Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 3.9.2015 16 K 340/12
aufgehoben.
Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens übertragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2009 ein
medizinisches Labor. Die Klägerin untersuchte biologisches
Probenmaterial (Blutproben oder Serum), das ihr von Ärzten und
Heilpraktikern zugesandt wurde. Sie untersuchte diese Proben
labortechnisch zur Bestimmung von IgG-Antikörpern beim
Nachweis von Nahrungsmittelallergien. Krankheitsbilder, bei denen
Therapeuten in Absprache mit den Patienten den Test einsetzten,
waren chronische Magen-Darm-Probleme, chronische Hautprobleme,
chronische Schmerzen, rheumatische Erkrankungen,
Aufmerksamkeitsdefizite, Atemwegsbeschwerden und chronisches
Übergewicht.
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Ihre Aufträge erhielt die
Klägerin von den jeweiligen Patienten, gegenüber denen
sie ihre Leistungen auch abrechnete. Die Klägerin
beschäftigte in ihrem Labor durchschnittlich vier
Arbeitnehmer, von denen zwei die Berufsausbildung zur technischen
Assistentin in der Medizin hatten. Die „Befundung“ der
Laborergebnisse wurde seitens der Klägerin durch einen Doktor
der Biologie und einen Doktor der Chemie vorgenommen. Das Labor
stand unter Leitung eines Allgemeinmediziners, der die Analytik der
Testverfahren und auffällige Befunde kontrollierte.
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Im Anschluss an eine
Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) davon aus, dass die Leistungen der
Klägerin steuerpflichtig seien und erließ einen
entsprechenden Änderungsbescheid, der im Einspruchsverfahren
geändert wurde. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
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Demgegenüber gab das Finanzgericht
(FG) der Klage mit seinem in EFG 2016, 1825 veröffentlichen
Urteil statt. Danach sind die Leistungen nach § 4 Nr. 14
Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres - 2009 -
(UStG) steuerfrei. Unter Berücksichtigung von Art. 132 Abs. 1
Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006
über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) und der
hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) komme
es für die Steuerfreiheit nicht auf ein zwischen dem
Behandelnden und dem Patienten bestehenden
Vertrauensverhältnis an.
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Hiergegen wendet sich das FA mit der
Revision. Die Steuerfreiheit erfordere ein
Vertrauensverhältnis.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das Vertrauensverhältnis sei kein
geeignetes Abgrenzungskriterium. Sie sei kein Zentrum oder
Einrichtung i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL.
Hilfsweise sei auf sie weiterhin die 40 %-Grenze nach § 4 Nr.
16 Buchst. b UStG a.F. anzuwenden und die Sache insoweit an das FG
zurückzuverweisen. Sie habe sich nicht auf technische Analysen
beschränkt, sondern sei auch bei der Befunderhebung tätig
geworden.
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II. Die Revision des FA ist aus anderen als
den geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des
FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Das FG hat bei seinem Urteil nicht hinreichend
berücksichtigt, dass medizinische Analysen, die - wie im
Streitfall von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor
- außerhalb der Praxisräume des sie anordnenden
praktischen Arztes durchgeführt werden, nur nach § 4 Nr.
14 Buchst. b UStG, nicht aber auch nach Buchst. a dieser Vorschrift
steuerfrei sind.
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1. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG befreit die
„Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im
Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt,
Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen
heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden“.
Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. c
MwStSystRL. Steuerfrei sind danach „Heilbehandlungen im
Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von
dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und
arztähnlichen Berufe durchgeführt werden“.
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§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG befreit
„Krankenhausbehandlungen und ärztliche
Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik,
Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und
Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von
Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht
werden“. Nach Satz 2 Doppelbuchst. bb sind diese
Leistungen auch steuerfrei, wenn sie von „Zentren für
ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung,
die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die
Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
gelten“ erbracht werden. Unionsrechtlich beruht dies auf
Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL. Steuerfrei sind danach
„Krankenhausbehandlungen und ärztliche
Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von
Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen,
welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer
Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für
ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen
ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art
durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden“.
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2. Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche von
Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL hat der EuGH im Urteil
LuP vom 8.6.2006 C-106/05 (EU:C:2006:380) entschieden, dass bei
medizinischen Analysen, die von - in privatrechtlicher Form
organisierten - Laboren außerhalb der Praxisräume des
praktischen Arztes durchgeführt werden, der sie angeordnet
hat, zu prüfen ist, ob die Analysen unter Art. 13 Teil A Abs.
1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG)
fallen können. Der EuGH hat dies bejaht, da derartige Labore
als Einrichtung „gleicher Art“ wie
„Krankenanstalten“ und „Zentren
für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik“
anzusehen sind (EuGH-Urteil LuP, EU:C:2006:380, Rz 35). Zu den nach
dieser Bestimmung zu erfüllenden Voraussetzungen hat der EuGH
entschieden, dass es der Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG „immanent [ist], dass
die Befreiung der medizinischen Analysen an Bedingungen
geknüpft werden kann, die für die Ärzte, die die
Analysen angeordnet haben, nicht gelten“ (EuGH-Urteil
LuP, EU:C:2006:380, Rz 46).
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3. Der erkennende Senat hat sich dem
angeschlossen und entschieden, dass „der EuGH die
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nach Art. 13 Teil A
Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG von den ärztlichen
Heilbehandlungen, die von einem in privatrechtlicher Form
organisierten Labor nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG erbracht werden, nach dem Ort ab[grenzt], an
dem die Leistungen erbracht werden (Rz 22 und 39 des EuGH-Urteils
LuP, EU:C:2006:380). Nach Buchst. c sollen Leistungen steuerfrei
sein, die außerhalb von Krankenhäusern (oder
ähnlichen Einrichtungen) im Rahmen eines persönlichen
Vertrauensverhältnisses erbracht werden, sei es in den
Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten
oder an einem anderen Ort, für alle anderen ärztlichen
Leistungen soll Buchst. b eingreifen“ (BFH-Urteil vom
15.3.2007 V R 55/03, BFHE 217, 48, BStBl II 2008, 31 = SIS 07 16 76, unter II.1.b).
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Der erkennende Senat ist dabei für die
alte Rechtslage (vor der im Streitjahr maßgeblichen
Änderung durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 -
JStG 2009 - BGBl I 2008, 2794) davon ausgegangen, dass diese
„der Richtlinie 77/388/EWG zugrunde liegende Systematik
... sich aber nicht im Wege der Auslegung in das nationale
Umsatzsteuergesetz übertragen [lässt], soweit es diesem
Ansatz des europäischen Rechts schon dem Grunde nach nicht
folgt. In § 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993 finden sich sowohl
Ärzte als auch klinische Chemiker, deren Leistungen nicht in
der Arztpraxis oder der Wohnung des Patienten erbracht werden, als
auch solche, bei denen dies der Fall ist. Durch das UStG 1980 wurde
die Befreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993 auf die
klinischen Chemiker ausgedehnt, um eine Wettbewerbsbenachteiligung
dieser Unternehmer gegenüber den Laborärzten zu
verhindern (BTDrucks 8/2827, S. 14). Das nationale Gesetz
knüpft damit hinsichtlich der Steuerbefreiung (auch der
Laborärzte) in erster Linie an den Beruf an und nicht an den
Ort der Leistung. Die von § 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993
erfassten Umsätze können nicht gegen den Gesetzeswortlaut
im Wege der Auslegung in den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16
Buchst. c UStG 1980/1991/1993 ‘umdefiniert’ werden. Es
bleibt vielmehr dabei, dass sich in einem derartigen Fall der
Steuerpflichtige auf das für ihn günstigere nationale
Recht - wie hier § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980/ 1991/1993 -
berufen kann, solange dieses nicht entsprechend den Vorgaben der
Richtlinie 77/388/EWG angepasst wird“.
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4. Diese vom erkennenden Senat für
erforderlich gehaltene Anpassung hat das JStG 2009 vorgenommen. Wie
sich aus der amtlichen Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/10189,
S. 74) ergibt, bezweckte der nationale Gesetzgeber damit
ausdrücklich eine Anpassung an die unionsrechtliche
Systematik: „Kriterium für die Abgrenzung des
Anwendungsbereichs der beiden Befreiungstatbestände in Artikel
132 Abs. 1 Buchstabe b und c MwStSystRL ist weniger die Art der
Leistung als vielmehr der Ort ihrer Erbringung. Der EuGH hat
festgestellt, dass solche Leistungen nach Artikel 132 Abs. 1
Buchstabe b MwStSystRL von der Mehrwertsteuer zu befreien sind, die
aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in
Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung wie der des Schutzes der
menschlichen Gesundheit bestehen, während Buchstabe c auf
Leistungen anwendbar ist, die außerhalb von
Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen
eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen
Patienten und Behandelndem, z.B. in den Praxisräumen des
Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen
Ort erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil Dornier vom 6.11.2003
C-45/01, EU:C:2003:595, Rz 47)“. Dabei wurden die
Leistungen der „Einrichtungen von Laborärzten oder
klinischen Chemikern“ entsprechend der unionsrechtlichen
Systematik ausdrücklich dem neuen § 4 Nr. 14 Buchst. b
Satz 2 Doppelbuchst. bb UStG zugeordnet (BTDrucks 16/10189, S.
75).
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5. Danach ist das Urteil des FG aufzuheben und
die Sache an das FG zurückzuverweisen. Das FG wird im zweiten
Rechtsgang die bislang - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht -
fehlenden Feststellungen zur Anwendung von § 4 Nr. 14 Buchst.
b Satz 2 Doppelbuchst. bb UStG nachzuholen haben. Dabei wird das FG
auch zu entscheiden haben, ob diese Regelung im Hinblick auf einen
unzulässigen Bedarfsvorbehalt unionsrechtswidrig sein
könnte (vgl. BFH-Urteil vom 23.10.2014 V R 20/14, BFHE 248,
376, BStBl II 2016, 785 = SIS 15 03 63).
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Eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14
Buchst. a UStG kommt im Streitjahr 2009 aufgrund der bisherigen
Feststellungen des FG nicht Betracht. Gegebenenfalls sind hierzu im
zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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