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Zur Steuerbefreiung medizinischer Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil Peters vom 18.9.2019, C-700/17

Zur Steuerbefreiung medizinischer Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil Peters vom 18.9.2019, C-700/17: 1. Medizinische Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik können nicht nur nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, sondern auch nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG steuerfrei sein (entgegen Abschn. 4.14.2 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ). - 2. Das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient ist keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung i.S. des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG (entgegen Abschn. 4.14.1 Abs. 1, 4.14.5 Abs. 9 UStAE). (Hinweis aus BStBl 2023 II S. 984 auf BMF-Schreiben vom 10. Oktober 2023 - III C 3 - S 7170/20/10002 :001 = SIS 23 16 85) - Urt.; BFH 18.12.2019, XI R 23/19 (XI R 23/15); SIS 20 02 17

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 18.12.2019, XI R 23/19 (XI R 23/15) (ECLI:DE:BFH:2019:U.181219.XIR23.19.0)
    BStBl 2023 II S. 984
    BFHE 267 S. 571
    BFH/NV 2020 S. 668
    DStR 2020 S. 553
    DB 2020 S. 765
    HFR 2020 S. 484
    UR 2020 S. 295

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 18.10.2023
    M. Brill in DStZ 14/2020 S. 511
    J.H. in StuB 7/2020 S. 284
    L. Joost/M. Szabó in UVR 8/2020 S. 228
    K.K. in kösdi 4/2020 S. 21681
    K. Korn in NWB 12/2020 S. 812
    T. Meurer in MwStR 9/2020 S. 416
    A. Treiber in BFH/PR 6/2020 S. 163
Normen
[RL 2006/112/EG] Art. 132 Abs. 1
[UStG] § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 10.11.2015, SIS 16 01 79, Umsatzsteuerbefreiung, Heilbehandlung, Laborarzt
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 10.10.2023, SIS 23 16 85, Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchstabe a und Buchstabe b UStG für Laborleistungen, Veröffentlich...
  • FG Münster 9.5.2023, SIS 23 11 76, Vereinnahmte Gelder für die Vertretung im ärztlichen Notdienst sind nicht als im Zusammenhang mit Heilbeh...
  • BFH 7.7.2022, SIS 22 17 08, Steuerfreie Heilbehandlung: Die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen ist jedenfalls dann gemäß § ...
  • BFH 21.4.2022, SIS 22 11 53, Bedeutung des Neutralitätsgrundsatzes für Steuersatzermäßigungen: 1. Ein Mitgliedstaat, der auf der Grund...
  • BFH 21.4.2022, SIS 22 07 51, Keine Berufung auf das Unionsrecht für Leistungen im Bereich des Sports: Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSy...
  • FG Düsseldorf 16.6.2021, SIS 21 14 75, Umsatzsteuerbefreiung von ärztlichen Haarwurzeltransplantationen, Erfordernis einer therapeutischen Ziels...
  • BFH 21.4.2021, SIS 21 17 33, Zur Kleinunternehmerregelung im Jahr der Neugründung und zur Steuerpflicht von Intensivpflegeleistungen e...
  • BFH 16.12.2020, SIS 21 07 67, Zum Vorsteuerabzug und zur unentgeltlichen Zuwendung, Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil Mitteldeutsch...
  • Niedersächsisches FG 11.6.2020, SIS 21 06 96, Verhältnis zwischen den Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 Nr. 14 Buchst. a und b UStG, Steuerbefreiung...
  • BFH 22.1.2020, SIS 20 05 23, Zur Steuerbefreiung von medizinischen Analysen durch eine GbR: 1. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buc...

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 10.11.2015 - 2 K 2409/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, führte in den Streitjahren (2009 bis 2012) ab dem 1.10.2009 ausschließlich Umsätze an die X GmbH (X), ein Unternehmen, das niedergelassenen Ärzten, Rehakliniken, Gesundheitsämtern und Krankenhäusern Laborleistungen zur Verfügung stellt, aus. Dazu erbrachte er gegen eine feste Monatsvergütung Leistungen der Befunderhebung mit dem Ziel konkreter laborärztlicher Diagnosen sowie ärztliche Hilfestellungen bei transfusionsmedizinischen Maßnahmen für konkrete Behandlungsverhältnisse, die sich als Bestandteile von Gesamtverfahren darstellten, die konkreten Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienten.

 

 

 

 

2

Der Kläger ging davon aus, dass diese Umsätze als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008, BGBl I 2008, 2794 - UStG - ) steuerfrei seien, und gab folglich für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärungen ab.

 

 

 

 

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) war hingegen der Auffassung, diese Umsätze seien steuerpflichtig, da Leistungen von klinischen Chemikern und Laborärzten nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Patienten beruhen würden, was aber Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sei. Er erließ daher für die Streitjahre Schätzungsbescheide über Umsatzsteuer auf Basis der Nettohonorare.

 

 

 

 

4

In den jeweiligen Einspruchsverfahren berücksichtigte das FA in Änderungsbescheiden für die Streitjahre vom Kläger hilfsweise geltend gemachte Vorsteuerbeträge und wies die Einsprüche im Übrigen mit Einspruchsentscheidung vom 2.12.2013 als unbegründet zurück.

 

 

 

 

5

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg gab der Klage mit in EFG 2016, 240 veröffentlichtem Urteil vom 10.11.2015 - 2 K 2409/13 statt und setzte unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Änderung der angefochtenen Steuerbescheide die Umsatzsteuer für die Streitjahre jeweils auf 0 EUR fest. Es führte zur Begründung u.a. aus, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG setze kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient voraus.

 

 

 

 

6

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

 

 

7

Es macht im Wesentlichen geltend, der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) sei mit seinen Urteilen L.u.P. vom 08.06.2006 - C-106/05 (EU:C:2006:380, UR 2006, 464 = SIS 06 29 72) und Verigen Transplantation Service International vom 18.11.2010 - C-156/09 (EU:C:2010:695, UR 2011, 215 = SIS 10 39 09) nicht von seiner früheren Rechtsprechung abgewichen, wonach Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen nur dann gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) steuerfrei sind, wenn sie im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses erbracht werden.

 

 

 

 

8

Auf einen Vorlagebeschluss des erkennenden Senats vom 11.10.2017 - XI R 23/15 (BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109 = SIS 17 22 19) hat der EuGH mit seinem Urteil Peters vom 18.09.2019 - C-700/17 (EU:C:2019:753, UR 2019, 775 = SIS 19 15 33) wie folgt geantwortet:

 

 

 

 

 

 

 

“1. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass Heilbehandlungsleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die von einem Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik erbracht werden, unter die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer fallen können, wenn sie nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie erfüllen.

 

 

 

 

 

 

 

2. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass die darin vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht von der Voraussetzung abhängt, dass die betreffende Heilbehandlungsleistung im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Patienten und dem Behandelnden erbracht wird.“

 

 

 

 

9

Die Beteiligten haben sich zu diesem EuGH-Urteil inhaltlich nicht geäußert und übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

 

 

 

10

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

 

 

11

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

 

 

12

II. Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen der Befunderhebung und ärztlichen Hilfestellungen bei transfusionsmedizinischen Maßnahmen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.

 

 

 

 

13

1. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG befreit die „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden“. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Danach sind „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden“, steuerfrei.

 

 

 

 

14

a) Die Vorschrift des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG ist im Lichte des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (vormals: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Richtlinie 77/388/EWG - ) unionsrechtskonform auszulegen (vgl. z.B. Senatsbeschluss in BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109 = SIS 17 22 19, Rz 24 f., m.w.N.).

 

 

 

 

15

Weil Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG sowie Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL in gleicher Weise auszulegen sind, kann auch die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG weiterhin zur Auslegung herangezogen werden (vgl. EuGH-Urteile Future Health Technologies vom 10.06.2010 - C-86/09, EU:C:2010:334, UR 2010, 540 = SIS 10 26 07, Rz 27; Peters, EU:C:2019:753, UR 2019, 775 = SIS 19 15 33, Rz 18).

 

 

 

 

16

b) Die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b bzw. c MwStSystRL verwendeten Begriffe „ärztliche Heilbehandlungen“ bzw. „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ erfassen Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen (vgl. EuGH-Urteile L.u.P., EU:C:2006:380, UR 2006, 464 = SIS 06 29 72, Rz 27; CopyGene vom 10.06.2010 - C-262/08, EU:C:2010:328, UR 2010, 526 = SIS 10 26 08, Rz 28; Peters, EU:C:2019:753, UR 2019, 775 = SIS 19 15 33, Rz 20; Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12.08.2004 - V R 27/02, BFH/NV 2005, 583 = SIS 05 16 20; vom 05.11.2014 - XI R 11/13, BFHE 248, 389, UR 2015, 180 = SIS 14 33 26, Rz 19).

 

 

 

 

17

Medizinische Analysen, die von praktischen Ärzten im Rahmen ihrer Heilbehandlungen angeordnet werden, können zur Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit beitragen, da sie ebenso wie jede vorbeugend erbrachte ärztliche Leistung darauf abzielen, die Beobachtung und die Untersuchung der Patienten zu ermöglichen, noch bevor es erforderlich wird, eine etwaige Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen. In Anbetracht des mit den betreffenden Steuerbefreiungsregelungen verfolgten Zwecks, die Kosten ärztlicher Heilbehandlungen zu senken, und im Einklang mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der es verbietet, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln, können medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung der Patienten dienen, „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b bzw. c der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. b bzw. c MwStSystRL) sein (vgl. EuGH-Urteile L.u.P., EU:C:2006:380, UR 2006, 464 = SIS 06 29 72, Rz 30 bis 32; CopyGene, EU:C:2010:328, UR 2010, 526 = SIS 10 26 08, Rz 30).

 

 

 

 

18

c) Auf dieser Grundlage hat das FG den Sachverhalt für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) dahingehend gewürdigt, dass der Kläger als Arzt derartige Heilbehandlungen ausgeführt hat, und, soweit er im Übrigen der X organisatorisches Wissen zur Verfügung stellte, die Optimierung von labororganisatorischen Abläufen unterstützte und bei Bedarf in einer Transfusionskommission mitarbeitete, und dass solche Leistungen als Nebenleistungen dem Zweck dienten, dass die X die Hauptleistungen des Klägers unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen konnte.

 

 

 

 

19

d) Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL erlangt für Heilbehandlungsleistungen wie im Streitfall, die von einem Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik erbracht werden, Geltung. Sie wird nicht - wie noch vom Gesetzgeber angenommen (BTDrucks 16/10189, S. 74 f.; vgl. hierzu Senatsbeschluss in BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109 = SIS 17 22 19, Rz 30 f.) - durch § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. bb UStG, Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL verdrängt.

 

 

 

 

20

aa) Der EuGH hat mit Urteil Peters (EU:C:2019:753, UR 2019, 775 = SIS 19 15 33) bezogen auf den Streitfall entschieden:

 

 

 

 

 

“27 Insoweit ist klarzustellen, dass Heilbehandlungsleistungen, die etwa nicht alle Anforderungen erfüllen, um in den Genuss der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Mehrwertsteuerbefreiung zu kommen, nicht grundsätzlich von der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie ausgeschlossen sind.

 

 

 

 

 

28 Aus dem Wortlaut des besagten Art. 132 Abs. 1 Buchst. b geht nämlich keineswegs hervor, dass diese Bestimmung die Reichweite von Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 beschränken sollte, der, wie oben in Rn. 21 ausgeführt, auf Heilbehandlungsleistungen abzielt, die außerhalb der unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie fallenden Strukturen im Rahmen der Ausübung der von den Mitgliedstaaten definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden.

 

 

 

 

 

29 Der Gerichtshof hat im Übrigen in Bezug auf von praktischen Ärzten angeordnete medizinische Analysen klargestellt, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht gewahrt wäre, wenn für solche Leistungen je nachdem, an welchem Ort sie durchgeführt werden, eine andere Mehrwertsteuerregelung gelten würde, obwohl ihre Qualität angesichts der Ausbildung der betreffenden Dienstleistungserbringer gleichwertig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8.6.2006, L.u.P., C-106/05, EU:C:2006:380, Rn. 32).“

 

 

 

21

bb) Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Er kann den Streitfall mit Blick auf das EuGH-Urteil Peters (EU:C:2019:753, UR 2019, 775 = SIS 19 15 33) abweichend von der Rechtsprechung des V. Senats des BFH entscheiden. Insoweit hatte dieser mit Urteil vom 24.08.2017 - V R 25/16 (BFHE 259, 171, UR 2017, 961 = SIS 17 16 49, Rz 9) die Auffassung vertreten, dass medizinische Analysen, die von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor außerhalb der Praxisräume des sie anordnenden praktischen Arztes durchgeführt werden, nur nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG, nicht aber auch nach Buchst. a dieser Vorschrift steuerfrei sind. Diese Auffassung ist nach Ergehen des EuGH-Urteils Peters (EU:C:2019:753, UR 2019, 775 = SIS 19 15 33) überholt. Es bedarf dazu keiner Divergenzanfrage gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO beim V. Senat des BFH, denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bindet ein Urteil des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren das nationale Gericht bei seiner Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits (vgl. dazu Senatsurteile vom 28.05.2013 - XI R 11/09, BFHE 242, 84, UR 2013, 756 = SIS 13 20 49, Rz 66, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH; vom 13.06.2018 - XI R 20/14, BFHE 262, 174, BStBl II 2018, 800 = SIS 18 13 91, Rz 44).

 

 

 

 

22

e) Der Tatbestand des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG (bzw. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) setzt kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Behandelndem voraus.

 

 

 

 

23

aa) Der Senat ist bereits davon ausgegangen, dass das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient keine (zwingende) Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung i.S. des § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG ist (vgl. Senatsurteil vom 29.06.2011 - XI R 52/07, BFHE 234, 461, BStBl II 2013, 971 = SIS 11 28 12, Rz 27; Senatsbeschluss in BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109 = SIS 17 22 19, Rz 41), sondern lediglich einen typischen Anwendungsfall der Befreiungsvorschrift bildet.

 

 

 

 

24

bb) Der EuGH hat auf Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109 = SIS 17 22 19 mit Urteil Peters (EU:C:2019:753, UR 2019, 775 = SIS 19 15 33) zu dieser Frage wie folgt entschieden:

 

 

 

 

 

 

 

“33 Aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 ergibt sich ... in keiner Weise, dass diese Bestimmung die Befreiung der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin daran knüpft, dass sie im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen der behandelnden und der behandelten Person erbracht werden.

 

 

 

 

 

 

 

34 Die Hinzufügung einer solchen Voraussetzung ist auch in Ansehung des mit dieser Bestimmung verfolgten Zwecks, die Kosten von Heilbehandlungen zu senken und diese für den Einzelnen leichter zugänglich zu machen, nicht gerechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13.3.2014, Klinikum Dortmund, C-366/12, EU:C:2014:143, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung), da diese Behandlungen eine ausreichende Qualität aufweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27.4.2006, Solleveld und van den Hout-van Eijnsbergen, C-443/04 und C-444/04, EU:C:2006:257, Rn. 37), ohne dass es insoweit auf das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Patienten und dem Behandelnden ankommt.“

 

 

 

 

25

Nach diesen Maßgaben hat das FG ohne Rechtsfehler der Klage stattgegeben.

 

 

 

 

26

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.