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Anteilsvereinigung in Gesamthand, GrEStG

Anteilsvereinigung in Gesamthand, GrEStG: Die Vergünstigungsvorschrift des § 5 Abs. 1 GrEStG ist auf eine Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) in der Person einer Gesamthand nicht (entsprechend) anwendbar. - Urt.; BFH 2.4.2008, II R 53/06; SIS 08 21 73

Kapitel:
Haus - und Grundbesitz > Grunderwerbsteuer
Fundstellen
  1. BFH 02.04.2008, II R 53/06
    BStBl 2009 II S. 544
    LEXinform 0587630

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 17.6.2009
    erl in StuB 12/2008 S. 488
    M.M./J.G. in DStR 28/2008 S. 1319
    rh in UVR 7/2008 S. 202
    K.R.K. in BFH/PR 8/2008 S. 364
    C.F. in DStZ 14/2008 S. 470
    St.K. in BB 33/2008 S. 1755
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 33 Abs. 1
[GrEStG (Fassung bis 31.12.1996)] § 1 Abs. 3, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Hamburg, 04.07.2006, Mittelbare Anteilsvereinigung, Einbringung, Beteiligung, Steuerbefreiung, Gesamthand, Mittelbarer Grundbesitz, EG-Recht, Gleichheitssatz, Grunderwerbsteuer
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Baden-Württemberg 18.4.2023, SIS 24 02 32, Anteilsvereinigung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands unterliegt der Grunderwerbsteuer: 1....
  • FG München 8.2.2023, SIS 23 05 56, Anwendung des Grunderwerbsteuertatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG auf die Verschmelzung einer Kapita...
  • FG Münster 17.6.2021, SIS 21 11 94, Grunderwerbsteuerpflicht nach Zusammenlegung mehrerer katholischer Kirchengemeinden: 1. Die Zusammenlegun...
  • FG Nürnberg 4.4.2018, SIS 18 14 77, Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen grunderwerbsteuerlichen Beurteilung des Erwerbs eines Miteigen...
  • BFH 22.2.2017, SIS 17 06 25, Keine Steuerbefreiung für eine Anteilsvereinigung aufgrund Einbringung schenkweise erhaltener Gesellschaf...
  • BFH 10.9.2015, SIS 15 25 59, Verhältnis Umsatzsteuer zur Grunderwerbsteuer: Vermittlungsleistungen eines atypischen Maklers mit Verwer...
  • BFH 28.5.2015, SIS 15 15 38, Verhältnis Umsatzsteuer zur Grunderwerbsteuer: Die Vermittlungsleistungen eines atypischen Maklers, der a...
  • FG Köln 26.6.2014, SIS 15 02 78, Unterscheidung zwischen Eigen- und Vermittlungsgeschäft, Doppelbelastungskonstellation i.S. des § 4 Nr. 9...
  • BFH 12.2.2014, SIS 14 11 25, Erbengemeinschaft als selbständiger Rechtsträger im Grunderwerbsteuerrecht: 1. Vereinigen sich mindestens...
  • FG Nürnberg 23.1.2014, SIS 14 12 16, Grunderwerbsteuerbefreiung bei Anteilsvereinigung: Zur Frage der Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 3 Nr....
  • FG Köln 25.9.2013, SIS 14 09 29, Steuerbefreiung bei mittelbarem Erwerb verbliebener Restanteile im Wege der Erbauseinandersetzung: Erwirb...
  • BFH 11.6.2013, SIS 13 20 25, Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG bei Erwerbsvorgängen i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG: 1. § 16 Abs. 2 GrEStG i...
  • FG Nürnberg 4.10.2012, SIS 13 13 64, GmbH & Co. KG, Vereinigung aller Anteile: 1. Anteile werden unmittelbar in einer Hand vereinigt, wenn sie...
  • BFH 23.5.2012, SIS 12 19 49, Grunderwerbsteuerbefreiung bei Anteilsvereinigung aufgrund gemischter Schenkung von Anteilen an einer gru...
  • BFH 7.3.2012, SIS 12 13 54, Grunderwerbsteuer bei Verschmelzung durch Aufnahme und mehreren aufeinander folgenden Erwerbsvorgängen, D...
  • FG Köln 30.11.2011, SIS 12 20 74, Anteilsübertragung bei mittelbarer Beteiligung: 1. Eine Anteilsübertragung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrES...
  • FG Nürnberg 9.11.2011, SIS 11 40 78, Steuerfreiheit der Anteilsvereinigung in einer Hand im Wege der Erbfolge: Im Rahmen der im Verfahren auf ...
  • FG Baden-Württemberg 27.7.2011, SIS 13 05 24, Kein Gestaltungsmissbrauch zur Vermeidung der Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 a GrEStG bei der Z...
  • BFH 20.4.2011, SIS 11 19 85, Durch Anteilsvereinigung ausgelöste Grunderwerbsteuern sind keine Anschaffungskosten: Die infolge einer S...
  • BFH 14.3.2011, SIS 11 25 90, Bewertung eingelegter Kapitalgesellschaftsanteile, keine Berücksichtigung der aufgrund Anteilsvereinigung...
  • BFH 2.3.2011, SIS 11 15 97, Vorlage an BVerfG, Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig?: Es wird die...
  • BFH 2.3.2011, SIS 11 13 28, Vorlage an BVerfG, Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig?: Es wird die...
  • FG Münster 31.1.2011, SIS 11 10 78, Grunderwerbsteuerpflicht durch Anteilsvereinigung an einer insolventen GmbH: Der Erwerb sämtlicher Anteil...
  • BFH 25.8.2010, SIS 10 42 34, Berechnung der Beteiligungsquote von 95 v.H. bei mittelbarer Beteiligung an grundbesitzender Gesellschaft...
  • BFH 9.12.2009, SIS 10 11 73, Einheitlicher Erwerbsgegenstand, Überprüfbarkeit der Gegenleistung im Einspruchsverfahren: 1. Ist aufgrun...
  • BFH 14.8.2009, SIS 09 36 46, Fehlende Kenntnis des FG von Änderungsbescheiden, Umsatzsteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für Festse...
  • BFH 19.2.2009, SIS 09 20 81, GrESt; Sorgfaltspflichten, Strafbarkeit unterlassener Erklärung, Verjährung: 1. Entscheidet das FG über e...
  • FG Düsseldorf 2.10.2008, SIS 09 00 90, Voraussetzungen eines einheitlichen Vertragswerkes bei Abschluss eines Kaufvertrages über Grundbesitz: 1....
  • FG Münster 17.9.2008, SIS 08 40 54, Mittelbare Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG: Eine mittelbare Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 ...
  • BFH 3.9.2008, SIS 08 43 29, Grundstück, Verzicht auf Ankaufsrecht, GrESt: Der entgeltliche Verzicht auf das an einem Grundstück einge...
  • FG Münster 19.6.2008, SIS 08 30 02, Einheitliches Vertragswerk, GrESt, Gemeinschaftsrecht: 1. Schließt ein Grundstückserwerber zwei Wochen na...

I. An der KT-GmbH (GmbH) waren im Jahr 1996 S und T zu jeweils 50 v.H. beteiligt. Die GmbH war Alleingesellschafterin der P-GmbH, G-GmbH, K-GmbH und GE-GmbH, zu deren Gesellschaftsvermögen jeweils Grundstücke gehörten. S und T gründeten mit Vertrag vom 30.9.1996 die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GbR, und übertrugen dieser alle Anteile an der GmbH.

 

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) beurteilte die Übertragung der GmbH-Anteile auf die Klägerin als steuerbare (mittelbare) Vereinigung aller Anteile an der P-GmbH, G-GmbH, K-GmbH und GE-GmbH in der Hand der Klägerin gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (GrEStG). Durch geänderten Bescheid vom 14.9.2004 stellte das FA gegenüber der Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG gesondert fest. Der Einspruch blieb erfolglos.

 

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die Einbringung der Anteile an der mittelbar grundbesitzenden GmbH sei in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbefreit. In sämtlichen Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG finde ein Rechtsträgerwechsel zwischen dem übertragenden und dem erwerbenden Anteilseigner statt, der bei einem Anteilsübergang auf eine Gesamthand die entsprechende Anwendung des § 5 GrEStG gebiete. Andernfalls würde die Übertragung eines Anteils von weniger als 100 v.H. in vollem Umfang der Grunderwerbsteuer unterworfen, obwohl dieser Vorgang die geringste grunderwerbsteuerrechtliche Relevanz aufweise.

 

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 5 GrEStG. Die Vorentscheidung habe verkannt, dass nicht bereits die Einbringung der Anteile, sondern erst die Anteilsvereinigung den Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfülle.

 

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Sie rügt für den Fall der Unanwendbarkeit des § 5 GrEStG einen Verstoß der Erhebung von Grunderwerbsteuer gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und gegen Gemeinschaftsrecht.

 

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Unrecht die Steuervergünstigung aus § 5 Abs. 1 GrEStG gewährt.

 

1. Bei einem nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Rechtsgeschäft werden nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG die Besteuerungsgrundlagen durch das Geschäftsleitungsfinanzamt gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks des Geschäftsleitungsfinanzamts belegenes Grundstück betroffen ist. Gegenstand der nach § 17 Abs. 2 und 3 GrEStG zu treffenden gesonderten Feststellung sind die Besteuerungsgrundlagen (dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.7.2005 II R 9/04, BFHE 210, 65, BStBl II 2005, 780 = SIS 05 39 35, m.w.N.). In den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG ist im Feststellungsbescheid u.a. über die Steuerpflicht dem Grunde nach (einschließlich der Anwendung des § 5 GrEStG) sowie über die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 10 GrEStG anzusetzende Bemessungsgrundlage zu entscheiden.

 

2. Mit der Einbringung aller Anteile an der GmbH durch S und T mit Vertrag vom 30.9.1996 haben sich in der Hand der Klägerin (mittelbar) alle Anteile an der P-GmbH, G-GmbH, K-GmbH und GE-GmbH vereinigt. Damit ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Nach dieser Vorschrift unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer Gesellschaft begründet, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung alle Anteile an dieser Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen vereinigt würden.

 

a) Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung aller Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (BFH-Urteil vom 5.11.2002 II R 23/00, BFH/NV 2003, 505 = SIS 03 18 06, m.w.N.).

 

b) Eine Vereinigung aller Anteile in einer Hand i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 (und Nr. 2) GrEStG liegt nicht nur dann vor, wenn der Anteilserwerber die Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz selbst (unmittelbar) hält, sondern auch dann, wenn es sich bei der Beteiligung des Anteilserwerbers um eine nur mittelbare, d.h. über eine andere Gesellschaft vermittelte handelt, an der er zu 100 v.H. beteiligt ist (BFH-Urteile vom 19.12.2007 II R 65/06, BFHE nn; in BFH/NV 2003, 505 = SIS 03 18 06; vom 20.10.1993 II R 116/90, BFHE 172, 538, BStBl II 1994, 121 = SIS 94 05 27). Da die Anteilsvereinigung die über die rechtliche Verfügungsmacht an den Gesellschaftsanteilen erlangte Sachherrschaft an dem Gesellschaftsgrundstück erfasst, kommt es nicht darauf an, ob diese Sachherrschaft mittelbar durch eine zwischengeschaltete Gesellschaft - im Streitfall die GmbH - ausgeübt wird (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 505 = SIS 03 18 06, m.w.N.).

 

c) Die Besteuerung aus § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 10.6.1963 1 BvR 345/61, BVerfGE 16, 203). Dies gilt auch insoweit, als im Streitfall für die Einbringung der GmbH-Anteile in die Klägerin kein Entgelt gezahlt worden ist. Die Grunderwerbsteuer erfasst auch Rechtsträgerwechsel, die nicht Teil eines Leistungsaustausches „Grundstück gegen Entgelt“ sind (BFH-Beschluss vom 7.9.2007 II B 5/07, BFH/NV 2007, 2351 = SIS 08 01 65). Eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung ergibt sich nicht etwa daraus, dass bei einer Anteilsvereinigung als Bemessungsgrundlage (nach der hier maßgeblichen Rechtslage bis zum 31.12.1996) gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 10 GrEStG der Einheitswert anzusetzen war. Die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach der Gegenleistung scheidet schon deshalb als Maßstab einer etwaigen Übermaßbesteuerung aus, weil bei einer Anteilsvereinigung eine auf das ganze Grundstück bezogene Gegenleistung weder ersichtlich ist noch den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspräche (BFH-Beschluss vom 18.11.2005 II B 23/05, BFH/NV 2006, 612 = SIS 06 12 48, m.w.N.).

 

d) § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar.

 

aa) Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Erhebung von Grunderwerbsteuer nach Maßgabe des GrEStG auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vereinbar ist. Der Ansicht der Klägerin, die Grunderwerbsteuer habe den Charakter einer Umsatzsteuer, kann nicht gefolgt werden.

 

Das Gemeinschaftsrecht enthält beim gegenwärtigen Stand keine besondere Vorschrift, die die Befugnis der Mitgliedstaaten, andere Steuern, Abgaben oder Gebühren als die Umsatzsteuer einzuführen, ausschließt oder beschränkt (EuGH-Urteil vom 11.10.2007 C-283/06, C-312/06, Kögáz u.a., UR 2007, 906 = SIS 08 00 34, m.w.N.). Gemäß Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG hindern unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen. Die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer sind nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil in UR 2007, 906 = SIS 08 00 34 Randnr. 37, m.w.N.): Allgemeine Geltung der Mehrwertsteuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung dieser Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Produktions- und Vertriebsstufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Mehrwertsteuer, so dass sich diese Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird.

 

Unter Zugrundelegung dieser Merkmale hat die nach dem GrEStG erhobene Grunderwerbsteuer nicht den Charakter einer Umsatzsteuer. Der EuGH (Urteil vom 16.12.1992 C-208/91, Beaulande, Slg. 1992, I-6709 = SIS 93 14 21) hat für die nach französischem Recht erhobenen Eintragungsgebühren auf ein Baugrundstück festgestellt, dass derartige Eintragungsgebühren keine allgemeinen Steuern sind, da sie nur entgeltlich übereignete unbewegliche Sachen beträfen, deren Übertragung mit einer Reihe von Formalitäten verbunden ist. Derartige Gebühren zielten somit nicht darauf ab, die Gesamtheit der wirtschaftlichen Vorgänge in dem beteiligten Mitgliedstaat zu erfassen. Ferner fehle es an einem Produktions- und Verteilungsprozess, da die Eintragungsgebühr nur erhoben werde, wenn die unbewegliche Sache in das Vermögen des Endverbrauchers übergehe. Überdies könne diese Steuer nicht von gleichartigen, aus Anlass späterer Veräußerungen entrichteten Steuern abgezogen werden. Schließlich bleibe bei der Erhebung derartiger Steuern, die auf der Grundlage des Gesamtwerts der Sache erhoben würden, der Mehrwert unberücksichtigt. Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise für die nach deutschem Recht erhobene Grunderwerbsteuer und schließen es aus, dieser den Charakter einer Umsatzsteuer beizulegen. Aus Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ergibt sich sogar, dass das Gemeinschaftsrecht mit der Mehrwertsteuer konkurrierende Abgabenregelungen zulässt (EuGH-Urteile in UR 2007, 906 = SIS 08 00 34 Randnr. 33, und vom 8.7.1986 C-73/85, Kerrutt, Slg. 1986, 2219 = SIS 86 20 27 Randnr. 22).

 

Hiernach erscheint dem Senat die Vereinbarkeit der Grunderwerbsteuer mit der Richtlinie 77/388/EWG so klar und eindeutig, dass in Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 6.10.1982 Rs. 283/81, CILFIT (Slg. 1982, 3415 Randnr. 10) die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 Abs. 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nicht geboten ist.

 

bb) Ferner hat der Senat keine Zweifel, dass die Erhebung der Grunderwerbsteuer auch mit der Richtlinie 69/335/EWG vereinbar ist. Auch insoweit ist die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nicht geboten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom 19.12.2007 II R 65/06 (BFHE nn = SIS 08 12 29) Bezug genommen.

 

3. Auf eine Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) in der Person einer Gesamthand ist die Vergünstigungsvorschrift des § 5 Abs. 1 GrEStG nicht (entsprechend) anwendbar. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die insoweit abweichende Rechtslage im Fall einer Übertragung der bereits vereinigten Anteile (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG) auf eine Gesamthand entsprechend auch auf eine in der Person der Gesamthand eintretende Anteilsvereinigung zu übertragen sei.

 

a) § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG besteuern nicht den Erwerb der Anteile als solchen, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke und stellen den Übergang aller Anteile einem Grundstücksübergang gleich. Diesen Steuertatbeständen liegt ein (fingierter) Grundstückserwerb von dem Veräußerer aller Anteile zugrunde (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 1 Rz 175). Diese grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion rechtfertigt es, die Veräußerung aller (bereits vereinigten) Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft wie eine Veräußerung des Grundstücks selbst zu behandeln und damit bei einer Übertragung aller Anteile auf eine Gesamthand die Steuervergünstigung des § 5 GrEStG zu gewähren (BFH-Entscheidungen vom 16.1.2002 II R 52/00, BFH/NV 2002, 1053 = SIS 03 13 35; vom 19.4.1972 II B 36/71, BFHE 105, 302, BStBl II 1972, 590 = SIS 72 03 47; Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl., § 5 Rz 41; Hofmann, a.a.O., § 5 Rz 38; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 5 Rz 61).

 

b) In den Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) scheidet eine solche Fiktion eines Grundstückserwerbs der Gesellschaft und damit die (entsprechende) Anwendung des § 5 GrEStG aus.

 

Grunderwerbsteuerrechtlich kann der Erwerb einzelner Anteile einer grundbesitzenden GmbH nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen an Grundstücken der GmbH gleichgestellt werden (BFH-Beschluss in BFHE 105, 302, BStBl II 1972, 590 = SIS 72 03 47; BFH-Urteil vom 31.3.1982 II R 92/81, BFHE 135, 556, BStBl II 1982, 424 = SIS 82 13 13); der Erwerb einzelner Anteile einer grundbesitzenden GmbH vermittelt keine Sachherrschaft an den Grundstücken der Gesellschaft. Demgemäß ordnen § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG erstmals die Herrschaftsmacht über die Grundstücke der Gesellschaft dem Erwerber zu, in dessen Person sich alle Anteile vereinen (so im Ergebnis auch BFH-Urteil in BFHE 135, 556, BStBl II 1982, 424 = SIS 82 13 13; Hofmann, a.a.O., § 1 Rz 175). Werden daher auf die Gesamthand Anteile einer Gesellschaft übertragen und tritt dadurch in der Person der Gesamthand (erstmals) eine Anteilsvereinigung ein, ist § 5 GrEStG mangels Miteigentümerschaft der anteilsübertragenden Gesamthänder nicht anwendbar (Hofmann, a.a.O., § 5 Rz 38; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 41; Pahlke/Franz, a.a.O., § 5 Rz 61). Für die Annahme der Klägerin, es liege auch in diesem Fall eine die Anwendung des § 5 GrEStG rechtfertigende Übertragung eines Grundstücks auf eine Gesamthand vor, ist daher kein Raum.

 

c) Der Ansicht des FG, auch bei der Anteilsvereinigung liege der grunderwerbsteuerrechtlich erhebliche Rechtsvorgang in der Anteilsübertragung und es finde zivilrechtlich und grunderwerbsteuerrechtlich ein Rechtsträgerwechsel zwischen dem übertragenden und dem erwerbenden Anteilseigner statt, kann daher nicht gefolgt werden. Aus der Nichtanwendung des § 5 GrEStG in Fällen der Anteilsvereinigung folgt - entgegen der Annahme des FG - auch nicht, dass im Ergebnis eine Übertragung von weniger als 100 v.H. der Anteile als Erwerbsvorgang von „geringster grunderwerbsteuerrechtlicher Relevanz“ im vollen Umfang der Besteuerung unterworfen würde. Das FG verkennt insoweit, dass nur die Anteilsvereinigung, nicht aber die Übertragung eines Anteils von weniger als 100 v.H. der Anteile gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG steuerbar ist.

 

d) Die Versagung der Vergünstigung des § 5 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG verstößt - entgegen der Meinung der Klägerin - nicht gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitende Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsanwendung. Vielmehr trägt der innerhalb der Steuertatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG unterschiedliche Anwendungsbereich des § 5 GrEStG der jeweils unterschiedlichen Ausgestaltung dieser Steuertatbestände Rechnung.