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Änderung von Antrags- und Wahlrechten

Änderung von Antrags- und Wahlrechten: 1. Die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, kann geändert werden, solange der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist. - 2. Im Falle einer partiellen Bestandskraft kommt die Änderung nur in Betracht, wenn ihre steuerlichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO gesetzten Rahmen hinausgehen. - 3. Die Änderung eines Wahlrechts rechtfertigt auch dann für sich genommen die Änderung des Steuerbescheids nicht, wenn sie auf einer Änderung der wirtschaftlichen Geschäftsgrundlage beruht. - 4. Die in der Rechtsprechung zum Veranlagungswahlrecht der Ehegatten entwickelten Grundsätze sind auf das Wahlrecht nach § 34 Abs. 3 EStG nicht übertragbar. - Urt.; BFH 9.12.2015, X R 56/13; SIS 16 04 56

Kapitel:
Verschiedenes > Aufhebung, Änderung, Berichtigung
Fundstellen
  1. BFH 09.12.2015, X R 56/13
    BStBl 2016 II S. 967
    BFH/NV 2016 S. 618
    BFHE 252 S. 241

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 1.12.2016
    P. Baus in NWB 15/2016 S. 1054
    T.C. in DStZ 9/2016 S. 305
    J. H. in StuB 9/2016 S. 363
    -/- in NWB 11/2016 S. 756
    J. Förster in BFH/PR 6/2016 S. 204
    -/- in BBK 10/2016 S. 466
    F. Werth in FR 13/2016 S. 628
Normen
[FördG] § 4
[UStG] § 9, § 15 Abs. 4 Satz 2
[EStG] § 6 b, § 6 c, § 7 b, § 10 d, § 14 a Abs. 5, § 26, § 34 Abs. 3
[AO 1977] § 157 Abs. 2, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 177 Abs. 2, § 350, § 351
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 19.11.2013, SIS 14 01 69, Veräußerungsgewinn, Wahlrecht, Änderung, Rücknahme, Tarifermäßigung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 20.4.2023, SIS 23 08 68, Änderung von Antrags- und Wahlrechten: 1. Die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach...
  • FG Köln 23.3.2023, SIS 23 12 82, Wahlrechtsausübung bei einer Spende auf den zu erhaltenden Vermögensstock einer Stiftung: 1. Das Wahlrech...
  • FG Hamburg 1.3.2023, SIS 23 07 86, Unanfechtbarkeit im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 UStG: Unter Unanfechtbarkeit im Sinne des § 23 Abs. 3 Sa...
  • FG Köln 26.9.2022, SIS 23 00 09, Keine Zusammenveranlagung nach bestandskräftigen Einzelveranlagungen: 1. Nach Eintritt der Unanfechtbarke...
  • FG Köln 9.3.2022, SIS 22 20 45, Keine zeitliche Befristung eines Antrags auf ermäßigte Besteuerung innerhalb der Festsetzungsfrist: 1. Di...
  • BFH 19.1.2022, SIS 22 11 03, Nachträgliche Geltendmachung des Wahlrechts auf einen Sonderausgabenabzug nach § 10 a EStG: 1. Die Inansp...
  • FG Münster 27.10.2021, SIS 22 00 21, Voll- bzw. Optionsverschonung gemäß § 13 a Abs. 8 ErbStG nach Änderung einer bestandskräftigen Steuerfest...
  • FG München 28.4.2021, SIS 21 12 48, Antrag auf Optionsverschonung nach § 13 a Abs. 8 a.F. ErbStG (jetzt § 13 a Abs. 10 ErbStG) nur bis zum Ei...
  • FG Hamburg 1.10.2020, SIS 20 20 69, (Nicht-)Ausübung des Antragsrechts nach § 34 Abs. 3 EStG als Fehler nach § 129 AO: 1. Eine Wahlrechtsausü...
  • FG Köln 10.9.2020, SIS 20 20 73, Zusammenveranlagung von Ehegatten: 1. Wenn zunächst zusammenveranlagte Eheleute mit ihrer Klage die Aufhe...
  • FG Düsseldorf 16.7.2020, SIS 21 16 09, Abgeltungssteuer, Antrag auf Günstigerprüfung nach Bestandskraft, Erfordernis einer Rechtsgrundlage für d...
  • BFH 14.7.2020, SIS 20 15 23, Erstmaliger Eintritt der Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag auf Günstigerprüfung nach Eintrit...
  • BFH 5.3.2020, SIS 20 07 27, Nachträgliche Option zur Vollverschonung: 1. Ein Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO ...
  • Niedersächsisches FG 28.11.2019, SIS 19 22 32, Keine gesetzliche Ausschlussfrist für den Antrag auf Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvor...
  • FG München 12.9.2019, SIS 19 16 26, Erstmalige Verlustfeststellung: 1. Nacherklärte Verluste, die sich wegen der Verlustverrechnungsbeschränk...
  • BFH 19.12.2018, SIS 19 06 65, Keine Änderung des Antrags nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG 2006: Die nachträgliche Änderung eines nach § 2...
  • FG Düsseldorf 8.11.2018, SIS 18 21 21, Antrag auf Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns gem. § 34 a EStG: 1. Eine Rücknahme des Antrags auf...
  • Thüringer FG 5.10.2018, SIS 19 14 83, Antragsfrist für die Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags: Das in § 8 d Abs. 1 Satz ...
  • FG Münster 13.9.2018, SIS 18 20 11, Begünstigung des Betriebsvermögens, Vollverschonung, Vorläufigkeitsvermerk, rückwirkendes Ereignis: 1. De...
  • FG Münster 13.9.2018, SIS 18 20 13, Begünstigung des Betriebsvermögens, Vollverschonung, Vorläufigkeitsvermerk, rückwirkendes Ereignis: 1. De...
  • BFH 26.4.2018, SIS 18 10 42, Änderung von Antrags- und Wahlrechten: 1. Wird ein Mitunternehmeranteil gegen eine Leibrente veräußert, s...
  • FG München 27.10.2017, SIS 18 01 69, Geänderte Wahlrechtsausübung berechtigt für sich genommen nicht zur Änderung eines unanfechtbaren Beschei...
  • BFH 21.7.2017, SIS 17 18 80, Streitwert bei Antrag auf Steuererhöhung: 1. Begehrt der Kläger eine Erhöhung der Steuer, so ist der Stre...
  • BFH 10.7.2017, SIS 17 19 22, Übertragung einer § 6 b EStG-Rücklage, Zulassung der Revision aufgrund eines materiell-rechtlichen Fehler...
  • FG München 16.3.2017, SIS 17 09 64, Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung von Veräußerungsrenten, Wahlrechtsausübung bei Anfechtung eines ...
  • BMF 12.1.2017, SIS 17 00 55, AEAO, Änderung 2017: Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung wurde in zahlreichen Punkten geändert. U.a. ...
  • FG Berlin-Brandenburg 13.12.2016, SIS 17 02 79, Bei Einbringung einer Personengesellschaft Wahlrecht der übernehmenden Kapitalgesellschaft zur rückwirken...
  • FG des Saarlandes 20.7.2016, SIS 17 17 70, Zeitpunkt der Sachspende bei im Rahmen der Gründung einer privatrechtlichen gemeinnützigen Stiftung verei...
  • FG des Saarlandes 20.7.2016, SIS 17 17 72, Zeitpunkt der Sachspende bei im Rahmen der Gründung einer privatrechtlichen gemeinnützigen Stiftung verei...
  • BFH 15.6.2016, SIS 16 21 91, Pauschalversteuerung von Zuwendungen nach § 37 b EStG, Ausübung und Widerruf des Wahlrechts: 1. Die Pausc...
  • FG München 15.6.2016, SIS 16 18 15, Zulässigkeit eines erst nach Abgabe der Einkommensteuererklärung von einem GmbH-Gesellschafter gestellten...
  • BFH 14.6.2016, SIS 16 18 79, Wechsel der Veranlagungsart: Es ist nicht klärungsbedürftig, dass der Wechsel von der getrennten Veranlag...
  • BFH 28.4.2016, SIS 16 16 43, Investitionsabzugsbetrag, nachträgliche Glättung von BP-Mehrergebnissen, Wahrung des sog. Finanzierungszu...

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19.11.2013 13 K 3624/11 E = SIS 14 01 69 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind die Ehefrau bzw. der Sohn des im Jahre 2008 verstorbenen E. Die Klägerin und E wurden im Streitjahr 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erklärten laufende Verluste aus Gewerbebetrieb des E aus einer Beteiligung an einer KG von 835.697 EUR und einen Veräußerungsgewinn von 1.134.763 EUR, für den sie den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beantragten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) veranlagte antragsgemäß und setzte mit Bescheid vom 16.3.2005 die Einkommensteuer auf 90.029 EUR fest.

 

 

2

Aufgrund einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen setzte das FA mit Bescheid vom 16.2.2009 die Einkommensteuer auf 81.323 EUR fest. Dem waren nunmehr laufende Verluste aus Gewerbebetrieb von 871.604 EUR zugrunde gelegt. Der Veräußerungsgewinn blieb unverändert.

 

 

3

Mit ihrem Einspruch vom 13.3.2009 beantragten die Kläger, auf die außerordentlichen Einkünfte nicht den ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden. Mit Schreiben vom 23.3.2009 teilte das FA ohne Rechtsbehelfsbelehrung mit, es lehne das Begehren auf verbösernde Festsetzung der Einkommensteuer 2002 - die von den Klägern angestrebte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in einem Folgejahr hätte per Saldo zu einem höheren Steuervorteil geführt - nach pflichtgemäßem Ermessen ab. Mit weiterem Einspruch vom 27.5.2009 machten die Kläger geltend, der Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG könne bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung jederzeit widerrufen werden. Mit Einspruchsentscheidungen vom 15.9.2011 wies das FA den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid als unbegründet zurück und verwarf den Einspruch gegen die Ablehnung vom 23.3.2009 als unzulässig, da es sich nicht um einen Verwaltungsakt handele.

 

 

4

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als Verpflichtungsklage dahingehend ausgelegt, dass die Kläger sich gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.3.2009 und die zugehörige Einspruchsentscheidung wenden, und dieser stattgegeben (Urteil veröffentlicht in EFG 2014, 201 = SIS 14 01 69). Die Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG sei zulässig gewesen. Das Wahlrecht sei nach dem Gesetzeswortlaut zeitlich nicht befristet, könne bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids ausgeübt werden und sei erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des entsprechenden Bescheids verbraucht. Es habe daher nach Erlass des Einkommensteuerbescheids vom 16.2.2009 bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 355 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) frei ausgeübt werden können. Dem stehe § 351 Abs. 1 AO nicht entgegen. Es gälten die gleichen Grundsätze wie sie der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung für Ehegatten aufgestellt habe, die ihr Veranlagungswahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit eines Berichtigungs- oder Änderungsbescheids unbeschränkt ändern könnten. In beiden Fällen gehe es nicht um eine Anfechtung von Besteuerungsgrundlagen, sondern um ein auf Anwendung oder Nichtanwendung des ermäßigten Steuersatzes gerichtetes Verpflichtungsbegehren.

 

 

5

Es könne dahinstehen, ob im Fall der Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG die Regelung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO entsprechend anwendbar sei. Die materielle Reichweite eines Wahlrechts hänge nicht vom Bestehen einer Änderungsnorm ab. Die effektive Durchsetzung eines bestehenden Rechts entspreche dem aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) folgenden Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Anwendung und Auslegung der Verfahrensvorschriften.

 

 

6

Mit der Revision erläutert das FA zum wirtschaftlichen Hintergrund, die Kläger wollten den ermäßigten Steuersatz in einem anderen Veranlagungszeitraum (2005) beantragen, in dem der zu versteuernde Veräußerungsgewinn wesentlich höher war.

 

 

7

Rechtlich stehe der begehrten Änderung § 351 Abs. 1 AO entgegen. Da der Einkommensteuerbescheid vom 16.2.2009 die Einkommensteuer gemindert habe, könnten die Kläger höchstens die Heraufsetzung der Einkommensteuer auf den zuvor festgesetzten Betrag von 90.029 EUR erlangen. Dafür aber bedürfe es weiterhin der zumindest teilweisen Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG, da sich ohne Anwendung der ermäßigten Besteuerung eine Einkommensteuer von 92.060 EUR ergäbe. Das entspreche nicht dem Antrag der Kläger. Soweit der Antrag im Gegensatz zur früheren Rechtslage mittlerweile widerruflich sei, gelte dies bereits nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/2683, S. 115 ff.) nur im Rahmen der Änderungsmöglichkeiten der AO. Der Wunsch der Kläger, die Vorteile des § 34 Abs. 3 EStG nunmehr für einen späteren Veranlagungszeitraum in Anspruch zu nehmen, sei kein Grund, die Bestandskraft des Bescheids für 2002 über § 351 Abs. 1 AO hinaus zu durchbrechen und so die Änderung des Wahlrechts nur dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, der zufällig das Glück habe, dass sein Steuerbescheid aus außerhalb des § 34 EStG liegenden Gründen geändert werde.

 

 

8

Die Rechtsprechung zum Wahlrecht zwischen der getrennten Veranlagung und der Zusammenveranlagung sei nicht übertragbar. Die geänderte Wahl der Veranlagungsart führe zu einer vollständigen Neuveranlagung und ggf. Entscheidungen, die über die Höhe der festgesetzten Steuer hinausgingen, so dass § 351 Abs. 1 AO dort nicht anwendbar sei.

 

 

9

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

10

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

 

11

Sie sind der Auffassung, § 351 Abs. 1 AO sei auf das Wahlrecht nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht anwendbar. Es könne der Höhe nach nicht eingeschränkt werden, da es sich um ein absolutes Gestaltungswahlrecht handele, ebenso wie das Veranlagungswahlrecht nach §§ 26 ff. EStG sowie die Anträge nach § 10d EStG oder § 32d Abs. 4 und 6 EStG. Nachdem der Gesetzgeber das Wahlrecht nicht mehr unwiderruflich gestaltet habe, müsse er beabsichtigt haben, die vollständige Rücknahme des Antrags zu ermöglichen. Mit einer Begrenzung auf den Korrekturrahmen des § 351 Abs. 1 AO liefe dies aber praktisch weitgehend leer.

 

 

12

Bei vergleichbaren Gestaltungswahlrechten, namentlich dem Veranlagungswahlrecht der Ehegatten, sei nach ständiger Rechtsprechung des BFH die erneute Wahlrechtsausübung zulässig, weil die Besteuerungsgrundlagen unverändert blieben und der Steuerpflichtige - wie bei der vorliegenden Streitfrage auch - ein schützenswertes Interesse habe, die Besteuerungsgrundlagen bei Ausübung eines Wahlrechts vollständig zu kennen. Da der BFH seine Auffassung zum Veranlagungswahlrecht der Ehegatten maßgebend darauf gestützt habe, dass § 351 Abs. 1 AO die Besteuerungsgrundlagen unberührt lassen wolle, müsse für das streitige Wahlrecht, das ebenfalls nur den Tarif betreffe, dasselbe gelten.

 

 

13

Das Wahlrecht stehe dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 Satz 4 EStG nur einmal im Leben zu. Daher müsse dieser sich darauf verlassen können, dass sich die einmalige Tarifermäßigung auch in der von ihm erwarteten Höhe zu seinen Gunsten auswirke, bzw. andernfalls Gelegenheit haben, die Ausübung des Wahlrechts zu überdenken. Immerhin habe der Änderungsbescheid vom 16.2.2009 den durch das Wahlrecht bewirkten Steuervorteil deutlich gemindert. E habe die Erhöhung der Verluste im Streitjahr, die auf einer Minderheitsbeteiligung an einer KG beruhten, nicht vorhersehen können. Ebenso wenig habe er den hohen Veräußerungsgewinn des Jahres 2005 antizipieren können, der letztlich dazu führe, dass der Verbrauch der Tarifermäßigung im Streitjahr 2002 wirtschaftlich nachteilig sei. Da eine geänderte gesonderte Feststellung die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 ausgelöst habe, stehe als Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte weitere Änderung des Bescheids § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zur Verfügung. Andernfalls würde der Rechtsschutz des Kommanditisten, dessen Einkommensteuerveranlagung im Gegensatz zu der des Einzelunternehmers regelmäßig nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehe, ungerechtfertigt verkürzt.

 

 

14

II. Auf die Revision des FA ist das Urteil des FG aufzuheben und die Klage gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 in der Weise, dass der Veräußerungsgewinn nicht nach § 34 Abs. 3 EStG ermäßigt besteuert und demzufolge eine höhere Steuer festgesetzt wird. Das Wahlrecht nach dieser Vorschrift ist zwar grundsätzlich jederzeit änderbar (dazu 1.). Die entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids ist jedoch nur und in dem Umfang möglich, soweit dieser aus Gründen, die außerhalb der Änderung des Wahlrechts liegen müssen, verfahrensrechtlich geändert werden kann (dazu 2.). Solche liegen im Streitfall nicht vor (dazu 3.).

 

 

15

1. Nach § 34 Abs. 3 EStG kann die Steuer auf außerordentliche Einkünfte auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden. Der Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist grundsätzlich frei widerruflich. Eine gesetzliche Frist besteht nicht.

 

 

16

Nach § 34 Abs. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 402) wurden außerordentliche Einkünfte auf unwiderruflichen Antrag nach der sog. Fünftelregelung besteuert. Eine dem späteren § 34 Abs. 3 EStG entsprechende Regelung existierte noch nicht. Mit dem Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG - ) vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) wurde das Wort „unwiderruflich“ in § 34 Abs. 1 EStG gestrichen. Das Gesetz zur Ergänzung des Steuersenkungsgesetzes (Steuersenkungsergänzungsgesetz - StSenkErgG - ) vom 19.12.2000 (BGBl I 2000, 1812, BStBl I 2001, 25) fügte schließlich Abs. 3 in der Gestalt ein, wie sie strukturell der noch heute geltenden Fassung entspricht. Lediglich die Betragsgrenze wurde von 10 Mio. DM auf 5 Mio. EUR gesenkt, der ermäßigte Steuersatz von 50 % auf 56 % des sonst geltenden durchschnittlichen Steuersatzes angehoben, der Mindeststeuersatz wiederum von 19,9 % auf 14 % gesenkt. Aussagen zur Widerruflichkeit des Antrags oder eine Frist hat die Vorschrift zu keinem Zeitpunkt enthalten.

 

 

17

Eine anderweitige Selbstbindung des Steuerpflichtigen an einen einmal gestellten Antrag oder an das Nichtstellen eines Antrags ist weder dem EStG noch der AO zu entnehmen. Ob die geänderte Ausübung des Wahlrechts durch erstmaligen Antrag, durch Rücknahme eines Antrags oder durch abweichende Ausübung eines Antrags ihrerseits eine Änderung des Einkommensteuerbescheids rechtfertigt, ist eine hiervon zu trennende Frage.

 

 

18

2. Die der Änderung einer Wahlrechtsausübung entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids setzt allerdings voraus, dass dieser aus anderen Gründen verfahrensrechtlich änderbar ist. Eine abweichende Wahlrechtsausübung begründet für sich genommen keine Änderungsmöglichkeit.

 

 

19

a) Die ständige Rechtsprechung des BFH lässt die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, grundsätzlich nur zu, solange der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist.

 

 

20

aa) Ist ein Steuerbescheid insgesamt bestandskräftig geworden, ist die erstmalige oder geänderte Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts zum Zwecke der Durchbrechung der Bestandskraft nicht mehr möglich (ständige Rechtsprechung, vgl. zu § 7b EStG BFH-Urteile vom 10.10.1969 VI R 180/67, BFHE 97, 186, BStBl II 1970, 63 = SIS 70 00 34; vom 18.12.1973 VIII R 101/69, BFHE 111, 302, BStBl II 1974, 319 = SIS 74 01 76, sowie vom 25.2.1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621 = SIS 92 14 08; zu § 4 des Fördergebietsgesetzes - FördG - BFH-Urteil vom 13.2.1997 IV R 59/95, BFH/NV 1997, 635 = SIS 97 18 32, sowie BFH-Beschluss vom 10.5.2010 IX B 220/09, BFH/NV 2010, 1415 = SIS 10 21 06; zu § 10d Abs. 1 Satz 7 EStG i.d.F. des damaligen Streitjahres 2001 BFH-Urteil vom 17.9.2008 IX R 72/06, BFHE 222, 571, BStBl II 2009, 639 = SIS 08 40 76; zu § 14a Abs. 5 EStG BFH-Urteil vom 14.5.2009 IV R 6/07, BFH/NV 2009, 1989 = SIS 09 36 32, sowie BFH-Beschluss vom 26.10.2011 IV B 106/10, BFH/NV 2012, 166 = SIS 12 00 11; zu § 6c i.V.m. § 6b EStG BFH-Urteil vom 30.8.2001 IV R 30/99, BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49 = SIS 02 02 45, sowie BFH-Beschluss vom 11.6.2014 IV B 46/13, BFH/NV 2014, 1369 = SIS 14 21 18).

 

 

21

Folgerichtig kann der Steuerpflichtige frei über das Wahlrecht verfügen, wenn der Einkommensteuerbescheid noch nicht formell bestandskräftig und deshalb ohnehin änderbar ist, insbesondere also dann, wenn über einen Einspruch oder eine Klage gegen den Bescheid insgesamt noch nicht entschieden ist.

 

 

22

bb) Ferner ist der Bescheid und damit auch die Ausübung des Wahlrechts änderbar, wenn der Bescheid noch nicht materiell bestandskräftig ist, namentlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (vgl. zu § 9 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - BFH-Urteile vom 19.12.2013 V R 6/12, BFHE 245, 71, BFH/NV 2014, 1126, HFR 2014, 666 = SIS 14 15 49, sowie V R 7/12, BFHE 245, 80, BFH/NV 2014, 1130, HFR 2014, 669 = SIS 14 15 50; ebenso, zwar zu § 26 EStG, indes mit allgemeingehaltener Formulierung BFH-Urteil vom 3.2.1987 IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751; anders für die sachverhaltsbezogene und daher von einem reinen Antrags- oder Wahlrecht zu unterscheidende Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG BFH-Urteile vom 2.3.2006 V R 49/05, BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729 = SIS 06 35 36, sowie vom 22.11.2007 V R 35/06, BFH/NV 2008, 628 = SIS 08 14 57, beide m.w.N.).

 

 

23

cc) Diese Grundsätze widersprechen nicht der prinzipiell freien Widerruflichkeit derartiger Antrags- und Wahlrechte. Letztere trifft keine Aussage darüber, bis wann ein Widerruf verfahrensrechtlich noch berücksichtigt werden kann. Sie sind auch auf das Wahlrecht nach § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden, das insoweit keine Besonderheiten erkennen lässt (ebenso Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, § 34 EStG Rz 83; Sieker, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 34 Rz C 26).

 

 

24

dd) Das bedeutet umgekehrt zwingend, dass die geänderte Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts für sich genommen keine verfahrensrechtliche Grundlage für eine Änderung von Bescheiden darstellt. Anders als das FG wohl meint, hängt nicht die Bestandskraft des Bescheids vom Antrags- oder Wahlrecht ab. Vielmehr hängt das Antrags- oder Wahlrecht von der Bestandskraft ab. Aus der Entscheidung des BFH in BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49 = SIS 02 02 45 ergibt sich entgegen dem Verständnis des FG nichts anderes. Zwar hat der BFH dort unter Bezugnahme auf Art. 19 Abs. 4 GG aus dem Gebot der rechtsschutzgewährenden Anwendung und Auslegung von Verfahrensvorschriften die entsprechende Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO abgeleitet, um die materiell zulässige Ausübung des Wahlrechts auch formell umzusetzen und die Gestaltungswirkung des Wahlrechts auch über den Eintritt der Bestandskraft hinaus zu erhalten (unter II.3.). Der BFH ist jedoch gerade nicht davon ausgegangen, dass die Ausübung des Wahlrechts die Bestandskraft zu durchbrechen vermag. Vielmehr beziehen sich diese Ausführungen auf eine Zeitspanne, in der ein finanzgerichtliches Urteil zwar erlassen und zugestellt, aber noch nicht rechtskräftig, der Bescheid folglich noch nicht bestandskräftig geworden war und auf die Frage, auf welche Änderungsvorschrift die folgerichtige Änderung des Bescheids zu stützen war. Es entspricht daher den vorstehenden Grundsätzen, dass der BFH die Wahlrechtsausübung zugelassen hat.

 

 

25

b) Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist damit auch dann zuzulassen, wenn und soweit der Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Das betrifft zunächst den teilweisen Nichteintritt der Bestandskraft infolge von Teileinspruchsentscheidungen nach § 367 Abs. 2a AO. Zudem erfasst es diejenigen Fälle, in denen Änderungsbescheide auf der Grundlage einer selbständigen Änderungsvorschrift - etwa §§ 172 ff. AO - die teilweise Durchbrechung der Bestandskraft bewirken.

 

 

26

aa) Wird ein solcher Änderungsbescheid angefochten, so folgt jedoch aus § 351 Abs. 1 AO, dass die Änderung der Antrags- oder Wahlrechtsausübung nur dann möglich ist, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die partielle Durchbrechung der Bestandskraft gesetzten Rahmen nicht verlässt. Die Vorschrift begrenzt die Anfechtbarkeit und damit auch die durch den Einspruch bewirkte Änderbarkeit eines Änderungsbescheids auf den Umfang der Änderung und stellt damit u.a. klar, dass es im Übrigen bei der zuvor eingetretenen Bestandskraft bleibt.

 

 

27

bb) Für Änderungen, die über diesen Rahmen hinausgehen und demnach im Wege eines Verpflichtungsbegehrens zu verfolgen wären, bedarf es folglich einer eigenen Änderungsvorschrift. Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts stellt aber für sich genommen keine Änderungsvorschrift dar. Ebenso wenig erfüllt die seitens der Kläger herangezogene Änderung der Geschäftsgrundlage die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift. Beides ergibt sich mittelbar aus der unter 2.a dargestellten Rechtsprechung.

 

 

28

Soweit die Kläger sich in diesem Zusammenhang auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO berufen, geht dies fehl. Auch diese Vorschrift durchbricht die Bestandskraft nur insoweit, als ein Folgebescheid an einen Grundlagenbescheid anzupassen (zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern) ist. Das Wahlrecht ist aber nicht Gegenstand des Grundlagenbescheids. Eine Änderung des Antrags- oder Wahlrechts ist nach alledem nicht möglich, wenn ihre Auswirkungen über den durch § 351 Abs. 1 AO abgesteckten Änderungsrahmen hinausgehen.

 

 

29

Ob dies anders zu beurteilen ist, wenn ein Grundlagenbescheid eine Anpassung des Folgebescheids gerade im Hinblick auf den Veräußerungsgewinn verlangt, auf den das Wahlrecht sich bezieht, ist im Streitfall nicht zu entscheiden.

 

 

30

cc) Der Senat vermag keinen Grund zu erkennen, die tatbestandlich ohne Weiteres einschlägige Regelung des § 351 Abs. 1 AO nicht anzuwenden. Für eine teleologische Reduktion der Vorschrift besteht kein Anlass. Dieser folgt auch nicht aus der fehlenden Teilbarkeit des Antrags aus § 34 Abs. 3 EStG. Die Teilung des Antragsrechts ist gesetzlich nicht vorgesehen und hätte zudem in einer Konstellation wie im Streitfall den nicht dem Begehren der Kläger entsprechenden Verbrauch des Antragsrechts zur Folge. Es besteht damit kein Grund, ohne verfahrensrechtliche Grundlage einen gesetzlich vorgesehenen Änderungsrahmen zu sprengen. Aus dem begehrten Ergebnis folgt kein Anspruch.

 

 

31

dd) Die abweichenden Grundsätze, die der BFH in ständiger Rechtsprechung zum Veranlagungswahlrecht der Ehegatten entwickelt hat, sind auf das streitige Wahlrecht nicht übertragbar.

 

 

32

(1) Diese Rechtsprechung beruht in erster Linie auf der verfahrensrechtlichen Überlegung, dass der Antrag auf Änderung der Veranlagungsart nicht als Anfechtung der Steuerfestsetzung zu verstehen ist, sondern als ein auf Durchführung einer erneuten Veranlagung in einer bestimmten Veranlagungsart gerichtetes Verpflichtungsbegehren. Die verschiedenen Veranlagungsformen sind jeweils wesensverschiedene Veranlagungsverfahren. Die Änderung der Veranlagung erschöpft sich daher nicht in der Änderung eines bereits ergangenen Bescheids, sondern führt zu einem neuen Veranlagungsverfahren (vgl. insbesondere BFH-Urteile vom 24.1.2002 III R 49/00, BFHE 198, 12, BStBl II 2002, 408 = SIS 02 05 83, sowie vom 19.5.2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980 = SIS 04 36 34). Das Veranlagungswahlrecht betrifft eine die gesamte Veranlagung betreffende Ordnung (Verbindung oder Trennung) der steuerlichen Verhältnisse zweier Personen. Im Gegensatz zu dem Veranlagungswahlrecht ist das hier streitige Antragsrecht eine punktuelle Maßnahme, die auf die Besteuerungsmodalitäten einer bestimmten Besteuerungsgrundlage und deren Auswirkungen auf eine bestimmte - einzige - Steuerfestsetzung abzielt und insofern nicht vergleichbar ist.

 

 

33

In der verfahrensrechtlichen Lage, die die Änderung des Veranlagungswahlrechts bewirkt, ist die unmittelbare Anwendung von § 351 Abs. 1 AO strukturell nicht möglich. Sie fordert einen Vergleich der Steuerfestsetzungen vor und nach der Änderung. Im Rahmen des Veranlagungswahlrechts wären zur Durchführung des Vergleichs die Steuern verschiedener Personen zusammenzurechnen. Dafür bedürfte es einer besonderen Rechtsgrundlage. Diese ist folgerichtig (erst) in Gestalt von § 26 Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 EStG heutiger Fassung geschaffen worden. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass eine entsprechende Anwendung der aktuellen Vorschriften über die Änderung des Veranlagungswahlrechts - für die er ohnehin keinen Grund sieht - den Klägern auch nicht zum Ziel verhelfen könnte. Dort setzt die Änderung eine Minderung der Steuer für das betreffende Jahr voraus, woran es im Streitfall gerade fehlt.

 

 

34

(2) Soweit der BFH seine Entscheidungen zur Frage des Veranlagungswahlrechts teilweise mit weiteren Überlegungen versehen hat, handelt es sich um ergänzende, nicht aber um wesentliche Gesichtspunkte.

 

 

35

(a) Er hat zwar ausgeführt, dass es sich um ein reines Tarifwahlrecht handele, das die Besteuerungsgrundlagen - der Zielrichtung des § 351 Abs. 1 AO ohnehin entsprechend - unberührt lassen wolle (BFH-Urteil vom 25.6.1993 III R 32/91, BFHE 171, 407, BStBl II 1993, 824 = SIS 93 20 05). Aus § 157 Abs. 2 AO ergibt sich jedoch, dass der in § 351 Abs. 1 AO definierte Umfang der Anfechtbarkeit gerade nicht die Besteuerungsgrundlagen, sondern die Höhe der Steuerfestsetzung betrifft; es kann sich daher lediglich um einen zusätzlichen und nicht maßgebenden Aspekt handeln.

 

 

36

(b) Ebenfalls keine entscheidende Bedeutung kommt dem Gedanken zu, dass ein Änderungsbescheid die Geschäftsgrundlage für die Ausübung des Veranlagungswahlrechts wesentlich ändern könne (Antwort des III. Senats auf eine Divergenzanfrage des XI. Senats zu § 10d EStG vom 6.2.1998 III ER-S-4/97, BFH/NV 1999, 160). Die Änderung der Geschäftsgrundlage, die der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Dispositionen zugrunde gelegt hat, erfüllt für sich allein nicht den Tatbestand einer Änderungsvorschrift und kann deswegen allein auch nicht die Änderung von Bescheiden rechtfertigen (s.o.). Anders als die Kläger wohl meinen, existiert kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass bei neuen Erkenntnissen über die wirtschaftlichen Folgen von Wahlrechten diese ungeachtet eingetretener Bestandskraft erneut ausgeübt werden können mit der Folge, dass ein Bescheid geändert werden könnte und müsste. Dies ist auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten. Der Steuerpflichtige kennt seine aktuellen Einkünfte und kann seine zu erwartenden Einkünfte besser als jeder andere prognostizieren, insbesondere besser als das FA. Er kann deshalb selbst die Folgen seiner Wahlrechtsausübung am besten abschätzen und entsprechend planen. Es ist daher folgerichtig, wenn er auch das Risiko einer etwaigen Fehleinschätzung trägt. Die Überlegung der Kläger, der Steuerpflichtige müsse sich auf die Auswirkungen des Wahlrechts verlassen können, geht deshalb ins Leere. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung des StSenkG und des StSenkErgG. Wie das FA zu Recht ausführt, nimmt diese auf den Rahmen Bezug, den die AO vorgibt, und geht damit gerade nicht von einer voraussetzungslosen Änderungsmöglichkeit des Wahlrechts aus.

 

 

37

Der insoweit abweichenden Auffassung des Schleswig-Holsteinischen FG (Urteil vom 2.10.2003 5 K 394/02, EFG 2004, 349 = SIS 04 06 47) sowie des FG Hamburg (Gerichtsbescheid vom 18.2.2005 III 157/04, EFG 2005, 965 = SIS 05 24 12) folgt der Senat aus den vorstehenden Gründen nicht.

 

 

38

(3) Abgesehen davon, dass die Behandlung der Frage im Rahmen anderer Antrags- und Wahlrechte für die Behandlung des streitigen Antragsrechts aus § 34 Abs. 3 EStG unerheblich ist, hat der BFH die zu dem Veranlagungswahlrecht entwickelten weiten Grundsätze folgerichtig bisher nicht ausgedehnt.

 

 

39

ee) Unerheblich ist nach den vorstehenden Grundsätzen allerdings auch, worauf die partielle Durchbrechung der Bestandskraft beruht. Bewegt sich die durch eine zulässige Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts bewirkte Steueränderung innerhalb des Rahmens des § 351 Abs. 1 AO, ist es nach § 157 Abs. 2 AO daher auch gleichgültig, ob die Änderung einen Bezug zu den Veräußerungsgewinnen aufweist.

 

 

40

c) Die Verwerfungen, die die Beteiligten in diesen Grundsätzen sehen, bestehen nicht. Soweit die Wahlrechtsausübung im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens auch zur Gestaltung eingesetzt werden kann, ist das der fehlenden Bestandskraft immanent. Soweit die Änderung des Wahlrechts nicht möglich ist, wenn sie zu einer das Änderungspotential nur um 1 EUR übersteigenden Steueränderung führt, ist das eine unvermeidbare Folge des Umstands, dass der Ermäßigungsantrag als solcher nicht teilbar ist. Gleichzeitig vermeidet dies aber auch, dass bereits eine geringfügige Änderung eines Bescheids das Antragswahlrecht in vollem Umfange neu eröffnete. Da im Übrigen jeder umfassende Rechtsbehelf eine umfängliche Änderungsmöglichkeit eröffnet, ist Letztere keineswegs praktisch bedeutungslos.

 

 

41

3. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall die antragsgemäße Änderung des Einkommensteuerbescheids nicht möglich.

 

 

42

a) Soweit die Kläger mit ihrem Einspruch vom 13.3.2009 den Änderungsbescheid vom 16.2.2009 angefochten haben, kommt eine Änderung des Bescheids durch Abhilfe im Einspruchsverfahren gemäß § 367 Abs. 2 Satz 3 AO - ungeachtet prozessualer Fragen - nicht in Betracht. Die begehrte Änderung ginge über den durch § 351 Abs. 1 AO gesetzten Rahmen hinaus. Deshalb kann es im Streitfall dahinstehen, ob die Kläger hinsichtlich dieses Bescheids, der eine Änderung zu Gunsten der Kläger enthielt, überhaupt nach § 350 AO einspruchsbefugt waren.

 

 

43

b) Folgerichtig hat das FG prozessual zutreffend die Rechtsverfolgung der Kläger als Verpflichtungsbegehren dahin ausgelegt, dass sie die Änderung des Bescheids anstreben. Für eine derartige Änderung bedarf es einer Änderungsvorschrift, die nach dem Vorstehenden nicht existiert.

 

 

44

c) Eine auf § 177 Abs. 2 AO gestützte Saldierung der zu Gunsten der Kläger vorgenommenen Änderung mit der begehrten Änderung zu ihren Lasten findet ebenfalls nicht statt. Die Saldierungsmöglichkeit besteht nur, soweit die Änderung reicht. Im Übrigen setzt die Saldierung materielle Fehler voraus. Die Steuerfestsetzung ist aber hinsichtlich der ermäßigten Besteuerung nicht fehlerhaft, da sie antragsgemäß erfolgt ist. Eine selbständige Rechtfertigung, den Antrag zu ändern, enthält § 177 Abs. 2 AO nicht.

 

 

45

4. Soweit der Senat mit seinen Ausführungen unter 2.b von dem Beschluss des IX. Senats in BFH/NV 2010, 1415 = SIS 10 21 06 abweicht, hat dieser auf eine Anfrage in einem weiteren Verfahren des Senats (X R 44/13 = SIS 16 02 82) erklärt, der Abweichung zuzustimmen. Im Übrigen bliebe im Streitfall die Klage auch dann ohne Erfolg, wenn eine Änderung des Antragsrechts nach einmal eingetretener Bestandskraft ungeachtet einer nachträglichen partiellen Durchbrechung schlechterdings nicht mehr möglich wäre.

 

 

46

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.