soweit eine Differenzbesteuerung nach
§ 25a UStG nicht in Betracht kommen sollte, wird das FG noch
Feststellungen zum Vorsteuerabzug und zum Steuersatz nachholen
müssen.
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aa) Die Feststellungen des FG lassen keine
Beurteilung zu, ob und ggf. in welcher Höhe die
Voraussetzungen eines Vorsteuerabzugs vorgelegen haben. Die
Feststellung des FG, dass die Klägerin die von ihr verkauften
Gegenstände „beim Stöbern bei
Haushaltsauflösungen“ erworben hat,
deutet darauf hin, dass es sich um Erwerbe von Nichtunternehmern
gehandelt hat, die gemäß § 15 Abs. 1 UStG nicht zum
Vorsteuerabzug berechtigen (s. oben unter II.3.a.). Hierzu wird das
FG aber noch Feststellungen nachholen müssen. Dasselbe gilt
für das Vorliegen von zum Vorsteuerabzug berechtigenden
Rechnungen und den übrigen Voraussetzungen eines
Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 UStG.
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26
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bb) Soweit die Voraussetzungen der
Differenzbesteuerung nicht vorliegen sollten, wird das FG ferner zu
prüfen haben, ob auf einzelne Umsätze der
ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG
Anwendung findet. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die
Tatbestände des § 12 Abs. 2 UStG als Ausnahmeregelungen
eng auszulegen sind (EuGH-Urteile Kommission/Frankreich vom
06.05.2010 - C-94/09, EU:C:2010:253 = SIS 10 18 78; Erotic Center vom 18.03.2010 - C-3/09,
EU:C:2010:149 = SIS 10 14 94,
m.w.N.) und dass der Steuerpflichtige die Feststellungslast
für das Vorliegen der Merkmale der Steuerermäßigung
trägt (BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634 = SIS 12 13 66).
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27
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4. Vorsorglich weist der Senat darauf hin,
dass die Voraussetzungen des § 19 UStG im Streitfall nicht
vorliegen.
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a) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird die
für die Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der in Satz 2
bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im
vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat
und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht
übersteigen wird. Diese Voraussetzungen waren in den
Streitjahren nicht erfüllt, weil der jeweils maßgebliche
Vorjahresumsatz 17.500 EUR überstiegen hat. Die Umsatzgrenze
von 50.000 EUR hat keine eigene Bedeutung, wenn der Vorjahresumsatz
bereits die Grenze von 17.500 EUR übersteigt; Bedeutung hat
die Umsatzgrenze nur für den Fall, dass die Umsätze des
vorangegangenen Jahres geringer sind als 17.500 EUR, aber im
laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 EUR übersteigen
(BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634 = SIS 12 13 66;
BFH-Beschluss vom 18.10.2007 - V B 164/06, BFHE 219, 400, BStBl II
2008, 263 = SIS 08 05 55, unter II.2.b, m.w.N.).
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b) Auch für das Erstjahr 2009 ist die
Grenze der Kleinunternehmerbesteuerung überschritten. Denn in
Kalenderjahren, in denen der Unternehmer sein Unternehmen beginnt,
ist die Umsatzgrenze von 17.500 EUR für das laufende
Kalenderjahr maßgeblich (BFH-Urteil vom 22.11.1984 - V R
170/83, BFHE 142, 316, BStBl II 1985, 142 = SIS 85 02 20;
BFH-Beschluss in BFHE 219, 400, BStBl II 2008, 263 = SIS 08 05 55).
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30
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c) Auch soweit die Anwendung der
Differenzbesteuerung nach § 25a UStG in Betracht kommt (s.
oben II.3.), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn bei
der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung
(§ 19 UStG) ist bei einem Händler, der der
Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) unterliegt, nicht auf die
Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem
Einkaufspreis (Handelsspanne), sondern auf die Gesamteinnahmen
abzustellen (BFH-Urteil vom 23.10.2019 - XI R 17/19 (XI R 7/16),
BFHE 267, 154 = SIS 20 00 78).
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31
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5. Die von der Klägerin beantragte
Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG ist im
Streitfall nicht geboten, da ernstliche Zweifel an dessen
Unvoreingenommenheit (vgl. zu den Voraussetzungen BFH-Urteil vom
04.09.2002 - XI R 67/00, BFHE 200, 1, BStBl II 2003, 142 = SIS 03 09 00) nicht zu erkennen sind und auch von der Klägerin nicht
vorgetragen worden sind. Allein die Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils
genügt hierfür nicht.
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Der vom FG dem Einzelrichter übertragene
Rechtsstreit wird allerdings unter Aufhebung des Beschlusses
betreffend die Übertragung des Streitfalls auf den
Einzelrichter an den Vollsenat zurückverwiesen, da die
Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 FGO im Streitfall nicht
gegeben sind (vgl. BFH-Urteile vom 13.12.2018 - III R 13/15, BFH/NV
2019, 1069 = SIS 19 12 09; vom 30.11.2010 - VIII R 19/07, BFH/NV
2011, 449 = SIS 11 05 11, und in BFH/NV 2021, 314 = SIS 20 20 39).
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33
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6. Der Senat hat die Entscheidung in einer
Videokonferenz unter den hierfür von der BFH-Rechtsprechung
aufgestellten Voraussetzungen getroffen (vgl. BFH-Urteil vom
10.02.2021 - IV R 35/19, BFHE 272, 152 = SIS 21 06 74).
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
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