Auf die Revision der Klägerin werden das
Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 09.02.2017 - 5 K 9/15 = SIS 17 07 23, soweit es den Bescheid für 2011 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom
10.10.2016 betrifft, sowie der Bescheid für 2011 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom
10.10.2016 aufgehoben.
Der Bescheid für 2011 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom
22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014
wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus
Gewerbebetrieb ... EUR betragen.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die in dem
Bescheid festzustellenden Beträge entsprechend anzupassen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen
und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
Die Kosten des Klageverfahrens haben die
Klägerin zu 93 % und der Beklagte zu 7 % zu tragen.
1
|
I. Die Beteiligten streiten über die
Korrektur einer gewinnmindernden Teilwertabschreibung auf eine
unbesicherte Darlehens- und Zinsforderung.
|
|
|
2
|
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine inländische
KG, an der im Streitjahr (2011) die B-GmbH als nicht
vermögensmäßig beteiligte Komplementärin und
die C-GmbH als alleinige Kommanditistin beteiligt waren. Am
09.03.2010 gründete die Klägerin als
Alleingesellschafterin die T Ltd. mit Sitz in der Republik
Türkei (Türkei). Mit Vertrag vom 21.05.2010 gewährte
die Klägerin der T Ltd. ein Darlehen in Höhe von ... EUR
mit einer Verzinsung von 6 % p.a. Die Zinszahlung berechnete sich
nach dem jeweiligen Monatsendsaldo und war zum 31.12. eines
Kalenderjahres fällig. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 24
Monaten und verlängerte sich um jeweils 12 Monate, wenn keine
Kündigung erfolgte. Eine Sicherheit wurde nicht
vereinbart.
|
|
|
3
|
Zum 31.12.2011 belief sich die
Darlehensforderung auf ... EUR, die Zinsforderung auf ... EUR.
Nachdem mit Gesellschafterbeschluss vom ...2011 die Liquidation der
T Ltd. beschlossen worden war, nahm die Klägerin zum
31.12.2011 eine Teilwertabschreibung auf die gesamte Darlehens- und
Zinsforderung in Höhe von ... EUR vor. Am 01.01.2012 ging bei
der Klägerin noch eine Zahlung der T Ltd. in Höhe von ...
EUR ein.
|
|
|
4
|
In dem Bescheid für 2011 vom
22.11.2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach
§ 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das
Streitjahr geltenden Fassung (EStG) - Gewinnfeststellungsbescheid -
neutralisierte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -
FA - ) die gewinnmindernde Teilwertabschreibung mit Rücksicht
auf die fehlende Besicherung außerbilanziell gemäß
§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Besteuerung bei
Auslandsbeziehungen in der für das Streitjahr geltenden
Fassung (Außensteuergesetz - AStG - ) und wies Einkünfte
aus Gewerbebetrieb in Höhe von (netto) ... EUR aus. In dem
Bescheid für 2011 vom 22.11.2013 über den
Gewerbesteuermessbetrag ermittelte das FA hieraus einen
Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von ... EUR.
|
|
|
5
|
Während des Klageverfahrens
erließ das FA am 10.10.2016 einen Gewinnfeststellungsbescheid
2011, in dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von
(brutto) ... EUR sowie darin „enthaltene laufende
Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG,
§ 8b KStG bzw. § 4 Abs. 7 UmwStG fallen (100 %)“,
in Höhe von ... EUR ausgewiesen waren. Daraus ergab sich ein
unveränderter Nettobetrag in Höhe von ... EUR.
|
|
|
6
|
Die Klage blieb überwiegend ohne
Erfolg. In dem Urteil vom 09.02.2017 - 5 K 9/15 = SIS 17 07 23 ging
das Finanzgericht (FG) Hamburg von einer Minderung der
Teilwertabschreibung um die nachträglich eingegangene Zahlung
sowie von einer Minderung des Korrekturbetrags nach § 8b Abs.
3 Satz 4 i.V.m. § 8b Abs. 6 Satz 1 des
Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr
geltenden Fassung (KStG) um die Zinsforderung aus. Hieraus
ermittelte es einen Nettobetrag in Höhe von ... EUR (EFG 2017,
763).
|
|
|
7
|
Die Klägerin rügt die Verletzung
materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Bescheide für 2011 über die gesonderte
und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des
verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie den
Bescheid für 2011 über den Gewerbesteuermessbetrag vom
22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014
dergestalt zu ändern, dass die Teilwertabschreibungen nicht
korrigiert werden.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem
Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ). Es unterstützt das Vorbringen des FA, ohne einen
eigenen Antrag zu stellen.
|
|
|
10
|
II. Soweit die Revision den
Gewinnfeststellungsbescheid 2011 betrifft, ist sie begründet.
Insoweit sind die Vorentscheidung sowie der
Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 10.10.2016 aufzuheben. Der
wieder auflebende Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014 ist aufgrund
des Verböserungsverbots dahin zu ändern, dass die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb ... EUR betragen. Im Übrigen
ist die Klage abzuweisen, da die zugrunde liegende Korrektur der
gewinnmindernden Teilwertabschreibung jedenfalls nach § 1 Abs.
1 AStG rechtmäßig war (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FGO). Soweit die Revision den Bescheid über den
Gewerbesteuermessbetrag 2011 betrifft, ist sie als unbegründet
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
|
|
|
11
|
1. Hinsichtlich des
Gewinnfeststellungsbescheids 2011 ist das FG rechtsfehlerfrei davon
ausgegangen, dass der Bescheid vom 10.10.2016 gemäß
§ 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden ist (unten
a). Allerdings stand dem FA keine formale Rechtsgrundlage zum
Erlass dieses Bescheids zur Verfügung (unten b), weshalb der
Bescheid aufzuheben ist. Dies hat zur Folge, dass im Rahmen des
Revisionsverfahrens unter Beachtung des Verböserungsverbots
über den wieder auflebenden Ursprungsbescheid vom 22.11.2013
zu entscheiden ist (unten c).
|
|
|
12
|
a) Für den Fall, dass ein angefochtener
Verwaltungsakt - im Streitfall der Gewinnfeststellungsbescheid 2011
vom 22.11.2013 - nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung
geändert oder ersetzt wird, sieht § 68 Satz 1 FGO vor,
dass der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens wird. Diese
Voraussetzungen sind hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheids
2011 vom 10.10.2016 erfüllt.
|
|
|
13
|
aa) Nach ständiger Rechtsprechung (vgl.
Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.03.2017 - IV R 31/14,
BFHE 257, 292, BStBl II 2019, 24 = SIS 17 10 23; vom 30.11.2017 -
IV R 33/14, BFH/NV 2018, 428 = SIS 17 25 72) kann ein
Gewinnfeststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und
damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten,
die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb
für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und
rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten
können. Die prozessuale Selbständigkeit der einzelnen
Feststellungen hat im Rahmen des § 68 FGO zur Folge, dass ein
neuer Bescheid grundsätzlich nur hinsichtlich der bereits
zulässig mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlagen
(partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens wird
(BFH-Urteil vom 09.02.2011 - IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II
2011, 764 = SIS 11 20 09; BFH-Beschluss vom 16.07.2015 - IV B
72/14, BFH/NV 2015, 1351 = SIS 15 20 67, jeweils m.w.N.).
|
|
|
14
|
bb) Im Streitfall war in dem ursprünglich
angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 (nur)
ein Nettobetrag ausgewiesen, und zwar „Einkünfte aus
Gewerbebetrieb“ in Höhe von ... EUR. Indem die
Klägerin sich gegen die darin enthaltene Korrektur der
gewinnmindernden Teilwertabschreibung gemäß § 1
Abs. 1 AStG wendete, richtete sich die Klage gegen die Höhe
des Nettobetrags. Demgemäß waren sämtliche
Beträge streitbefangen, aus denen sich der Nettobetrag
zusammensetzte.
|
|
|
15
|
Daraus folgt weiter, dass der Bescheid vom
22.11.2013 während des Klageverfahrens durch den Bescheid vom
10.10.2016 i.S. des § 68 Satz 1 FGO
„ersetzt“ wurde. Dies gilt selbst dann, wenn es
sich bei dem Ausweis der unter § 8b KStG fallenden
Einkünfte in dem Bescheid vom 10.10.2016 um eine (erstmalige)
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen i.S. der §§ 179
Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung
(AO) handeln sollte (vgl. BFH-Urteile vom 25.07.2019 - IV R 61/16,
BFHE 265, 285 = SIS 19 14 00; IV R 47/16, BFHE 265, 273, BStBl II
2020, 142 = SIS 19 13 99; vom 11.12.2018 - VIII R 11/16, BFHE 263,
418 = SIS 19 06 44, jeweils zu § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2
EStG). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass als materielle
Rechtsgrundlage für die Korrektur der gewinnmindernden
Teilwertabschreibung grundsätzlich sowohl § 1 Abs. 1 AStG
als auch § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG in Betracht kommen. Wenn das
FA unter diesen Umständen einen neuen Bescheid erlässt,
in dem die Gewinnkorrektur nicht mehr auf § 1 Abs. 1 AStG,
sondern auf § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gestützt, und damit
der Nettoausweis der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in einen
Bruttoausweis mit gesonderter Feststellung der unter § 8b KStG
fallenden Einkünfte geändert wird (zur Zulässigkeit
beider Varianten vgl. BFH-Urteile vom 18.07.2012 - X R 28/10, BFHE
238, 484, BStBl II 2013, 444 = SIS 12 33 44; in BFHE 265, 273,
BStBl II 2020, 142 = SIS 19 13 99), liegen die Voraussetzungen des
§ 68 Satz 1 FGO vor.
|
|
|
16
|
Dieses Ergebnis entspricht dem Sinn und Zweck
des § 68 Satz 1 FGO, der grundsätzlich ein weites
Verständnis dieser Vorschrift gebietet (BFH-Beschlüsse
vom 16.12.2014 - X B 113/14, BFH/NV 2015, 510 = SIS 15 05 53; vom
08.02.2017 - III B 66/16, BFH/NV 2017, 743 = SIS 17 08 00). Der
Kläger soll nicht gegen seinen Willen durch einen einseitigen
Verwaltungsakt der Finanzbehörden aus seinem -
ursprünglich zulässigen - Klageverfahren gedrängt
und wieder in das Verwaltungsverfahren zurückversetzt werden.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass sich die Klägerin
hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheids 2011 vom 10.10.2016
nur noch auf die Anfechtung des Betrags der unter § 8b KStG
fallenden Einkünfte beschränken wollte. Vielmehr ging es
der Klägerin erkennbar darum, unabhängig von der
Begründung durch das FA jeder Korrektur der gewinnmindernden
Teilwertabschreibung entgegen zu treten.
|
|
|
17
|
b) Allerdings hat das FG im Rahmen der
Prüfung des Gewinnfeststellungsbescheids 2011 vom 10.10.2016
rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass das FA bereits
verfahrensrechtlich nicht zum Erlass dieses Bescheids befugt
war.
|
|
|
18
|
aa) Dies gilt insbesondere dann, wenn der
Bescheid vom 10.10.2016 wegen des Wechsels vom Nettoausweis zum
Bruttoausweis mit gesondertem Ausweis der unter § 8b KStG
fallenden Einkünfte als Änderungsbescheid angesehen wird,
obwohl der Nettobetrag unverändert geblieben ist.
|
|
|
19
|
Nach der gemäß § 132 Satz 1 AO
auch im Klageverfahren anwendbaren Regelung des § 172 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO, auf die
sich das FA stützt, darf ein Gewinnfeststellungsbescheid nur
aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige
zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird. Eine
solche Zustimmung bzw. einen solchen Antrag hat die Klägerin
nicht erteilt bzw. gestellt. Vielmehr hat sie diese vom FG im
Erörterungstermin vom 04.08.2016 vorgeschlagene Änderung
mit Schriftsatz vom 29.08.2016 ausdrücklich abgelehnt.
|
|
|
20
|
Die Voraussetzungen anderer
Änderungsnormen sind ebenfalls nicht erfüllt. Dies gilt
insbesondere für § 174 Abs. 4 i.V.m. § 181 Abs. 1
Satz 1 AO. Insofern fehlt es bereits an der irrigen Beurteilung
eines bestimmten Sachverhalts, da in dem ursprünglichen
Bescheid vom 22.11.2013 ausschließlich ein Nettobetrag
ausgewiesen wurde und dieser Nettobetrag - wie bereits erwähnt
- in dem Bescheid vom 10.10.2016 in nämlicher Höhe
festgestellt wurde.
|
|
|
21
|
bb) Auch soweit im Bescheid vom 10.10.2016
erstmalig die unter § 8b KStG fallenden Einkünfte
festgestellt wurden, fehlt es an der hierfür erforderlichen
Rechtsgrundlage, da die Voraussetzungen eines
Ergänzungsbescheids gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 179 Abs. 3 AO nicht vorliegen. In dem
ursprünglichen Bescheid vom 22.11.2013 sind keine notwendigen
Feststellungen unterblieben. Der Bescheid ist weder
unvollständig noch lückenhaft; vielmehr wäre der
alleinige Ausweis eines Nettobetrags auch im Fall einer
Gewinnkorrektur nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG zulässig
gewesen (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 265, 273, BStBl II 2020,
142 = SIS 19 13 99).
|
|
|
22
|
c) Demnach sind die Vorentscheidung, soweit
sie den Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 10.10.2016 betrifft,
und der Bescheid selbst aufzuheben. Auf Grundlage der
tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO)
ist die Sache spruchreif und der Senat entscheidet in der Sache
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Grundlage dieser Entscheidung
ist der Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014, der nach Aufhebung des
Bescheids vom 10.10.2016 wieder auflebt. Dass der Bescheid vom
22.11.2013 wegen § 68 Satz 1 FGO noch nicht Gegenstand einer
Vorentscheidung des FG war, steht dem nach Sinn und Zweck dieser
Vorschrift nicht entgegen.
|
|
|
23
|
Der Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom
22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014
wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus
Gewerbebetrieb ... EUR betragen. Dies ergibt sich aus der Korrektur
der gewinnmindernden Teilwertabschreibung unter Beachtung des
Verböserungsverbots gegenüber der Vorentscheidung des FG.
Dem FA wird gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 100
Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die Feststellungen des
Gewinnfeststellungsbescheids 2011 entsprechend anzupassen.
|
|
|
24
|
aa) Das FA hat die gewinnmindernde
Teilwertabschreibung auf die Darlehens- und Zinsforderung in dem
Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 zu Recht in vollem
Umfang neutralisiert und auf dieser Grundlage Einkünfte aus
Gewerbebetrieb in Höhe von ... EUR ermittelt.
|
|
|
25
|
Der Senat kann hierfür offen lassen, ob
und inwieweit bereits kein steuerlich anzuerkennendes Darlehen,
sondern eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste
Einlage in das Vermögen der T Ltd. vorlag (vgl. hierzu das
Senatsurteil vom 27.02.2019 - I R 73/16, BFHE 263, 525, BStBl II
2019, 394 = SIS 19 05 69, sowie die Folgeurteile des Senats vom
19.06.2019 - I R 5/17, BFH/NV 2020, 183 = SIS 20 00 47, und I R
54/17, juris = SIS 20 00 48). Auch die vom FG behandelte Frage, ob
und inwieweit die Zahlungen, welche die Klägerin
nachträglich erhalten hat, als wertaufhellende Tatsachen
bereits die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung
ausschließen, braucht nicht entschieden zu werden.
Entsprechendes gilt für die ebenfalls vom FG behandelte - und
verneinte - Frage, ob die Korrektur nach § 8b Abs. 3 Satz 4
i.V.m. § 8b Abs. 6 Satz 1 KStG unter Berücksichtigung des
Wortlauts „im Zusammenhang mit einer
Darlehensforderung“ auch die Korrektur der auf die
Zinsforderung vorgenommenen Teilwertabschreibung erfasst (vgl.
hierzu auch Blümich/Rengers, § 8b KStG Rz 296; Gosch,
KStG, 4. Aufl., § 8b Rz 279i).
|
|
|
26
|
Die in dem Gewinnfeststellungsbescheid 2011
vom 22.11.2013 vorgenommene Korrektur war - als weitergehende
Berichtigung i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG, der durch das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.08.2007
(BGBl I 2007, 1912) eingefügt worden ist - jedenfalls
gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG in vollem Umfang
gerechtfertigt.
|
|
|
27
|
(1) Werden Einkünfte eines
Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit
einer ihm nahe stehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner
Einkünfteermittlung andere Bedingungen zugrunde legt, als sie
voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder
vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten
(Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte unbeschadet
anderer Vorschriften gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG
so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander
unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen
wären. Geschäftsbeziehung in diesem Sinne ist
gemäß § 1 Abs. 5 AStG jede den Einkünften
zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine
gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim
Steuerpflichtigen oder bei der nahe stehenden Person Teil einer
Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21
EStG anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen
Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im
Inland vorgenommen würde.
|
|
|
28
|
(2) Das Darlehensverhältnis zwischen der
Klägerin und der T Ltd., bei denen es sich um einander i.S.
von § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG nahe stehende Personen handelt, ist
eine zum Ausland bestehende Geschäftsbeziehung i.S. des §
1 Abs. 5 AStG, zu deren Bedingungen die Nichtbesicherung der
Ansprüche gehört. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird
auf die Ausführungen im Senatsurteil in BFHE 263, 525, BStBl
II 2019, 394 = SIS 19 05 69 Bezug genommen. Der Einwand der
Klägerin in der mündlichen Verhandlung, es habe sich
letztlich um rein inländische Handelsgeschäfte gehandelt,
ist angesichts des Darlehensvertrags mit der in der Türkei
ansässigen T Ltd. nicht nachvollziehbar.
|
|
|
29
|
(3) Zudem hat das FG bindend festgestellt
(§ 118 Abs. 2 FGO), dass ein fremder Dritter der T Ltd. das
Darlehen nicht ohne die Bestellung von Sicherheiten gewährt
hätte.
|
|
|
30
|
Auch wenn das FG seine Feststellungen nicht
ausdrücklich auf die aus dem Darlehen resultierenden
Zinsforderungen erstreckt hat, scheint es aufgrund der weiteren
festgestellten Umstände ausgeschlossen, dass ein nicht mit der
T Ltd. verbundener Darlehensgeber diese Forderungen nicht besichert
hätte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es
sich bei der T Ltd. um ein neu gegründetes Unternehmen
handelte, das über kein nennenswertes Anlagevermögen
verfügte, und die Besicherung nicht unter dem Gesichtspunkt
des sog. Konzernrückhalts entbehrlich war (vgl. wiederum das
Senatsurteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394 = SIS 19 05 69,
sowie die Folgeurteile des Senats in BFH/NV 2020, 183 = SIS 20 00 47; vom 19.06.2019 - I R 54/17, juris = SIS 20 00 48; vom
14.08.2019 - I R 14/18, juris = SIS 20 05 26). Bei dieser Sachlage
bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das FG zur
weiteren Sachaufklärung.
|
|
|
31
|
(4) Die Einkünfteminderung ist i.S. des
§ 1 Abs. 1 Satz 1 AStG durch („dadurch“)
die fehlende Besicherung eingetreten. Auch insoweit verweist der
Senat auf sein Urteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394 = SIS 19 05 69.
|
|
|
32
|
(5) Der Einkünftekorrektur steht auch
nicht Art. 9 Abs. 1 des ab dem 01.01.2011 anzuwendenden Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik
Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der
Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom
19.09.2011 (BGBl II 2012, 527, BStBl I 2013, 374) - DBA-Türkei
2011 - entgegen.
|
|
|
33
|
Wie bereits mehrfach entschieden (vgl.
Senatsurteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394 = SIS 19 05 69,
sowie die Folgeurteile des Senats in BFH/NV 2020, 183 = SIS 20 00 47; vom 19.06.2019 - I R 54/17, juris = SIS 20 00 48; vom
14.08.2019 - I R 14/18, juris = SIS 20 05 26; vom 14.08.2019 - I R
21/18, juris = SIS 20 07 25), hält der Senat nicht mehr an
seiner bisherigen Rechtsprechung fest, derzufolge bei Art. 9 Abs. 1
des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and
Development (OECD-Musterabkommen - OECD-MustAbk - ) nachgebildeten
Bestimmungen, zu denen auch der im Streitfall einschlägige
Art. 9 Abs. 1 DBA-Türkei 2011 gehört, eine
Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nur dann
möglich sein sollte, wenn der zwischen den verbundenen
Unternehmen vereinbarte Preis seiner Höhe nach dem
Fremdvergleichsmaßstab nicht standhalte (vgl. Senatsurteile
vom 17.12.2014 - I R 23/13, BFHE 248, 170, BStBl II 2016, 261 = SIS 15 03 60, und vom 24.06.2015 - I R 29/14, BFHE 250, 386, BStBl II
2016, 258 = SIS 15 20 49). Vielmehr ermöglicht der
Korrekturbereich des Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk auch die
Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehens-
und Zinsforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf. Für
Art. 9 Abs. 1 DBA-Türkei 2011 gilt nichts anderes.
|
|
|
34
|
(6) Schließlich widerstreitet auch das
Unionsrecht nicht einer Einkünftekorrektur nach § 1 Abs.
1 Satz 1 AStG. Da die Türkei kein Mitgliedstaat der
Europäischen Union ist, wird insoweit auf die
Ausführungen in den Senatsurteilen vom 27.02.2019 - I R 51/17
(BFHE 264, 292 = SIS 19 12 41) und vom 14.08.2019 - I R 14/18
(juris = SIS 20 05 26) Bezug genommen.
|
|
|
35
|
Die grundsätzlich auch im Verkehr mit
Drittstaaten geschützte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags
über die Europäische Union und des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt der
Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47 - AEUV - ) wird von der
insoweit vorrangig anzuwendenden Niederlassungsfreiheit
verdrängt (Senatsurteile vom 06.03.2013 - I R 10/11, BFHE 241,
157, BStBl II 2013, 707 = SIS 13 18 23; vom 19.07.2017 - I R 87/15,
BFHE 259, 435, BStBl II 2020, 237 = SIS 17 22 42). Sie wäre im
Übrigen - trotz der durch das UntStRefG 2008 vorgenommenen
Änderungen des Art. 1 Abs. 1 AStG - auch wegen der sog.
Standstill-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV nicht anwendbar (vgl.
Senatsurteil in BFHE 264, 292 = SIS 19 12 41).
|
|
|
36
|
bb) Obwohl die im Gewinnfeststellungsbescheid
2011 vom 22.11.2013 ausgewiesenen (Netto-)Einkünfte aus
Gewerbebetrieb zutreffend waren, sind sie im Rahmen des
Revisionsverfahrens auf den vom FG ermittelten Betrag in Höhe
von ... EUR zu mindern. Dies ist Folge des auch im
Revisionsverfahren geltenden Verböserungsverbots (§ 121
Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), da das FA gegen die
Vorentscheidung des FG keine Revision eingelegt hat.
|
|
|
37
|
2. Hinsichtlich des Gewerbesteuermessbescheids
2011 vom 22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
29.12.2014, den das FA nicht während des Klageverfahrens
geändert hat, ist die Revision der Klägerin
unbegründet. Insofern wird auf die vorstehenden
Ausführungen zur Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1
AStG und zum Verböserungsverbot Bezug genommen. Der
Gewerbeertrag knüpft gemäß § 7 Satz 1 des
Gewerbesteuergesetzes an den nach dem Einkommensteuergesetz oder
Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb
an.
|
|
|
38
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf
§§ 135 Abs. 2, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Klägerin
hat die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, obwohl
ihre Revision wegen fehlender Rechtsgrundlage des Bescheids vom
10.10.2016 teilweise erfolgreich war. Denn das Rechtsmittel
führt im Vergleich zum Urteil des FG zu keiner Änderung
der Nettoeinkünfte.
|