Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 05.05.2022 - 5 K 1753/20 U =
SIS 22 12 28 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Gemäß der Präambel der
in den Jahren 2014 bis 2018 (Streitjahre) gültigen Satzung des
Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger), einem
eingetragenen Verein, unterstützte, beriet und verwaltete
dieser als Treuhänder unter anderem Vermögen gesondert
von seinem übrigen Vermögen -
„Stiftungsvermögen“ -, das die
Beteiligten als „unselbständige
Stiftungen“ bezeichnen. Nach seiner Satzung
förderte der Kläger gemeinnützige Zwecke im Sinne
der §§ 51 ff. der Abgabenordnung in der in den
Streitjahren geltenden Fassung (AO) durch Werbung und
Mittelbeschaffung für seine Mitglieder und für die
„Stiftungsvermögen“
gemäß § 57 Abs. 2, § 58 Nr. 1 und 2 AO;
daneben verfolgte er seine gemeinnützigen Zwecke auch selbst
oder durch Hilfspersonen.
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Mit den
„Schenkenden“ oder den
„Gründungsstiftern“ - Stiftern -
der „Stiftungsvermögen“ schloss der
Kläger als „Treuhandvertrag“ oder
„Schenkungen mit Auflage“ bezeichnete
Verträge. Die Verträge wurden ergänzt durch
„Satzungen“, die von dem Kläger und
dem jeweiligen Stifter erstellt wurden und den Verträgen als
Anlagen beigefügt waren.
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Eines dieser von dem Kläger in den
Streitjahren verwalteten
„Stiftungsvermögen“ war die
„Stiftung …“ (Stiftung W). Mit
deren Stifter schloss der Kläger im Februar 2016 neben der
Satzung einen „Treuhandvertrag zur Begründung einer
rechtlich nicht selbständigen Stiftung im Wege der Schenkung
unter Auflage“. Der Kläger erhielt nach
den Vereinbarungen in diesem Treuhandvertrag und der beiliegenden
Satzung als Treuhänder Vermögen, das er gesondert von
seinem übrigen Vermögen nach Maßgabe der vom
Stifter vorgegebenen gemeinnützigen Zwecke verwalten sollte.
Der Treuhandvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und
konnte von Seiten des Klägers und des
„Stiftungsvorstands“ ordentlich zum
Jahresende gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung
hatte der Kläger das
„Stiftungsvermögen“ nach Weisung
des „Stiftungsvorstands“ auf den von
diesem bestimmten neuen Treuhänder zu übertragen. Bei
Auflösung oder Aufhebung der „Stiftung
W“ oder bei Wegfall steuerbegünstigter
Zwecke sollte das
„Stiftungsvermögen“ mit der
Maßgabe an den Kläger fallen, das Vermögen der von
ihm verwalteten „Stiftung H“ zukommen zu
lassen. Für seine gemeinnützigen Aufgaben und für
alle Leistungen, die bei der Verwaltung des
„Stiftungsvermögens“ anfielen,
erhielt der Kläger laut Treuhandvertrag jährlich auf
Grundlage seiner Beitragsordnung einen nach der Höhe des
„Stiftungsvermögens“ gestaffelten
„Stiftungsbeitrag“. Damit abgegolten
waren nach dem Leistungsverzeichnis des Klägers insbesondere
Leistungen im Rahmen der Buchhaltung, des Jahresabschlusses, der
Budgeterstellung und der Auswertung, des Antragsmanagements, des
Zahlungsverkehrs, der Vermögensanlage sowie
Beratungsleistungen und Reisekosten der Mitarbeiter des
Klägers (im Folgenden: Verwaltungs- und
Beratungsleistungen).
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Soweit der Kläger im
Verwaltungsverfahren Verträge und Satzungen der übrigen
siebzehn vom Kläger in den Streitjahren verwalteten
„Stiftungsvermögen“ einreichte,
enthielten diese teilweise keine Regelung zur ordentlichen
Kündigung des Treuhandvertrages oder statt dieser Regelung
einen Vorbehalt, die Schenkung künftig überlassener
Gelder nach einer gesondert zu treffenden schriftlichen
Vereinbarung widerrufen zu können. Der Kläger richtete
„Stiftungsvermögen“ teilweise auch
zusammen mit anderen Stiftern ein (sogenannte … -
„T-Stiftungen“ - ). Daneben
ermöglichte der Kläger einzelnen Menschen, Gemeinschaften
und Einrichtungen, gemeinnützige Zwecke über eine
„Dachstiftung“ durch Schenkungen unter
Auflage (Stiftungsfonds) und im Wege von Zustiftungen zu
verwirklichen. Der Kläger entnahm dem für die
„T-Stiftungen“ und die
„Dachstiftung“ gebildeten Vermögen
vertrags- und satzungsgemäß für die von ihm als
Treuhänder erbrachten Verwaltungs- und Beratungsleistungen
„Stiftungsbeiträge“. Weiter
vermietete der Kläger den
„T-Stiftungen“ Räume unter und
erstattete sich aus den
„Stiftungsvermögen“ der
„T-Stiftungen“ Sachkosten und auf
Grundlage von Vorstandsbeschlüssen Personalkosten.
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Die vom Kläger für die
Streitjahre 2014 bis 2016 abgegebenen
Umsatzsteuerjahreserklärungen, die Steuerfestsetzungen unter
Vorbehalt der Nachprüfung gleichstanden, änderte der
Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA - )
gemäß § 164 Abs. 2 AO im Anschluss an eine beim
Kläger durchgeführte Außenprüfung. Die
Verwaltung der „Stiftungsvermögen“
und die Überlassung des Personals des Klägers an die
„T-Stiftungen“ erfasste das FA dabei
erstmalig als steuerpflichtige sonstige Leistungen gegen
Aufwendungsersatz. Auch „unselbständige
Stiftungen“ könnten
umsatzsteuerrechtliche Leistungsempfänger sein. Bezüglich
der Sachkostenerstattung nahm das FA keine Änderungen vor, da
insoweit Eingangsrechnungen mit gesondertem Steuerausweis
vorgelegen hätten und Vorsteuerbeträge in gleicher
Höhe abzuziehen wären. Gegen die geänderten
Umsatzsteuerbescheide für 2015 und 2016 legte der Kläger
fristgerecht Einsprüche ein. Die gegen den
Umsatzsteuerbescheid 2014 erhobene Sprungklage wurde mangels
Zustimmung des FA gemäß § 45 Abs. 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) als Einspruch behandelt.
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Für das Streitjahr 2017 gab der
Kläger eine berichtigte Umsatzsteuerjahreserklärung ab,
die einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung
gleichstand und in der er - entgegen seiner eigenen Auffassung -
die streitigen Vorgänge als steuerpflichtige Umsätze
berücksichtigte. Seinen hiergegen nach § 164 Abs. 2 AO
gestellten Änderungsantrag lehnte das FA ab. In der für
das Streitjahr 2018 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung,
die ebenfalls einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der
Nachprüfung gleichstand, berücksichtigte der Kläger
wiederum die streitigen Vorgänge als steuerpflichtige
Umsätze. Gegen die Ablehnung der Änderung der
Umsatzsteuerfestsetzung 2017 sowie gegen die
Umsatzsteuerfestsetzung 2018 legte der Kläger fristgerecht
Einsprüche ein.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020
wies das FA die Einsprüche für alle Streitjahre als
unbegründet zurück.
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Demgegenüber gab das Finanzgericht
(FG) mit seinem in EFG 2022, 1422 = SIS 22 12 28
veröffentlichten Urteil der Klage statt. Die
„unselbständigen Stiftungen“ seien
keine umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempfänger, da sie
selbst keine Rechtsbeziehungen eingehen und auch keine
zivilrechtlichen Rechte und Pflichten zugunsten oder zulasten des
treuhänderisch gebundenen Vermögens begründen
könnten. Auch in tatsächlicher Hinsicht erfolgten die
Verwaltungs- und Beratungsleistungen des Klägers nur innerhalb
seines eigenen Unternehmens „an eine in seinem eigenen
Eigentum stehende Organisationseinheit“. Der
Kläger sei zivilrechtlicher Eigentümer des
treuhänderisch gebundenen Vermögens gewesen. Es
lägen insoweit sogenannte Innenleistungen zwischen den
Organisationseinheiten des einheitlichen Unternehmens des
Klägers vor, die entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 des
Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung
(UStG) keine umsatzsteuerrechtlich relevanten Leistungen seien. Der
Kläger habe auch keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
steuerbaren Leistungen an die jeweiligen Stifter erbracht. Zwischen
dem Kläger und den jeweiligen Stiftern fehle es an einem
Leistungsaustauschverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr.
1 Satz 1 UStG. Zwar hätten der Kläger und der jeweilige
Stifter Treuhandverträge geschlossen, die die Erbringung von
Verwaltungs- und Beratungsleistungen zugunsten der
„Stiftungsvermögen“ gegen
„Stiftungsbeiträge“ regelten. Doch
erhalte der Stifter keinen verbrauchsfähigen Vorteil durch die
vom Kläger erbrachten Verwaltungs- und Beratungsleistungen.
Soweit die Leistungen des Klägers dem
„Stiftungsvermögen“
zugutekämen, sei dieses in Folge einer Schenkung unter Auflage
bereits dauerhaft in das zivilrechtliche Eigentum des Klägers
übergegangen. Denn in den als Schenkung unter Auflage
auszulegenden Treuhandverträgen seien die
Vermögensübertragungen auf Dauer angelegt. Ein durch die
Verwaltung des „Stiftungsvermögens“
etwa eingetretener verbrauchsfähiger Vorteil verbleibe deshalb
allein bei dem Kläger.
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Hiergegen richtet sich die auf die
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des FA. Die
„unselbständigen Stiftungen“ seien
taugliche Leistungsempfänger im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr.
1 UStG. § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes
und § 34 Abs. 1 Satz 1 AO würden eine
Vermögensmasse, die auf Dauer aus abgetrenntem Vermögen
gebildet werde, welches einem bestimmten Zweck diene und vom
zivilrechtlichen Inhaber (Treuhänder) nicht für eigene
Zwecke verwendet werden dürfe, als Steuersubjekt anerkennen.
Solche Vermögensmassen könnten zudem Mitunternehmer im
Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) sein und damit am wirtschaftlichen Leben teilnehmen. Sie
seien außerdem klagebefugt. Soweit sie durch ihre
tatsächliche Ausgestaltung einer rechtsfähigen Stiftung
im Sinne der §§ 81 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) ähnelten, sei ihnen ebenso wie dem
nichtrechtsfähigen Verein eine Rechtspersönlichkeit
zuzusprechen. Die „unselbständigen
Stiftungen“ erfüllten im Streitfall
aufgrund des „Stiftungszwecks“, des zur
Zweckerfüllung geeigneten
„Stiftungsvermögens“, der
„Satzung“ und des als Treuhandvertrag
bezeichneten Organisationsvertrages sämtliche
Grundvoraussetzungen der §§ 80 ff. BGB.
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Selbst für den Fall, dass den
„unselbständigen Stiftungen“ keine
bürgerlich-rechtliche Rechtspersönlichkeit zukomme, seien
sie umsatzsteuerrechtlich taugliche Leistungsempfänger. Die
Fähigkeit, Träger von umsatzsteuerrechtlichen Rechten und
Pflichten zu sein, sei umfassender als die Rechtsfähigkeit des
bürgerlichen Rechts. Umsatzsteuerrechtlich rechtsfähig
sei jedes Wirtschaftsgebilde, das sich am Wirtschaftsleben
beteilige. Unerheblich sei, auf welche Weise es zustande gekommen
und ob es zivilrechtlich als Rechtsperson anzuerkennen sei. Die
strikt formalistische Betrachtungsweise bezüglich der
Nichtrechtsfähigkeit sei außerdem durch § 44a Abs.
4 und 6 EStG aufgeweicht, da ein wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb auch durch das Halten von Kommanditanteilen
erfüllt sein könne. Die schuldrechtliche
Teilrechtsfähigkeit sei für „unselbständige
Stiftungen“ entsprechend der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs - BGH - (Urteil vom 12.03.2009 - III ZR
142/08, BGHZ 180, 144), der auf ein Treuhandverhältnis
dienstvertragliche Regelungen anwende, anzuerkennen. Des Weiteren
definierten das Umsatzsteuergesetz und die Richtlinie 2006/112/EG
des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) den Unternehmensbegriff weit; es
komme weder auf die Rechtsform noch auf die
Rechtspersönlichkeit an. Nach dem Unionsrecht sei
entscheidend, wer das wirtschaftliche Risiko der Verwaltung trage.
Die Aussonderung des übertragenen Vermögens spreche
dafür, dass dieses Risiko nicht bei dem Kläger liege. Die
Vermögenswerte seien der jeweiligen
„unselbständigen Stiftung“
zuzurechnen, die so durch Zustiftungen Einnahmen generieren
könne und aus deren Vermögensmasse auch die Personal- und
Verwaltungskosten zu zahlen seien.
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Das FA beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und die Klage
als unbegründet abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Den „unselbständigen
Stiftungen“ könne nicht entsprechend der
§§ 80 ff. BGB eine Rechtsfähigkeit zuerkannt werden.
Der insoweit isoliert vertretenen Einzelauffassung in der Literatur
habe das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 09.04.2014 - 8 C
23.12 (Zeitschrift für Stiftungs- und Vereinswesen 2015, 59)
eine Absage erteilt. Soweit das FA die umsatzsteuerrechtliche
Rechtsfähigkeit damit begründe, dass bei
„unselbständigen Stiftungen“ ein
Treuhandverhältnis vorliege, übersehe es, dass die
„unselbständigen Stiftungen“ nicht
Vertragspartner des etwaigen Treuhandverhältnisses seien.
Darüber hinaus habe das FG die Vereinbarungen rechtlich
zutreffend als Schenkungen unter Auflage gewertet, die durch die
Vermögensübertragung erfüllt worden seien. An die
Würdigung des FG sei der Bundesfinanzhof (BFH) gebunden, da
sie nicht gegen Denkgesetze verstoße. Das vom FA
maßgeblich für die Rechtsfähigkeit angeführte
BFH-Urteil vom 21.05.1971 - V R 117/67 (BFHE 102, 174, BStBl II
1971, 540 = SIS 71 02 86) betreffe eine GbR, der schon immer eine
gewisse Teilrechtsfähigkeit zuerkannt worden sei. Die
Maßnahmen im Rahmen der Zweckerfüllung belasteten auch
nicht das Vermögen der „unselbständigen
Stiftungen“. Das Vermögen stehe im
Eigentum des Klägers, so dass sein Vermögen
wirtschaftlich belastet werde. Die „unselbständigen
Stiftungen“ seien kaum mehr als eine
personifizierte Spartenrechnung über
Vermögensbestandteile, die allesamt dem Kläger zugeordnet
seien. Auch aus den vom FA angeführten ertragsteuerrechtlichen
Regelungen und den zur Ertragsteuer ergangenen BFH-Urteilen
könne nicht auf die Umsatzsteuersubjektivität einer
„unselbständigen Stiftung“
geschlossen werden.
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Weiter liege kein Leistungsaustausch
zwischen dem Kläger und dem Stifter vor. Der Stifter erlange
durch die Verwaltungs- und Beratungsleistungen keinen Vorteil, der
zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems
führe. Soweit die Leistungen dem
„Stiftungsvermögen“
zugutekämen, sei dieses Vermögen bereits in das
zivilrechtliche Eigentum des Klägers übergegangen. Der
Kläger verwalte - wie das FG zutreffend gewürdigt habe -
eigenes Vermögen. Demgemäß trage auch ein Vergleich
mit Kapitalanlagegesellschaften nicht, da diese fremdes
Vermögen verwalteten. Die Beitragsordnung des Klägers
setze durch die Bestimmung der
„Stiftungsbeiträge“ nach der
Höhe des verwalteten Vermögens ein Solidarsystem um. Dies
sei ein Indiz dafür, dass das
„Stiftungsvermögen“ zum eigenen
Vermögen des Klägers gehöre. Verwaltungskosten
fielen zudem auch bei Organisationen an, die zur Umsetzung ihrer
Aufgaben Spenden entgegennähmen, und würden - ohne
Aufdeckung der Höhe gegenüber dem Spender - aus den
gespendeten Mitteln beglichen. Ein Leistungsaustausch liege bei
Spenden nicht vor. Die durch die Beitragsordnung vom Kläger
erzielte Kostentransparenz könne kein
Leistungsaustauschverhältnis begründen. Die Abrede, dass
die Stiftungsbeiträge aus dem treuhänderisch gebundenen
Vermögen zu decken seien, sei zudem lediglich eine
Präzisierung der Zweckauflage des Stifters. Die Erfüllung
einer Auflage stelle nach herrschender Meinung keine Gegenleistung
für die Schenkung dar. Sofern die Erfüllung einer
schenkungsbezogenen Auflage umsatzsteuerrechtlich als Bestandteil
eines steuerbaren Leistungsaustauschs anzusehen wäre,
müssten grundsätzlich alle Schenkungen unter Auflage der
Umsatzsteuer unterliegen. Dies gelte auch für alle sogenannten
echten Zuschüsse im öffentlichen Bereich, die aber nach
allgemeiner Auffassung nicht umsatzsteuerbar seien, obwohl der
Zuschussgeber über Gremien die Umsetzung des mit dem Zuschuss
verfolgten Zwecks durch den Zuschussempfänger kontrolliere und
dabei ebenso wie die „unselbständigen
Stiftungen“ nicht als Entscheidungsträger
nach außen auftreten könne. Das Vorbehalten von
Kontrollrechten begründe somit keinen Leistungsaustausch. Dies
gelte auch für die Einrichtung eines Sondervermögens. Mit
einer Geschäftsbesorgung sei die vorliegende
Vertragskonstruktion nicht vergleichbar, da im Rahmen einer
Geschäftsbesorgung ein unmittelbares Weisungsrecht des
Auftraggebers bestehe. Die Annahme eines Leistungsaustauschs
zwischen Kläger und Stifter führe außerdem zu dem
„abwegigen“ Ergebnis, dass die
Umsatzsteuerbarkeit der Verwaltungsleistungen davon abhänge,
ob der Stifter noch lebe und ob er Rechtsnachfolger habe.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht
Leistungen an die Stifter verneint. Denn für eine steuerbare
Verwaltungsleistung reicht es aus, dass diese sich auf ein
Sondervermögen bezieht, ohne dass es für die Bejahung eines
verbrauchsfähigen Vorteils beim Leistungsempfänger darauf
ankommt, ob dieser entgeltlich eigene Vermögensinteressen oder
die Vermögensinteressen Dritter - wie etwa gemeinnützige
Interessen - verfolgt. Im Hinblick auf den Grundsatz der Vollrevision
(BFH-Urteile vom 12.05.2022 - V R 19/20, BFHE 277, 496, BStBl II
2023, 885 = SIS 22 18 88, Rz 11 und vom 14.12.2023 - V R 28/21,
BFHE 282, 526, BStBl II 2024, 425 = SIS 24 06 17, Rz 39) ist es
ohne Belang, dass das FA keinen hierauf bezogenen, sondern nur
andere Rechtsfehler gerügt hat.
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1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen
Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen
seines Unternehmens ausführt. Für Dienstleistungen - wie
die im Streitfall vorliegenden Verwaltungs- und Beratungsleistungen
- beruht dies unionsrechtlich auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. c
MwStSystRL.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung setzt
die Steuerbarkeit einer entgeltlichen Leistung einen unmittelbaren
Zusammenhang zwischen der Leistung und einem Gegenwert voraus. Dazu
muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein
Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige
Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene
Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem
Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (Urteile
des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - Tolsma vom
03.03.1994 - C-16/93, EU:C:1994:80 = SIS 94 14 34, Rz 13 und 14;
Gemeente Borsele und Staatssecretaris van Financien vom 12.05.2016
- C-520/14, EU:C:2016:334 = SIS 16 09 60, Rz 24 und
Nagyszénás
Településszolgáltatási Nonprofit Kft vom
22.02.2018 - C-182/17, EU:C:2018:91 = SIS 18 02 37, Rz 32;
BFH-Urteile vom 12.08.2015 - XI R 43/13, BFHE 251, 253, BStBl II
2015, 919 = SIS 15 21 32, Rz 25 und vom 02.08.2018 - V R 21/16,
BFHE 262, 548, BStBl II 2019, 339 = SIS 18 18 63, Rz 22). Eine
Leistung gegen Entgelt liegt regelmäßig auch dann vor,
wenn der Leistende im Auftrag des Leistungsempfängers für
diesen eine Aufgabe übernimmt und insoweit gegen
Aufwendungsersatz tätig wird (vgl. BFH-Urteile vom 11.04.2002
- V R 65/00, BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782 = SIS 02 08 61,
unter II.3.; vom 18.03.2004 - V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II
2004, 798 = SIS 04 22 16, unter II.A.1.b und vom 13.02.2019 - XI R
1/17, BFHE 263, 560, BStBl II 2021, 785 = SIS 19 05 51, Rz 19). Als
Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige anzusehen,
der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis
als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteile
vom 24.08.2006 - V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340 = SIS 06 47 38, Rz 38 und vom 23.09.2009 - XI R 14/08, BFHE 227, 218,
BStBl II 2010, 243 = SIS 09 37 59, Rz 23). Der
Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen
Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen
Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
15.04.2015 - V R 46/13, BFHE 250, 253, BStBl II 2015, 947 = SIS 15 18 88, Rz 39 und vom 18.11.2021 - V R 38/19, BFHE 274, 355 = SIS 22 03 82, Rz 28; BFH-Beschluss vom 11.10.2022 - XI R 12/20, BFH/NV
2023, 274 = SIS 23 00 81, Rz 20). Hierzu ist erforderlich, dass
einem identifizierbaren Verbraucher ein Vorteil verschafft wird,
der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen
Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte (BFH-Urteil vom
18.11.2021 - V R 38/19, BFHE 274, 355 = SIS 22 03 82, Rz 28; vgl.
auch EuGH-Urteil Landboden-Agrardienste/Finanzamt Calau vom
18.12.1997 - C-384/95, EU:C:1997:627 = SIS 98 05 33, Rz 23).
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b) Auf dieser Grundlage kann eine steuerbare
Verwaltungsleistung in Bezug auf ein Vermögen gegeben sein,
das zivilrechtlich im Eigentum des Verwalters steht, wenn es als
Sondervermögen besonderen Bindungen unterliegt, im Hinblick
hierauf aber vom sonstigen Vermögen des Verwalters getrennt zu
halten ist und der Verwalter für seine Leistung ein Entgelt
erhält. So liegt zum Beispiel eine entgeltlich gegenüber
Anteilsinhabern erbrachte Verwaltungsleistung - nicht aber eine
steuerrechtlich unbeachtliche Verwaltung eigenen Vermögens -
vor, wenn eine Kapitalanlagegesellschaft mit ihrer auf ein
Sondervermögen bezogenen Verwaltungstätigkeit dessen Wert
und damit zugleich den Anteilswert an diesem beeinflusst, wobei
sich ein Entgelt hierfür auch aus einer Verwaltungsgebühr
ergeben kann, die die Kapitalanlagegesellschaft nach den mit den
Anlegern getroffenen Vereinbarungen aus dem Sondervermögen und
damit zulasten der als Leistungsempfänger anzusehenden
Anteilsinhaber entnehmen darf (BFH-Urteil vom 10.12.1981 - V R
36/76, BFHE 134, 465, BStBl II 1982, 178 = SIS 82 25 39, unter 1.
und 2.).
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c) Die Würdigung des FG, ob der
Leistungsempfänger im Rahmen eines Leistungsaustauschs einen
verbrauchsfähigen Vorteil erhält, liegt auf
tatsächlichem Gebiet und bindet gemäß § 118
Abs. 2 FGO grundsätzlich den BFH als Revisionsgericht. Der BFH
kann jedoch als Revisionsgericht das Urteil des FG daraufhin
überprüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln, die
Denkgesetze und Erfahrungssätze zutreffend angewandt worden
sind. Insoweit ist die Auslegung von Verträgen
Rechtsanwendung, die vom BFH in vollem Umfang nachprüfbar ist.
Revisionsrechtlich nachprüfbar ist danach auch, ob das FG die
für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände,
insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und
zutreffend gewürdigt hat (vgl. BFH-Urteile vom 15.03.2022 - V
R 35/20, BFHE 276, 377, BStBl II 2023, 150 = SIS 22 18 30, Rz 14
und vom 05.09.2019 - V R 57/17, BFHE 266, 430, BStBl II 2020, 356 =
SIS 19 18 33, Rz 34). Dabei stellt die Berücksichtigung der
wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität ein
grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems dar (EuGH-Urteil ITH Comercial Timisoara vom
12.11.2020 - C-734/19, EU:C:2020:919 = SIS 20 18 03, Rz 48;
BFH-Urteil vom 15.03.2022 - V R 35/20, BFHE 276, 377, BStBl II
2023, 150 = SIS 22 18 30, Rz 14).
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20
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2. In Übereinstimmung mit der
vorstehenden Rechtsprechung hat das FG zutreffend entgegen dem
Vorbringen der Revision die getrennt von dem übrigen
Vermögen des Klägers verwalteten
„Stiftungsvermögen“ nicht als
Empfänger der von dem Kläger erbrachten Verwaltungs- und
Beratungsleistungen angesehen. Denn zwischen dem Kläger und
den gesondert von ihm verwalteten
„Stiftungsvermögen“ bestanden keine
Rechtsverhältnisse. Die
„Stiftungsvermögen“ waren nur
Gegenstand der zu erbringenden Leistungen, nicht aber - sowohl im
Hinblick auf die bei ihnen als lediglich unselbständige
Vermögensmasse fehlende Möglichkeit, Partei eines
Rechtsverhältnisses zu sein, als auch in Bezug auf die
Unmöglichkeit eines bei ihnen zu erfassenden Verbrauchs -
Empfänger dieser Leistungen.
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Bestätigt wird dies dadurch, dass eine
entgeltliche Leistungserbringung des Klägers an die bei ihm
als Sondervermögen geführten
„Stiftungsvermögen“ im Hinblick auf
den sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG ergebenden Grundsatz der
Unternehmenseinheit auch dann ausscheidet, wenn durch die
Vermögensumschichtung in einem Sondervermögen bereits mit
diesem für sich betrachtet - gegebenenfalls anders als im
Streitfall - eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt
wird, wie der BFH bereits zum Verhältnis einer
Kapitalanlagegesellschaft zu dem von ihr im eigenen Namen
verwalteten Sondervermögen entschieden hat (BFH-Urteil vom
16.12.2020 - XI R 13/19, BFHE 272, 185, BStBl II 2022, 389 = SIS 21 07 30, Rz 31, 33).
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3. Demgegenüber ist das FG
rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Kläger keine
entgeltlichen Leistungen an die Stifter erbracht hat.
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a) Das FG hat bei seiner Entscheidung die
BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 10.12.1981 - V R 36/76, BFHE
134, 465, BStBl II 1982, 178 = SIS 82 25 39, unter 1. und 2.)
unberücksichtigt gelassen, nach der eine steuerbare Leistung
auch in Bezug auf ein dem Leistenden gehörendes
Sondervermögen vorliegen kann (s. oben II.1.b). Diese
Rechtsprechung ist dem Streitfall zugrunde zu legen, in dem es
gleichfalls um die Verwaltung von
„Sondervermögen“ geht, das aus dem
gesondert verwalteten
„Stiftungsvermögen“ gebildet wird
und ungeachtet der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse
wirtschaftlich betrachtet fremdes
„Stiftungsvermögen“ ist, wobei der
Kläger auch im Streitfall berechtigt war, das ihm zustehende
Entgelt aus dem bei ihm gesondert verwalteten
„Stiftungsvermögen“ zu entnehmen.
Dem steht nicht entgegen, dass die Verwaltungsleistungen des
Klägers - anders als bei einem Fondsanleger - bei den Stiftern
aufgrund der Schenkungen keinerlei vermögensmäßige
Auswirkungen hatten. Damit liegt eine steuerbare
Verwaltungsleistung vor, die sich auf ein Sondervermögen
bezieht. Für die Bejahung eines verbrauchsfähigen
Vorteils beim Leistungsempfänger ist es unerheblich, ob dieser
entgeltlich eigene oder fremde - im vorliegenden Fall
gemeinnützige - Vermögensinteressen verfolgt.
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b) Wie das Beispiel der „Stiftung
W“ zeigt, hat das FG auf dieser Grundlage ein
zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Stifter bestehendes
Rechtsverhältnis zu Unrecht verneint. Insoweit hat das FG
unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger und der
Stifter neben dem eigentlichen
„Stiftungsgeschäft“, das aus der
nicht steuerbaren, unentgeltlichen Vermögensübertragung
an den Kläger als Treuhänder unter der Auflage, dieses
Vermögen zu bestimmten gemeinnützigen Zwecken zu
verwenden, bestand, vereinbart hatten, dass der Kläger die
Verwaltung des „Stiftungsvermögens“
gegen Zahlung von pauschalen
„Stiftungsbeiträgen“
übernehmen sollte. Ohne dass der Beurteilung nach dem
nationalen Zivilrecht Bindungswirkung für die
umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zukommt, ist gleichwohl zu
berücksichtigen, dass diese Vereinbarung als
eigenständige schuldrechtliche Abrede neben das eigentliche
„Stiftungsgeschäft“ tritt (vgl.
dazu Staudinger/Hüttemann/Rawert (2017) BGB Vorbem. zu
§§ 80 bis 88 Rz 341). Die Parteien haben insoweit neben
der nicht steuerbaren Schenkung unter Auflage einen
eigenständigen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag
geschlossen (§ 675 BGB; zur entgeltlichen Tätigkeit eines
Treuhänders als Geschäftsbesorgungsvertrag Erman/Berger,
BGB, 17. Aufl., § 675 Rz 90; Staudinger/Martinek/Omlor (2017)
BGB § 675 Rz B 214) und - entgegen der Auffassung des
Klägers - nicht nur die Zweckauflage des Stifters
präzisiert. Im Hinblick hierauf liegt umsatzsteuerrechtlich
ein Rechtsverhältnis vor, das sich nicht auf eine
Vermögensübertragung auf den Kläger
beschränkte, sondern auf eine vom Kläger zu erbringende
Leistung ausgerichtet war. Dafür spricht auch, dass der
Treuhandvertrag der „Stiftung W“ sowohl
vom Kläger als auch vom
„Stiftungsvorstand“ ordentlich
gekündigt werden konnte und der Kläger im Falle der
Kündigung das treuhänderisch verwaltete Vermögen auf
einen vom „Stiftungsvorstand“ der
„Stiftung W“ zu benennenden neuen
Treuhänder zu übertragen hatte. In diesem Zusammenhang
ist ferner zu berücksichtigen, dass der
„Stiftungsvorstand“ durch die Satzung an
die Verfolgung der vom Stifter vorgegebenen gemeinnützigen
Zwecke gebunden war und dem Kläger bezüglich der
Verwaltung des „Stiftungsvermögens“
Weisungen erteilen konnte. Insoweit ist zum einen das
treuhänderisch verwaltete Vermögen - entgegen der
Auffassung des FG - in wirtschaftlicher Hinsicht gesondert von dem
übrigen Vermögen des Klägers zu betrachten. Zum
anderen folgt aus den Kündigungsrechten, dass der Kläger
eine Dienstleistung angeboten hat, auch wenn es zu ihrer Erbringung
der Bildung eines Sondervermögens bedurfte. Denn der
Kläger war in Folge des beiden Beteiligten zustehenden
ordentlichen Kündigungsrechts beliebig gegen einen anderen
Dienstleister austauschbar. Dem entspricht es, dass der Kläger
im finanzgerichtlichen Verfahren selbst geltend gemacht hat, dass
seine Leistungen darauf abzielten, für die Stifter „die
Betriebskosten zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen
Handlungsintention gering zu halten und dafür Sorge zu tragen,
dass ein größtmöglicher Betrag unmittelbar und
möglichst nachhaltig gemeinnützigen Zwecken
zugutekommt“. Die Stifter wollten sich
insoweit die Kenntnisse des Klägers als Dienstleister zunutze
machen und mit ihrem Geldeinsatz den größtmöglichen
Erfolg in dem von ihnen bestimmten gemeinnützigen Bereich
erzielen. Sollte dies dem Kläger aus Sicht des
„Stiftungsvorstandes“ der
„Stiftung W“ nicht gelingen, konnte ein
anderer Dienstleister beauftragt werden.
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c) Unter Berücksichtigung dieser,
über die Schenkung unter Auflage hinausgehenden Vereinbarung
erhielt der Stifter - entgegen der Auffassung des FG - auch einen
verbrauchsfähigen Vorteil. Denn der Kläger verwaltete das
Vermögen ausschließlich im Interesse des Stifters. Der
Stifter hatte sowohl den Kläger über den Treuhandvertrag
als auch den „Stiftungsvorstand“ durch
die „Satzung“ gebunden, das
übertragene Vermögen nach den von ihm vorgegebenen
Zwecken zu verwalten.
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Dass dem Stifter ein wirtschaftlicher Vorteil
zugewendet wurde und er Leistungsempfänger der
Verwaltungsdienstleistung ist, zeigt sich nach Maßgabe der zu
berücksichtigenden wirtschaftlichen Realität (s.
EuGH-Urteil Newey vom 20.06.2013 - C-653/11, EU:C:2013:409 = SIS 13 22 75, Rz 42) auch daran, dass eine Vermögensverwaltung
für unselbständige Stiftungen am Markt ebenfalls von
Banken und Sparkassen angeboten wird (vgl. z.B.
Staudinger/Hüttemann/Rawert (2017) BGB Vorbem. zu §§
80 bis 88 Rz 345), und damit im allgemeinen Wirtschaftsverkehr zu
einem verbrauchsfähigen Vorteil führt.
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d) Abweichendes folgt nicht aus dem
EuGH-Urteil The Chancellor, Masters and Scholars oft the University
of Cambridge vom 03.07.2019 - C-316/18, EU:C:2019:559 = SIS 19 09 66, in dem der EuGH den Vorsteuerabzug einer Universität
für Fondsverwaltungsdienstleistungen verneinte, die ein
Dritter an eine Universität erbracht hatte. Denn in dieser
Rechtssache hatte sich der EuGH mangels einer hierauf bezogenen
Frage - wie auch mangels hierauf bezogener Sachverhaltsangaben -
nicht dazu zu äußern, ob die Universität neben der
Entgegennahme gestifteter Vermögenswerte aufgrund einer
zusätzlich vereinbarten Verwaltung eines getrennt zu
verwaltenden Vermögens gegen Entnahmen aus diesem
Vermögen eine entgeltliche Leistung an den Stifter erbrachte,
so dass sich hieraus ein Recht auf Vorsteuerabzug ergeben
hätte. Im Hinblick hierauf kommt es nicht darauf an, ob der
dem EuGH unterbreiteten Rechtssache eine derartige Fallgestaltung
zugrunde lag (so wohl Hüttemann, Gemeinnützigkeitsrecht
und Spendenrecht, 5. Aufl., Rz 2.70), so dass sich hieraus keine
Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts ableiten
lassen.
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e) Die Einwendungen des Klägers hiergegen
greifen nicht durch.
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aa) Soweit der Kläger darauf hinweist,
dass bei Spendenzahlungen kein Leistungsaustausch vorliege, obwohl
die begünstigte Organisation auch ihre allgemeinen
Verwaltungskosten aus der Spende decke, lässt er außer
Betracht, dass der Spender die Spende der begünstigten
Organisation ausschließlich zu deren Verwendung
überlässt. Eine Verwaltungs- und Beratungsleistung
hinsichtlich seines Spendenbetrags gibt der Spender - anders als
der Stifter im vorliegenden Fall - nicht in Auftrag.
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bb) Auch der öffentliche Zuschussgeber
behält sich lediglich Kontrollrechte bezüglich der
Zuschussverwendung vor und gibt keine Verwaltung des Zuschusses in
Auftrag. Denn der Zuschuss soll vom Zuschussgeber für ein
bestimmtes Projekt eingesetzt und verbraucht werden. Das
„Stiftungsvermögen“ der
„Stiftung W“ ist dagegen zum Teil nicht
(sogenannter Vermögensstock) und im Übrigen - mit
Ausnahme eines Bedarfsfalls für größere
gemeinnützige Vorhaben - nicht zeitnah zum Verbrauch bestimmt
(s. Treuhandvertrag und Satzung der „Stiftung
W“ unter Ziff. …). Nach dem
Treuhandvertrag ist der Vermögensstock ungeschmälert zu
erhalten und zusammen mit dem darüber hinausgehenden freien
Vermögen nicht zeitnah „im Rahmen der für den
Treuhänder geltenden Risikorichtlinien für die
Vermögensanlage“ zu verwalten (s.
Treuhandvertrag und Satzung der „Stiftung
W“ unter Ziff. …).
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cc) Entgegen der Auffassung des Klägers
führt die Annahme eines Leistungsaustauschs zwischen dem
Kläger und dem Stifter auch nicht zu dem
„abwegigen“ Ergebnis, dass die
Steuerbarkeit der Verwaltungs- und Beratungsleistungen davon
abhängt, ob der Stifter noch lebt und ob er Rechtsnachfolger
hat. Sofern der Stifter keine Rechtsnachfolger hat, der in seine
Rechte und Pflichten aus dem Auftragsverhältnis eintritt (zum
Fortbestehen des Auftragsverhältnisses s. § 675 Abs. 1
i.V.m. § 672 Satz 1 BGB), ist kein identifizierbarer
Leistungsempfänger mehr vorhanden. Ein Konsum, an den die
Umsatzsteuer anknüpft, liegt in diesem Fall nicht vor, was
dann zu einem Entfallen der Steuerbarkeit der Verwaltungs- und
Beratungsleistung führt.
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4. Das FG hat danach auf der Grundlage seiner
rechtsfehlerhaften Auffassung für alle Streitjahre eine
steuerpflichtige Leistungserbringung verneint. Die Sache ist
allerdings nicht spruchreif und daher an das FG
zurückzuverweisen.
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Der Senat kann im Revisionsverfahren zwar
unter Berücksichtigung der vom FG in Bezug genommenen
Verträge für die „Stiftung W“
entscheiden und bejahen, dass steuerbare, und mangels
Befreiungsvorschrift steuerpflichtig an einen Stifter erbrachte
Leistungen vorliegen.
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Da aber das FG nicht alle Verträge
über die Errichtung der weiteren siebzehn
„Stiftungsvermögen“ in Bezug
genommen hat und diese möglicherweise auch nicht
vollständig dem FG vorlagen, ist für den Senat nicht
nachprüfbar, ob - über die „Stiftung
W“ hinaus - auch in Bezug auf die anderen vom
Kläger verwalteten
„Stiftungsvermögen“
steuerpflichtige, gegenüber dem jeweiligen Stifter erbrachte
Leistungen vorliegen. Die insoweit erforderlichen Prüfungen
sind nach Maßgabe der vorstehenden Beurteilung in einem
zweiten Rechtsgang nachzuholen.
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5. Für den zweiten Rechtsgang weist der
Senat auf Folgendes hin:
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a) Bei der Prüfung ist zu
berücksichtigen, dass der Vertrag über die Errichtung
einer Stiftung in Form einer Schenkung unter Auflage oder in Form
eines Treuhandverhältnisses geschlossen werden kann
(BGH-Urteile vom 12.03.2009 - III ZR 142/08, BGHZ 180, 144, unter
III.1. und vom 22.01.2015 - III ZR 434/13, MDR 2015, 286, unter
II.2.a aa; vgl. auch Stolte, BB 2023, 2755, 2757; Hüttemann,
Gemeinnützigkeitsrecht und Spendenrecht, 5. Aufl., Rz 2.67;
Schiffer/Pruns, Die Stiftung in der Beraterpraxis, 4. Aufl. 2015,
§ 12 Rz 18 ff.; Erman/Wiese, BGB, 17. Aufl., Vorbem. vor
§ 80 Rz 7; Staudinger/Hüttemann/Rawert (2017) BGB Vorbem.
zu §§ 80 bis 88 Rz 332 bis 342). Sofern danach im
Streitfall eindeutig Vermögen in Form eines
Treuhandverhältnisses übertragen wurde und zwischen dem
Kläger und dem jeweiligen Treugeber zusätzlich ein
Entgelt für die Verwaltungstätigkeit sowie ein
ordentliches Kündigungsrecht des Treuhandvertrages verbunden
mit der Übertragung des treuhänderisch gebundenen
Vermögens auf einen anderen Treuhänder vereinbart wurde,
kann ebenfalls neben der Übertragung des treuhänderisch
gebundenen Vermögens ein eigenständiger
Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB; vgl. hierzu
Erman/Berger, BGB, 17. Aufl., § 675 Rz 90;
Staudinger/Martinek/Omlor (2017) BGB § 675 Rz B 214) als
Rechtsverhältnis, das einer entgeltlichen Leistung des
Klägers an den Treugeber zugrunde liegt, vorliegen.
Darüber hinaus hat das FG der Frage nachzugehen, ob in den
Fällen, in denen der Kläger selbst als Mitstifter
aufgetreten ist, wie es bei den
„T-Stiftungen“ der Fall war, und in den
Fällen, die von der „Dachstiftung“
erfasst waren, entgeltliche Leistungen des Klägers an die
Stifter vorlagen.
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37
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b) Zudem ist zu prüfen, ob und inwieweit
die von der Außenprüfung als steuerbar angesehenen
Personal- und Sachkostenerstattungen als Entgelt für
gegenüber den jeweiligen Stiftern erbrachte Leistungen
anzusehen sind. Insoweit wird das FG aufzuklären haben, ob der
Kläger aufgrund einer mit den (Mit-)Stiftern getroffenen
Vereinbarung rechtlich oder aufgrund einer faktischen Übung
berechtigt war, die bei ihm als getrennt zu verwaltende
„Stiftungsvermögen“ geführten
Sondervermögen zu belasten oder ob es sich hierbei um einen
unberechtigten Eingriff in das jeweilige Sondervermögen
gehandelt haben könnte.
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c) Soweit es an entgeltlichen Leistungen des
Klägers fehlt, hat das FG zu prüfen, ob aufgrund dieser
Tätigkeiten unter Berücksichtigung der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil
Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie vom 12.02.2009
- C-515/07, EU:C:2009:88 = SIS 09 08 65, Rz 37, 38) eine
Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG
vorzunehmen ist oder ob es zu einer Einschränkung des
Vorsteuerabzugs kommt.
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d) Liegen steuerpflichtige Leistungen vor, ist
die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12
Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG zu prüfen.
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40
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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