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Eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR kein Arbeitslohn

Eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR kein Arbeitslohn: Die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR führt nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Rechtsanwälten. - Urt.; BFH 10.3.2016, VI R 58/14; SIS 16 11 17

Kapitel:
Unternehmensbereich > Lohnsteuer > Arbeitslohn
Fundstellen
  1. BFH 10.03.2016, VI R 58/14
    BStBl 2016 II S. 621
    DStR 2016 S. 1256
    NJW 2016 S. 2142

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 18.7.2016
    -/- in NWB 23/2016 S. 1704
    JH in StuB 13/2016 S. 519
    L. Hilbert in BB 25/2016 S. 1511
    D. Janz in DB 24/2016 S. 1406
    S. Geserich in BFH/PR 8/2016 S. 237
    A. Killat-Risthaus in DStZ 15/2016 S. 556
    H. Plewka in NJW 35/2016 S. 2549
Normen
[EStG] § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1, § 38 Abs. 3, § 42 d Abs. 1 Nr. 1
[BRAO] § 12 Abs. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 9, § 51
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 03.06.2014, SIS 14 33 59, Arbeitslohn, Geldwerter Vorteil, Versicherungsbeitrag, Berufshaftpflichtversicherung, Rechtsanwalt, Eigenbetriebliches Interesse
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 11.10.2023, SIS 23 20 21, Einspruch gegen einen an eine vollbeendete Personengesellschaft gerichteten Steuerbescheid: 1. Bei der Be...
  • Niedersächsisches FG 1.12.2022, SIS 23 03 30, Typisiertes Vergleichswertverfahren, eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit der von den Gutachteraus...
  • FG Münster 23.3.2022, SIS 22 08 81, Kostenerstattung für polizeiliches Führungszeugnis kein Arbeitslohn: 1. Wenn ein kirchlicher Arbeitgeber ...
  • Niedersächsisches FG 27.10.2021, SIS 22 05 46, Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer: 1. Die Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer führt bei...
  • Thüringer FG 14.10.2021, SIS 22 08 87, Vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern angebotene, mit auswärtiger Unterbringung verbundene, von zertifizierte...
  • BFH 1.10.2020, SIS 21 02 01, Arbeitslohn bei Übernahme der Beiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung einer angestellten Rechtsan...
  • BFH 1.10.2020, SIS 21 02 02, Berufshaftpflichtversicherung einer Sozietät zugunsten ihrer angestellten Rechtsanwälte kann teilweise zu...
  • FG Münster 29.9.2020, SIS 21 00 10, Befreiung von Kraftfahrzeugsteuer für Fahrzeuge der Krankenbeförderung: 1. Die Krankenbeförderung i.S. de...
  • FG Rheinland-Pfalz 9.9.2020, SIS 20 18 92, Lohnsteuerrechtliche Behandlung der Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR: 1. Die Zahlung...
  • BFH 13.5.2020, SIS 20 15 20, Aufwendungen für die Inanspruchnahme einer Eventagentur bei der Bewertung von Sachzuwendungen nach § 8 Ab...
  • FG Münster 3.12.2019, SIS 19 21 33, Entgelt für die Anbringung von Werbung auf privaten Fahrzeugen der Arbeitnehmer: Das vom Arbeitgeber an s...
  • BFH 9.5.2019, SIS 19 11 48, Übernahme von Steuerberatungskosten bei Nettolohnvereinbarung und Abtretung der Steuererstattungsansprüch...
  • FG Nürnberg 27.2.2019, SIS 19 07 71, Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung für angestellte Rechtsanwälte als steuerpflichti...
  • BFH 21.11.2018, SIS 19 02 16, Zuwendung einer "Sensibilisierungswoche" als Arbeitslohn: Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung de...
  • BFH 4.7.2018, SIS 18 13 71, Verwendungsbezogene Zuschüsse des Arbeitgebers für eine private Zusatzkrankenversicherung seiner Arbeitne...
  • FG Münster 1.2.2018, SIS 18 09 32, Rechtsanwaltssozietät, Haftung für nicht abgeführte Lohnsteuer auf übernommene Beiträge zur Berufshaftpfl...
  • Thüringer FG 8.11.2017, SIS 18 16 63, Von einer Rechtsanwaltskanzlei für ihre eigene Berufshaftpflichtversicherung gezahlte Versicherungsbeiträ...
  • FinBeh Berlin 22.9.2016, SIS 16 21 14, Lohnsteuerliche Behandlung der Berufshaftpflichtversicherung von Rechts- und Patentanwälten: Mit Urteil v...
Fachaufsätze
  • LIT 03 27 37 M. Perschon, AktStR 3/2016 S. 387: Lohnsteuer - Beiträge für Berufshaftpflichtversicherung als Arbeitslohn - Lit.; M. Perschon, AktStR 3/201...
Anmerkung RA Dr. Bürkle

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 3.6.2014 9 K 9369/12 = SIS 14 33 59 und der Haftungsbescheid des Beklagten vom 3.5.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 aufgehoben.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft. Sie war in den Streitjahren (2008 bis 2011) eine GbR. Gesellschafter der Klägerin waren ein Notar, mehrere Rechtsanwälte und Steuerberater.

 

 

2

Bei der Klägerin angestellte Rechtsanwälte, die nicht Gesellschafter waren, hatten für ihre „freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt“ eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung über eine Versicherungssumme in Höhe von 250.000 EUR pro Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen. Darüber hinaus bestand „hinsichtlich dieser angestellten Rechtsanwälte“ auch eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im Namen und auf Rechnung der Klägerin mit einer Versicherungssumme in Höhe von 1 Million EUR pro Schadensfall.

 

 

3

Im Rahmen einer bei der Klägerin für den Zeitraum 1.1.2008 bis 31.12.2011 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die von der Klägerin getragenen Versicherungsbeiträge für die in ihrem Namen und auf ihre Rechnung abgeschlossene Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte anzusehen seien, da das Interesse am Versicherungsschutz für die Kanzlei das eigene Interesse der Rechtsanwälte an dem Versicherungsschutz nicht eindeutig überwiege.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) folgte der Auffassung des Prüfers und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid gemäß § 42d des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

 

5

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab.

 

 

6

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 3.6.2014 und den Haftungsbescheid vom 3.5.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 aufzuheben.

 

 

8

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die Beiträge der Klägerin zu ihrer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung zu Unrecht als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte beurteilt.

 

 

10

A. Die Klage und die Revision, die nach ihrem Wortlaut von der GbR erhoben wurden, sind als solche der Partnerschaftsgesellschaft auszulegen.

 

 

11

1. Für die Beteiligtenstellung ist die Bezeichnung in der Klageschrift nicht allein ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. In diese Beurteilung ist auch das tatsächliche Vorbringen im weiteren Verlauf des Verfahrens miteinzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14.11.1986 III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178 = SIS 87 08 53). Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Beteiligter anzusprechen, die erkennbar durch die Beteiligtenbezeichnung betroffen werden soll (BFH-Urteile in BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178 = SIS 87 08 53, und vom 7.7.1987 VII R 94/84, BFHE 150, 492, BStBl II 1987, 804 = SIS 87 21 02; BFH-Beschlüsse vom 25.9.1985 IV R 180/83, BFH/NV 1986, 171; vom 6.5.1998 IV B 108/97, BFH/NV 1999, 146 = SIS 98 50 04; vom 31.8.1999 VIII B 29/99, BFH/NV 2000, 442 = SIS 00 53 37, und vom 8.11.2005 VIII B 3/96, BFH/NV 2006, 570 = SIS 06 12 09). Auch bei scheinbar eindeutiger Erklärung hängt die Bestimmung des Klägers von allen dem FA und dem FG als den Empfängern der Klageschrift bekannten oder erkennbaren Umständen tatsächlicher oder rechtlicher Art ab (BFH-Urteil vom 8.1.1991 VII R 61/88, BFH/NV 1991, 795). Dabei ist im Allgemeinen nicht anzunehmen, dass eine Klage für jemanden erhoben wird, der nicht mehr existent ist (BFH-Urteil in BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178 = SIS 87 08 53; BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 570 = SIS 06 12 09). Eine Auslegung der Klageschrift entgegen ihrem Wortlaut kommt nach der Rechtsprechung des BFH jedenfalls dann in Betracht, wenn die fehlerhafte Klägerbezeichnung durch eine fehlerhafte Rubrumsbezeichnung in der Einspruchsentscheidung veranlasst worden ist (BFH-Urteile vom 23.4.2009 IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650 = SIS 09 29 58, und vom 11.4.2013 IV R 20/10, BFHE 241, 132, BStBl II 2013, 705 = SIS 13 20 27).

 

 

12

2. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass Klage und Revision - entgegen ihrem Wortlaut - von der Partnerschaftsgesellschaft erhoben worden sind. Mit Eintragung der Partnerschaftsgesellschaft im Partnerschaftsregister im Januar 2012 wurde die GbR in die Partnerschaftsgesellschaft ohne Rückgriff auf eine gesetzliche Regelung außerhalb des Umwandlungsgesetzes im Wege des identitätswahrenden Rechtsformwechsels umgewandelt (vgl. dazu Henssler, PartGG, 2. Aufl., § 1 Rz 33; Schäfer, MünchKomm BGB, 6. Aufl., § 1 PartGG Rz 31; Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, 4. Aufl., § 20 Rz 50, 113). Die Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 war (ebenso wie der Haftungsbescheid vom 3.5.2012) dennoch zu Unrecht an die GbR und nicht an die Partnerschaftsgesellschaft gerichtet, obwohl die GbR schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (und des Haftungsbescheids) in die Partnerschaftsgesellschaft formwechselnd umgewandelt worden war. Die Umwandlung der GbR in die Partnerschaftsgesellschaft war dem FA jedenfalls bei Erlass der Einspruchsentscheidung auch bekannt. Denn die Klägerin trat im Einspruchsverfahren bereits als Partnerschaftsgesellschaft auf. Dies war aus dem von ihr verwendeten Briefpapier für das FA auch klar erkennbar.

 

 

13

Gleichwohl führte die fehlerhafte Adressierung der Einspruchsentscheidung nicht zu deren Unwirksamkeit, da sie sich trotz Adressierung an die GbR inhaltlich an die durch identitätswahrenden Rechtsformwechsel entstandene Partnerschaftsgesellschaft richtete und dem Bevollmächtigten der Partnerschaftsgesellschaft als Bekanntgabeadressaten wirksam bekannt gegeben wurde. Entspricht das Rubrum der Klageschrift in diesem Fall dem der Einspruchsentscheidung, hat das FA die fehlerhafte Klägerbezeichnung dem Grunde nach veranlasst. Da aber für das FA erkennbar war, dass die Klage zulässigerweise nur von der Partnerschaftsgesellschaft erhoben werden konnte, kann auch die Klage gegen den Wortlaut nur dahin ausgelegt werden, dass sie von der Partnerschaftsgesellschaft eingelegt worden ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1650 = SIS 09 29 58). Dass die Klage von einem rechtskundigen Prozessvertreter erhoben worden ist, steht der Auslegung in diesem Fall nicht entgegen.

 

 

14

B. Die Revision der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Beiträge der Klägerin zu ihrer eigenen Haftpflichtversicherung zu Arbeitslohn der bei ihr angestellten Rechtsanwälte führten.

 

 

15

Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.

 

 

16

1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - neben Gehältern und Löhnen - auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 7.5.2014 VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904 = SIS 14 18 26, und vom 19.11.2015 VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303 = SIS 16 01 45).

 

 

17

a) Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind dagegen nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 14.11.2013 VI R 36/12, BFHE 243, 520, BStBl II 2014, 278 = SIS 14 00 95).

 

 

18

b) Durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen erbringt der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern hiernach erst recht nicht, wenn er ausschließlich gegenüber Dritten eigene Verpflichtungen eingeht und eigene Ansprüche erwirbt, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zu seinen Arbeitnehmern und den mit ihnen begründeten Dienstverhältnissen aufweisen. Daraus für die Arbeitnehmer folgende etwaige Annehmlichkeiten sind bloße Reflexwirkungen einer ausschließlich eigenbetrieblichen Betätigung des Arbeitgebers, mit der er andere betriebsfunktionale Zielsetzungen als die Entlohnung seiner Arbeitnehmer verfolgt (Senatsurteile in BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303 = SIS 16 01 45, und vom 19.11.2015 VI R 47/14, BFHE 252, 124, BStBl II 2016, 301 = SIS 16 01 44).

 

 

19

2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze hat der erkennende Senat die Übernahme der Beiträge zu der Berufshaftpflichtversicherung einer angestellten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber als Arbeitslohn beurteilt (Urteil vom 26.7.2007 VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892 = SIS 07 29 08). Denn ein Rechtsanwalt ist gemäß § 51 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht wird mit der Nichtzulassung zum Beruf (§ 12 Abs. 2 BRAO) oder der Entfernung aus diesem sanktioniert (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO). Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist damit unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines (angestellten) Rechtsanwalts. Kommt er der gesetzlichen Verpflichtung nach, handelt er typischerweise im eigenen Interesse. Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber folglich nicht in dessen ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse, sondern auch im wesentlichen Interesse des angestellten Rechtsanwalts.

 

 

20

Andererseits hat der erkennende Senat entschieden, dass der Erwerb eigenen Haftpflichtversicherungsschutzes durch den Arbeitgeber, im dortigen Streitfall eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, zu keinem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil bei den Arbeitnehmern führt (Urteil in BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303 = SIS 16 01 45). Dem lag zugrunde, dass der von der Rechtsanwaltsgesellschaft erworbene Versicherungsschutz der Deckung der sich aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden i.S. der §§ 59j, 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO diente. Deshalb versicherte die Rechtsanwaltsgesellschaft durch den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung ihre eigene Berufstätigkeit und wandte ihren Arbeitnehmern dadurch weder Geld noch einen geldwerten Vorteil in Form des Versicherungsschutzes zu.

 

 

21

Wie oben bereits dargelegt, hat der Senat des Weiteren entschieden, dass bloße Reflexwirkungen der originär eigenbetrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers nicht zu Arbeitslohn bei den Arbeitnehmern führen. Aus diesem Grund wendet der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern mit dem Abschluss einer eigenen Betriebshaftpflichtversicherung keinen Arbeitslohn zu, da es i.S. der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats an einer Leistung des Arbeitgebers fehlt, die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (Urteil in BFHE 252, 124, BStBl II 2016, 301 = SIS 16 01 44).

 

 

22

Dies gilt auch, soweit sich der Versicherungsschutz auf die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehenden Personen erstreckt. Denn Bedeutung und Zweck der Erweiterung des Versicherungsschutzes bestehen darin, dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) einen möglichst umfassenden Versicherungsschutz für alle bei ihm beschäftigten Personen zu gewähren, weil nur dann erreicht werden kann, die Haftpflichtrisiken aus der unternehmerischen Tätigkeit weitgehend auf den Versicherer abzuwälzen. Zudem haften Arbeitnehmer nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs gegenüber dem Arbeitgeber häufig nicht oder nur beschränkt; im Falle ihrer Inanspruchnahme durch Dritte wegen Schäden aus ihrer beruflichen Tätigkeit können sie vom Arbeitgeber in Abhängigkeit vom Grad des Verschuldens Freistellung verlangen (z.B. Toussaint in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 257 BGB Rz 5; Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.8.1993 8 AZR 247/92). Die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflicht von betriebsangehörigen Arbeitnehmern hilft somit, Spannungen zwischen den Mitarbeitern und dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) zu vermeiden, die bei ihrer unmittelbaren Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten entstehen können, und dient so letztlich dem Unternehmenswohl (Senatsurteil in BFHE 252, 124, BStBl II 2016, 301 = SIS 16 01 44, Rz 16).

 

 

23

3. Nach diesen Maßstäben sind die Beiträge der Klägerin zu ihrer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung nicht als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte anzusehen.

 

 

24

a) Der erkennende Senat versteht die tatsächlichen Feststellungen des FG, nach denen „hinsichtlich dieser angestellten Rechtsanwälte eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im Namen und auf Rechnung der Klägerin“ existierte, dahin, dass es sich bei der fraglichen Versicherung um eine solche der Klägerin handelte, die diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen hatte.

 

 

25

Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung diente hiernach der Deckung des mit dem Betrieb der Klägerin verbundenen Haftungsrisikos, also dem eigenen Versicherungsschutz der GbR und ihrer Gesellschafter, die neben der GbR als mögliche Anspruchsgegner wegen Vermögensschäden in Betracht kamen (dazu z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.5.2012 IX ZR 125/10, BGHZ 193, 193 = SIS 12 18 85). Dies galt auch, soweit ein Vermögensschaden durch einen bei der GbR angestellten Rechtsanwalt verursacht wurde, da die GbR und ihre Gesellschafter nach § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für solche Vermögensschäden ebenfalls einzustehen hatten. Durch den Erwerb ihres eigenen Versicherungsschutzes wandte die GbR den bei ihr angestellten Rechtsanwälten indessen keinen geldwerten Vorteil zu.

 

 

26

b) Steuerbarer Arbeitslohn läge im Übrigen auch dann nicht vor, wenn es sich bei den angestellten Rechtsanwälten um sogenannte Scheinsozien gehandelt haben sollte. Zwar können „Scheinsozien“ für durch Anwaltsfehler verursachte Vermögensschäden in entsprechender Anwendung des § 128 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs auch persönlich haften (dazu z.B. Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.9.2010 28 U 238/09, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 2011, 137). Gleichwohl wäre die Einbeziehung der Scheinsozien in den Versicherungsschutz nur eine bloße Reflexwirkung der eigenbetrieblichen Betätigung der Klägerin und damit lediglich Folge der ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen der Klägerin und ihrer Gesellschafter, für sich einen hinreichenden Versicherungsschutz gegen von der GbR, ihren Gesellschaftern und etwaigen „Scheinsozien“ verursachte Vermögensschäden zu erlangen. Denn für diese hatten die GbR und ihre Gesellschafter ebenfalls einzustehen. Hierdurch wandte die Klägerin den bei ihr angestellten Rechtsanwälten aber nichts „für“ deren Beschäftigung zu, weil sie nur so erreichen konnte, die Haftpflichtrisiken aus ihrer unternehmerischen Tätigkeit weitgehend auf den Versicherer abzuwälzen.

 

 

27

c) Das Vorliegen von Arbeitslohn folgt entgegen der Auffassung des FA und des FG schließlich auch nicht aus den Grundsätzen des Senatsurteils in BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892 = SIS 07 29 08. Denn diese Entscheidung betraf die Übernahme der Beiträge zu der eigenen Berufshaftpflichtversicherung des angestellten Rechtsanwalts, zu deren Abschluss der Rechtsanwalt nach § 51 BRAO gesetzlich verpflichtet ist. Um Beiträge zu einer solchen Versicherung geht es im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht, da die angestellten Rechtsanwälte der Klägerin eine solche Versicherung auf eigene Kosten unterhielten, ohne dass die Klägerin die Beiträge zu dieser Versicherung übernahm.

 

 

28

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

 

 

 

Anmerkung RA Dr. Bürkle

Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die die Rechtsanwalts-GbR hinsichtlich der bei ihr angestellten Rechtsanwälte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen hatte, diente der Deckung des mit dem Betrieb der Rechtsanwalts-GbR verbundenen Haftungsrisikos, also dem eigenen Versicherungsschutz der Rechtsanwalts-GbR und ihrer Gesellschafter, die neben der Rechtsanwalts-GbR als mögliche Anspruchsgegner wegen Vermögensschäden in Betracht kamen (BGH-Urteil vom 10.5.2012, IX ZR 125/10 = SIS 12 18 85, BGHZ 193, 193). Dies galt auch, soweit ein Vermögensschaden durch einen bei der Rechtsanwalts-GbR angestellten Rechtsanwalt verursacht wurde, da die Rechtsanwalts-GbR und ihre Gesellschafter nach § 278 BGB für solche Vermögensschäden ebenfalls einzustehen hatten. Durch den Erwerb ihres eigenen Versicherungsschutzes wandte die Rechtsanwalts-GbR den bei ihr angestellten Rechtsanwälten indessen keinen geldwerten Vorteil zu.

 

Steuerbarer Arbeitslohn läge indes auch dann nicht vor, wenn es sich bei den angestellten Rechtsanwälten um sog. Scheinsozien gehandelt haben sollte. Zwar können Scheinsozien für durch Anwaltsfehler verursachte Vermögensschäden in entsprechender Anwendung des § 128 Satz 1 HGB auch persönlich haften (OLG Hamm, Urteil vom 28.9.2010, 28 U 238/09 = SIS 10 43 05, NZG 2011, 137). Gleichwohl wäre die Einbeziehung der Scheinsozien in den Versicherungsschutz nur eine bloße Reflexwirkung der eigenbetrieblichen Betätigung der Rechtsanwalts-GbR und damit lediglich Folge der ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen der Rechtsanwalts-GbR und ihrer Gesellschafter, für sich einen hinreichenden Versicherungsschutz gegen von der Rechtsanwalts-GbR, ihren Gesellschaftern und etwaigen Scheinsozien verursachte Vermögensschäden zu erlangen. Denn für diese hatten die Rechtsanwalts-GbR und ihre Gesellschafter ebenfalls einzustehen. Hierdurch wandte die Rechtsanwalts-GbR den bei ihr angestellten Rechtsanwälten aber nichts „für“ deren Beschäftigung zu, weil sie ja nur so erreichen konnte, die Haftpflichtrisiken aus ihrer unternehmerischen Tätigkeit weitgehend auf den Versicherer abzuwälzen.

 

Es handelt sich auch nicht um die Übernahme der Beiträge zu der eigenen Berufshaftpflichtversicherung der angestellten Rechtsanwälte, zu deren Abschluss jeder Rechtsanwalt nach § 51 BRAO gesetzlich verpflichtet ist. Um Beiträge zu einer solchen Versicherung geht es jedoch gerade nicht, da die angestellten Rechtsanwälte der Rechtsanwalts-GbR eine solche Versicherung auf eigene Kosten unterhielten, ohne dass die Rechtsanwalts-GbR die Beiträge zu dieser Versicherung übernahm.