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Verwendung von Leistungsbezügen für Erschließungsleistung i.S. des § 124 BauGB

Verwendung von Leistungsbezügen für Erschließungsleistung i.S. des § 124 BauGB: Leistungen, die ein Erschließungsträger in der Rechtsform einer GmbH zur Herstellung von öffentlichen Erschließungsanlagen bezieht, werden für die durch Erschließungsvertrag gemäß § 124 BauGB geschuldete Erschließungsleistung dieser GmbH verwendet. - Urt.; BFH 9.11.2006, V R 9/04; SIS 07 07 86

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Bemessungsgrundlage / Umsatzsteuer
Fundstellen
  1. BFH 09.11.2006, V R 9/04
    BStBl 2007 II S. 285
    LEXinform 5004127

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 30.3.2007
    W.W. in INF 8/2007 S. 291
    A.O. in HFR 5/2007 S. 488
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 17 Abs. 2
[BauGB] § 123, § 124
[UStG 1993] § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, deren Mehrheitsgesellschafterin die Stadt .... (Gemeinde) war, befasste sich mit dem Erwerb, der Erschließungsplanung und Erschließung sowie der Vermarktung von Grundstücken in Entwicklungsgebieten der Gemeinde.

 

Durch notariellen Kaufvertrag vom 13.4.1994 erwarb die Klägerin von der Gemeinde Grundbesitz im Erschließungsgebiet „A“ (Gewerbegebiet) zu einem Festpreis von ... DM. Die Klägerin verpflichtete sich in diesem Vertrag, das Gewerbegebiet entsprechend dem noch zu bestätigenden Bebauungsplan bis zum 31.12.1996 zu erschließen und die Flächen, auf denen öffentliche Erschließungsanlagen zu errichten waren, zu dem vereinbarten Ankaufspreis auf die Gemeinde zu übertragen. Ein Ausgleich für die durch die Erschließung eingetretene Wertsteigerung sollte nicht erfolgen. Die Kosten der Erschließung sollte die Klägerin tragen.

 

In einer privatschriftlichen Vereinbarung vom 23.2.1995 verpflichtete sich die Gemeinde, den ihr bewilligten Zuschuss aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (Zuschuss) in Höhe von ... DM der Klägerin für die von dieser durchzuführenden Erschließungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin wurde verpflichtet, die Mittel entsprechend den Richtlinien des geltenden Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe zu verwenden sowie mindestens 50,1 v.H. der Gewerbefläche für förderfähige Investitionsvorhaben zu vergeben und den Fördervorteil an die Investoren weiterzureichen.

 

Der Zuschuss wurde an die Klägerin in den Jahren 1995 und 1996 ausbezahlt.

 

Die erschlossenen Grundstücke veräußerte die Klägerin unter Verzicht auf die Steuerbefreiung ab 1995 an gewerbliche Investoren. Nach dem Bericht der Umsatzsteuersonderprüfung des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA - ) vom 29.3.2000, auf den das Finanzgericht (FG) Bezug nahm, berechnete die Klägerin die von den Investoren zu zahlenden Beträge wie folgt:

 

 

Nettokaufpreis

 

+ die Hälfte der Grunderwerbsteuer

 

= Bruttokaufpreis

 

+ Umsatzsteuer aus dem Bruttokaufpreis

 

- anteilige Fördermittel

 

= vom Investor zu zahlender Betrag

 

Die Grundstücksflächen, auf denen Erschließungsanlagen zu errichten waren, übertrug die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 3.4.1995 zu den im Kaufvertrag vom 13.4.1994 vereinbarten Kaufpreisen auf die Gemeinde.

 

Nach den Feststellungen des FG wurden die Erschließungsanlagen von der Gemeinde „nach Fertigstellung aufgrund gesonderter Übergabe-/Übernahmevereinbarung vom 9.12.1996 übernommen“. Im Bericht der Umsatzsteuersonderprüfung des FA vom 29.3.2000 heißt es aber, die Abnahme sei am 29.9.1997 erfolgt und gemäß der Übernahmebescheinigung vom 4.3.1998 seien diese Anlagen „zum 4.3.1998 in das Eigentum und die Verwaltung“ der Gemeinde übergegangen.

 

Im Anschluss an die Umsatzsteuersonderprüfung änderte das FA die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerfestsetzungen der Jahre 1995 bis 1997 wie folgt:

 

Abweichend von den Umsatzsteuererklärungen nahm das FA an, der Zuschuss sei Entgelt für die Übertragung der Erschließungsanlagen auf die Gemeinde.

 

Steuerpflichtig seien die Grundstückslieferungen an die Gemeinde nur, soweit damit die Lieferung von Betriebsvorrichtungen verbunden war. Die Lieferungen der Grundstücke im Übrigen an die Gemeinde seien gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG 1993) steuerfrei.

 

Die tatsächlichen Kosten zur Herstellung der öffentlichen Erschließungsanlagen (Erschließungskosten) in Höhe von ... DM seien als Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1993 heranzuziehen, weil der Zuschuss die Selbstkosten nicht vollständig abdecke.

 

Bei der Veräußerung von Grundstücken an gewerbliche Investoren sei der entsprechende Anteil des Zuschusses nicht in die Bemessungsgrundlage dieses Umsatzes einzubeziehen. Die Klägerin schulde diese Steuer jedoch aus § 14 Abs. 2 UStG 1993.

 

Darüber hinaus kürzte das FA den Vorsteuerabzug aus den Erschließungskosten der Klägerin gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993. Die entsprechenden Leistungsbezüge seien den an die Gemeinde erbrachten Ausgangsleistungen zuzuordnen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit den an gewerbliche Investoren veräußerten Grundstücken bestehe nicht. Daher könnten Vorsteuerbeträge nur geltend gemacht werden, soweit sie auf die Betriebsvorrichtungen entfallen, da die Lieferungen der Grundstücke im Übrigen steuerfrei ausgeführt worden seien.

 

Der gegen die entsprechenden Umsatzsteuerbescheide für 1995 bis 1997 vom 11.7.2000 gerichtete Einspruch war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 15.10.2001). Das FG gab der Klage lediglich insoweit statt, als das FA die Vorsteuerbeträge der Jahre 1995 und 1996 gekürzt hatte.

 

Das FG führte aus, die Leistungsbezüge der Klägerin zur Erschließung seien aufgrund des Prinzips der wirtschaftlichen Zurechnung den steuerbaren und steuerpflichtigen Grundstücksveräußerungen an gewerbliche Investoren zuzuordnen. Der unternehmerische Erfolg der Klägerin bestehe im Verkauf der Baugrundstücke an Dritte und nicht in der Übertragung erschlossener öffentlicher Grundstücke an die Gemeinde. Zwar seien die Eingangsumsätze grundsätzlich gegenständlich den Ausgangsleistungen zuzurechnen. Dieser Grundsatz gelte jedoch nicht, wenn - wie hier - die gegenständliche Zurechnung mit einer wirtschaftlichen Denkweise nicht vereinbar sei.

 

Die Klage habe aber keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Erfassung des Zuschusses als Entgelt richte. Der durch die Gemeinde weitergeleitete Zuschuss sei allerdings nicht - wie das FA meine - Gegenleistung für die Übertragung der Erschließungsanlagen, sondern für die von der Klägerin gemäß § 124 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) übernommene Erschließungsverpflichtung.

 

Die den gewerblichen Investoren in Rechnung gestellte Umsatzsteuer schulde die Klägerin gemäß § 14 Abs. 2 UStG 1993, auch wenn der Zuschussanteil nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen wäre.

 

Das Urteil ist in EFG 2004, 607 = SIS 04 12 16 abgedruckt.

 

Mit der Revision hinsichtlich der Jahre 1995 und 1996 (Streitjahre) rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 und § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG 1993).

 

Es ist der Auffassung, die Vorsteuerbeträge seien zu kürzen, da die Eingangsumsätze für die Erschließungsleistungen gegenstandsbezogen der Übertragung der Erschließungsanlagen auf die Gemeinde zuzuordnen seien. Auch eine kostenorientierte Zuordnung der Eingangsumsätze bestätige dieses Ergebnis.

 

Entgegen der Auffassung des FG sei der Zuschuss nicht nur Entgelt für die Erschließung; die Erschließung und die Übertragung der Erschließungseinrichtungen seien vielmehr als einheitliche Leistung anzusehen, so dass der Zuschuss auch Entgelt für die Übertragung der Erschließungsanlagen sei.

 

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil hinsichtlich Umsatzsteuer 1995 und 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin tritt der Revision entgegen.

 

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung hinsichtlich der Jahre 1995 und 1996 und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zwar kann die Klägerin die streitigen Vorsteuerbeträge aus anderen als vom FG angenommenen Gründen in voller Höhe abziehen. Jedoch ist bislang noch nicht erfasste Umsatzsteuer zusätzlich zu berücksichtigen. Die Feststellungen des FG reichen aber für eine abschließende Entscheidung der Sache durch den Senat nicht aus.

 

1. Die streitigen Vorsteuerbeträge sind in voller Höhe abziehbar.

 

a) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG 1993 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

 

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hinsichtlich der Vorsteuerbeträge für die in Anspruch genommenen Leistungen zur Herstellung der öffentlichen Erschließungsanlagen unstreitig erfüllt.

 

b) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG 1993 ist vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Leistungsbezüge, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist (§ 15 Abs. 4 UStG 1993).

 

aa) Entgegen der Auffassung des FG sind die Erschließungsmaßnahmen, um die es hier geht, nicht für die steuerpflichtigen Grundstückslieferungen an die privaten Investoren verwendet worden.

 

Die Zurechnung von mit Vorsteuerbeträgen belasteten Leistungsbezügen zu Verwendungsumsätzen durch das FG-Urteil nach „dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung von Eingangsumsätzen“ widerspricht den gemeinschaftsrechtlich geltenden Vorgaben zur Prüfung des Zusammenhangs der Eingangsumsätze mit Verwendungsumsätzen nach Art. 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG).

 

Nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug befugt, „soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden“.

 

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - (z.B. Urteil vom 8.6.2000 C-98/98, Midland Bank plc, Slg. 2000, I-4177, UVR 2000, 348 = SIS 00 09 97 RandNr. 24) ist Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG so auszulegen, „dass grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Umsätzen der nachfolgenden Stufe, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, bestehen muss, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann“.

 

Das Recht auf Vorsteuerabzug ergibt sich grundsätzlich daraus, dass die Aufwendungen für den Bezug der Eingangsumsätze Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sind (vgl. RandNr. 30 des Urteils); der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck ist dabei unerheblich (RandNr. 20 des Urteils). § 15 UStG 1993 beruht auf Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG und ist nach den wiedergegebenen Grundsätzen auszulegen.

 

Mit diesen Grundsätzen ist das vom FG herangezogene Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung von Eingangsumsätzen mit Vorrang einer wirtschaftlichen Denkweise vor einer sog. gegenständlichen Zurechnung nicht vereinbar (darauf hat der Bundesfinanzhof - BFH - zuletzt im Urteil vom 20.12.2005 V R 14/04, BFHE 212, 187, BFH/NV 2006, 1233 = SIS 06 19 87 zu einem vergleichbaren Fall hingewiesen).

 

bb) Zu Recht geht das FG davon aus, dass die Klägerin mit der Übernahme der Erschließung für die Gemeinde eine entgeltliche Leistung erbracht hat.

 

Ob eine Lieferung oder sonstige Leistung als gegen Entgelt ausgeführt und deshalb als steuerbarer Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 zu erfassen ist, setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und einer empfangenen Gegenleistung voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. dazu die EuGH-Urteile vom 18.12.1997 Rs. C-284/95, Landboden Agrardienste, Slg. 1997, I-7387, UR 1998, 102; vom 29.2.1996 Rs. C-215/94, Mohr, Slg. 1996, I-959, UVR 1996, 110, HFR 1996, 294 = SIS 96 11 20).

 

In Fällen, in denen ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts übernimmt und im Zusammenhang damit Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung (Zuschuss) verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor (BFH-Urteile vom 21.4.2005 V R 11/03, BFHE 211, 50 = SIS 05 47 50; vom 18.1.2005 V R 17/02, BFH/NV 2005, 1394 = SIS 05 32 94, mit Nachweisen).

 

Nach den Feststellungen des FG hatte sich die Klägerin zwar zunächst im Vertrag vom 13.4.1994 zur unentgeltlichen Erschließung des Gewerbegebietes verpflichtet.

 

Mit Vertrag vom 23.2.1995 wurde jedoch vereinbart, dass die Klägerin für die Durchführung der Erschließung im Auftrag der Gemeinde die der Gemeinde bewilligten Zuschüsse erhält. Das FG geht deshalb bei seiner Entscheidung davon aus, dass die Gemeinde im Geschäftsbesorgungsvertrag vom 23.2.1995 von der nach § 124 Abs. 1 BauGB eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Durchführung der grundsätzlich ihr als dem zuständigen Hoheitsträger obliegenden Erschließung von Grundstücken (§ 123 BauGB) auf die Klägerin zu übertragen. Das FG geht weiter davon aus, dass hiernach die Klägerin die Durchführung der Erschließungsverpflichtung der Gemeinde übernahm und hierfür die der Gemeinde bewilligten Zuschüsse in Höhe von ... DM zur bestimmungsgemäßen Verwendung erhielt, und dass die Erschließungsanlagen zwar den Wert der nicht an die Gemeinde übertragenen Grundstücke erhöhte. Anders als in dem vom erkennenden Senat im Urteil in BFHE 212, 187, BFH/NV 2006, 1233 = SIS 06 19 87 entschiedenen Sachverhalt unter II. 2. a aa, wonach die Gemeinde den Zuschuss für die Erschließung sämtlicher Grundstücke bezahlte, beschränkte sich aber die Leistungsübertragung auf die Klägerin auf die Herstellung von öffentlichen Erschließungsanlagen auf dafür vorgesehenen Grundstücken und umfasste keine Leistungen auf den für gewerbliche Investoren vorgesehenen Grundstücken.

 

Diese auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung des FG, dass die im Vertrag vom 23.2.1995 vereinbarte Weiterleitung des Zuschusses als Entgelt für die Erschließung des Gewerbegebietes zu beurteilen ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Hiernach hängen die Leistungsbezüge der Klägerin, für die sie den Vorsteuerabzug begehrt, unmittelbar mit der Übernahme der Verpflichtung aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag vom 23.2.1995 zusammen und nicht - wie das FA meint - mit der Übertragung der Grundstücke, auf denen sich die Erschließungsanlagen befanden. Diese Übernahmeleistung der Klägerin ist in vollem Umfang steuerpflichtig. Deshalb steht der Klägerin auch der Vorsteuerabzug aus den für die Durchführung der Erschließung angefallenen Eingangsleistungen zu.

 

2. Der Senat kann jedoch nicht abschließend entscheiden. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

 

a) Das FA ist im Anschluss an die Umsatzsteuerprüfung zu Unrecht davon ausgegangen, die „Zuschuss“-Zahlung der Gemeinde sei zusätzliches Entgelt für die Übertragung der Grundstücke einschließlich der errichteten Erschließungsanlagen; steuerpflichtig sei deshalb nur der den Betriebsvorrichtungen entsprechende Anteil. Zu Lasten der Klägerin ist deshalb im Wege der Saldierung die zutreffende Bemessungsgrundlage für deren Leistung aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zu berücksichtigen.

 

Da der Zuschuss die Erschließungskosten nicht abdeckte, bemisst sich die Erschließungsleistung nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1993 nach den Kosten, die bei Ausführung dieses Umsatzes entstanden sind. Die Klägerin hat i.S. von § 10 Abs. 5 UStG 1993 als Körperschaft (GmbH) Lieferungen und sonstige Leistungen an ihren Gesellschafter (Gemeinde) ausgeführt. Das FG hat den Umfang der Bemessungsgrundlage festzustellen.

 

b) Unklar ist ferner, ob die Lieferung der Erschließungsgrundstücke bzw. die Ausführung der Erschließungsleistungen durch die Klägerin an die Gemeinde noch in den Streitjahren oder erst danach erfolgte. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG 1993 entsteht die Steuer bei der Berechnung nach vereinbarten Entgelten (wie im Streitfall) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Die Feststellungen des FG hierzu sind widersprüchlich. Einerseits heißt es im Tatbestand des Urteils, die „Erschließungsanlagen wurden nach Fertigstellung aufgrund gesonderter Übergabe-/Übernahmevereinbarung vom 9.12.1996“ von der Gemeinde „übernommen“, andererseits ergibt die Bezugnahme des FG auf den Bericht der Umsatzsteuersonderprüfung des FA vom 29.3.2000 (vgl. § 105 Abs. 3 FGO), die Abnahme der Erschließungsanlagen sei am 29.9.1997 erfolgt und diese Einrichtungen seien gemäß der Übernahmebescheinigung vom 4.3.1998 „zum 04.3.1998 in das Eigentum und die Verwaltung“ der Gemeinde übergegangen. Die Abnahme ist zwar keine Voraussetzung für den Zeitpunkt der Leistung, sie kann aber Indiz dafür sein, falls keine anderen Vereinbarungen oder tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen. Das FG wird daher zu klären haben, ob der Leistungszeitpunkt noch in den Streitjahren oder erst im Jahr 1997 lag.

 

c) Bei seiner Entscheidung wird das FG auch Folgendes zu berücksichtigen haben: Bemessungsgrundlage für die - nach Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1993 - steuerpflichtigen Grundstücksverkäufe an die gewerblichen Investoren ist der in der Rechnung ausgewiesene Kaufpreis. Dass die Klägerin den vom Investor an sie schließlich zu zahlenden Betrag um den anteiligen Zuschuss vermindert hat, berührt - entgegen der Auffassung des FA, das meint, der anteilige Zuschuss sei abzuziehen - die Kaufpreisvereinbarung nicht. Zu Unrecht geht das FA allerdings davon aus, dass in die Bemessungsgrundlage für die Übertragung der Grundstücke an die Investoren auch die Hälfte der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sei (§ 10 Abs. 1 UStG 1993; vgl. BFH-Urteil in BFHE 212, 187, BFH/NV 2006, 1233 = SIS 06 19 87). Da die Klägerin jedoch selbst die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis und die hälftige Grunderwerbsteuer den Erwerbern in Rechnung gestellt hat, schuldet sie diese nach § 14 Abs. 2 UStG 1993.