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Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung

Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung: Es reicht aus, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Formerfordernisse für die Einlegung eines Einspruchs den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt. - Urt.; BFH 20.11.2013, X R 2/12; SIS 13 34 15

Kapitel:
Rechtsbehelfe > Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren
Fundstellen
  1. BFH 20.11.2013, X R 2/12
    BStBl 2014 II S. 236
    BFHE 243 S. 158

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 13.2.2014
    J.F. in BFH/PR 3/2014 S. 104
    TC in DStZ 4/2014 S. 108
    U.H. in StC 3/2014 S. 11
    KAM in Stbg 6/2014 S. M 15
Normen
[AO 1977] § 355 Abs. 1 Satz 1, § 356 Abs. 1, § 357 Abs. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 24.11.2011, SIS 12 01 53, Einspruch, Zulässigkeit, Rechtsbehelfsbelehrung, Elektronische Übermittlung, Schriftform
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 17.8.2023, SIS 23 17 66, Anforderungen an den Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung zur elektronischen Einspruchseinlegung: 1. Erwäh...
  • FG Hamburg 28.6.2023, SIS 23 14 64, Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) ab dem 1.1.2023 Zulassung sow...
  • FG Düsseldorf 23.11.2022, SIS 23 00 08, Zulässigkeit der Klageerhebung per Telefax, Verlängerung der Klagefrist durch unrichtige Rechtsbehelfsbel...
  • FG Hamburg 5.5.2022, SIS 22 11 79, Abgabenordnung, Wiedereinsetzung bei Fehl-Adressierung einer E-Mail durch einen Boten: Setzt ein Steuerpf...
  • BFH 21.5.2021, SIS 21 12 78, Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe (PKH): 1. Die Rechtsbehelfsbelehrung in einem FG-Urteil fü...
  • FG Berlin-Brandenburg 26.4.2021, SIS 21 13 26, Anforderungen an die Rechtsbehelfsbelehrung im Hinblick auf die Möglichkeit zur Klageerhebung durch elekt...
  • BVerwG 25.1.2021, SIS 21 14 27, Rechtsbehelfsbelehrung ohne Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung der Klage: 1. Die...
  • BFH 28.4.2020, SIS 20 09 50, Unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung bei fehlendem Hinweis auf Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mai...
  • FG Baden-Württemberg 6.11.2019, SIS 19 21 15, Bekanntgabe eines Erbschaftsteuerbescheids an den Steuerpflichtigen bei vom Berater erstellter Steuererkl...
  • FG Baden-Württemberg 6.11.2019, SIS 19 21 16, Bekanntgabe eines Erbschaftsteuerbescheids an den Steuerpflichtigen bei vom Berater erstellter Steuererkl...
  • FG München 29.1.2019, SIS 19 03 59, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Einspruchsfrist: 1. Die Übermittlung eines Ein...
  • BFH 22.5.2018, SIS 18 10 40, Organisationsverschulden bei Überwachung der Revisionsbegründungsfrist: Ein Organisationsverschulden kann...
  • Niedersächsisches FG 17.4.2018, SIS 18 11 29, Ordnungsmäßigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung: 1. Die Rechtsbehelfsbelehrung muss dem verfassungsrechtli...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 21.6.2017, SIS 17 14 88, Unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung bei fehlendem Hinweis auf elektronische Einspruchseinreichung, einjähri...
  • FG Baden-Württemberg 4.5.2017, SIS 17 16 94, Bei einer unzuständigen Behörde angebrachter Rechtsbehelf wahrt die Einspruchsfrist bereits bei Absendung...
  • FG Hamburg 27.2.2017, SIS 17 09 36, Notwendiger Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung, Elektronische Einlegung, Angabe der E-Mail-Adresse des F...
  • BFH 18.1.2017, SIS 17 05 96, Inhaltliche Anforderungen an die Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung: Eine Rechtsbehel...
  • BFH 10.11.2016, SIS 17 01 68, Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung, Fristwahrung durch Eingang bei der Finanzbehörde, Rechtliches G...
  • BFH 6.7.2016, SIS 16 19 22, Zu den Anforderungen an eine unmissverständliche Rechtsbehelfsbelehrung in einem Bescheid: Eine Rechtsbeh...
  • FG Hamburg 19.5.2016, SIS 16 17 95, Rechtsbehelfsbelehrung bei fehlendem Hinweis auf Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Fo...
  • BFH 14.4.2016, SIS 16 16 47, Unrichtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung, Zeitpunkt der Zustellung eines Einschreibens mit Rückschein: ...
  • BFH 2.2.2016, SIS 16 07 09, Notwendiger Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung, fehlende Belehrung über den Nichtzugangsfall: 1. Eine Rech...
  • BFH 18.6.2015, SIS 15 20 66, Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung: 1. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig erteilt, weil sie k...
  • FG Baden-Württemberg 29.4.2015, SIS 15 14 82, Prüfungsanordnung, irrtümlich unterstelltes Einverständnis des Unternehmers, kein Verwertungsverbot bei A...
  • BFH 28.4.2015, SIS 15 15 09, Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung über Einspruch: Die Rechtsbehelfsbelehrung ist hinsichtlich der Formerf...
  • BFH 20.8.2014, SIS 14 34 31, Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung: Es reicht aus, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Former...
  • BFH 15.7.2014, SIS 14 34 29, Fehlende Nichtigkeit von Schätzungsbescheiden: 1. Das FA ist aufgrund der Nichtabgabe von Einkommensteuer...
  • FG Köln 3.7.2014, SIS 15 20 31, Änderung des Steuerbescheids, Übersehen einer nachweislich beigefügten Bescheinigung als offenbare Unrich...
  • FG Berlin-Brandenburg 3.7.2014, SIS 14 26 24, Keine Kinderzulage nach § 85 EStG für ledigen Vater ohne Anspruch auf Kindergeld, Hinweis in der Rechtsbe...
  • Hessisches FG 2.7.2014, SIS 14 26 02, Formerfordernis des Einspruchs: Eine einfache E-Mail erfüllt nicht die Anforderungen, die das Gesetz an d...
  • FG Köln 24.6.2014, SIS 14 25 79, Wirksame Einspruchserhebung gegen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid außerhalb der Monatsfrist wegen ...
  • FG Köln 24.6.2014, SIS 14 25 80, Wirksame Einspruchserhebung gegen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid außerhalb der Monatsfrist wegen ...
  • FG Berlin-Brandenburg 16.6.2014, SIS 14 23 15, Glaubhaftmachung der Absendung des durch einen Bevollmächtigten erstellten Einspruchsschreibens durch ein...
  • BFH 18.3.2014, SIS 14 25 10, Organisationsverschulden hinsichtlich Fristversäumnis: 1. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht deshalb u...
  • BFH 5.3.2014, SIS 14 15 66, Belehrung zur elektronischen Klageerhebung nicht zwingend geboten: 1. Die Rechtsbehelfsbelehrung in der E...
  • FG Nürnberg 25.6.2013, SIS 14 05 59, Rechtsbehelfsbelehrung, Hinweis auf Einspruchseinlegung per E-Mail: Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die ...
  • FG Düsseldorf 6.12.2012, SIS 14 09 33, Zustellung mittels Postzustellungsurkunde, Identifizierbarkeit des Inhalts der Sendung: 1. Für die Identi...

 

1

I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) schätzte den gesondert festzustellenden Gewinn des Gewerbetriebs „P“ des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) für die Streitjahre 2006 und 2007. Diese Schätzungsbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nachdem der Kläger im Dezember 2010 seine Gewinnermittlungen für alle Streitjahre eingereicht hatte, hob das FA mit Bescheiden vom 30.3.2011 die Vorbehalte der Nachprüfung für die Streitjahre 2006 und 2007 auf. Am gleichen Tag erließ das FA einen Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2008. Alle drei Bescheide waren mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen, die hinsichtlich der Form der Einspruchseinlegung den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) wiederholten. Daneben enthielten diese Bescheide die E-Mail-Adresse des FA. Infolge der bereits am 14.1.2011 ergangenen Aufforderung, Nachweise hinsichtlich der Gewinnermittlungen zu übersenden, bat der Kläger am 20.5.2011, die Schätzungen zurückzunehmen. Er habe krankheitsbedingt erst verspätet antworten können. Auf einen Hinweis des FA auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand reagierte der Kläger nicht. Das Schreiben des Klägers vom 20.5.2011 wertete das FA als Einspruch gegen die Bescheide vom 30.3.2011, die es durch Entscheidung vom 26.7.2011 als unzulässig verwarf.

 

 

2

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hob mit dem in EFG 2012, 292 = SIS 12 01 53 veröffentlichten Urteil die Einspruchsentscheidung auf. Der Einspruch sei fristgerecht eingegangen, da aufgrund des fehlenden Hinweises in den Rechtsbehelfsbelehrungen auf die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail die Jahresfrist aus § 356 Abs. 2 AO zum Tragen komme.

 

 

3

Das FA begründet seine Revision damit, dass die Einlegung eines Einspruchs per E-Mail ein Unterfall der schriftlichen Einspruchseinlegung sei und eine Erweiterung der Rechtsbehelfsbelehrung zur Unübersichtlichkeit führe. Die Nichterwähnung der E-Mail führe nicht zu einer Erschwerung oder gar Gefährdung der Rechtsverfolgung und Fristwahrung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise.

 

 

4

Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

5

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

6

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

7

Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass die Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30.3.2011 unvollständig seien, da ein Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail fehle. Das zutreffend als Einspruch zu wertende Schreiben des Klägers (unten 1.) hat die einmonatige Einspruchsfrist nicht gewahrt, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu gewähren (unten 2.). Die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO ist nicht anwendbar, da die Rechtsbehelfsbelehrungen richtig und vollständig sind (unten 3.).

 

 

8

1. Zutreffend haben FA und FG das Schreiben des Klägers vom 20.5.2011 als Einspruch gewertet. Auch außerprozessuale Verfahrenserklärungen - wie dieses Schreiben - sind in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.7.1986 IX R 123/82, BFH/NV 1987, 359). Im vorliegenden Fall liegt in der Bitte des Klägers, die Schätzungen zurückzunehmen, ein Begehren i.S. des § 350 AO, das als Einspruch anzusehen ist.

 

 

9

Der Einspruch ist schriftlich und damit jedenfalls formgerecht i.S. des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO eingelegt worden.

 

 

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2. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Einspruch nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO eingelegt wurde. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO war - auch von Amts wegen - nicht zu gewähren, da der Kläger Tatsachen zur Begründung eines solchen Antrags trotz eines Hinweises des FA nicht dargelegt hat. Die bloße Erwähnung einer Krankheit im Einspruchsschreiben zwingt das FA nicht zu einer Prüfung der Wiedereinsetzung von Amts wegen. Da Krankheit nur ausnahmsweise eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen kann (vgl. statt vieler: Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 AO Rz 147; Klein/Rätke, AO, 11. Aufl., § 110 Rz 9, jeweils m.w.N.), hätte der Kläger weitere Tatsachen darlegen und - spätestens im Klageverfahren (vgl. Klein/Rätke, a.a.O., § 110 Rz 46; Pahlke/Koenig/Pahlke, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 110 Rz 89, jeweils m.w.N.) - gemäß § 110 Abs. 2 Satz 2 AO auch glaubhaft machen müssen. Für Amtsermittlungen ist in einem solchen Verfahren grundsätzlich kein Raum (BFH-Beschluss vom 23.1.2008 I B 101/07, BFH/NV 2008, 1290 = SIS 08 27 97).

 

 

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Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO wäre auch dann nicht zu gewähren, wenn man den Vortrag der Klägerseite so verstünde, dass dem Kläger die Möglichkeit der Einlegung eines Einspruchs per E-Mail nicht bekannt gewesen sei und er sich deshalb im Rechtsirrtum befunden habe. Es fehlt insoweit bereits an der Darlegung entsprechender Tatsachen innerhalb der in § 110 Abs. 2 Satz 1 AO festgesetzten Monatsfrist. Ein Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen nach Ablauf dieser Antragsfrist ist unzulässig (BFH-Beschluss vom 26.2.2004 VI B 101/01, nicht veröffentlicht).

 

 

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3. Die Einspruchsfrist ist nicht gemäß § 356 Abs. 2 Satz 1 AO auf ein Jahr seit Bekanntgabe der Bescheide verlängert worden, da die Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide vom 30.3.2011 vollständig und richtig erteilt worden sind. Hinsichtlich der Anforderungen an die Form der Einspruchseinlegung reicht es insoweit aus, dass die Rechtsbehelfsbelehrungen den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergeben.

 

 

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a) Die Rechtsbehelfsbelehrung muss dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - ; Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung tragen, soll aber auch so einfach und klar wie möglich sein (Senatsurteil vom 7.3.2006 X R 18/05, BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 = SIS 06 20 49).

 

 

14

Unrichtig ist eine Belehrung daher erst dann, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch - bei objektiver Betrachtung - die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (Senatsurteil vom 29.7.1998 X R 3/96, BFHE 186, 324, BStBl II 1998, 742 = SIS 99 01 47; auch BFH-Beschluss vom 9.11.2009 IV B 54/09, BFH/NV 2010, 448 = SIS 10 05 93, jeweils m.w.N.).

 

 

15

b) Der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass die Rechtsbehelfsbelehrung auch dann noch vollständig und richtig ist, wenn sie hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs nur den Wortlaut des Gesetzes - im Fall der Einlegung des Einspruchs also den des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO - wiederholt, und zwar auch in Bezug auf die Einlegung des Rechtsbehelfs per E-Mail. So stellte der III. Senat bereits in seiner Entscheidung vom 2.2.2010 III B 20/09 (BFH/NV 2010, 830 = SIS 10 11 64) klar, dass die Rechtsbehelfsbelehrung richtig und vollständig sei, wenn sie den Wortlaut des § 357 Abs. 1 AO wiedergebe. Auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form brauche die Behörde auch dann nicht hinzuweisen, wenn in der Erwähnung der Internetseite in der Fußzeile des Bescheides die konkludente Eröffnung eines „Zugangs“ i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 AO zu sehen sein sollte. Diese Rechtsprechung hat der III. Senat in seiner Entscheidung vom 12.10.2012 III B 66/12 (BFH/NV 2013, 177 = SIS 13 01 25) bestätigt.

 

 

16

In seinem Beschluss vom 12.12.2012 I B 127/12 (BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272 = SIS 13 02 72) hat sich der I. Senat des BFH dieser Rechtsprechung angeschlossen. Nach dem maßgebenden objektiven Verständnishorizont sei bei Wiederholung des Wortlautes des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO kein unrichtiger bzw. missverständlicher Hinweis zu den Formerfordernissen erteilt worden. Das FA sei weder gehalten, einen ergänzenden Hinweis auf § 87a AO (elektronische Form als Alternative zur Schriftlichkeit im Sinne der hergebrachten Schriftform) zu geben, ebenso wie es umgekehrt nicht gehalten sei, angesichts der ergänzenden Regelung des § 87a AO einen Hinweis, der sich auf § 357 Abs. 1 Satz 1 AO beschränke, zu unterlassen. Eine Belehrung entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO sei nicht geeignet, bei einem „objektiven“ Empfänger die Fehlvorstellung hervorzurufen, die Einlegung eines Einspruchs in elektronischer Form werde den geltenden Formvorschriften nicht gerecht. Der Hinweis auf die „Schriftlichkeit“ entsprechend § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wirke weder irreführend noch rechtsschutzbeeinträchtigend. Der Betroffene werde in die Lage versetzt, sich im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Mitverantwortung darüber kundig zu machen, ob das herkömmliche Verständnis dessen, was unter „schriftlich“ aufzufassen sei, angesichts der technischen Weiterentwicklungen zu modifizieren sei.

 

 

17

c) Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des I. und III. Senats an und knüpft hierbei an seine Entscheidung in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 = SIS 06 20 49 an, die es ausreichen lässt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung hinsichtlich der Berechnung der Einspruchsfrist den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen wiedergibt.

 

 

18

aa) Nach § 356 Abs. 1 AO beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form (schriftlich oder elektronisch) belehrt worden ist. Über die Form des Einspruchs selbst ist hiernach nicht (zwingend) zu belehren.

 

 

19

Allerdings muss eine Rechtsbehelfsbelehrung auch Angaben, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 21.6.2007 III R 70/06, BFH/NV 2007, 2064 = SIS 07 35 18, unter II.2.a, m.w.N.). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Maßstäben, die der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 212, 407, BStBl II 2006, 455 = SIS 06 20 49 aufgestellt hat (s.o. unter 3.a).

 

 

20

bb) Der Senat hat gerade mit Rücksicht auf die im Interesse des Steuerpflichtigen liegende Klarheit der Rechtsbehelfsbelehrung in dieser Entscheidung zu einem Fall, in dem die Frage des Fristbeginns in Rede stand, ausgeführt (unter II.2.c d), es sei ausreichend, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Bestimmung wiedergebe und verständlich über die allgemeinen Merkmale des Fristbeginns unterrichte. Letzteres setze nach allgemeiner Meinung nicht voraus, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung zu tragen wäre. Vielmehr genüge eine abstrakte Belehrung anhand des Gesetzestextes über die vorgeschriebene Anfechtungsfrist. Die konkrete Berechnung sei den Beteiligten überlassen. Auf sämtliche Modalitäten könne kaum hingewiesen werden.

 

 

21

cc) Es besteht keine Veranlassung, bei Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO sind, höhere Anforderungen an die Detailliertheit der Rechtsbehelfsbelehrung zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung sind.

 

 

22

Die Frist ist eine solche Pflichtangabe. Wenn es aber selbst zu der - im Einzelfall sehr komplizierten - Berechnung der Frist ausreicht, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, so muss dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingender Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung sind.

 

 

23

Das bedeutet für die Form der Einspruchseinlegung, dass es genügt, den Wortlaut der insoweit maßgeblichen Vorschrift, nämlich des § 357 Abs. 1 AO, wiederzugeben. Dies ist in den Bescheiden vom 30.3.2011 unstreitig geschehen.