I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen
Union werden folgende Rechtsfragen zur Vorabentscheidung
vorgelegt:
1. Sind Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (jetzt Art. 49
i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union) dahin auszulegen, dass sie
Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die es einer
gebietsansässigen Gesellschaft verwehren, von ihrem
steuerpflichtigen Gewinn Verluste einer in einem anderen
Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte abzuziehen, wenn die
Gesellschaft zum einen alle Möglichkeiten zum Abzug dieser
Verluste ausgeschöpft hat, die ihr das Recht des
Mitgliedstaats bietet, in dem diese Betriebsstätte belegen
ist, und zum anderen über diese Betriebsstätte keine
Einnahmen mehr erzielt, so dass keine Möglichkeit mehr
besteht, dass die Verluste in diesem Mitgliedstaat
berücksichtigt werden („finale“ Verluste),
auch dann entgegenstehen, wenn es sich bei den betreffenden
Rechtsvorschriften um die Freistellung von Gewinnen und Verlusten
aufgrund eines bilateral zwischen den beiden Mitgliedstaaten
vereinbarten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
handelt?
2. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Sind
Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft (jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union)
dahin auszulegen, dass sie auch den Rechtsvorschriften des
deutschen Gewerbesteuergesetzes entgegenstehen, die es einer
gebietsansässigen Gesellschaft verwehren, von ihrem
steuerpflichtigen Gewerbeertrag „finale“
Verluste der in der ersten Frage bezeichneten Art einer in einem
anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte abzuziehen?
3. Falls die erste Frage zu bejahen ist:
Können im Falle der Schließung der in dem anderen
Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte
„finale“ Verluste der in der ersten Frage
bezeichneten Art vorliegen, obgleich die zumindest theoretische
Möglichkeit besteht, dass die Gesellschaft erneut eine
Betriebsstätte in dem betreffenden Mitgliedstaat
eröffnet, mit deren Gewinnen die früheren Verluste ggf.
verrechnet werden könnten?
4. Falls die erste und die dritte Frage zu
bejahen sind: Kommen als vom Ansässigkeitsstaat des
Stammhauses zu berücksichtigende „finale“
Verluste der in der ersten Frage bezeichneten Art auch jene
Verluste der Betriebsstätte in Betracht, die nach dem Recht
des Belegenheitsstaats der Betriebsstätte mindestens einmal in
einen nachfolgenden Veranlagungszeitraum vorgetragen werden
konnten?
5. Falls die erste und die dritte Frage zu
bejahen sind: Ist die Pflicht zur Berücksichtigung der
grenzüberschreitenden „finalen“ Verluste
der Höhe nach begrenzt durch diejenigen Verlustbeträge,
die die Gesellschaft in dem betreffenden Belegenheitsstaat der
Betriebstätte hätte ansetzen können, wenn nicht die
Verlustberücksichtigung dort ausgeschlossen wäre?
1
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A. Sach- und Streitstand
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2
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine Aktiengesellschaft (AG) mit Hauptsitz und Ort
der Geschäftsleitung in der Bundesrepublik Deutschland
(Deutschland), betreibt eine Wertpapierhandelsbank. Der
Unternehmensgegenstand umfasst die Bereiche Anlagevermittlung,
Abschlussvermittlung, Finanzportfolioverwaltung und Eigenhandel.
Die Klägerin hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das jeweils
zum 30. Juni endet.
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3
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Im August 2004 eröffnete die
Klägerin eine Zweigniederlassung in X (Großbritannien)
und übte dort Tätigkeiten in den Bereichen Aktienanalyse
und Wertpapierhandel aus. Die Klägerin erzielte aus der
Zweigniederlassung keine Gewinne. Deshalb beschloss ihr Vorstand im
Februar 2007 deren unverzügliche Schließung. Die
Einstellung des Betriebs der Zweigniederlassung wurde noch im
ersten Halbjahr 2007 vollzogen und am ...2007 im englischen
Handelsregister eingetragen.
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4
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Aufgrund der Schließung der
Zweigniederlassung konnten die steuerlichen Verluste in
Großbritannien nicht mehr vorgetragen werden. Die britische
Finanzbehörde teilte der Klägerin mit, dass für das
Wirtschaftsjahr 2007/2008 und spätere Wirtschaftsjahre keine
Abgabe von Steuererklärungen für die Betriebsstätte
mehr notwendig sei.
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5
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Die Klägerin war der Auffassung, die
der Zweigniederlassung zuzuordnenden Verluste von insgesamt …
EUR (2004/2005: … EUR; 2005/2006: … EUR; 2006/2007:
… EUR) seien trotz abkommensrechtlicher Freistellung der
Einkünfte der Zweigniederlassung von der inländischen
Besteuerung aus unionsrechtlichen Gründen als
„finale“ Verluste bei der Einkommensermittlung des
Veranlagungszeitraums 2007 (Streitjahr) zu berücksichtigen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) hat
die Verluste hingegen im Rahmen der Festsetzung von
Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 2007
unberücksichtigt gelassen.
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6
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Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg.
Das Hessische Finanzgericht (FG) hat die angefochtenen Bescheide
mit Urteil vom 04.09.2018 - 4 K 385/17 (EFG 2018, 1876 = SIS 18 18 17) dahingehend geändert, dass das zu versteuernde Einkommen
sowie der Gewerbeertrag um … EUR herabgesetzt werden.
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7
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Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des
FA.
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8
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Das FA beantragt (sinngemäß),
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es stellt keinen
förmlichen Antrag, unterstützt in der Sache aber den
Standpunkt des FA.
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B.
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11
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Der Senat legt dem Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH) die in der Entscheidungsformel
bezeichneten Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vor und setzt das
Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
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I. Beurteilung nach nationalem
Recht
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13
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Auf der Grundlage des nationalen Rechts ist
die Revision begründet; das FG-Urteil ist aufzuheben und die
Klage ist als unbegründet abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 FGO). Die in der britischen Zweigniederlassung der
Klägerin im Zeitraum zwischen 2004 und 2007 entstandenen
Verluste mindern die Bemessungsgrundlagen der
Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags für
das Streitjahr nicht.
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14
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1. Die Klägerin hat Sitz und Ort ihrer
Geschäftsleitung im Inland und ist hier deshalb
gemäß § 1 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden
Fassung (KStG) mit ihren sämtlichen Einkünften
unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Jedoch sind die
der Klägerin durch die in Großbritannien gelegene
Betriebsstätte entstandenen Verluste aufgrund des Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten
Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der
Steuerverkürzung vom 26.11.1964 (Bundesgesetzblatt - BGBl - II
1966, 359, Bundessteuerblatt - BStBl - I 1966, 730) in der Fassung
(i.d.F.) des Revisionsprotokolls vom 23.03.1970 (BGBl II 1971, 46,
BStBl I 1971, 140) - DBA-Großbritannien 1964/1970 - von der
Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ausgenommen.
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a) Art. III Abs. 1 Satz 1
DBA-Großbritannien 1964/1970 bestimmt, dass gewerbliche
Gewinne eines Unternehmens eines der Gebiete nur in diesem Gebiete
besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen in dem anderen
Gebiet eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene
Betriebstätte ausübt. Übt das Unternehmen durch eine
Betriebstätte in dem anderen Gebiet eine gewerbliche
Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte aus, so
können die Gewinne in dem anderen Gebiete besteuert werden,
jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebstätte zugerechnet
werden können (Art. III Abs. 1 Satz 2 DBA-Großbritannien
1964/1970). Nach Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1
DBA-Großbritannien 1964/1970 werden im Falle einer in
Deutschland ansässigen Person von der Bemessungsgrundlage der
deutschen Steuer die Einkünfte aus Quellen innerhalb des
Vereinigten Königreichs (Großbritannien) und die
innerhalb Großbritanniens gelegenen Vermögensteile
ausgenommen, die in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in
Großbritannien besteuert werden können, es sei denn,
dass - was vorliegend allerdings nicht zum Tragen kommt - Art.
XVIII Abs. 2 Buchst. b DBA-Großbritannien 1964/1970 gilt.
Deutschland behält aber das Recht, die so ausgenommenen
Einkünfte und Vermögensteile bei der Festsetzung des
Steuersatzes zu berücksichtigen (Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a
Satz 2 DBA-Großbritannien 1964/1970).
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b) Obwohl in Art. III Abs. 1 Satz 1
DBA-Großbritannien 1964/1970 ausdrücklich nur
gewerbliche Gewinne erwähnt werden, sind nach Art. XVIII Abs.
2 Buchst. a Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 auch negative
Einkünfte - so die im Streitfall in Rede stehenden Verluste -
im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen von der
Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ausgenommen. Es
entspricht ständiger Rechtsprechung (zum Beispiel - z.B. -
Senatsurteil vom 28.03.1973 - I R 59/71, BFHE 109, 127, BStBl II
1973, 531 = SIS 73 02 76; Senatsbeschlüsse vom 29.11.2006 - I
R 45/05, BFHE 216, 149, BStBl II 2007, 398 = SIS 07 10 73; vom
11.03.2008 - I R 116/04, BFH/NV 2008, 1161 = SIS 08 24 92), dass
auch dann, wenn sich der in einer abkommensrechtlichen
Verteilungsnorm verwendete Einkünftebegriff auf einen
Nettobetrag bezieht, Verluste ebenfalls aus der Bemessungsgrundlage
der deutschen Steuer auszunehmen sind (sogenannte - sog. -
Symmetriethese).
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2. Auch im Rahmen der Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags für den Erhebungszeitraum 2007 sind
die der britischen Zweigniederlassung der Klägerin
zuzuordnenden Verluste nicht zu berücksichtigen.
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a) Bei der Berechnung der Gewerbesteuer ist
von einem Steuermessbetrag auszugehen, der durch Anwendung eines
Prozentsatzes (Steuermesszahl) auf den Gewerbeertrag zu ermitteln
ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes in der
für den Erhebungszeitraum 2007 geltenden Fassung - GewStG - ).
Gewerbeertrag ist gemäß § 7 Satz 1 GewStG der nach
den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder des
Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem
Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den
dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden
Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und
vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten
Beträge.
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b) Für die Klägerin als
unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtiger AG, bei der
gemäß § 8 Abs. 2 in Verbindung mit (i.V.m.) §
1 Abs. 1 Nr. 1 KStG alle Einkünfte als Einkünfte aus
Gewerbebetrieb zu behandeln sind, ist Ausgangspunkt für die
Ermittlung des Gewerbeertrags mithin der nach den Vorschriften des
Körperschaftsteuergesetzes für das Jahr 2007 zu
ermittelnde Gewinn. Einkünfte - auch solche negativer Art -,
die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA)
von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer auszunehmen
sind, sind folglich von vornherein nicht Bestandteil des
Gewerbeertrags im Sinne (i.S.) von § 7 Satz 1 GewStG
(Senatsurteil vom 09.06.2010 - I R 107/09, BFHE 230, 35 = SIS 10 22 24, Rz 28). Eines Rückgriffs auf die Vorschrift des § 9
Nr. 3 GewStG, der zufolge die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer
eines inländischen Unternehmens um den Teil des Gewerbeertrags
zu kürzen ist, der auf eine nicht im Inland belegene
Betriebsstätte entfällt (siehe -s. - unten II.2.a cc),
bedarf es in den Fällen der abkommensrechtlichen Freistellung
von der Besteuerung nicht.
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II. Vereinbarkeit mit Unionsrecht
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Fraglich ist jedoch, ob die Verluste, die die
Klägerin mit ihrer britischen Betriebsstätte in den
Wirtschaftsjahren 2004/2005 bis 2006/2007 erwirtschaftet hat,
gleichwohl im Streitjahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung
(§ 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) zu
berücksichtigen sind, weil sie sich in Großbritannien zu
keinem Zeitpunkt ausgewirkt haben. Eine derartige Pflicht
Deutschlands zur Berücksichtigung „finaler“
Verluste einer im Ausland der Europäischen Union (EU)
belegenen Betriebsstätte könnte sich gegebenenfalls
(ggf.) aus der unionsrechtlich gewährleisteten
Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des
Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die
Europäische Union, der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte - EG - (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften 2002, Nr. C 325, 1), jetzt Art. 49
i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur
Änderung des Vertrags über die Europäische Union und
des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -
AEUV - (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47)
ergeben. Trotz mehrerer Entscheidungen des EuGH zur Problematik der
„finalen“ Verluste ist aus Sicht des vorlegenden
Senats die Grundsatzfrage der Berücksichtigungspflicht solcher
Verluste in der hier vorliegenden Konstellation der auf den
Vereinbarungen eines DBA beruhenden Freistellung des Ergebnisses
von in anderen Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten noch
nicht hinreichend geklärt. Gleiches gilt für einige mit
der Beurteilung der Kriterien der
„Finalität“ und der Höhe der ggf. zu
berücksichtigenden Verluste zusammenhängende Fragen.
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1. Zur ersten
Vorabentscheidungsfrage
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a) Zu in anderen EU-Mitgliedstaaten
ansässigen Tochter-Kapitalgesellschaften hat der EuGH (Urteil
Marks & Spencer vom 13.12.2005 - C-446/03, EU:C:2005:763 = SIS 06 02 17, Sammlung - Slg. - 2005, I-10837) entschieden, dass eine
Regelung eines Mitgliedstaats, die es einer gebietsansässigen
Muttergesellschaft allgemein verwehrt, von ihrem steuerpflichtigen
Gewinn Verluste abzuziehen, die einer in einem anderen
Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft dort entstanden
sind, während sie einen solchen Abzug für Verluste einer
gebietsansässigen Tochtergesellschaft zulässt, die durch
Art. 43 i.V.m. Art. 48 EG gewährleistete
Niederlassungsfreiheit beschränkt. Die Beschränkung kann
jedoch grundsätzlich durch die Notwendigkeit gerechtfertigt
sein, die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den
Mitgliedstaaten zu wahren und der Gefahr einer doppelten
Verlustberücksichtigung entgegenzuwirken, mit denen
zusammengenommen berechtigte und mit dem Vertrag zu vereinbarende
Ziele verfolgt werden und die daher zwingende Gründe des
Allgemeininteresses darstellen, wenn die Regelung in angemessenem
Verhältnis zu diesen Zielen steht. Diese
Verhältnismäßigkeit ist nicht gewahrt, wenn
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die gebietsfremde Tochtergesellschaft die im
Staat ihres Sitzes für den von dem Abzugsantrag erfassten
Steuerzeitraum sowie frühere Steuerzeiträume vorgesehenen
Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten
ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste
auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die
Tochtergesellschaft in früheren Zeiträumen erwirtschaftet
hat, und
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keine Möglichkeit besteht, dass die
Verluste der ausländischen Tochtergesellschaft im Staat ihres
Sitzes für künftige Zeiträume von ihr selbst oder
von einem Dritten, insbesondere im Fall der Übertragung der
Tochtergesellschaft auf ihn, berücksichtigt werden.
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b) In Bezug auf Verluste im EU-Ausland
belegener Betriebsstätten, die keine eigene
Rechtspersönlichkeit besitzen, hat der EuGH in dem auf ein
Vorabentscheidungsersuchen des vorlegenden Senats
zurückgehenden Urteil Lidl Belgium vom 15.05.2008 - C-414/06
(EU:C:2008:278, BStBl II 2009, 692 = SIS 08 25 46) entschieden,
dass Art. 43 EG dem nicht entgegensteht, dass eine in einem
Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft von ihrer
Steuerbemessungsgrundlage nicht die Verluste einer
Betriebsstätte abziehen kann, die ihr gehört und in einem
anderen Mitgliedstaat belegen ist, sofern nach einem DBA die
Einkünfte dieser Betriebsstätte im letztgenannten
Mitgliedstaat besteuert werden, in dem die genannten Verluste bei
der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte
für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt
werden können. Weiter hat der EuGH sodann auf der Stufe der
Prüfung der Verhältnismäßigkeit die oben
zitierten Kriterien seines Urteils Marks & Spencer (EU:C:2005:763,
Slg. 2005, I-10837) in Bezug auf die bestehenden Möglichkeiten
zur Verlustnutzung in dem anderen Mitgliedstaat angesprochen, ist
aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verluste im Fall Lidl
Belgium (EU:C:2008:278, BStBl II 2009, 692 = SIS 08 25 46) nicht in
jenem Sinne „final“ gewesen sind, weil sich im
Verlauf der Verhandlung vor dem EuGH herausgestellt hatte, dass die
(in Luxemburg belegene) Betriebsstätte die Verluste in
Luxemburg nutzen durfte und später auch tatsächlich
genutzt hatte.
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25
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c) Der vorlegende Senat hat aus dem
EuGH-Urteil Lidl Belgium (EU:C:2008:278, BStBl II 2009, 692 = SIS 08 25 46) abgeleitet, dass in der Konstellation der in einem
anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte ein auf der
abkommensrechtlichen Symmetriethese beruhender Ausschluss der
Verlustberücksichtigung zwar die unionsrechtliche
Niederlassungsfreiheit einschränkt, jedoch grundsätzlich
gerechtfertigt ist. Falls der Steuerpflichtige jedoch nachweist,
dass die Verluste im Betriebsstättenstaat steuerlich unter
keinen Umständen anderweitig verwertbar (das heißt
„final“) sind, würde der Ausschluss des
Verlustabzugs den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
verletzen, so dass der Ansässigkeitsstaat die Verluste
gleichwohl zu berücksichtigen hat. Der Senat hat eine
derartige „Finalität“ angenommen, wenn die
Verluste im Quellenstaat aus tatsächlichen Gründen nicht
mehr berücksichtigt werden können oder ihr Abzug in jenem
Staat zwar theoretisch noch möglich, aus tatsächlichen
Gründen aber so gut wie ausgeschlossen ist und ein wider
Erwarten dennoch erfolgter späterer Abzug im Inland
verfahrensrechtlich noch rückwirkend nachvollzogen werden
könnte (Senatsurteile vom 17.07.2008 - I R 84/04, BFHE 222,
398, BStBl II 2009, 630 = SIS 08 35 49; in BFHE 230, 35 = SIS 10 22 24; vom 05.02.2014 - I R 48/11, BFHE 244, 371 = SIS 14 11 23;
Senatsbeschluss vom 22.09.2015 - I B 83/14, BFH/NV 2016, 375 = SIS 16 02 44). Als „tatsächliche“
Umstände, die im Betriebsstättenfall zur
„Finalität“ führen können, hat
der Senat insbesondere die Umwandlung der Betriebsstätte in
eine Kapitalgesellschaft, ihre entgeltliche oder unentgeltliche
Übertragung oder ihre endgültige Aufgabe angesehen
(Senatsurteile in BFHE 230, 35 = SIS 10 22 24, und in BFHE 244, 371
= SIS 14 11 23).
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26
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d) Dem auf Ersuchen des FG Köln
ergangenen EuGH-Urteil Timac Agro Deutschland vom 17.12.2015 -
C-388/14 (EU:C:2015:829, BStBl II 2016, 362 = SIS 16 02 99) lag in
Bezug auf die zweite Vorabentscheidungsfrage (Rz 59 folgende - ff.
- des Urteils) erneut die Konstellation des auf einem von
Deutschland mit einem anderen Mitgliedstaat der EU
(Österreich) abgeschlossenen DBA beruhenden
„symmetrischen“ Ausschlusses sowohl der Gewinne
als auch der Verluste der in dem jeweils anderen Staat erzielten
Betriebsstättengewinne zugrunde. Die 3. Kammer des EuGH hat in
diesem Fall entschieden, dass Art. 49 AEUV einer Steuerregelung
eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die einer
gebietsansässigen Gesellschaft im Fall der
Veräußerung einer in einem anderen Mitgliedstaat
belegenen Betriebsstätte an eine gebietsfremde, zum gleichen
Konzern wie die veräußernde Gesellschaft gehörende
Gesellschaft die Möglichkeit verwehrt, die Verluste der
veräußerten Betriebsstätte in die
Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen, sofern aufgrund eines
DBA die ausschließliche Befugnis zur Besteuerung der
Ergebnisse dieser Betriebsstätte dem Mitgliedstaat zusteht, in
dem sie belegen ist. In der Urteilsbegründung hat die 3.
Kammer des EuGH hierzu ausgeführt, dass die Versagung der
Verlustberücksichtigung für den Fall, dass die Verluste
aus einer Betriebsstätte stammen, die in einem anderen
Mitgliedstaat als dem des Sitzes der Gesellschaft belegen ist, eine
Beschränkung darstellt, die nach den Bestimmungen des Vertrags
über die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich
unzulässig und nur statthaft ist, wenn sie Situationen
betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder
wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses
gerechtfertigt ist (Rz 62 f. des Urteils). Zur Vergleichbarkeit der
Situationen heißt es in dem Urteil weiter, dass eine in einem
anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte sich in Bezug
auf Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die zur Vermeidung oder
Abschwächung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer
gebietsansässigen Gesellschaft dienen, sich grundsätzlich
nicht in einer mit der Situation einer gebietsansässigen
Betriebsstätte vergleichbaren Situation befindet (Rz 64 des
Urteils). Sodann hat der EuGH in dem Urteil festgestellt, dass die
Situation einer in Österreich belegenen Betriebsstätte,
über deren Ergebnisse die Bundesrepublik Deutschland keine
Steuerhoheit ausübt und deren Verluste in Deutschland nicht
mehr abzugsfähig sind, in Bezug auf Maßnahmen der
Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung oder Abschwächung
einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsansässigen
Gesellschaft nicht mit der Situation einer in Deutschland belegenen
Betriebsstätte vergleichbar ist (Rz 65 des Urteils). Eine
Prüfung dahingehend, ob die Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit gerechtfertigt und
verhältnismäßig ist, hat der EuGH - anders als in
seinem Urteil Lidl Belgium (EU:C:2008:278, BStBl II 2009, 692 = SIS 08 25 46) - nicht mehr vorgenommen.
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27
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e) Der vorlegende Senat hat in seinem Urteil
vom 22.02.2017 - I R 2/15 (BFHE 257, 120, BStBl II 2017, 709 = SIS 17 08 41) die Vorgaben des EuGH-Urteils Timac Agro Deutschland
(EU:C:2015:829, BStBl II 2016, 362 = SIS 16 02 99) übernommen
und seine an das EuGH-Urteil Lidl Belgium (EU:C:2008:278, BStBl II
2009, 692 = SIS 08 25 46) angelehnte frühere Rechtsprechung
geändert. Der vom Senat entschiedene Fall betraf die Frage, ob
ein der italienischen Betriebsstätte einer deutschen
Gesellschaft zuzuordnender Verlust, der aufgrund des mit Italien
bestehenden DBA von der Besteuerung in Deutschland ausgenommen ist,
aufgrund des Art. 43 EG als finaler Verlust gleichwohl die
steuerliche Bemessungsgrundlage mindert. Der Senat hat dies
verneint, weil im Fall der abkommensrechtlichen Freistellung der
ausländischen Einkünfte im Sitzstaat wegen der fehlenden
Besteuerungsbefugnis bei der Prüfung eines Verstoßes
gegen die Niederlassungsfreiheit schon tatbestandlich eine
Vergleichbarkeit mit der Behandlung reiner Inlandsfälle
abzulehnen sei. Dies habe zur Folge, dass die Prüfungsebene
der Rechtfertigungsgründe als „Standort“
der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der
Rechtsfigur der finalen Verluste entfallen sei.
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28
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f) Ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten
ist, erscheint indessen nach dem Urteil der Großen Kammer des
EuGH Bevola und Jens W. Trock vom 12.06.2018 - C-650/16
(EU:C:2018:424, DStR 2018, 1353 = SIS 18 08 09) wieder zweifelhaft.
Jenes Urteil betraf eine dänische Kapitalgesellschaft
(Bevola), die eine Zweigniederlassung in Finnland unterhielt, die
im Jahr 2009 geschlossen worden war und deren Verluste nach dem
Vortrag der Bevola in Finnland nicht abgezogen werden konnten und
können. Die dänische Steuerverwaltung lehnte den Antrag
der Bevola, die Verluste ihrer finnischen Zweigniederlassung im
Steuerjahr 2009 von ihrem in Dänemark zu besteuernden
Einkommen abzuziehen, ab, weil die Bevola nicht gemäß
§ 31 A des dänischen Körperschaftsteuergesetzes
(DK-KStG) die internationale gemeinsame Besteuerung gewählt
habe, weshalb das steuerpflichtige Einkommen der Bevola nach §
8 Abs. 2 DK-KStG nicht Einnahmen und Ausgaben einer im Ausland
belegenen Betriebsstätte umfasse. Der Verlustausschluss
beruhte in diesem Fall folglich nicht auf einer (bilateralen)
DBA-Vereinbarung zwischen Dänemark und Finnland, sondern auf
einer auf dem Territorialprinzip (als Gegensatz zum
Welteinkommensprinzip) beruhenden unilateralen Bestimmung des
nationalen dänischen Steuerrechts, die in ihrer Wirkung jedoch
der abkommensbasierten Symmetriethese entspricht.
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29
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Die Große Kammer des EuGH hat in dieser
Sache entschieden, dass Art. 49 AEUV Rechtsvorschriften eines
Mitgliedstaats entgegensteht, die es einer gebietsansässigen
Gesellschaft, die nicht eine Regelung der internationalen
gemeinsamen Besteuerung wie die im Ausgangsverfahren in Rede
stehende gewählt hat, auch dann verwehren, von ihrem
steuerpflichtigen Gewinn Verluste einer in einem anderen
Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte abzuziehen, wenn sie
zum einen alle Möglichkeiten zum Abzug dieser Verluste
ausgeschöpft hat, die ihr das Recht des Mitgliedstaats bietet,
in dem diese Betriebsstätte belegen ist, und zum anderen
über diese Betriebsstätte keine Einnahmen mehr erzielt,
so dass keine Möglichkeit mehr besteht, dass die Verluste in
diesem Mitgliedstaat berücksichtigt werden.
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30
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In der Begründung seiner Entscheidung
führt der EuGH zur Prüfung des Merkmals der
Vergleichbarkeit u.a. aus, dass nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs die Vergleichbarkeit eines grenzüberschreitenden
Sachverhalts mit einem innerstaatlichen Sachverhalt unter
Berücksichtigung des mit den fraglichen nationalen
Bestimmungen verfolgten Ziels zu prüfen sei (Rz 32 des
Urteils) und dass weder das EuGH-Urteil Timac Agro Deutschland
(EU:C:2015:829, BStBl II 2016, 362 = SIS 16 02 99) noch das
EuGH-Urteil Nordea Bank Danmark vom 17.07.2014 - C-48/13
(EU:C:2014:2087, IStR 2014, 563 = SIS 14 21 51) eine Abkehr des
Gerichtshofs von dieser Methode der Würdigung der
Vergleichbarkeit der Sachverhalte darstellten (Rz 33 des Urteils).
Die Urteile Nordea Bank Danmark und Timac Agro Deutschland
könnten aber nicht dahin verstanden werden, dass zwei
Sachverhalte, die das nationale Steuerrecht unterschiedlich
behandelt, nicht als vergleichbar angesehen werden können. Der
Gerichtshof habe nämlich entschieden, dass die Anwendung
unterschiedlicher Steuerregelungen auf eine inländische
Gesellschaft, je nachdem, ob sie eine gebietsansässige oder
eine gebietsfremde Betriebsstätte hat, kein zulässiges
Kriterium für die Beurteilung der objektiven Vergleichbarkeit
der Situationen sein kann. Im Übrigen würde Art. 49 AEUV
seines Sinnes entleert, wenn ein Mitgliedstaat in jedem Fall eine
Ungleichbehandlung allein deshalb vornehmen könnte, weil sich
die Betriebsstätte einer gebietsansässigen Gesellschaft
in einem anderen Mitgliedstaat befindet. Mithin sei die
Vergleichbarkeit der Situationen unter Berücksichtigung des
Zwecks der fraglichen nationalen Bestimmungen zu prüfen.
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Zur Anwendung dieser Vorgaben auf den
Ausgangsfall (Bevola und Jens W. Trock, EU:C:2018:424, DStR 2018,
1353 = SIS 18 08 09) führt der EuGH weiter aus (Rz 36 bis 38
des Urteils), dass mit § 8 Abs. 2 DK-KStG bei dänischen
Gesellschaften mit ausländischen Betriebsstätten eine
Doppelbesteuerung der Gewinne und - symmetrisch dazu - ein
doppelter Abzug der Verluste vermieden werden solle. Zu vergleichen
sei daher die Situation dieser Gesellschaften mit der Situation
dänischer Gesellschaften, die Betriebsstätten in
Dänemark hätten. Insoweit habe der Gerichtshof zu
Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die der Vermeidung oder
Abschwächung der Doppelbesteuerung der Gewinne einer
gebietsansässigen Gesellschaft dienen, entschieden, dass sich
Gesellschaften mit einer Betriebsstätte in einem anderen
Mitgliedstaat grundsätzlich nicht in einer Situation befinden,
die mit der Situation von Gesellschaften mit einer
gebietsansässigen Betriebsstätte vergleichbar wäre.
In Bezug auf Verluste einer gebietsfremden Betriebsstätte, die
jede Tätigkeit eingestellt hat und deren Verluste nicht von
ihrem steuerpflichtigen Gewinn in dem Mitgliedstaat, in dem sie
tätig war, abgezogen werden konnten und nicht mehr abgezogen
werden können, unterscheide sich die Situation einer
gebietsansässigen Gesellschaft, die eine solche
Betriebsstätte habe, in Anbetracht des Ziels, den doppelten
Abzug der Verluste zu vermeiden, jedoch nicht von der Situation
einer gebietsansässigen Gesellschaft mit einer
gebietsansässigen Betriebsstätte.
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Schließlich hebt der Gerichtshof noch
hervor, dass die fraglichen nationalen Bestimmungen, die die
Doppelbesteuerung der Gewinne und den doppelten Abzug der Verluste
einer gebietsfremden Betriebsstätte vermeiden sollten, ganz
allgemein darauf abzielten, sicherzustellen, dass die Besteuerung
einer Gesellschaft mit einer solchen Betriebsstätte der
Leistungsfähigkeit dieser Gesellschaft entspreche. Die
Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft mit einer gebietsfremden
Betriebsstätte, die endgültige Verluste erlitten habe,
sei aber in gleicher Weise beeinträchtigt wie die einer
Gesellschaft, deren gebietsansässige Betriebsstätte
Verluste erlitten habe. Beide Situationen seien somit auch in
dieser Hinsicht vergleichbar.
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g) Es könnte einiges dafür sprechen,
dass auf der Grundlage der Ausführungen des Urteils Bevola und
Jens W. Trock (EU:C:2018:424, DStR 2018, 1353 = SIS 18 08 09) auch
in der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Konstellation des auf
der abkommensrechtlichen Symmetriethese basierenden Ausschlusses
der Verlustberücksichtigung eine unbeschränkt
steuerpflichtige Gesellschaft, die eine gebietsfremde
Zweigniederlassung mit endgültigen Verlusten unterhält,
mit der Situation einer unbeschränkt steuerpflichtigen
Gesellschaft, deren inländische Zweigniederlassung solche
Verluste erlitten hat, vergleichbar ist (in diesem Sinne z.B. das
vorinstanzliche Urteil des Hessischen FG; Heckerodt, IStR 2019,
171; Kraft, IStR 2018, 508; Kopec/Wellmann, Internationale
Steuer-Rundschau - ISR - 2019, 7; Kahlenberg, Die
Unternehmensbesteuerung - Ubg - 2018, 470; Kahle/ Braun/Burger, FR
2018, 717, 723; Schlücke, FR 2018, 648; Müller, ISR 2018,
281; Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, DBA, 2.
Aufl., Systematik Rz 141; tendenziell auch Brandis, DStR 2018,
2051). Allein die Anwendung unterschiedlicher Steuerregelungen des
nationalen Rechts auf eine inländische Gesellschaft, je
nachdem, ob sie eine gebietsansässige oder eine gebietsfremde
Betriebsstätte hat, ist kein zulässiges Kriterium
für die Beurteilung der objektiven Vergleichbarkeit der
Situationen.
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Ein Teil der deutschen Literatur
(Ismer/Kandel, IStR 2019, 717; Schulz-Trieglaff, IStR 2018, 777;
Mitschke, Ubg 2018, 467; Behrens, BB 2018, 2983) und auch das dem
vorliegenden Verfahren beigetretene BMF sehen hingegen einen
wesentlichen Unterschied zwischen dem Sachverhalt, der dem
EuGH-Urteil Bevola und Jens W. Trock (EU:C:2018:424, DStR 2018,
1353 = SIS 18 08 09) zugrunde liegt, und der Konstellation des auf
der abkommensrechtlichen Symmetriethese basierenden Ausschlusses
der Verlustberücksichtigung in dem Umstand, dass es sich bei
der dänischen Regelung des § 8 Abs. 2 DK-KStG im Fall
Bevola und Jens W. Trock um eine unilaterale Bestimmung des
dänischen nationalen Steuerrechts handelt, wohingegen die
abkommensrechtliche Zuordnung der
Betriebsstätteneinkünfte nach dem DBA-Methodenartikel
eine bilaterale Regelung zum Zweck der zwischenstaatlichen
Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse ist. Im hier vorliegenden
Fall der Vereinbarung der Freistellungsmethode gemäß
Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 DBA-Großbritannien
1964/1970 verzichtet Deutschland gegenüber
Großbritannien auf die Ausübung seines
Besteuerungsrechts in Bezug auf die Einkünfte, die durch die
in Großbritannien belegenen Betriebsstätten erzielt
werden.
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Ob dieser Umstand im Hinblick auf die
Prüfung des Merkmals der objektiven Vergleichbarkeit eine
unterschiedliche Beurteilung im Vergleich zu der dem Ausgangsfall
des EuGH-Urteils Bevola und Jens W. Trock (EU:C:2018:424, DStR
2018, 1353 = SIS 18 08 09) zugrunde liegenden Konstellation
rechtfertigt, ist aus Sicht des vorlegenden Senats offen.
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h) Da der EuGH für das Merkmal der
objektiven Vergleichbarkeit maßgeblich auf das mit den
fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgte Ziel abstellt (z.B.
EuGH-Urteil Bevola und Jens W. Trock, EU:C:2018:424, DStR 2018,
1353 = SIS 18 08 09, Rz 32), weist der vorlegende Senat auf
Folgendes hin:
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aa) Bei Art. XVIII DBA-Großbritannien
1964/1970 handelt es sich um den sog. Methodenartikel des
Abkommens, dessen Regelungsgegenstand die Festlegung des im
konkreten Fall jeweils anzuwendenden Verfahrens (Methode) zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung ist. Im Falle der hier
vorliegenden Betriebsstätteneinkünfte haben die
Vertragsstaaten gemäß Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a
DBA-Großbritannien 1964/1970 zur Erreichung dieses Ziels die
Freistellungsmethode gewählt, durch die das Besteuerungsrecht
(nur) einem der Vertragsstaaten - nämlich dem Staat, in dem
sich die Betriebsstätte befindet - zugewiesen wird. Da Art.
XVIII Abs. 2 Buchst. a DBA-Großbritannien 1964/1970 nach der
abkommensrechtlichen Symmetriethese auch die
Betriebsstättenverluste der Freistellungsmethode unterwirft,
ist als weiterer Zweck der Abkommensregelung die Verhinderung der
doppelten Verlustberücksichtigung anzusehen.
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Anders als bei der Anrechnungsmethode, bei der
beide Vertragsstaaten ihre jeweiligen Besteuerungsbefugnisse
behalten und der Ansässigkeitsstaat sich lediglich dazu
verpflichtet, die im Quellenstaat angefallene Steuer auf die eigene
Steuer anzurechnen, verzichtet der Ansässigkeitsstaat im
Rahmen der Freistellungsmethode vollständig auf sein in
eigener Souveränität begründetes Besteuerungsrecht.
Der Verzicht des Ansässigkeitsstaats auf sein
Besteuerungsrecht ist umfassend und nicht von der
tatsächlichen Besteuerung im Quellenstaat abhängig. Er
gilt deshalb auch dann, wenn der Quellenstaat die Einkünfte
nicht besteuert (Abwehr der sog. virtuellen Doppelbesteuerung, dazu
z.B. Senatsbeschluss vom 10.01.2012 - I R 66/09, BFHE 236, 304 =
SIS 12 12 75, Rz 22; Lehner in Vogel/ Lehner, DBA, 6. Aufl.,
Grundlagen Rz 69). Die Freistellungsmethode beruht auf der
Vorstellung, dass der Staat, aus dem die Einkünfte stammen,
ein „besseres“ Recht zur Besteuerung habe; der
freistellende Staat tritt daher zurück. Wirtschaftlich soll
die Freistellungsmethode zur Wettbewerbsgleichheit unter den
Investoren verschiedener Länder im Quellenstaat führen
(Kapitalimportneutralität, vergleiche - vgl. - Ismer in Vogel/
Lehner, am angegebenen Ort, Art. 23 Rz 6; Wassermeyer in
Wassermeyer MA Art. 23 A Rz 4).
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bb) Soweit der EuGH im Rahmen seines Urteils
Bevola und Jens W. Trock (EU:C:2018:424, DStR 2018, 1353 = SIS 18 08 09, Rz 39) auch auf das Ziel der Besteuerung nach der
Leistungsfähigkeit zu sprechen gekommen ist, so ist dieses
allgemeine, abstrakte Besteuerungsprinzip aus Sicht des vorlegenden
Senats nicht geeignet, der abkommensrechtlichen
Freistellungsmethode einen zusätzlichen Normzweck beizugeben,
der nicht bereits in den konkreten Zielen der Vermeidung von
Doppelbesteuerung und doppelter Verlustberücksichtigung zum
Ausdruck kommt.
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i) Die erste Vorabentscheidungsfrage ist
entscheidungserheblich. Wäre sie zu bejahen, wäre die
Revision des FA - vorbehaltlich der Beantwortung der dritten,
vierten und fünften Vorabentscheidungsfrage - in Bezug auf die
Festsetzung der Körperschaftsteuer unbegründet. Wäre
die erste Vorabentscheidungsfrage zu verneinen, wäre die
Revision des FA begründet; die Klage wäre insgesamt
abzuweisen.
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2. Zur zweiten
Vorabentscheidungsfrage
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Falls die erste Vorabentscheidungsfrage zu
bejahen ist, ist die weitere Frage zu beantworten, ob die aus der
Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 i.V.m. Art. 48 EG abzuleitende
Pflicht des Ansässigkeitsstaats des Stammhauses der
Gesellschaft zur Berücksichtigung „finaler“
Verluste einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen
Betriebsstätte sich auch auf die deutsche Gewerbesteuer
erstreckt.
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a) Rechtsnatur und Besteuerungsgegenstand
der Gewerbesteuer
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aa) Bei der Gewerbesteuer handelt es sich um
eine auf der Grundlage von Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 Abs. 2
des Grundgesetzes (GG) durch Bundesgesetz geregelte Gemeindesteuer,
die gemäß § 1 GewStG von den Gemeinden erhoben
wird. Den Gemeinden steht gemäß Art. 106 Abs. 6 Satz 2
i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG das Recht zur Bestimmung des
Hebesatzes zu, der gemäß § 16 Abs. 4 GewStG
mindestens 200 % des Gewerbesteuermessbetrags betragen muss. Bei
einem Hebesatz von 400 % beträgt die Belastung der
Unternehmensgewinne mit Gewerbesteuer nominal 14,83 % (vgl.
Drucksachen des Deutschen Bundestages 16/4841, S. 31) und ist damit
in etwa gleich hoch wie die Belastung mit Körperschaftsteuer,
deren Steuersatz einheitlich 15 % beträgt. Das
Gewerbesteueraufkommen steht den Gemeinden zu (Art. 106 Abs. 6 Satz
1 GG); die Gemeinden haben gemäß Art. 106 Abs. 6 Satz 4
GG i.V.m. § 6 des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen
(Gemeindefinanzreformgesetz) i.d.F. der Bekanntmachung der
Neufassung vom 10.03.2009 (BGBl I 2009, 502) eine zwischen dem Bund
und dem jeweiligen Bundesland aufzuteilende Gewerbesteuerumlage
abzuführen.
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Anders als bei der Einkommen- und der
Körperschaftsteuer handelt es sich bei der Gewerbesteuer nicht
um eine Personen-, sondern um eine Realsteuer (§ 3 Abs. 2 der
Abgabenordnung), die auch als Objektsteuer bezeichnet wird.
Steuergegenstand ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG
jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird.
Maßgeblich sind dabei die Merkmale und Verhältnisse des
jeweiligen Gewerbebetriebs, unabhängig von der Person des
Inhabers und dessen persönlichen Verhältnissen.
Steuerschuldner ist der jeweilige Unternehmer, für dessen
Rechnung das Gewerbe betrieben wird (§ 5 Abs. 1 Satz 1
GewStG). Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft - wie
vorliegend die Klägerin - gilt gemäß § 2 Abs.
2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb.
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Die Erhebung der Gewerbesteuer als
objektbezogener Gemeindesteuer, die zusätzlich zur
Einkommensteuer beziehungsweise (bzw.) Körperschaftsteuer zu
entrichten ist, ist historisch auf den Äquivalenzgedanken
zurückzuführen, wonach die Gewerbesteuer einen Ausgleich
für die von Industrie, Handel und Handwerk verursachten
besonderen Lasten der Gemeinden, wie z.B. Erschließung von
Bauland, Schaffung von Verkehrsflächen, Betreiben des
Personennahverkehrs, Bau und Unterhaltung von Straßen,
Krankenhäusern, kulturellen und anderen kommunalen
Einrichtungen, schaffen soll (vgl. Beschlüsse des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 15.01.2008 - 1 BvL 2/04,
BVerfGE 120, 1 = SIS 08 25 65; vom 15.02.2016 - 1 BvL 8/12, BStBl
II 2016, 557 = SIS 16 12 06). Ursprünglich setzte sich die
Gewerbesteuer aus den Komponenten Lohnsumme, Gewerbekapital und
Gewerbeertrag zusammen. Die beiden erstgenannten Komponenten sind
1980 bzw. 1988 entfallen, so dass es sich seitdem bei der
Gewerbesteuer um eine vornehmlich auf den Ertrag gerichtete
Objektsteuer handelt.
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Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist
gemäß § 7 Satz 1 GewStG der nach den Vorschriften
des Einkommensteuergesetzes oder des
Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem
Gewerbebetrieb, erhöht durch die in § 8 GewStG
bezeichneten Hinzurechnungen und vermindert um die in § 9
GewStG bezeichneten Kürzungen. Durch die genannten
Gewinnkorrekturen ergeben sich Abweichungen von dem nach den
Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des
Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Gewinn und damit auch
Abweichungen vom subjektiven Leistungsfähigkeitsgedanken
(BVerfG-Beschluss in BStBl II 2016, 557 = SIS 16 12 06‚ Rz
35). Das objektive Nettoprinzip des Einkommensteuerrechts bildet
nicht den Maßstab für die verfassungsrechtliche
Prüfung der gewerbesteuerrechtlichen
Hinzurechnungsvorschriften (Senatsurteil vom 04.06.2014 - I R
70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289 = SIS 14 25 07, Rz 18). Der
Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit tritt
insoweit zurück (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
14.06.2018 - III R 35/15, BFHE 261, 558, BStBl II 2018, 662 = SIS 18 12 17). Die Besonderheiten der Gewerbesteuer als Objektsteuer
können dazu führen, dass ertraglose Betriebe belastet
werden, indem z.B. Gewerbesteuer allein durch Hinzurechnungen
ausgelöst wird; auch eine mögliche Substanzbesteuerung
liegt in der Natur einer ertragsorientierten Objektsteuer
(BFH-Urteil in BFHE 261, 558, BStBl II 2018, 662 = SIS 18 12 17).
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bb) Ergibt sich bei der Ermittlung des
Gewerbeertrags ein Fehlbetrag (Verlust), so ist dieser gesondert
festzustellen und vorzutragen (§ 10a Satz 6 und 7 GewStG). Der
maßgebende Gewerbeertrag eines Erhebungszeitraums wird bis zu
einem Betrag in Höhe von 1 Mio. EUR um die Fehlbeträge
gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden
Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume
ergeben haben (§ 10a Satz 1 GewStG). Der 1 Mio. EUR
übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 %
um nach § 10a Satz 1 GewStG nicht berücksichtigte
Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu
kürzen (§ 10a Satz 2 GewStG).
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cc) Im Inland betrieben wird ein
Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland oder auf einem in
einem inländischen Schiffsregister eingetragenen
Kauffahrteischiff eine Betriebsstätte unterhalten wird (§
2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Die (positiven wie negativen) Erträge
im Ausland belegener Betriebsstätten, für die auf der
Grundlage eines DBA die Freistellung von der Besteuerung des
Ansässigkeitsstaats des Stammhauses vereinbart ist (wie im
Streitfall durch Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Art. III
Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970), fallen schon
aufgrund des Verweises des § 7 Satz 1 GewStG auf die
einkommen- bzw. körperschaftsteuerliche Gewinnermittlung nicht
in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer (s. oben I.2.b).
Für die Erträge ausländischer Betriebsstätten,
für die in dem jeweils einschlägigen DBA die
Anrechnungsmethode vereinbart ist oder die von keinem von
Deutschland abgeschlossenen DBA erfasst werden, greift die Regelung
des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG. Danach wird die zur Berechnung
des Gewerbeertrags führende Summe des Gewinns und der
Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags des
inländischen Unternehmens gekürzt, der auf eine nicht im
Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Die Erträge
dieser ausländischen Betriebsstätten werden somit aus dem
Gewerbeertrag ausgenommen und sind daher ebenfalls nicht
Bestandteil der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage.
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b) Berücksichtigung
„finaler“ Verluste ausländischer
Betriebsstätten bei der Gewerbesteuer?
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aa) Unter der Prämisse, die
unionsrechtlich gewährleistete Niederlassungsfreiheit
erfordere im Rahmen der körperschaftsteuerlichen
Gewinnermittlung die Berücksichtigung
„finaler“ Verluste aus in anderen
EU-Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten, hat der
vorlegende Senat die Auffassung vertreten, dass die durch die
ausländischen Betriebsstätten verursachten
„finalen“ Verluste auch die Bemessungsgrundlage
der Gewerbesteuer mindern müssten (Senatsurteil in BFHE 230,
35 = SIS 10 22 24; ebenso z.B. Schön, IStR 2004, 289, 294;
Braunagel, IStR 2010, 313; Kessler/Philipp, IStR 2010, 865; Roser
in Lenski/ Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 3 Rz 4a).
Es sei kein Grund dafür ersichtlich, die gemeinschaftlichen
Erfordernisse und deren Anwendungsvorrang nicht auch auf die
Gewerbesteuer durchschlagen zu lassen. Der strukturelle
Inlandsbezug der Gewerbesteuer und damit das
Territorialitätsprinzip widersprächen dem schon deswegen
nicht, weil sich die Ausgangslagen dort und bei zwischenstaatlicher
Vereinbarung der Freistellungsmethode nicht unterschieden. Denn
hier wie dort würden Auslandseinkünfte prinzipiell
„symmetrisch“ bei der Einkünfte- und
Gewerbeertragsermittlung abgeschirmt; dementsprechend seien sowohl
die Körperschaft- als auch die Gewerbesteuer
gleichermaßen in den sachlichen Geltungsbereich der Abkommen
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung - so für den Streitfall
Art. I Abs. 1 Buchst. a DBA-Großbritannien 1964/ 1970 -
einbezogen. Vor diesem Hintergrund gehe es darum, die
„finalen“ Auslandsverluste unbeschadet ihrer
Freistellung - gleichviel, auf welcher Rechtsgrundlage diese
beruhe, ob auf einer DBA-Freistellung oder gewinnkorrigierend durch
Kürzung gemäß § 9 Nr. 3 GewStG - einmal zum
Abzug zuzulassen.
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bb) Diese Rechtsprechung ist von der deutschen
Finanzverwaltung und Teilen des Schrifttums kritisiert worden, so
dass der Senat es für geboten hält, die Frage dem EuGH
zur Vorabentscheidung vorzulegen.
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Gegen die Berücksichtigung
„finaler“ Verluste im Rahmen der Gewerbesteuer
wird vor allem der strukturelle Inlandsbezug
(Territorialitätsprinzip) und der Objektsteuercharakter der
Gewerbesteuer ins Feld geführt. Anders als für die
Körperschaftsteuer, der das Welteinkommensprinzip zugrunde
liege, bedürfe es für die Gewerbesteuer keiner
symmetrischen Abschirmung des Gewerbeertrags durch eine bilaterale
DBA-Freistellung (vgl. z.B. Gebhardt/Quilitzsch, FR 2011, 359, 363
ff.; Herbst in Wendt/Suchanek/ Möllmann/Heinemann, GewStG,
§ 9 Nr. 3 Rz 16). Verstoße die Gewerbesteuer insgesamt
nicht gegen Unionsrecht, verstießen auch kohärente,
insbesondere sich aus dem Inlandsbezug der Gewerbesteuer ergebende
Vorschriften nicht dagegen (Güroff in Glanegger/Güroff,
GewStG, 9. Aufl., § 9 Nr. 3 Rz 4b). Diese Sichtweise wird im
vorliegenden Rechtsstreit auch vom BMF vertreten. Es verneint
aufgrund des der Gewerbesteuer immanenten strukturellen
Inlandsbezugs die objektive Vergleichbarkeit von Unternehmen mit
nur inländischen Betriebsstätten mit solchen Unternehmen,
die daneben auch über ausländische Betriebsstätten
verfügen.
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Das FA weist im vorliegenden Fall ferner auf
den Umstand hin, dass es in Großbritannien und der Stadt X
keine mit der deutschen Gewerbesteuer vergleichbare Realsteuer
gebe. Hieraus leitet es ab, der Ausschluss des Verlustabzugs bei
der Gewerbesteuer beruhe in erster Linie darauf, dass der
Quellenstaat Großbritannien einen Verlustabzug zur
Gewerbesteuer von vornherein nicht zulasse. Unter Bezugnahme auf
das EuGH-Urteil Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt
vom 23.10.2008 - C-157/07 (EU:C:2008:588, BStBl II 2009, 566 = SIS 08 43 12) vertritt das FA die Auffassung, Deutschland sei nicht
aufgrund Unionsrechts verpflichtet, die Folgen dieser Entscheidung
des Quellenstaats zu tragen.
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c) Entscheidungserheblichkeit
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Die zweite Vorabentscheidungsfrage ist im
Hinblick auf die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags
entscheidungserheblich. Wäre sie zu bejahen, wäre die
Revision des FA - vorbehaltlich der Beantwortung der dritten,
vierten und fünften Vorabentscheidungsfrage - in Bezug auf die
Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags unbegründet.
Wäre die zweite Vorabentscheidungsfrage zu verneinen,
wäre die Revision des FA im Hinblick auf die Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags begründet; die Klage wäre in
diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.
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3. Zur dritten
Vorabentscheidungsfrage:
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a) Davon ausgehend, die unionsrechtlich
gewährleistete Niederlassungsfreiheit erfordere im Rahmen der
steuerlichen Gewinnermittlung die Berücksichtigung
„finaler“ Verluste aus in anderen
EU-Mitgliedstaaten belegenen Betriebsstätten, war der
vorlegende Senat der Auffassung, die Verluste einer
ausländischen Betriebsstätte seien dann
„final“ i.S. der Rechtsprechung des EuGH, wenn
die Verluste im Quellenstaat aus tatsächlichen Gründen
nicht mehr berücksichtigt werden können oder ihr Abzug in
jenem Staat zwar theoretisch noch möglich, aus
tatsächlichen Gründen aber so gut wie ausgeschlossen ist
und ein wider Erwarten dennoch erfolgter späterer Abzug im
Inland verfahrensrechtlich noch rückwirkend nachvollzogen
werden könnte (Senatsurteile in BFHE 222, 398, BStBl II 2009,
630 = SIS 08 35 49; in BFHE 230, 35 = SIS 10 22 24; in BFHE 244,
371 = SIS 14 11 23; Senatsbeschluss in BFH/NV 2016, 375 = SIS 16 02 44). Als „tatsächliche“ Umstände, die
im Betriebsstättenfall zur Finalität führen
können, hat der Senat insbesondere die Umwandlung der
Betriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, ihre entgeltliche
oder unentgeltliche Übertragung oder ihre endgültige
Aufgabe angesehen (Senatsurteile in BFHE 230, 35 = SIS 10 22 24,
und in BFHE 244, 371 = SIS 14 11 23).
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Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat
das FG im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin die in
Großbritannien belegene Betriebsstätte geschlossen hat,
das Vorliegen endgültiger Verluste bejaht. Die Klägerin
habe durch Entlassung der Mitarbeiter und Übertragung des
Mietvertrags über die gemieteten Räumlichkeiten alles
getan, um die Tätigkeit in Großbritannien zu beenden und
um das Gericht davon zu überzeugen, dass voraussichtlich keine
Einnahmen und erst recht keine Gewinne aus einer Niederlassung in
Großbritannien mehr erzielt würden, von denen die bis
zur Schließung entstandenen Verluste zukünftig abgezogen
werden könnten.
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b) Ob an den zuvor genannten Kriterien
für die „Finalität“ der Verluste
festgehalten werden kann, erscheint indessen auf der Grundlage der
neueren EuGH-Rechtsprechung nicht frei von Zweifeln.
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In den EuGH-Urteilen Memira Holding vom
19.06.2019 - C-607/17 (EU:C:2019:510, IStR 2019, 597 = SIS 19 11 53) - dort Rz 25 ff. - und Holmen vom 19.06.2019 - C-608/17
(EU:C:2019:511, IStR 2019, 603 = SIS 19 09 70) - dort Rz 37 ff. -,
die zu Verlusten ausländischer Tochtergesellschaften ergangen
sind, hat der Gerichtshof entschieden, dass die Verluste auch dann
nicht als endgültig anzusehen sind, wenn weiterhin eine
Möglichkeit besteht, diese Verluste wirtschaftlich zu nutzen,
indem sie auf einen Dritten übertragen werden. Es könne
nämlich nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass ein
Dritter die Verluste der Tochtergesellschaft in deren Sitzstaat
steuerlich berücksichtigen könne, etwa nachdem diese
gegen einen Preis, der den Wert des in der künftigen
Abzugsfähigkeit der Verluste bestehenden Steuervorteils
einbeziehe, übertragen wurde. Der Gerichtshof bezieht sich
insoweit auf die Ausführungen von Generalanwältin Kokott
in deren Schlussanträgen vom 10.01.2019 (zum Verfahren Memira
Holding, C-607/17, EU:C:2019:8 = SIS 19 11 53, Rz 65 ff., und zum
Verfahren Holmen, C-608/17, EU:C:2019:9 = SIS 19 09 70, Rz 57 ff.),
mit denen in Zweifel gezogen wird, dass es rechtlich verwertbare,
aber faktisch nicht verwertbare Verluste überhaupt geben
könne. Wenn die jeweilige Rechtsordnung eine Übertragung
der Verluste auf andere Personen ermögliche, dann sei eine
Verwertung dieser Verluste immer auch faktisch möglich.
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Bei Übertragung dieser Erwägungen
auf die Situation der Schließung einer ausländischen
Betriebsstätte könnte sich nicht nur ergeben, dass auch
hier vor Bejahung der Endgültigkeit der Verluste zu
prüfen ist, ob nicht nach dem im Belegenheitsstaat der
Betriebsstätte geltenden Recht eine Verlustverwertung durch
Dritte - etwa nach Einbringung der Betriebsstätte in eine
Kapitalgesellschaft und anschließender Veräußerung
der Geschäftsanteile - denkbar gewesen wäre (vgl.
Heckerodt, IStR 2019, 600, 602). Vielmehr könnte bereits die
theoretische Möglichkeit, dass die Gesellschaft jederzeit
erneut eine Betriebsstätte in dem betreffenden Mitgliedstaat
eröffnen kann, mit deren Gewinnen die früheren Verluste
ggf. verrechnet werden könnten, einer Beurteilung als
„finale“ Verluste entgegenstehen.
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Die Beantwortung der dritten Frage ist
entscheidungserheblich. Im Falle ihrer Bejahung wäre die
Revision des FA - vorbehaltlich der Beantwortung der vierten und
fünften Vorabentscheidungsfrage - unbegründet. Wäre
die dritte Vorabentscheidungsfrage zu verneinen, wäre die
Revision des FA begründet; die Klage wäre abzuweisen.
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4. Zur vierten
Vorabentscheidungsfrage
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Die Klägerin macht neben den im
Veranlagungszeitraum der Schließung (Liquidation) der
Betriebsstätte (Veranlagungszeitraum 2007, Wirtschaftsjahr
2006/2007) entstandenen Verlusten auch die Berücksichtigung
jener Verluste geltend, die in den vorangegangenen
Veranlagungszeiträumen (2005 und 2006, Wirtschaftsjahre
2004/2005 und 2005/2006) entstanden sind und von denen anzunehmen
ist, dass sie nach britischem Steuerrecht in den jeweils
nachfolgenden Veranlagungszeitraum vorgetragen werden konnten.
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Das BMF ist der Auffassung, als zu
berücksichtigende „finale“ Verluste der
ausländischen Betriebsstätte kämen lediglich die dem
letzten Veranlagungszeitraum (hier 2007) zuzuordnenden Verluste in
Betracht, die aufgrund der Schließung der Betriebsstätte
nicht in einen nachfolgenden Veranlagungszeitraum vorgetragen
werden konnten. Es beruft sich dabei auf das EuGH-Urteil
Kommission/Vereinigtes Königreich vom 03.02.2015 - C-172/13
(EU:C:2015:50, IStR 2015, 137 = SIS 15 05 97), dem zufolge es
unionsrechtskonform ist, wenn über die Endgültigkeit der
Verluste einer gebietsfremden Tochtergesellschaft unmittelbar nach
Ende des Steuerzeitraums, in dem die Verluste entstanden sind,
entschieden wird. Die Argumentation des BMF entspricht derjenigen
von Generalanwältin Kokott im Verfahren Memira Holding
(Schlussanträge vom 10.01.2019 - C-607/17, EU:C:2019:8 = SIS 19 11 53, Rz 57 ff.) und Holmen (Schlussanträge vom 10.01.2019
- C-608/17, EU:C:2019:9 = SIS 19 09 70, Rz 50 ff.). Danach ist
jeder vortragsfähige Verlust nicht „final“
und kann nicht deshalb später zu einem
„finalen“ Verlust werden, weil aufgrund der
Liquidation ein weiterer Verlustvortrag ausscheidet.
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Die Streitfrage wäre im Falle der
Bejahung der ersten und der dritten Vorabentscheidungsfrage
für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich, weil auf der
Grundlage der Auffassung des BMF die in den Wirtschaftsjahren
2004/2005 und 2005/2006 entstandenen Verluste von vornherein nicht
zu berücksichtigen wären. Die Revision des FA wäre
insoweit begründet; die diesbezügliche Klage wäre
als unbegründet abzuweisen.
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5. Zur fünften
Vorabentscheidungsfrage
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a) Die Klägerin hat die geltend gemachten
Verluste der britischen Zweigniederlassung auf der Grundlage der
deutschen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelt. Wie
hoch die Verluste der Zweigniederlassung unter Zugrundelegung der
britischen Gewinnermittlungsvorschriften waren, ist vom
vorinstanzlichen Gericht nicht festgestellt worden. Es kann daher
nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei Anwendung der
Gewinnermittlungsvorschriften des britischen Steuerrechts geringere
Verluste ergeben würden, als bei Anwendung der deutschen
Gewinnermittlungsregeln.
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b) Das vorinstanzliche Gericht hat die
deutschen steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften als
maßgeblich für die Ermittlung der aufgrund der
unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit zu berücksichtigenden
„finalen“ Verluste der britischen
Betriebsstätte angesehen. Dies entspricht der Rechtsprechung
des EuGH (vgl. EuGH-Urteil A vom 21.02.2013 - C-123/11,
EU:C:2013:84, IStR 2013, 239 = SIS 13 07 59, Rz 59) und auch des
vorlegenden Senats (Senatsurteile in BFHE 230, 35 = SIS 10 22 24,
und in BFHE 244, 371 = SIS 14 11 23). Die Maßgeblichkeit der
inländischen Gewinnermittlungsvorschriften rechtfertigt sich
aus dem Umstand, dass die unionsrechtlich begründete Pflicht
zur ausnahmsweisen Berücksichtigung der
grenzüberschreitenden Verluste abzuleiten ist aus der
gebotenen Gleichbehandlung von nur im Inland aktiven Gesellschaften
mit solchen Gesellschaften, die Betriebsstätten auch in
anderen Mitgliedstaaten unterhalten.
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c) Es stellt sich jedoch die Frage, ob die
Pflicht zur Berücksichtigung der grenzüberschreitenden
Verluste nicht der Höhe nach begrenzt wird durch diejenigen
Verlustbeträge, die die Gesellschaft in dem betreffenden
Belegenheitsstaat der Betriebsstätte hätte ansetzen
können, wenn nicht die Verlustberücksichtigung dort
ausgeschlossen wäre. Denn im Falle einer
Berücksichtigungsmöglichkeit der Verluste im
Belegenheitsstaat der Betriebsstätte wäre der
Ansässigkeitsstaat des Stammhauses nicht aus Gründen der
Gleichbehandlung verpflichtet gewesen, den Differenzbetrag zu dem
sich aus den eigenen Gewinnermittlungsvorschriften ergebenden
(höheren) Verlustbetrag zum Verlustabzug zuzulassen. Es kann
bezweifelt werden, dass die Niederlassungsfreiheit den
Ansässigkeitsstaat des Stammhauses verpflichtet, die
Gesellschaft im Falle des Vorliegens „finaler“
Verluste besser zu stellen, als sie gestanden hätte, wenn die
Verluste in dem Belegenheitsstaat der Betriebsstätte
hätten geltend gemacht werden können.
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Die Beantwortung der fünften
Vorabentscheidungsfrage wäre im Falle der Bejahung der ersten
und der dritten Vorabentscheidungsfrage entscheidungserheblich.
Denn im Falle einer Begrenzung der zu berücksichtigenden
Verluste durch den sich nach den britischen
Gewinnermittlungsvorschriften ergebenden Verlustbetrag müsste
der Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen werden, damit
dieses die erforderlichen Feststellungen zur Gewinnermittlung nach
britischem Steuerrecht treffen kann.
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III. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf
§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 FGO.
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