Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts XXX vom XX.XX.XXXX - XXX aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht XXX zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Das Revisionsverfahren des Beklagten wird
eingestellt, nachdem er die Revision zurückgenommen hat
(§ 125 Abs. 1, § 121 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz
2 der Finanzgerichtsordnung).
Dem Finanzgericht wird die Entscheidung
über die Kosten des Verfahrens übertragen.
1
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I. Streitig ist, welche Anforderungen ein
im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer,
der im Inland sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 2 oder Abs. 5
des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an Unternehmer und Nichtunternehmer
erbringt, zu erfüllen hat, damit er von einer
Steuerschuldnerschaft seiner unternehmerischen
Leistungsempfänger nach § 13b UStG ausgehen kann.
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2
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Die Klägerin, Revisionsklägerin
und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die durch
Verschmelzung im Jahr 2018 Gesamtrechtsnachfolgerin der im Jahr
2015 (Streitjahr) im übrigen Gemeinschaftsgebiet
ansässigen Unternehmerin X, einer Kapitalgesellschaft nach
ausländischem Recht, geworden ist. X betrieb im Streitjahr
einen Online-Marktplatz, auf dem sowohl Unternehmer als auch
Nichtunternehmer („Endverbraucher“)
Gegenstände zum Kauf anboten. Die Dienstleistungen der X
bestanden darin, den Anbietern der Waren den Zugang und die Nutzung
des Online-Marktplatzes zu gewähren‚ wofür X
Gebühren von den Nutzern erhob, deren Höhe sich
vornehmlich nach den Verkaufserlösen richtete.
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3
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Um die Dienstleistung von X in Anspruch zu
nehmen und den Online-Marktplatz nutzen zu können, mussten
sich die Leistungsempfänger zunächst registrieren und den
allgemeinen Geschäftsbedingungen der X zustimmen. Bei dieser
Registrierung mussten die Leistungsempfänger angeben, ob sie
als Privatperson („privates Konto“) oder
als Unternehmer („gewerbliches Konto“)
den Marktplatz nutzen wollten. Standardmäßig wurden die
Nutzer vom System als Privatpersonen (Nichtunternehmer) angelegt.
Erfolgte eine Anmeldung als Unternehmer, mussten in der
Eingabemaske Angaben zum Namen des Unternehmens, zum
Unternehmenstyp (Branche), zur Rechtsform des Unternehmens, zu
einer vorhandenen Handelsregisternummer, zur
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.), zum Namen des
gesetzlichen Vertreters des Unternehmens, zur Adresse des
Unternehmens sowie zur Telefonnummer und zur E-Mail-Adresse gemacht
werden. Wurde keine USt-IdNr. angegeben, war dies gesondert zu
bestätigen. Sofern der Leistungsempfänger eine USt-IdNr.
eintrug, prüfte X diese auf Gültigkeit. Die Prüfung
erfolgte bei neu eingegebenen Nummern wöchentlich in einer
Sammeldatei automatisiert über das
Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem der Europäischen
Union. Darüber hinaus überprüfte X sämtliche
USt-IdNrn. - unerheblich ob bereits seit längerem angelegt
oder neu eingetragen - für jedes Kalendervierteljahr
neu.
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Bis zum 31.12.2014 behandelte X
ausschließlich die Leistungsempfänger als Unternehmer,
die eine gültige USt-IdNr. angaben. Zum 01.01.2015 stellte X
das Verfahren um. Kunden, die eine gültige USt-IdNr. angaben,
wurden nach wie vor als Unternehmer behandelt. Sofern eine
angegebene USt-IdNr. nicht mehr als gültig bestätigt
wurde oder der Leistungsempfänger sich als gewerblicher Nutzer
registrierte, aber keine oder eine ungültige USt-IdNr.
angab‚ prüfte und bejahte X nunmehr die
Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers, wenn bei
diesem eines von drei Kriterien zur Bejahung einer
Unternehmereigenschaft vorlag. Insoweit stellte X darauf ab, ob der
Leistungsempfänger im laufenden Jahr oder im Vorjahr entweder
mehr als … Verkäufe tätigte oder getätigt
hatte, ob (im gleichen Zeitraum) Leistungsentgelte
(„Verkaufsgebühren“) von mindestens
… EUR entstanden waren oder ob sich der
Leistungsempfänger auf einer besonderen Plattform (gewerbliche
Plattform) angemeldet hatte, die gewerblichen Händlern
vorbehalten war.
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5
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Handelte es sich bei den
Leistungsempfängern nach den von ihnen gemachten Angaben um
eine im Inland ansässige Person und lag in Bezug auf diese
Person eines der drei Kriterien vor, ging X von einer
Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gemäß
§ 13b Abs. 5 Satz 1 UStG aus.
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Im Rahmen einer bei X für das erste
Kalendervierteljahr 2015 durchgeführten
Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertraten die Prüfer die
Auffassung, dass nur die Leistungsempfänger als Unternehmer zu
behandeln seien, für die eine gültige USt-IdNr.
vorgelegen habe. Die drei von X angelegten Kriterien waren nach
Ansicht der Prüfer nicht geeignet, die Unternehmereigenschaft
der Leistungsempfänger anzunehmen.
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Im Anschluss an die Prüfung
übersandte X zu den Personen, die sie aufgrund der drei
Kriterien als Unternehmer angesehen hatte, USt-IdNrn. auf einem
Datenträger und machte geltend, dass danach die aufgrund der
Prüfung erhöhte Umsatzsteuer auf die Hälfte zu
verringern sei. Der Beklagte, Revisionsbeklagte und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) prüfte die
nachgereichten USt-IdNrn. stichprobenartig und stellte dabei fest,
dass eine Vielzahl der USt-IdNrn. unvollständig, fehlerhaft
oder im Leistungszeitpunkt ungültig gewesen und im
Übrigen die nachgereichten Nummern nicht in den von X
anzufertigenden zusammenfassenden Meldungen enthalten gewesen
seien. Nach Übersendung eines zweiten Datenträgers
forderte das FA von X eine Liste mit Namen und Anschriften der
Personen‚ die X aufgrund der drei Kriterien als Unternehmer
angesehen hatte. X kam dem jedoch unter Hinweis auf die bereits
eingereichten Daten und die aus Sicht des FA - wonach es allein auf
die USt-IdNr. ankomme - anzunehmende fehlende Bedeutung der
geforderten Angaben nicht nach.
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Das FA wertete den Prüfungsbericht
aus, teilte im Wege der Schätzung die von den Prüfern
für das gesamte Jahr 2015 ermittelten Mehrsteuern
gleichmäßig auf die vier Voranmeldungszeiträume
2015 auf und setzte die Umsatzsteuer für alle vier
Kalendervierteljahre 2015 entsprechend fest. Den Einspruch gegen
den das erste Kalendervierteljahr 2015 betreffenden Bescheid wies
das FA als unbegründet zurück.
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9
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Der von der Klägerin - als
Gesamtrechtsnachfolgerin der X - erhobenen Klage gab das
Finanzgericht (FG) teilweise statt. Indem X ihren Nutzern den
Zugang und die Nutzung eines Online-Marktplatzes zur Verfügung
gestellt habe, habe sie auf elektronischem Wege sonstige Leistungen
(§ 3 Abs. 9 UStG) erbracht, die - zwischen den Beteiligten
unstreitig - im Inland steuerbar seien (§ 3a Abs. 5 Satz 1 Nr.
1, Satz 2 Nr. 3 UStG sowie § 3a Abs. 2 UStG). X sei für
die Leistungen an die im Inland ansässigen Empfänger, die
sie aufgrund der drei Kriterien als Unternehmer angesehen habe,
Steuerschuldnerin (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Eine Umkehr der
Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 UStG
auf die Leistungsempfänger, die X aufgrund der drei Kriterien
als Unternehmer angesehen habe, komme nicht in Betracht. Die
Verwendung einer gültigen USt-IdNr. sei zwar weder nach
nationalem Recht noch nach Unionsrecht notwendig, um den
Leistungsempfänger als Unternehmer im Sinne des § 13b
Abs. 5 Satz 1 UStG zu qualifizieren. Die Klägerin habe jedoch
nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass diese
Leistungsempfänger Unternehmer im Sinne des § 13b Abs. 5
Satz 1 i.V.m. § 2 UStG gewesen seien und ihren Sitz oder ihre
Geschäftsleitung im Inland gehabt hätten. Zwar habe X
für die Prüfung der Unternehmereigenschaft der
Leistungsempfänger nachvollziehbare Merkmale entwickelt, die
für eine Unternehmereigenschaft sprechen könnten.
Allerdings seien die Leistungsempfänger für das FG nicht
identifizierbar. Bei diesen handele es sich um eine Vielzahl von
Nutzern, die ihren Namen und ihre Anschrift gegenüber X selbst
angegeben hätten. Es sei nicht auszuschließen, dass sich
hinter den Namen keine real existierenden Unternehmen verborgen
hätten. Es habe nicht die Überzeugung gewonnen werden
können, dass X die Identität der Nutzer
überprüft habe. Die Identität des
Leistungsempfängers müsse feststehen, wenn von einer
Person Qualifikationsmerkmale, wie die Unternehmereigenschaft,
abhingen und erst recht dann, wenn die Steuerschuldnerschaft auf
sie übertragen werde. Dass eine Kontrolle und damit ein
konkreter Nachweis im Falle einer Vielzahl von persönlich wohl
unbekannten Kunden schwierig sei, habe die Klägerin
hinzunehmen. Denn X habe von der Möglichkeit, die USt-IdNrn.
der Leistungsempfänger - als im Regelfall verlässliche
Nachweismöglichkeit - zu fordern, keinen Gebrauch gemacht. Die
Nichterweislichkeit des Umstandes, dass die Leistungsempfänger
Unternehmer seien, gehe zu Lasten der Klägerin. Sie trage die
Feststellungslast (objektive Beweislast) für das Vorliegen der
tatsächlichen Voraussetzungen des § 13b Abs. 5 Satz 1
UStG, da sie sich auf eine für sie günstige
Ausnahmeregelung zu § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG berufe.
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10
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Die Steuerfestsetzung sei jedoch insoweit
fehlerhaft überhöht, als nicht ausgeschlossen werden
könne, dass in den im Rahmen der
Umsatzsteuer-Sonderprüfung
„nachgereichten“ Listen Daten zur
Verfügung gestellt worden seien, die eine Identifizierung und
damit eine Überprüfung der Unternehmereigenschaft
ermöglicht hätten. Auf dem zweiten Datenträger seien
- zwischen den Beteiligten unstreitig - die Namen und
„Firmennamen“ sowie die Adressen der
dort genannten Leistungsempfänger (bei denen es sich nur um
einen Teil der Personen gehandelt habe, die X aufgrund der drei
Kriterien als Unternehmer betrachtet hatte) angegeben worden, so
dass es dem FA möglich gewesen sei, diese Daten zu
prüfen. Jedenfalls soweit dort gültige USt-IdNrn.
nachgereicht worden seien, bestünden keinerlei Bedenken,
insoweit von der Unternehmereigenschaft auszugehen. Unerheblich
sei, dass diese möglicherweise im Zeitpunkt der
Leistungsausführung nicht vorgelegen hätten. Dem FG sei
eine Auswertung der Daten nicht möglich, so dass die
festgesetzte Umsatzsteuer um einen angemessenen Abschlag von 50 %
im Wege der Schätzung gemäß § 96 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 162 der Abgabenordnung
(AO) zu verringern sei.
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11
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
die Verletzung materiellen Rechts (§ 13b Abs. 5 UStG) sowie
Verfahrensfehler des FG geltend. Die Unternehmereigenschaft der
Personen, die X aufgrund der drei Kriterien als Unternehmer
angesehen habe, sei durch die von der X vorgenommenen Prüfung
anhand dieser Kriterien nachgewiesen. Diese seien sowohl geeignet
als auch ausreichend, um einen Leistungsempfänger als
Unternehmer einzustufen, was auch das FG nicht verkannt habe. Die
Veräußerung von … Artikeln und mehr stelle eine
nachhaltige Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG
dar. Die Anzahl sei so hoch, dass mit Sicherheit ausgeschlossen
werden könne, dass die Verkaufstätigkeit nur einmalig und
nicht auf Wiederholung angelegt sei. (…) Bei einer solchen
Anzahl komme es im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse
auch nicht mehr darauf an, in welcher Zeitspanne die Artikel
angeboten und veräußert würden. Der Bundesfinanzhof
(BFH) habe bereits zu der Veräußerung von 140
Gegenständen festgestellt, dass eine Person bei einer solch
intensiven Teilnahme am Marktgeschehen zum Unternehmer werde,
selbst wenn diese Gegenstände aus der privaten Sphäre
stammen würden (BFH-Urteil vom 12.08.2015 - XI R 43/13, BFHE
251, 253, BStBl II 2015, 919 = SIS 15 21 32). Vor diesem
Hintergrund seien die Ausführungen des FG, es sei
möglich, eine Vielzahl von Verkäufen zu tätigen,
ohne ein Gewerbe zu betreiben, wie etwa bei einer mehrfachen
Veräußerung durch Sammler, nicht zutreffend. Auch die
Höhe der Gebühr von mindestens … EUR, die einem
Verkaufserlös von mindestens … EUR entspreche, weise
auf eine nachhaltige Tätigkeit hin. Zwar könne es
vorkommen, dass auf dem Online-Marktplatz Gegenstände
angeboten würden, die einzeln den Preis von … EUR
überstiegen. In diesen wenigen Fällen sei aber im Rahmen
des Gesamtbildes der Verhältnisse zu berücksichtigen,
dass die Nachhaltigkeit auch schon bei einer ersten und einmaligen
Leistung gegeben sei, wenn Wiederholungsabsicht bestehe. Von einer
Wiederholungsabsicht sei bei einem Nutzer, der sich als
gewerblicher Händler anstatt als Privatperson angemeldet habe,
auszugehen. Schließlich sei auch die Verwendung der
gewerblichen Plattform, die einem räumlichen
Geschäftslokal gleichstehe und durch die der Nutzer wie ein
Händler am Markt auftrete, ein gesichertes Merkmal für
eine nachhaltige und damit unternehmerische Tätigkeit des
Nutzers, zumal sich die Nutzung der gewerblichen Plattform,
für die monatliche Gebühren anfielen, wirtschaftlich nur
lohne, wenn der Nutzer monatliche Umsätze von … EUR bis
… EUR erwarte. Das FG habe festgestellt, dass jede der
Personen, die X aufgrund der drei Kriterien als Unternehmer
behandelt habe, eines dieser Kriterien erfüllt habe. Diese
lückenlose Erfassung sei auch fälschungssicher
möglich, da die Leistungsempfänger über den
Online-Marktplatz ihre Artikel anböten und
veräußerten, mit der Folge, dass X jeder Umsatz und
jedes Anbieten eines Artikels bekannt gewesen sei. Mithin
widerspreche das FG mit seinen Ausführungen, X habe sich
ausschließlich auf die Angaben der Nutzer verlassen, den
eigenen Feststellungen.
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Sofern das FG die Klage mit der
Begründung abgewiesen habe, der Leistungsempfänger
müsse identifizierbar sein, verstoße es sowohl gegen
§ 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UStG als auch gegen
Denkgesetze. § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG setze für die
Umkehr der Steuerschuldnerschaft bezüglich des
Leistungsempfängers nur voraus, dass dieser ein Unternehmer
sei. Seine melderechtliche, postalische oder handelsrechtliche
Identität sei kein Tatbestandsmerkmal und nach dem Sinn und
Zweck der Vorschrift auch nicht notwendigerweise festzustellen.
Zwar möge es typischerweise erforderlich sein, die
Identität des Leistungsempfängers zur Prüfung seiner
Unternehmereigenschaft festzustellen. Dies gelte aber nicht im
vorliegenden Fall. Denn X habe die unternehmerische Tätigkeit
ihrer Leistungsempfänger lückenlos feststellen
können. Dies gelte selbst für den Fall, dass ihr - wie
das FG und das FA in unzutreffender Weise annähmen - die
handels- und melderechtliche Identität der
Leistungsempfänger völlig verborgen geblieben oder sie
über deren Identität getäuscht worden sei. Denn ein
Unternehmer, der seine Identität verdecke, sei dennoch ein
Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG und im vorliegenden
Fall auch Leistungsempfänger, da der sich verdeckende
Unternehmer gemäß § 116 Satz 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Vertragspartner der X geblieben
sei und deren Leistung habe beziehen wollen, so dass kein Mangel
der Ernstlichkeit im Sinne des § 118 BGB vorliege. Sofern ein
Nutzer seine Identität in der Absicht verschleiert habe, dass
die Leistung der X wirtschaftlich einen anderen treffen sollte,
wäre er ein Strohmann gewesen. Ein Strohmanngeschäft sei
aber umsatzsteuerrechtlich anzuerkennen und führe nicht dazu,
dass der Leistende die Leistung an den verdeckten Hintermann
erbringe. Anders wäre es nur, wenn X zusammen mit dem
Strohmann und dem Dritten kollusiv zusammengewirkt und den Vertrag
einvernehmlich zum Schein abgeschlossen hätte. Da X ohne
Feststellung der postalischen, melderechtlichen oder
handelsrechtlichen Identität des Leistungsempfängers
dessen Unternehmereigenschaft habe feststellen können und auch
festgestellt habe, stelle das FG eine zusätzliche
Voraussetzung für die umgekehrte Steuerschuldnerschaft auf,
wenn es die melderechtliche oder handelsrechtliche Identität
oder die USt-IdNr. als Nachweis für die Unternehmereigenschaft
einfordere. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe
zur umgekehrten Steuerschuldnerschaft bezüglich des
Leistungsempfängers entschieden, dass die Steuerverwaltung
hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Abzug dieser
Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellen
dürfe, welche die Ausübung des Rechts vereiteln
könnten, wenn sie über die Angaben verfüge, die
für die Feststellung des Vorliegens der materiellen
Voraussetzungen erforderlich seien. Diese Erwägungen
würden entsprechend für den Leistenden gelten. Das FG
gehe infolgedessen rechtsfehlerhaft davon aus, dass es sich zur
Unternehmereigenschaft der Nutzer keine Überzeugung habe
bilden können, weil ihm die Nutzer weder von dem Namen, der
Anschrift oder dem Unternehmensgegenstand im Einzelnen bekannt
gewesen seien. Nicht die Person des Leistungsempfängers sei
entscheidend, sondern dessen Unternehmereigenschaft. Soweit das FG
ausführe, es sei davon auszugehen, dass dies auch für X
gegolten habe, verstoße es auch gegen Denkgesetze, denn es
habe selbst festgestellt, dass X diese Angaben im Rahmen der
Anmeldung abfrage und sie ihr somit bekannt seien. Darüber
hinaus hätten weder das FA noch das FG Feststellungen oder
Indizien für die Annahme angeführt, dass bewusste
Falschangaben nicht ausgeschlossen werden könnten oder X eine
namentlich angemeldete Person als Unternehmer angesehen habe,
obwohl sie kein Unternehmer gewesen sei. Auch zur
Strohmanneigenschaft habe das FG keine Feststellungen getroffen.
Ohne jegliche Anhaltspunkte habe das FG somit für
sämtliche Leistungsempfänger ohne USt-IdNr. unterstellt,
dass diese sich mit falschen Angaben angemeldet hätten. Im
Ergebnis habe das FG die umgekehrte Steuerschuldnerschaft dadurch
nur im Falle einer gültigen USt-IdNr. anerkannt und damit
rechtsfehlerhaft die gültige USt-IdNr. als Voraussetzung
für die Umkehrung der Steuerschuld angesehen, obwohl das FG
selbst die USt-IdNr. nicht als Tatbestandsmerkmal des § 13b
Abs. 5 Satz 1 UStG angesehen habe.
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Verfahrensrechtlich rügt die
Klägerin, dass das FG seiner Ermittlungspflicht hinsichtlich
der aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Identität der
Leistungsempfänger nicht nachgekommen sei. Jedenfalls
hätte es ihr, der Klägerin, einen richterlichen Hinweis
geben müssen, damit ihr die Vorlage der Anmeldedaten
möglich gewesen wäre. Im zweiten Schritt hätten die
Daten überprüft werden können. Des Weiteren habe das
FG ohne Vorliegen der Voraussetzungen einer Schätzung
gemäß § 96 Abs. 1 FGO i.V.m. § 162 AO die von
ihr, der Klägerin, vorgelegten USt-IdNrn. im Wege der
Schätzung zu 50 % als ungültig behandelt. Dem FG
wäre es entgegen seiner Begründung möglich gewesen,
mit Hilfe des FA die vorgelegten USt-IdNrn. auf ihre
Gültigkeit zu überprüfen. Dem FA sei dies
möglich; es habe nach seinem Vortrag die nachgereichten
USt-IdNrn. stichprobenartig geprüft. Das FG habe seine
Sachaufklärungspflicht auch dadurch verletzt, dass es seine
Entscheidung auf den völlig unsubstantiierten Vortrag des FA
gestützt habe. Das FA habe weder dargetan, wie viele der
nachgereichten USt-IdNrn. es stichprobenartig geprüft habe,
noch wie viele davon fehlerhaft oder ungültig gewesen seien.
Die Annahme des FG, dass 50 % der USt-IdNrn. ungültig gewesen
seien, sei ins Blaue hinein erfolgt und orientiere sich nicht an
nachvollziehbaren Annahmen und einer nachvollziehbaren
Schätzungsmethode.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
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unter teilweiser Aufhebung des FG-Urteils
und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom XX.XX.XXXX den
Umsatzsteuerbescheid für das erste Kalendervierteljahr 2015
vom XX.XX.XXXX dahin zu ändern, dass die Steuer auf …
EUR festgesetzt wird,
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hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG
zurückzuverweisen.
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Das FA hat zunächst selbst Revision
gegen das Urteil des FG eingelegt, sodann diese aber
zurückgenommen. Es beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das FG habe die USt-IdNr. nicht als
Tatbestandsvoraussetzung für die Unternehmereigenschaft oder
als zwingendes Nachweiserfordernis für die Umkehr der
Steuerschuld angesehen. Maßgeblicher Entscheidungsgrund
für die Nichtanerkennung der Umkehr der Steuerschuld sei die
fehlende Identifizierbarkeit der Leistungsempfänger gewesen.
Die Kriterien der X seien dafür nicht ausreichend, da sie zwar
Rückschlüsse auf die unternehmerische Tätigkeit,
aber nicht über die Identität des
Leistungsempfängers zuließen. Im vorliegenden Fall sei
aber gerade die Frage der Person des Leistungsempfängers
entscheidend, da zu bestimmen sei, ob dieser Schuldner der
Umsatzsteuer sei. Aufgrund der Ungewissheit über die
Identität könne letztlich nicht bestimmt werden, ob es
sich bei dem jeweiligen Leistungsempfänger um einen
Unternehmer handele. Das FG sei zur Schätzung befugt gewesen.
Nach dessen Feststellungen seien die nachgereichten Daten für
das Gericht nicht überprüfbar gewesen;
Überprüfungen des FA hätten Beanstandungen ergeben.
Mangels weiterer Anhaltspunkte führe die vom FG angewandte
Schätzungsmethode zu einem schlüssigen und wirtschaftlich
denkbaren Ergebnis. Die mit der Schätzung verbundenen
Unsicherheiten gingen zu Lasten der Klägerin.
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Am 08.12.2023 hat das FA den
Umsatzsteuerbescheid für das erste Kalendervierteljahr 2015
zur Umsetzung des Urteils des FG geändert und die festgesetzte
Umsatzsteuer um den vom FG tenorierten Umsatzsteuerbetrag
gemindert. Der Bescheid ist den Klägervertretern für X
bekanntgegeben worden.
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II. Das angefochtene Urteil ist nicht aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da der während
des Revisionsverfahrens erlassene Umsatzsteuerbescheid für das
erste Kalendervierteljahr 2015 nicht nach § 68 Satz 1 FGO
Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Der Bescheid benennt nicht
die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der X, sondern
ausschließlich X als Steuerschuldnerin (Inhaltsadressatin).
Ein nicht an den Rechtsnachfolger, sondern an einen nicht mehr
existierenden Rechtsvorgänger gerichteter Verwaltungsakt
entfaltet (diesem gegenüber) keine Rechtswirkungen (vgl.
Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
21.10.1985 - GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230 = SIS 86 06 17; BFH-Urteil vom 16.09.2010 - V R 51/09, BFH/NV 2011, 569 =
SIS 11 06 61, Rz 23).
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Im Streitfall ist X, ein im übrigen
Gemeinschaftsgebiet ansässiges Unternehmen in der Rechtsform
einer Kapitalgesellschaft nach ausländischem Recht, auf die
Klägerin, eine inländische GmbH, grenzüberschreitend
im Sinne des § 305 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG)
verschmolzen worden. X als selbständige Rechtsperson ist mit
der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister im Mai 2018
erloschen; Gesamtrechtsnachfolgerin wurde die Klägerin (§
305 Abs. 2 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UmwG).
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Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners
können auch nicht dadurch geheilt werden, dass sich der
Empfänger als Adressat angesehen hat (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 21.10.1985 - GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl
II 1986, 230 = SIS 86 06 17). Verwaltungsakte, die die
Finanzbehörde nach dem Erlöschen an den
Rechtsvorgänger gerichtet hat, sind deshalb selbst dann
rechtsunwirksam, wenn sie an den Prozessvertreter des
Rechtsnachfolgers adressiert sind und somit in den Machtbereich des
Rechtsnachfolgers gelangt sein sollten (Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 21.10.1985 - GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl II
1986, 230 = SIS 86 06 17). Dies gilt selbst für den Fall, dass
der Rechtsnachfolger - wie im Streitfall - aus den
Erläuterungen, in denen darauf hingewiesen wird, dass der
Bescheid nach § 68 FGO Gegenstand des vorliegenden
Revisionsverfahrens wird, geschlossen haben sollte, dass sich der
Bescheid an ihn richtet.
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21
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III. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an
das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
Zwar hat das FG zu Recht entschieden, dass die Verwendung einer
gültigen USt-IdNr. durch den Leistungsempfänger keine
Voraussetzung dafür ist, den Leistungsempfänger als
Unternehmer im Sinne des § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m.
§ 2 Abs. 1 UStG anzusehen, sowie dass die Person des
Leistungsempfängers hinreichend bekannt, das heißt
identifizierbar sein muss. Das FG hat aber unter Verstoß
gegen die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht des § 76
Abs. 1 Satz 1 FGO den Übergang der Steuerschuldnerschaft nach
§ 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 und Abs. 1 UStG ohne
Überprüfung der Richtigkeit der von der Klägerin
gemachten Angaben zur Person der Leistungsempfänger verneint
und ist auf dieser Grundlage rechtsfehlerhaft von einer
Schätzungsbefugnis dem Grunde nach gemäß § 162
Abs. 1 Satz 1 AO ausgegangen. Die Sache ist nicht spruchreif.
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22
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1. Für sonstige Leistungen im Sinne von
§ 3a Abs. 2 UStG, die ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet
ansässiger Unternehmer an einen im Inland ansässigen
Unternehmer erbringt, besteht eine Steuerschuldnerschaft des
Leistungsempfängers.
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a) Nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1
und Abs. 1 UStG schuldet der Leistungsempfänger die Steuer
für eine nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerpflichtige
sonstige Leistung eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet
ansässigen Unternehmers, wenn der Leistungsempfänger ein
Unternehmer ist. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG,
wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede
nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn
die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 Satz 3
UStG).
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b) Unionsrechtlich beruht § 13b Abs. 5
Satz 1 Halbsatz 1 und Abs. 1 UStG auf Art. 196 der Richtlinie
2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach schuldet die
Mehrwertsteuer der Steuerpflichtige, für den eine
Dienstleistung nach Art. 44 MwStSystRL erbracht wird, wenn die
Dienstleistung von einem nicht in diesem Mitgliedstaat
ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird. Hängt die
Bestimmung des Ortes der Dienstleistung davon ab, ob es sich bei
dem Dienstleistungsempfänger um einen Steuerpflichtigen oder
um einen Nichtsteuerpflichtigen handelt, so wird gemäß
Art. 17 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011
des Rates vom 15.03.2011 zur Festlegung von
Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über
das gemeinsame Mehrwertsteuersystem der Status des
Dienstleistungsempfängers nach den Art. 9 bis 13 und 43
MwStSystRL bestimmt, wobei nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1
MwStSystRL als „Steuerpflichtiger“ gilt,
wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem
Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.
Wirtschaftliche Tätigkeiten sind unter anderem alle
Tätigkeiten eines Händlers (Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2
MwStSystRL).
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2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass es
für die Verlagerung
der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1
UStG nicht auf die Verwendung einer gültigen USt-IdNr. durch
den Leistungsempfänger ankommt.
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26
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Sowohl § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1
UStG als auch Art. 196 MwStSystRL stellen darauf ab, dass der
Leistungsempfänger Unternehmer (Steuerpflichtiger) ist. Dazu
muss der Leistungsempfänger die Voraussetzungen des § 2
Abs. 1 UStG und der Art. 9, 10 MwStSystRL erfüllen. Dies setzt
nicht die Erteilung oder ein Tätigwerden unter einer
gültigen USt-IdNr. voraus (vgl. EuGH-Urteil VSTR vom
27.09.2012 - C-587/10, EU:C:2012:592 = SIS 12 33 67, Rz 40 und 49 zu Art. 28c Teil A
Buchst. a Unterabs. 1, Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern). Zudem sehen § 3a Abs. 2 Satz 3 UStG, auf den
§ 13b Abs. 1 UStG verweist, und Art. 196 MwStSystRL für
die Verlagerung der Steuerschuld auf nicht unternehmerisch
tätige juristische Personen ausdrücklich vor, dass diesen
eine USt-IdNr. erteilt worden sein muss. Daraus folgt im
Umkehrschluss, dass dies für Unternehmer und Steuerpflichtige
im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG und der Art. 9, 10 MwStSystRL
gerade nicht erforderlich ist.
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3. Weiter ist das FG zwar zutreffend davon
ausgegangen, dass für eine Verlagerung der grundsätzlich
den leistenden Unternehmer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG
treffenden Steuerschuld durch § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1
UStG jedenfalls die Person des Leistungsempfängers hinreichend
bekannt, das heißt identifizierbar sein muss. Auf Grundlage dieser
zutreffenden Rechtsauffassung ist das FG jedoch - wie von der
Klägerin gerügt - verfahrensfehlerhaft unter Verletzung
der ihm obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1
Satz 1 FGO) davon ausgegangen, dass eine Ermittlung der
Unternehmereigenschaft der Leistungsempfänger und eine
Überprüfung der von X zu den Leistungsempfängern
gemachten Angaben nicht möglich gewesen sei.
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a) Entgegen seiner Auffassung war dem FG eine
Sachaufklärung zumindest stichprobenartig - für jede der
drei Fallgruppen (Verkauf von mindestens … Artikeln im
laufenden Jahr oder im Vorjahr, Gebühren von mindestens
… EUR im laufenden Jahr oder im Vorjahr, Nutzung der
gewerblichen Plattform) getrennt - möglich. Die von der
Klägerin für einen Teil der streitigen
Leistungsempfänger eingereichten Angaben, die - zwischen den
Beteiligten unstreitig - den Namen, den
„Firmennamen“ und die Adresse dieser
Personen enthielten, reichten auch zur Überprüfung der
Existenz und Identität der Leistungsempfänger sowie ihrer
Unternehmereigenschaft aus. Weitere Angaben zu den übrigen -
nicht auf dem zweiten Datenträger - erfassten Personen konnten
zudem von der Klägerin für den Streitzeitraum
nachgefordert werden.
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Allein die Masse der Daten entbindet das FG
nicht von der - zumindest stichprobenartigen - Sachaufklärung.
Denn der sich aus §
76 Abs. 1 Satz 1 FGO ergebende Untersuchungsgrundsatz ist für
die Vorschrift des § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 1 UStG
nicht ausnahmsweise durch die Anordnung bestimmter
Nachweispflichten durchbrochen (vgl. allgemein Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 96 FGO Rz 152). Eine Vorschrift, die dem
leistenden Unternehmer einen bestimmten (buch- und
belegmäßigen) Nachweis hinsichtlich der Person des
Leistungsempfängers im Sinne des § 13b Abs. 5 Satz 1
Halbsatz 1 UStG auferlegt, gibt es nicht. § 13b Abs. 5 Satz 1
Halbsatz 1 und Abs. 1 UStG geben nicht vor, welche Angaben und/oder
Unterlagen der leistende Unternehmer den Finanzbehörden
hinsichtlich der Person des Leistungsempfängers vorlegen muss,
damit die Voraussetzungen für eine Verlagerung der
Steuerschuldnerschaft als erfüllt angesehen werden. Solche
Vorgaben enthält auch § 22 Abs. 2 Nr. 8 UStG nicht.
§ 14 Abs. 4 UStG ist gemäß § 14 Abs. 7 Satz 1
UStG für X als nicht im Inland ansässige
Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht
einschlägig.
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Eine Einschränkung der
Sachaufklärungspflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass
§ 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 1 UStG eine
Sonderregelung zu § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist. Die Verlagerung
der Steuerschuldnerschaft vom leistenden Unternehmer auf den
Leistungsempfänger wirkt zwar zu Gunsten des leistenden
Unternehmers, was zu einer den leistenden Unternehmer hinsichtlich
der Voraussetzungen des § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 1
UStG treffenden Feststellungslast führt (vgl. z.B. zum Bereich
der Steuersatzermäßigung BFH-Urteil vom 12.05.2022 - V R
19/20, BFHE 277, 496, BStBl II 2023, 885 = SIS 22 18 88, Rz 26).
Allerdings kann eine
Entscheidung auf Grundlage der Feststellungslast (objektive
Beweislast) im finanzgerichtlichen Verfahren erst im Falle einer
Unaufklärbarkeit des Sachverhalts getroffen werden (vgl.
z.B. BFH-Urteil vom 19.01.2017 - III R 28/14, BFHE 256, 403, BStBl
II 2017, 743 = SIS 17 08 58, Rz 20, mit Hinweis zur sogenannten
„Beweisrisikosphäre“). Daran fehlt
es im Streitfall mangels hinreichender Sachaufklärung durch
das FG.
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Entgegen der Auffassung des FG musste X die von ihr aufgezeichneten
Angaben der Leistungsempfänger auch nicht selbst in der Weise
dahingehend überprüfen, ob aus den Angaben und Unterlagen
zu den Leistungsempfängern und aufgrund der
Überprüfung objektiv oder
„schlüssig“ auf die
Unternehmereigenschaft und Identität der
Leistungsempfänger geschlossen werden konnte. Denn selbst
für den Fall, dass dem Unternehmer - wie beispielsweise im
Falle grenzüberschreitender Steuerbefreiungen (§ 6 Abs.
4, § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 8 ff., 17a ff. der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV - ) - buch- und
belegmäßige Nachweise auferlegt werden, muss er keinen
objektiven, „schlüssigen“ oder
überzeugenden Nachweis der nachzuweisenden Tatsache beibringen
(vgl. zu § 6a Abs. 3 UStG, §§ 17a ff. UStDV
BFH-Urteil vom 12.05.2009 - V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II
2010, 511 = SIS 09 25 68, Rz 41), die beigebrachten Angaben
unterliegen jedoch der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung
(s. zu § 6a Abs. 3 UStG, §§ 17a ff. UStDV BFH-Urteil
vom 12.05.2009 - V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511 = SIS 09 25 68, Rz 42 und zu § 6 Abs. 4 UStG, §§ 8 ff.
UStDV BFH-Urteil vom 23.04.2009 - V R 84/07, BFHE 225, 243, BStBl
II 2010, 509 = SIS 09 25 69, Rz 21).
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b) Die Klägerin hat ihr Rügerecht
nicht nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 295 der
Zivilprozessordnung verloren. Zwar geht bei - wie vorliegend -
verzichtbaren Verfahrensmängeln das Rügerecht auch durch
das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren.
Dies gilt jedoch nicht, wenn sich der gerügte
Verfahrensverstoß - wie im Streitfall - erst aus den
Entscheidungsgründen selbst ergibt und den Beteiligten daher
eine rechtzeitige Rüge in der mündlichen Verhandlung
nicht möglich war (BFH-Urteil vom 10.04.2008 - VI R 13/07,
BFH/NV 2008, 1356 = SIS 08 28 45, unter II.1.).
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4. Die Sache ist an das FG
zurückzuverweisen, da der erkennende Senat die erforderliche
Sachaufklärung in einem Revisionsverfahren nicht nachholen
kann. Diese ist erforderlich, da an der Vollständigkeit und
Richtigkeit der von der Klägerin mitgeteilten Angaben insoweit
insgesamt Zweifel bestehen, als das FA geltend gemacht hat, dass
die auf dem ersten Datenträger nachgereichten USt-IdNrn. der
Leistungsempfänger teilweise unvollständig, fehlerhaft
oder im Leistungszeitpunkt ungültig gewesen seien.
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5. Die Revision des FA ist gemäß
§ 125 Abs. 1 Satz 1 FGO einzustellen, da sie wirksam
zurückgenommen worden ist.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Im Rahmen der
einheitlichen Kostenentscheidung hat das FG auch über die
Kosten des vom FA zurückgenommenen Revisionsverfahrens zu
entscheiden.
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