Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der
Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 27.12.2021 - 5 V
2705/21 U = SIS 22 01 70
aufgehoben.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die
Antragstellerin zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten im Verfahren
wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) darüber, ob
Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten in Spielhallen
(terrestrische Umsätze) im Monat August 2021
umsatzsteuerpflichtig sind.
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Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin
(Antragstellerin) betreibt Spielhallen, in denen u.a.
Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt
sind.
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In ihrer elektronisch übermittelten
Umsatzsteuer-Voranmeldung August 2021 sowie in einem Schreiben vom
17.09.2021 vertrat sie die Auffassung, dass die Umsätze aus
dem Betrieb der terrestrischen Geldspielautomaten gemäß
Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom
28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) umsatzsteuerfrei zu belassen seien, weil virtuelle
Automatenspielumsätze seit dem 01.07.2021 umsatzsteuerfrei
seien. Dies folge aus dem Grundsatz der mehrwertsteuerrechtlichen
Gleichbehandlung und der dazu ergangenen Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH).
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Der Antragsgegner und Beschwerdeführer
(Finanzamt - FA - ) folgte dieser Auffassung nicht, sondern
unterwarf im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid August 2021 vom
06.10.2021 die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten
- wie in den Vormonaten - weiterhin der Umsatzsteuer.
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Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch
ein, über den noch nicht entschieden ist. Den gleichzeitig
gestellten Antrag auf Gewährung von AdV lehnte das FA mit
Bescheid vom 28.10.2021 ab.
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Daraufhin beantragte die Antragstellerin
die Gewährung von AdV beim Finanzgericht (FG). Sie führte
zur Begründung ihres Antrags aus, sie, die Antragstellerin,
werde seit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zur Neuregulierung
des Glücksspielwesens in Deutschland vom 29.10.2020
(Glücksspielstaatsvertrag 2021 - GlüStV 2021 - ) zum
01.07.2021 gegenüber den seit diesem Zeitpunkt
gemäß § 22a GlüStV 2021 erlaubten virtuellen
Automatenspielen im Internet hinsichtlich der Mehrwertsteuer
benachteiligt. Virtuelle Automatenspiele seien gleichartig und
stünden mit den Umsätzen der Antragstellerin im
Wettbewerb. Sie unterfielen den §§ 36 ff. des Rennwett-
und Lotteriegesetzes vom 25.06.2021 - RennwLottG - (BGBl I 2021,
2065) und seien deshalb nach § 4 Nr. 9 Buchst. b des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerfrei. Darin liege eine
Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes zu Lasten der
Antragstellerin. Geldspielautomaten und Online-Glücksspiele
gehörten nach der Rechtsprechung des EuGH derselben Kategorie
von Glücksspielen an. Auch die Europäische Kommission sei
der Auffassung, dass es sich bei virtuellen Automatenspielen
gegenüber den terrestrischen Angeboten um die gleiche
Glücksspielform handele. Eine unmittelbare Berufung auf Art.
135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sei zulässig.
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Außerdem handele es sich bei der
Umsatzsteuer, die von den Betreibern der öffentlichen
Spielbanken erhoben werde, trotz der Bezeichnung der Steuer als
„Umsatzsteuer“ in Wirklichkeit nicht um
eine Umsatzsteuer. Es handele sich um einen Etikettenschwindel des
deutschen Gesetzgebers.
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Es bestehe auch der Aussetzungsgrund der
unbilligen Härte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Antragstellerin
entstünden im Falle des Vollzugs der Steuerforderung schwer
wieder gutzumachende Nachteile, da sie nicht imstande sei, diesen
Betrag auf einmal zu entrichten. Die Vollziehung hätte
für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte
zur Folge. In Anbetracht der Folgen der durch das Coronavirus bis
Mitte 2021 bedingten Spielhallenschließungen befinde die
Antragstellerin sich wie sämtliche Spielhallenbetreiber
aufgrund der damit zwangsläufig einhergehenden Umsatzverluste
unverschuldet in einer äußerst angespannten
wirtschaftlichen Lage, welche ihr Zahlungen zur Zeit nur schwer
möglich machten.
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Das Finanzgericht (FG) Münster setzte
mit seinem in EFG 2022, 362 = SIS 22 01 70 veröffentlichten Beschluss vom 27.12.2021 - 5 V
2705/21 U die Umsatzsteuer-Vorauszahlung August 2021 ab
Fälligkeit bis einen Monat nach Ergehen einer
Einspruchsentscheidung von der Vollziehung aus und hob, soweit der
Bescheid bereits vollzogen ist, die Vollziehung auf. Aus seiner
Sicht bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die
Umsatzsteuerpflicht sog. terrestrischer Automatenspielumsätze,
bei denen die Spieler in Spielhallen körperlich anwesend sind,
bei gleichzeitiger Umsatzsteuerfreiheit virtueller
Automatenspielumsätze gemäß § 4 Nr. 9 Buchst.
b UStG mit dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer
vereinbar ist.
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Hiergegen richtet sich die vom FG
zugelassene Beschwerde des FA. Es meint, der Bundesfinanzhof (BFH)
habe in seinen Urteilen vom 11.12.2019 - XI R 13/18 (BFHE 268, 262,
BStBl II 2020, 296 = SIS 20 03 40) und vom 11.12.2019 - XI R 23/18
(BFH/NV 2020, 615 = SIS 20 04 15) ausgeführt, dass sich die
Aufsteller von Geldspielgeräten nicht auf die Steuerbefreiung
nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen könnten und
die Verfahren über das mögliche unionsrechtliche
Beihilfeverbot der Anrechnung der Umsatzsteuer auf die
Spielbankabgabe für die Steuerbarkeit der Umsätze der
Geldspielgeräteaufsteller keine Bedeutung hätten. Daran
habe sich zum 01.07.2021 nichts geändert; denn terrestrische
Automatenspiele und virtuelle Automatenspiele dürften
unterschiedlich besteuert werden. Die Unterschiede bei den Mindest-
und Höchsteinsätzen sowie -gewinnen, den Gewinnchancen,
den verfügbaren Formaten und der Möglichkeit von
Interaktionen zwischen dem Spieler und dem Geldspielautomaten
rechtfertigten eine Ungleichbehandlung. Der Gesetzgeber habe sich
in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/28400)
ausführlich mit dieser Thematik beschäftigt und komme zu
dem Ergebnis, dass wesentliche Unterschiede im Sinne der
EuGH-Rechtsprechung zwischen den terrestrischen Angeboten und den
Online-Angeboten bestünden, die es zuließen, die
Online-Automatenspiele dem RennwLottG unterzuordnen und die
terrestrischen Automatenspiele nicht.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und den Antrag auf Gewährung von AdV
abzulehnen.
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Die Antragstellerin beantragt, die
Beschwerde zurückzuweisen sowie eine mündliche
Verhandlung durchzuführen.
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Sie verteidigt die angefochtene
Vorentscheidung und vertieft ihr o.g. erstinstanzliches Vorbringen.
Virtuelle Automatenspiele seien im Internet angebotene
Nachbildungen terrestrischer Automatenspiele, wie sich auch aus dem
RennwLottG ergebe. Damit habe sich der nationale Gesetzgeber nicht
auseinandergesetzt. Die Anbieter virtueller Automatenspiele
versuchten gezielt, Spieler aus herkömmlichen
Casino-Spielstätten abzuwerben. Die Prämisse eines
höheren Suchtpotentials des virtuellen gegenüber dem
terrestrischen Automatenspiels sei wissenschaftlich widerlegt.
Regulierungsunterschiede seien aus der maßgeblichen
Durchschnittsverbrauchersicht unerheblich. Durch eine
steuerrechtlich erzwungene Absendung der Ausschüttungsquoten
und einer damit verbundenen Angleichung an die terrestrischen
Ausschüttungsquoten seien virtuelle und terrestrische
Automatenspiele aus Verbrauchersicht noch substituierbarer
geworden. Entgegen der Entscheidung des FG hält die
Antragstellerin weiter daran fest, dass die von ihr mangels
Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG geschuldete
Umsatzsteuer keine Mehrwertsteuer im Sinne der
Mehrwertsteuersystemrichtlinie sei, da sie nicht auf
Abwälzbarkeit ausgelegt sei, so dass es für sie zu einer
wirtschaftlichen Belastung komme. Diese zeige sich auch an der
Absenkung der Spielbankabgabe.
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II. Die gemäß § 128 Abs. 3
Satz 1 FGO zulässige Beschwerde ist begründet; sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Ablehnung des
Antrags. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.
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1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen
Verwaltungsakts u.a. aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen
Rechtmäßigkeit bestehen.
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Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben
für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen
gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende
Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit
in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der
Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung,
vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.05.2019 - XI B 13/19, BFHE 264,
521, BStBl II 2021, 950 = SIS 19 08 97; vom 07.03.2022 - XI B 2/21
(AdV), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, DStR 2022, 984
= SIS 22 08 07). Es ist nicht erforderlich, dass die für die
Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer
Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (vgl. BFH-Beschlüsse
vom 04.07.2019 - VIII B 128/18, BFH/NV 2019, 1060 = SIS 19 12 30,
Rz 11; vom 31.07.2019 - XI B 15/19, BFH/NV 2019, 1259 = SIS 19 13 79, Rz 12). Ernstliche Zweifel können sich auch aus dem
Unionsrecht ergeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12.12.2013 - XI B
88/13, BFH/NV 2014, 550 = SIS 14 07 34, Rz 15; vom 14.03.2019 - V B
3/19, BFHE 263, 571, BStBl II 2021, 948 = SIS 19 04 17, Rz 16) oder
können verfassungsrechtliche Zweifel in Bezug auf eine dem
angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegende Norm sein (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 05.03.2001 - IX B 90/00, BFHE 195, 205,
BStBl II 2001, 405 = SIS 01 05 06, unter II.2.a., m.w.N.; vom
26.05.2021 - VII B 13/21 (AdV), BFH/NV 2022, 209 = SIS 21 21 18, Rz
10; vom 23.05.2022 - V B 4/22 (AdV), zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt, DStR 2022, 1548 = SIS 22 12 06, Rz
28).
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2. An der von der ständigen
BFH-Rechtsprechung bejahten Umsatzsteuerpflicht für seit dem
06.05.2006 ausgeführten Umsätze aus dem Betrieb von
Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (vgl. BFH-Urteile in
BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296 = SIS 20 03 40; in BFH/NV 2020,
615 = SIS 20 04 15; vom 11.12.2019 - XI R 26/18, BFH/NV 2020, 616 =
SIS 20 04 16) bestehen - entgegen der Auffassung des FG - für
Umsätze seit dem 01.07.2021 weiterhin keine ernstlichen
Zweifel (vgl. zur Rechtslage davor BFH-Beschluss vom 11.12.2019 -
XI B 62/19, BFH/NV 2020, 784 = SIS 20 07 19).
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a) Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen,
dass es sich bei
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den Umsätzen aus dem virtuellen
Automatenspiel, die seit dem 01.07.2021 unter den Voraussetzungen
des § 22a GlüStV 2021 erlaubt sind, gemäß
§§ 36 ff. RennwLottG der virtuellen Automatensteuer
unterliegen und damit gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b
UStG als Umsätze, die unter das RennwLottG fallen,
umsatzsteuerfrei sind, einerseits und
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den Umsätzen aus dem terrestrischen
Betrieb von Geldspielautomaten, die weiterhin umsatzsteuerpflichtig
sind, andererseits
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um gleichartige Dienstleistungen handelt, die
nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Hinblick
auf eine unmittelbare Wirkung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i
MwStSystRL (vgl. dazu EuGH-Urteile Linneweber und Akritidis vom
17.02.2005 - C-453/02 und C-462/02, EU:C:2005:92 = SIS 05 16 75, Rz 34 ff.; The Rank Group vom
10.11.2011 - C-259/10 und C-260/10, EU:C:2011:719 = SIS 11 39 83, Rz 42, und BFH-Urteil in BFHE
268, 262, BStBl II 2020, 296 = SIS 20 03 40, Rz 41 bis 43) nicht
unterschiedlich behandelt werden dürften.
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b) Der auch bei Art. 135 Abs. 1 Buchst. i
MwStSystRL zu beachtende Grundsatz der Neutralität, nach dem
die Mitgliedstaaten Wetten, Lotterien und sonstige
Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und
Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden,
von der Steuer befreien, verbietet es insbesondere, gleichartige
und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen
hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl.
EuGH-Urteile Leo-Libera vom 10.06.2010 - C-58/09, EU:C:2010:333 =
SIS 10 14 98, Rz 34; Metropol
Spielstätten vom 24.10.2013 - C-440/12, EU:C:2013:687 =
SIS 13 30 52, Rz 54; ARVI ir ko
vom 30.06.2022 - C-56/21, EU:C:2022:509 = SIS 22 11 91, Rz 21). Dabei darf u.a. die
konkrete Verwendung, für die eine Leistung bestimmt ist,
berücksichtigt werden, um zu beurteilen, ob Leistungen aus der
Sicht des Durchschnittsverbrauchers gleichartig sind (vgl.
EuGH-Urteile Kommission/Niederlande vom 03.03.2011 - C-41/09,
EU:C:2011:108 = SIS 11 06 32, Rz
66; Belgisch Syndicaat van Chiropraxie u.a. vom 27.06.2019 -
C-597/17, EU:C:2019:544 = SIS 19 09 69, Rz 49), und zwar auch dann, wenn die Produkte nach der
Wahrnehmung des Verbrauchers anderen Produkten ähneln (vgl.
EuGH-Urteil Oxycure Belgium vom 09.03.2017 - C-573/15,
EU:C:2017:189 = SIS 17 04 01, Rz
36).
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c) Im Streitfall hat das FG die von ihm
angenommenen ernstlichen Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht des
terrestrischen Automatenspiels rechtsfehlerhaft damit
begründet, dass das terrestrische Automatenspiel mit dem
virtuellen Automatenspiel gleichartig sein könnte.
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aa) Insoweit ist das FG bereits unzutreffend
davon ausgegangen, dass Unterschiede im Hinblick auf die
ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen der verschiedenen
Geldspielangebote unerheblich seien.
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(1) Das FG hat sich für seine Auffassung
(FG-Beschluss in EFG
2022, 362 = SIS 22 01 70, Rz
27) auf das EuGH-Urteil The Rank Group (EU:C:2011:719 =
SIS 11 39 83, Rz 37 bis 51)
bezogen. Demgegenüber hat der EuGH dort zwar entschieden, dass
es für die „Beurteilung der Vergleichbarkeit der
betreffenden Glücksspiele auf die von den [dort] vorlegenden
Gerichten angeführten Unterschiede in der rechtlichen Regelung
nicht ankommt“, aber zugleich darauf
hingewiesen, dass „Unterschiede im rechtlichen Rahmen und
in der rechtlichen Regelung der betreffenden Lieferungen von
Gegenständen oder Dienstleistungen, wie die etwaige
Erstattungsfähigkeit eines Arzneimittels oder der Umstand,
dass der Leistungserbringer möglicherweise
Universaldienstverpflichtungen unterliegt, aus der Sicht des
Verbrauchers zu einer Unterscheidbarkeit im Hinblick auf die
Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse führen
können“ (EuGH-Urteil The Rank Group,
EU:C:2011:719 = SIS 11 39 83, Rz
49 und 50). Dies hat der EuGH zudem am Beispiel von
Beförderungsleistungen dahingehend präzisiert, dass
„Unterschiede auf der Ebene der rechtlichen Anforderungen,
denen die fraglichen Beförderungsarten unterliegen, (...) in
den Augen des durchschnittlichen Nutzers einen Unterschied zwischen
diesen Beförderungsarten schaffen [können], da jede von
ihnen geeignet ist, unterschiedliche Bedürfnisse des Nutzers
zu befriedigen, und somit auf seine Entscheidung, die eine oder die
andere Beförderungsart zu wählen, maßgeblichen
Einfluss haben kann, so dass der Grundsatz der steuerlichen
Neutralität ihrer abweichenden steuerlichen Behandlung nicht
entgegenstünde“ (vgl. EuGH-Urteil Pro
Med Logistik und Pongratz vom 27.02.2014 - C-454/12 und C-455/12,
EU:C:2014:111, BStBl II 2015, 437 = SIS 14 08 10, Rz 59). Für
die Beurteilung der Vergleichbarkeit von Leistungen ist der
„Kontext“ zu
berücksichtigen, in dem sie erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil
Pro Med Logistik und Pongratz, EU:C:2014:111, BStBl II 2015, 437 =
SIS 14 08 10, Rz 55).
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(2) Damit erweisen sich im Streitfall die
Überlegungen des historischen Gesetzgebers (BT-Drucks.
19/28400, S. 42 ff., 66 f.) als unionsrechtlich zulässige
Differenzierungsgrundlage. Er wies bei der Erweiterung der
Rennwett- und Lotteriesteuerpflicht auf virtuelle Automatenspiele,
die dadurch umsatzsteuerfrei wurden, unter Ausklammerung des
terrestrischen Automatenspiels, das somit umsatzsteuerpflichtig
blieb, auf die Unterschiede im Rechtsrahmen in Bezug auf diese
beiden Umsatzarten hin:
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„Die in das Gesetz eingefügten
Steuervorschriften für neue Glücksspielarten erfassen nur
die nach dem Glücksspielstaatsvertrag neu zugelassenen online
verfügbaren Glücksspiele des virtuellen Automatenspiels
und Online-Pokers, weil diese ein eigenständiges
Glücksspielangebot darstellen, das nun neben den bereits
adäquat besteuerten Glücksspielangeboten entsteht. Schon
durch die im Glücksspielstaatsvertrag festgelegten
ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich virtuelles
Automatenspiel und Online-Poker von Angeboten im terrestrischen
Bereich u.a. in Gaststätten, Spielhallen und Spielbanken, z.B.
hinsichtlich der Ausschüttungsquoten oder gewerberechtlicher
Bestimmungen. (...)
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Dass das virtuelle Spiel durch die
Schaffung von Tatbeständen im Rennwett- und Lotteriegesetz im
Falle einer Steuerbarkeit - anders als das terrestrische Angebot -
nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit
wird, ist mit der unionalen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie
vereinbar: (...) Bei terrestrischen und virtuellen
Glücksspielangeboten besteht nur hinsichtlich der
äußeren Optik und des Ablaufs eine Ähnlichkeit,
weshalb eine unterschiedliche Umsatzbesteuerung aufgrund des den
Mitgliedstaaten eingeräumten weiten Wertungsspielraums des
Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe i der
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie zulässig ist (vgl. Urteil des
Europäischen Gerichtshofs vom 10.6.2010, C-58/09 =
SIS 10 14 98): Neben den oben
bereits beschriebenen tatsächlichen Unterschieden dieser
beiden Glücksspielangebote unterscheiden sich auch die
ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen sie angeboten
werden dürfen, stark und es wird jeweils ein anderer
Spielerkreis angesprochen. Das terrestrische und das virtuelle
Spiel sind somit nicht vergleichbar und stehen nicht miteinander im
Wettbewerb, so dass auch der Grundsatz der steuerlichen
Neutralität, wonach gleichartige und deshalb miteinander im
Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht
unterschiedlich behandelt werden dürfen, die vorgesehene
Besteuerung nicht hindert.“
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(3) Dem stimmt auch das Schrifttum zu. So
weist Brüggemann (UR 2022, 169) zutreffend darauf hin, dass
wesentliche Unterschiede im Rechtsrahmen in Bezug auf Einsatz,
Gewinn und Verlust, Ausschüttungsquoten und Verfügbarkeit
des Spiels sowie weitere Unterschiede in Bezug auf die Interaktion
zwischen Spieler und Geldspielautomat, das Gewinnerlebnis und das
Spielerlebnis bestehen.
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25
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Der Senat schließt sich dem an und
verweist hierzu exemplarisch nur darauf, dass unterschiedliche
Maximaleinsätze bestehen (§ 13 Nr. 2 der Verordnung
über Spielgeräte und andere Spiele mit
Gewinnmöglichkeit einerseits und § 22a Abs. 6 und 7
GlüStV 2021 andererseits). Dabei sind „Unterschiede
bei den Mindest- und Höchsteinsätzen und -gewinnen, den
Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten und der
Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem
Geldspielautomaten“ Umstände, die
einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung des
Durchschnittsverbrauchers haben und daher - wie hier - die
Gleichartigkeit entfallen lassen können (EuGH-Urteil The Rank
Group, EU:C:2011:719 = SIS 11 39 83, Rz 52 ff., 57).
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bb) Auch soweit das FG für seine
Auffassung auf tatsächliche Umstände verwiesen hat, ist
ihm nicht zu folgen.
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(1) Insoweit führt das FG (Beschluss in
EFG 2022, 362 = SIS 22 01 70, Rz
24) für seine Entscheidung an, dass die Antragstellerin
unwidersprochen vorgetragen habe, dass eine Wettbewerbssituation
bestehe und dass bei den virtuellen Geldspielumsätzen dem
Spieler durch Simulierung des herkömmlichen Casinoerlebnisses
das Gefühl vermittelt werde, er spiele in einer
herkömmlichen Casino-Stätte und nicht in virtueller
Umgebung. Für den Durchschnittsverbraucher, dem es auf das
Spielerlebnis und den erzielbaren Gewinn ankomme, sei es
unerheblich, ob er virtuell oder terrestrisch spiele.
Geldspielautomaten gehörten sämtlich zu derselben
Kategorie von Glücksspielen. Die Europäische Kommission
gehe in Bezug auf die Frage, ob eine staatliche Beihilfe
gemäß Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union (AEUV) vorliegt, davon aus, dass die
von Online- und herkömmlichen Anbietern angebotenen Spiele
derselben Glücksspielaktivität angehören und aus
technischer Sicht online angebotene und an herkömmlichen
Stätten angebotene Casinospiele hinsichtlich der
technologischen Plattformen, Beschreibungen, Formate und Parameter
vergleichbar seien, da z.B. den Online-Spielern durch Simulierung
des herkömmlichen Casinoerlebnisses das Gefühl vermittelt
werden soll, sie spielten in einer herkömmlichen
Casino-Stätte und nicht in virtueller Umgebung.
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(2) Dabei hat das FG unberücksichtigt
gelassen, dass es für die Prüfung der Gleichartigkeit
nicht darauf ankommt, ob das virtuelle Onlinespiel das
terrestrische Automatenspiel simulieren oder nachbilden soll,
sondern darauf, ob diese Zielsetzung in der Weise verwirklicht
worden ist, dass eine Gleichartigkeit auch tatsächlich bejaht
werden kann.
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(3) Hierzu wurde bereits in der
Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/28400, S. 42 ff., 66) auf
die erheblichen Unterschiede tatsächlicher Art
hingewiesen:
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„Darüber hinaus unterscheiden
sich diese Online-Angebote von terrestrischen Angeboten ihrer Natur
nach bereits grundlegend, trotz u.a. einer oberflächlichen
Ähnlichkeit in der Optik. Online-Angebote sind
regelmäßig günstiger zu betreiben und
ermöglichen wirtschaftlich effizientere Kalkulationen, weil
u.a. das Vorhalten physischer Geräte oder von Lokalitäten
entfällt. Weiterhin bietet die ständige und
ortsungebundene Verfügbarkeit von Online-Angeboten,
insbesondere durch mobile Endgeräte, für die Spieler ein
permanent verfügbares Erlebnis, dem sich terrestrische
Angebote durch ihre Ortsgebundenheit entziehen. Hieraus ergibt sich
zugleich ein potenziell erheblich größerer Kundenkreis.
Aus diesen Gründen sind diese Online-Angebote auch
hinsichtlich ihrer Spielsucht erzeugenden Aspekte anders
einzustufen, als die terrestrischen Angebote, z.B. in
Spielhallen.“
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(4) Diese gesetzgeberischen Erwägungen
für die Ungleichbehandlung lassen einen Verstoß gegen
das Unionsrecht nicht erkennen. Der Gesetzgeber ist von
zutreffenden unionsrechtlichen Maßstäben ausgegangen und
hat die aus seiner Sicht bestehenden Unterschiede, die die
Leistungen aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht
gleichartig erscheinen lassen, dargelegt. Neben den bereits
angeführten Unterschieden in den rechtlichen Merkmalen, wie
Ausschüttungsquoten, dürfen auch tatsächliche
Unterschiede im Hinblick auf den Betrieb, das Fehlen physischer
Geräte und Lokalitäten, die ständige und
ortsungebundene Verfügbarkeit, das permanent verfügbare
Erlebnis, den potenziell erheblich größeren Kundenkreis
und die Unterschiede in den spielsuchterzeugenden Aspekten, die der
Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht als
widerlegt ansieht, unionsrechtlich berücksichtigt werden und
lassen die Einschätzung des nationalen Gesetzgebers, dass eine
unterschiedliche Besteuerung zulässig sei, zutreffend
erscheinen. Sie sprechen bereits gegen das Vorliegen vergleichbarer
Leistungen.
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Dies entspricht im Übrigen der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Bereich der
Vergnügungsteuer (Beschluss vom 25.01.2022 - 9 B 20/21, HFR
2022, 585 = SIS 22 11 60, Rz 12
ff.), das auch dort u.a. den persönlichen Kontakt für ein
zulässiges Unterscheidungskriterium gehalten hat. Die damit
einhergehende Anreizwirkung unterscheide sich von derjenigen des
Online-Glücksspiels. Sie rechtfertige daher ebenfalls die
unterschiedliche Besteuerung.
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Ergänzend betont das Schrifttum
(Brüggemann, UR 2022, 169) zutreffend, dass sich Unterschiede
auch daraus ergeben, dass dem Spieler beim terrestrischen Automatenspiel
der Gewinn in Form von Bargeld ausgezahlt wird, während er
beim virtuellen Automatenspiel eine Gutschrift auf seinem
Spielkonto erhält.
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33
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(5) Dass die Europäische Kommission
für Zwecke der Anwendung des Beihilfeverbots für eine
dänische Regelung eine Vergleichbarkeit bejaht hat, bindet den
Senat nicht, der die Gleichartigkeit für die hier zu
beurteilende nationale Rechtslage zu beurteilen hat (vgl.
EuGH-Urteile AZ vom 09.11.2017 - C-499/16, EU:C:2017:846 =
SIS 17 20 49, Rz 31 f.;
Phantasialand vom 09.09.2021 - C-406/20, EU:C:2021:720 =
SIS 21 14 63, Rz 43), und ist auch
nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht zu
begründen. Außerdem hat die Kommission, ohne dass es
hierfür aber für die steuerrechtliche Beurteilung
entscheidend ankommt, in ihrem Beschluss vom 20.09.2011 (Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 68 vom
07.03.2012, S. 3 ff.) die Maßnahme C 35/10 beihilferechtlich
für mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet, weil die von den
dänischen Behörden vorgebrachten Argumente zur
Rechtfertigung der angemeldeten Maßnahme begründet
seien.
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3. Ernstliche Zweifel sind zudem zu verneinen,
da bei unterstellter Gleichartigkeit, die aber - wie vorstehend
begründet - zu verneinen ist, vergleichbare Sachverhalte
außerdem unterschiedlich behandelt werden dürfen, wenn
eine Ungleichbehandlung - wie hier - objektiv gerechtfertigt
ist.
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a) Hiervon geht der EuGH in ständiger
Rechtsprechung aus (vgl. Urteile Orfey Balgaria vom 19.12.2012 -
C-549/11, EU:C:2012:832 = SIS 13 07 76, Rz 33 f.; LVK - 56 vom 31.01.2013 - C-643/11,
EU:C:2013:55 = SIS 13 07 81, Rz
55; DGRFP Bucuresti vom 30.06.2022 - C-146/21, EU:C:2022:512 =
SIS 22 11 86, Rz 46, m.w.N.). Er
bejaht eine derartige Rechtfertigung, wenn die unterschiedliche
Behandlung im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel
steht, das mit der Maßnahme, die zu einer solchen
unterschiedlichen Behandlung führt, verfolgt wird, und wenn
die unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu
diesem Ziel steht (vgl. EuGH-Urteil RPO vom 07.03.2017 - C-390/15,
EU:C:2017:174 = SIS 17 03 98, Rz
53, m.w.N.). Auch kann aus Bestimmungen des Unionsrechts
hervorgehen, dass der Unionsrechtsgeber die Situation von zwei
Gruppen nicht als vergleichbar angesehen hat (vgl. EuGH-Urteil
Jetair und BTWE Travel4you vom 13.03.2014 - C-599/12, EU:C:2014:144 = SIS 14 08 12, Rz 55 f.). Daher kommt es
nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen
an, sondern es sind die Unterschiede im jeweiligen Kontext zu
berücksichtigen, in dem die Leistungen erbracht werden (vgl.
EuGH-Urteile TNT Post UK vom 23.04.2009 - C-357/07, EU:C:2009:248 =
SIS 09 18 49, Rz 38 und 45; Pro
Med Logistik und Pongratz, EU:C:2014:111, BStBl II 2015, 437 = SIS 14 08 10, Rz 56 und 59; Phantasialand, EU:C:2021:720 = SIS 21 14 63, Rz 41 und 42).
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b) In diesem Zusammenhang ist zu beachten,
dass der EuGH in der Regelung der Richtlinie für den
elektronischen Handel keinen Verstoß gegen das unionale
Primärrecht sieht, selbst wenn Leistungen erbracht werden, die
als elektronische Leistung dem Regelsteuersatz unterliegen, obwohl
ansonsten eine Steuersatzermäßigung anzuwenden ist (vgl.
EuGH-Urteil RPO, EU:C:2017:174 = SIS 17 03 98, Rz 56 ff.). Hieran hat sich durch die spätere
Neufassung des Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL durch die Richtlinie (EU)
2018/1713 des Rates vom 06.11.2018 zur Änderung der Richtlinie
2006/112/EG des Rates in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze
für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften (Amtsblatt der
Europäischen Union Nr. L 286 vom 14.11.2018, S. 20) nichts
geändert. Denn auch danach bleibt es bei der unterschiedlichen
Behandlung von elektronisch und physisch erbrachten Leistungen.
Diese Trennung wurde nur für die unter Anhang III Nr. 6
MwStSystRL fallenden Leistungen aufgehoben, um die es aber im
Streitfall nicht geht.
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c) Damit ist auch zu beachten, dass für
Automaten-Glücksspiele unionsrechtlich eine
Mehrwertsteuer-Sonderregelung vorliegt, soweit es sich bei ihnen um
auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen handelt.
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aa) Der EuGH hat in dem Fall, dass ein Umsatz
einer Sonderregelung unterliegt und ein anderer nicht, die
steuerliche Behandlung beider Umsatzarten als nicht vergleichbar
angesehen (vgl. EuGH-Urteile Kommission/Deutschland vom 27.10.1992
- C-74/91, EU:C:1992:409 = SIS 93 07 34, Rz 26; Jetair und BTWE Travel4you, EU:C:2014:144 =
SIS 14 08 12, Rz 55). Da die
Umsätze unterschiedlichen mehrwertsteuerrechtlichen
Bestimmungen unterliegen, dürfen sie ungleich behandelt werden
(vgl. zur Überlassung von Ferienwohnungen, wenn diese unter
die Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reiseleistungen
fällt, da es sich um die „Überlassung einer
Ferienwohnung mit zusätzlichen, als Nebenleistungen
einzustufenden Leistungselementen“ handelt
EuGH-Urteil Alpenchalets Resorts vom 19.12.2018 - C-552/17,
EU:C:2018:1032 = SIS 18 20 98, Rz
35, 37 und 41, sowie zu elektronischen Büchern und gedruckten
Büchern EuGH-Urteil RPO, EU:C:2017:174 = SIS 17 03 98, Rz 56 ff.).
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bb) Mit der Mehrwertsteuer-Sonderregelung
für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen wird der
Zweck verfolgt, Dienstleistungen, die in der Gemeinschaft
verbraucht werden, zu besteuern und Wettbewerbsverzerrungen in
diesem Bereich vorzubeugen (vgl. bereits 1. Erwägungsgrund der
Richtlinie 2002/38/EG des Rates vom 07.05.2002 zur Änderung
und vorübergehenden Änderung der Richtlinie 77/388/EWG
bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Rundfunk-
und Fernsehdienstleistungen sowie bestimmter elektronisch
erbrachter Dienstleistungen - Richtlinie 2002/38/EG -, ABlEG Nr. L
128 vom 15.05.2002, S. 41 ff.). Sie sollen am Ort des
Leistungsempfängers besteuert werden (3. Erwägungsgrund
der Richtlinie 2002/38/EG sowie 23. Erwägungsgrund der
MwStSystRL). Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass immer mehr
Dienstleistungen aus der Ferne erbracht werden können (1. und
6. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom
12.02.2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG
bezüglich des Ortes der Dienstleistung, ABlEG Nr. L 44 vom
20.02.2008, S. 11 ff.). Zu den unter Art. 58 MwStSystRL fallenden
Leistungen gehören nach Anhang II Nr. 4 MwStSystRL u.a. die
Bereitstellung von Spielen einschließlich Glücksspielen
und Lotterien.
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cc) Das Unionsrecht sieht damit vor, dass auf
elektronischem Weg erbrachte Glücksspielumsätze und
terrestrische Glücksspielumsätze - wie die der
Antragstellerin - in vielfacher Weise unterschiedlich besteuert
werden: Für Online-Umsätze gilt das
Bestimmungslandprinzip statt des Ursprungslandprinzips, daher ein
anderer Leistungsort (§ 3a Abs. 5 UStG statt § 3a Abs. 1
UStG) und, soweit die Leistungserbringer nicht im Inland
ansässig sind, ein anderes Besteuerungsverfahren (§§
18i oder 18j UStG statt § 18 UStG) ohne dort wahrzunehmendes
Recht zum Vorsteuerabzug (Art. 368, 369j MwStSystRL, § 16 Abs.
1b Satz 2 UStG statt § 16 Abs. 2 UStG) sowie - je nach
Leistungsempfänger - die Steuerbefreiung oder der Steuersatz
des Mitgliedstaats, in dem der jeweilige Leistungsempfänger
des jeweiligen Umsatzes ansässig ist. Sogar
Online-Umsätze desselben Leistungserbringers sind daher, je
nach Leistungsempfänger, zu einem anderen Steuersatz
umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuerfrei. Auch diese Art der
Ungleichbehandlung ist zum gegenwärtigen Stand der
Harmonierung mit den Grundsätzen der Neutralität und der
Gleichbehandlung vereinbar (vgl. EuGH-Urteil RPO, EU:C:2017:174 =
SIS 17 03 98, Rz 56 ff.). Diese
rechtlichen Unterschiede schließen es aus, die dem
Ursprungslandprinzip unterliegenden Umsätze der
Antragstellerin und die dem Bestimmungslandprinzip unterliegenden
Umsätze der Erbringer von Online-Glücksspielen
mehrwertsteuerrechtlich gleich behandeln zu müssen, da es sich
im mehrwertsteuerrechtlichen Sinne um nicht vergleichbare
Leistungen handelt, die völlig unterschiedlichen
mehrwertsteuerrechtlichen Regelungen unterliegen, ohne dass es
dabei auf die Verbrauchersicht zu diesen steuerrechtlichen
Unterschieden ankommt (vgl. auch zur Ungleichbehandlung im
RennwLottG Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg
vom 25.01.2022 - OVG 6 S 41/21, Zeitschrift für Wett- und
Glücksspielrecht - ZfWG - 2022, 189; Beschluss des
Sächsischen FG vom 21.04.2022 - 8 V 92/22, ZfWG 2022, 307 =
SIS 22 08 38, Beschwerde
anhängig, Az. des BFH: IX B 42/22 (AdV)).
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4. Eine AdV wegen der von der Antragstellerin
geltend gemachten unbilligen Härte scheidet ebenfalls aus;
denn sie ist nur möglich, wenn Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids nicht
ausgeschlossen werden können (vgl. BFH-Beschlüsse vom
19.02.2018 - II B 75/16, BFH/NV 2018, 706 = SIS 18 06 94, Rz 53;
vom 15.02.2022 - I B 55, 56/21 (AdV), BFH/NV 2022, 801 = SIS 22 10 50). Dies ist vorliegend aus den unter II.2. und 3. genannten
Gründen zu verneinen.
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5. Die Entscheidung des FG stellt sich auch
nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Insbesondere geht
die Annahme der Antragstellerin fehl, dass es sich bei der von ihr
geschuldeten Steuer nicht um eine Mehrwertsteuer handele. Der Senat
verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss der
Vorinstanz, der dem zutreffend nicht gefolgt ist (FG-Beschluss in
EFG 2022, 362 = SIS 22 01 70, Rz
28 f.), sowie auf das BFH-Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020,
296 = SIS 20 03 40, und auf den BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 784 =
SIS 20 07 19, m.w.N.
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6. Einer Anrufung des EuGH bedarf es im
summarischen Verfahren wegen AdV nicht (vgl. BFH-Beschluss vom
17.12.1997 - I B 108/97, BFHE 185, 30, BStBl II 1998, 558 = SIS 98 09 86, unter II.4.a). Außerdem hat der Senat keine Zweifel
i.S. des Art. 267 Abs. 3 AEUV, so dass er auch deshalb nicht zur
Vorlage verpflichtet wäre.
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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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8. Der Senat entscheidet durch Beschluss
(§ 113 FGO) ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 1
Satz 2 FGO). Gründe, die ausnahmsweise die von der
Antragstellerin beantragte mündliche Verhandlung im Verfahren
der Beschwerde wegen AdV erforderlich oder sinnvoll erscheinen
ließen, sind nicht ersichtlich.
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