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Organisationsverschulden hinsichtlich Fristversäumnis

Organisationsverschulden hinsichtlich Fristversäumnis: 1. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht deshalb unrichtig oder unvollständig, weil sie nicht auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung auf elektronischem Weg hinweist (Bestätigung der Rechtsprechung). - 2. Beruft sich ein Prozessbevollmächtigter wegen Versäumung der Einspruchsfrist auf ein Büroversehen, gehört zum schlüssigen Vortrag der Wiedereinsetzungsgründe die Darlegung, warum ein Organisationsverschulden auszuschließen ist. - 3. Wird die nur versehentlich unterlassene Übermittlung eines fristwahrenden Einspruchs im Telefax-Verfahren geltend gemacht, indizieren die gleichwohl erfolgte Dokumentation eines entsprechenden Einspruchsschreibens im Postausgangsbuch wie auch die Löschung der Einspruchsfrist ohne einen die Übermittlung bestätigenden Sendebericht einen Organisationsmangel. - Urt.; BFH 18.3.2014, VIII R 33/12; SIS 14 25 10

Kapitel:
Verschiedenes > Wiedereinsetzung
Fundstellen
  1. BFH 18.03.2014, VIII R 33/12
    BStBl 2014 II S. 922

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 4.11.2014
    TC in DStZ 21/2014 S. 742
    H.J.P. in BFH/PR 12/2014 S. 442
    KAM in Stbg 2/2015 S. M 8
    o.V. in Stbg 12/2014 S. 516
Normen
[AO 1977] § 87 a, 110 Abs. 1, § 110 Abs. 2, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 356, § 357 Abs. 1 Satz 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 22.05.2012, SIS 13 00 47, Einspruch, Rechtsbehelfsbelehrung, Elektronische Übermittlung, Schriftform
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Münster 20.6.2024, SIS 24 13 66, Finanz- und Abgaberecht, Wiedereinsetzung in eine Klagefrist, Verschulden des Prozessbevollmächtigten, Or...
  • FG Münster 31.8.2023, SIS 24 02 44, Wiedereinsetzungsantrag eines Berufsträgers: 1. Beruft sich ein Berufsträger in einem Antrag auf Wiederei...
  • FG Köln 23.2.2023, SIS 23 06 75, Anforderungen an die Organisation der Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen bei Berufsträge...
  • FG München 22.11.2021, SIS 23 13 25, Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in eine versäumte Einspruchsfrist: Wird - wie im Streitfall - ei...
  • FG München 10.7.2019, SIS 19 14 85, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: 1. Wird die Klagefrist versäumt, weil eine Bürokraft bei der Bearb...
  • FG Hamburg 29.5.2019, SIS 19 12 73, AdV bei Zweifeln bzgl. der Bestandskraft der angegriffenen Bescheide: 1. Ist zwischen Finanzamt und dem S...
  • FG München 29.1.2019, SIS 19 03 59, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Einspruchsfrist: 1. Die Übermittlung eines Ein...
  • FG Baden-Württemberg 4.5.2017, SIS 17 16 94, Bei einer unzuständigen Behörde angebrachter Rechtsbehelf wahrt die Einspruchsfrist bereits bei Absendung...
  • FG Hamburg 27.2.2017, SIS 17 09 36, Notwendiger Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung, Elektronische Einlegung, Angabe der E-Mail-Adresse des F...
  • BFH 31.1.2017, SIS 17 10 29, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Ergänzung unvollständiger oder unklarer Angaben: Die Monatsfrist f...
  • BFH 18.1.2017, SIS 17 05 96, Inhaltliche Anforderungen an die Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung: Eine Rechtsbehel...
  • FG Hamburg 19.5.2016, SIS 16 17 95, Rechtsbehelfsbelehrung bei fehlendem Hinweis auf Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Fo...
  • BFH 12.4.2016, SIS 16 16 46, Keine Hinweispflicht der Finanzbehörde bezüglich der verfahrensrechtlichen Folgen der Aufhebung des Vorbe...
  • BFH 28.7.2015, SIS 15 21 01, Anforderungen an Büroorganisation zur Vermeidung von Fristversäumnissen: Die Ausgangskontrolle von fristg...
  • BFH 18.6.2015, SIS 15 20 66, Umfang der Rechtsbehelfsbelehrung: 1. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig erteilt, weil sie k...
  • BFH 6.11.2014, SIS 15 01 36, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Erkrankung des Prozessbevollmächtigten: 1. Eine Erkrankung des Pro...

 

1

I. Dem Rechtsstreit liegt ein Schätzungsbescheid vom 22.2.2011 zur Einkommensteuer für 2009 für die zusammen veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu Grunde.

 

 

2

Gegen diesen Bescheid legte die seinerzeitige Bevollmächtigte der Kläger, die Z Steuerberatungsgesellschaft mbH (Z), mit Schriftsatz vom 11.3.2011 Einspruch ein, der erst am 28.3.2011 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) zusammen mit dem Ausdruck einer elektronisch erstellten Einkommensteuererklärung nebst Anlagen einging.

 

 

3

Nach Hinweis des FA auf den Ablauf der Einspruchsfrist bereits am 25.3.2011 beantragte die Z mit Schreiben vom 5.4.2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Steuererklärung sei am 11. März fertig gestellt worden. Da eine Vollziehungsaussetzung bei Schätzungsbescheiden nur bei Abgabe der Steuererklärung erfolge, sei das gleichzeitig erstellte Einspruchsschreiben auf die Steuererklärung geheftet worden. Die ansonsten sehr zuverlässige Angestellte habe den Einspruch zuvor an das FA faxen sollen. Dies sei jedoch unterblieben, da sie offenbar die Telefaxnummer nicht sofort zur Hand gehabt habe. Auf diesen Sachverhalt sei man erst durch das Schreiben des FA aufmerksam geworden.

 

 

4

Das FA lehnte die Wiedereinsetzung wegen schuldhafter Fristversäumnis ab und verwarf den Einspruch als unzulässig. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.

 

 

5

Mit ihrer Revision tragen die Kläger vor, das angefochtene Urteil verletze sie in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz gemäß Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Es beruhe zudem auf einer Verletzung des materiellen Rechts in Gestalt von § 356 Abs. 2 und § 110 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Sie rügen die Unvollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im Einkommensteuerbescheid, die sich nicht zu der Möglichkeit der wirksamen Einspruchseinlegung per E-Mail verhalte. Darüber hinaus beziehe sich die Rechtsbehelfsbelehrung zum Teil nicht auf den konkreten Einzelfall und enthalte weitere Bestandteile, die letztlich auch zu ihrer Unverständlichkeit führten. Noch nicht einmal das konkret zuständige Finanzamt sei als zuständige Behörde ausdrücklich benannt.

 

 

6

Auch in Bezug auf die versagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei die Vorentscheidung fehlerhaft. Denn nach dem an Eides statt versicherten Vortrag der Kläger habe sich eine konkrete Einzelanweisung der Z durch ihren Steuerberater E.Z. an ihre Mitarbeiterin auch darauf erstreckt, dass diese den Einspruch sofort an das FA zu faxen und die Frist im Postausgangsbuch erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen habe. Warum die sonst zuverlässige und seit fast 15 Jahren in der Kanzlei sorgfältig und tadellos arbeitende Angestellte dem nicht nachgekommen sei, könne nicht nachvollzogen werden. Der glaubhaft gemachte Sachverhalt genüge aber, um ein für die Verspätung ursächliches Verschulden des Steuerberaters der Kläger auszuschließen.

 

 

7

Die Kläger beantragen, den Bescheid vom 22.2.2010 über Einkommensteuer 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.6.2011, diese in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25.7.2012, aufzuheben und die Behörde anzuweisen, die Kläger entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

 

hilfsweise, das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf und die Einspruchsentscheidung vom 3.6.2011 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

 

 

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

10

1. Das Urteil wird durch den am 25.7.2012 ergangenen Bescheid nicht berührt, der die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr unverändert belässt und Änderungen nur bei der Anrechnung von Kapitalertragsteuer und im Abrechnungsteil ausweist.

 

 

11

2. Zu Recht hat das FG erkannt, dass die Kläger die Einspruchsfrist gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO versäumt haben. Zwischen den Beteiligten ist auch nicht umstritten, dass der Einspruch erst später als einen Monat nach Bekanntgabe des ursprünglich angefochtenen Bescheids vom 22.2.2010 eingelegt worden ist.

 

 

12

a) Der Fristanlauf war nicht nach § 356 Abs. 1 AO gehemmt, denn den Klägern ist eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden. Es liegt kein Fall einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vor, die nach § 356 Abs. 2 AO die Verlängerung der Einspruchsfrist auf ein Jahr zur Folge hätte.

 

 

13

aa) Die Einspruchsentscheidung ist nicht deswegen rechtsfehlerhaft, weil sie nicht auf die Möglichkeit hinweist, den Einspruch auf elektronischem Wege einzulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die Angaben des § 356 Abs. 1 AO enthält, nicht „unrichtig“ i.S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie ergänzend den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (Schriftform) wiedergibt und nicht zugleich auf § 87a AO (elektronische Kommunikation) verweist (BFH-Urteile vom 20.11.2013 X R 2/12, BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236 = SIS 13 34 15; vom 5.3.2014 VIII R 51/12, BFH/NV 2014, 1010 = SIS 14 15 66; BFH-Beschlüsse vom 12.12.2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272 = SIS 13 02 72; vom 12.10.2012 III B 66/12, BFH/NV 2013, 177 = SIS 13 01 25; s. auch Urteil des FG Düsseldorf vom 20.11.2012 10 K 766/12 E, EFG 2013, 190 = SIS 13 02 87; Beschluss des FG Münster vom 6.7.2012 11 V 1706/12 E, EFG 2012, 1811 = SIS 12 23 72; ebenso zur Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.3.2013 B 13 R 19/12 R, Kranken- und Pflegeversicherung 2013, 120, sowie zur Rechtsbehelfsbelehrung nach der Verwaltungsgerichtsordnung Urteil des Oberverwaltungsgerichts - OVG - Bremen vom 8.8.2012 2 A 53/12.A, NVwZ - Rechtsprechungs-Report - NVwZ-RR - 2012, 950; a.A. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21.2.2013 L 3 R 879/10; Urteil des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 24.11.2010 4 L 115/09; Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 8.3.2012 1 A 11258/11, NVwZ-RR 2012, 457).

 

 

14

Der Senat folgt der zitierten Rechtsprechung des BFH und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils in BFHE 243, 158, BStBl II 2014, 236 = SIS 13 34 15 Bezug.

 

 

15

bb) Die weiteren von den Klägern vorgebrachten Rügen zur Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Steuerbescheid greifen nicht durch. Sie berühren weder die Vollständigkeit der Belehrung noch deren Richtigkeit. Insbesondere lässt die Belehrung bei verständiger Würdigung keinen Zweifel über das zuständige Finanzamt, an das ggf. der Einspruch zu richten ist.

 

 

16

b) Zutreffend hat das FG erkannt, dass das FA die Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist zu Recht nicht gewährt hat.

 

 

17

aa) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist (hier: die Einspruchsfrist) einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Zudem ist er zu begründen (§ 110 Abs. 2 Satz 2 AO); dabei sind die Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der einmonatigen Antragsfrist darzulegen, soweit sie nicht für die Behörde offenkundig oder amtsbekannt sind (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile vom 27.3.1985 II R 118/83, BFHE 144, 1, BStBl II 1985, 586 = SIS 85 19 46; vom 15.9.1992 VIII R 26/91, BFH/NV 1993, 219; BFH-Beschlüsse vom 17.6.2010 IX B 32/10, BFH/NV 2010, 1655 = SIS 10 26 69; vom 17.8.2010 X B 190/09, BFH/NV 2010, 2285 = SIS 10 35 86). Der Kern des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes muss innerhalb der Antragsfrist schlüssig vorgetragen werden (BFH-Urteil vom 13.12.2007 VI R 75/04, BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577 = SIS 08 10 26, m.w.N.). Nach Ablauf der Monatsfrist können unvollständige Angaben noch erläutert und ergänzt werden (BFH-Urteile in BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577 = SIS 08 10 26; vom 24.8.1990 VI R 178/85, BFH/NV 1991, 140), das spätere Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen ist hingegen nicht zulässig.

 

 

18

bb) Zutreffend hat das FG des Näheren ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang unterschieden wird zwischen Organisationsmängeln, die als solche einem Rechtsanwalt oder Steuerberater und den von ihm Vertretenen als Verschulden i.S. von § 110 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO zuzurechnen sind, einerseits und nicht zurechenbarem Büroversehen andererseits. Wird - wie im Streitfall - ein dem Prozessbevollmächtigten und dem von ihm Vertretenen nicht zuzurechnendes reines Büroversehen geltend gemacht, gehört zum erforderlichen schlüssigen Vortrag des „Kerns“ der Wiedereinsetzungsgründe (vgl. BFH-Beschluss vom 28.1.2000 VII B 281/99, BFH/NV 2000, 823 = SIS 00 56 07) die Darlegung, warum ein Organisationsverschulden auszuschließen ist. Es müssen also die Organisationsmaßnahmen vorgetragen werden, die den konkreten Fehler als Büroversehen erkennen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3.4.2013 V R 24/12, BFH/NV 2013, 970 = SIS 13 14 32; vom 14.5.2007 VIII B 47/07, BFH/NV 2007, 1684 = SIS 07 27 83; Klein/Rätke, AO, § 110 Rz 65).

 

 

19

cc) Der Vortrag der Kläger im Antragsverfahren während der Antragsfrist genügte diesen Anforderungen nicht. Im Streitfall begann die einmonatige Antragsfrist (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO) spätestens mit der Übersendung des Schreibens des FA vom 31.3.2011, in dem auf die Fristversäumnis und zugleich darauf hingewiesen wurde, dass bei begehrter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Monatsfrist die Tatsachen vorzutragen seien, aus denen sich ggf. ergebe, dass die Einspruchsfrist ohne Verschulden versäumt wurde. Im Streitfall bestand im Besonderen Anlass zur Darlegung der organisatorischen Vorkehrungen gegen eine Fristversäumnis, weil das FA nach einer ersten knappen Antragsbegründung von einem Organisationsverschulden ausging (Schreiben an die Z vom 15.4.2011). Die Kläger erklärten daraufhin durch ihre Prozessbevollmächtigte Z, dass im Postausgangsbuch unter dem 11.3.2011 sowohl die an die Kläger versendete Steuererklärung als auch der an das FA zu versendende Einspruch eingetragen worden seien. Zum Beleg haben sie einen kopierten Auszug aus dem Postausgangsbuch vorgelegt. Da der Einspruch erst mit der Einreichung der Einkommensteuererklärung habe begründet und auch erst dann die beantragte Vollziehungsaussetzung habe genehmigt werden können, habe der Einspruch in Papierform der Steuererklärung beigefügt werden sollen, um das Aussetzungsverfahren zu beschleunigen. Selbstverständlich habe der Einspruch zur Fristwahrung vorab per Telefax versendet werden sollen. Dies habe die langjährige zuverlässige Mitarbeiterin im Sekretariat aus unerklärlichen Gründen versäumt. Erst nach Postausgang werde die Frist aus dem Fristenkontrollbuch ausgetragen. Eine weitere Kontrolle der Fristen werde durch das in der Kanzlei der Z verwendete Dokumenten-Management-System gewährleistet. In diesem revisionssicheren System sei ebenfalls am 11.3.2011, 17:24 Uhr Greenwich-Time, der Einspruch als Postausgang verbucht worden. Beide Kontrollsysteme würden vom Steuerberater K persönlich laufend überwacht.

 

 

20

In diesem Vortrag fehlt es jedoch an substantiierten und in sich schlüssigen Ausführungen dazu, auf welche Weise die Fristen im Büro der Z überwacht wurden (vgl. BFH-Beschluss vom 8.2.2008 X B 95/07, BFH/NV 2008, 969 = SIS 08 21 25), so insbesondere an einer Darlegung, wann, wie und von wem nach Maßgabe der Büroorganisation im Falle eines per Telefax übermittelten Schriftstücks die Absendung dokumentiert wurde und ob und ggf. welche Vorgaben und Belehrungen die Berufsträger innerhalb der Z insoweit erteilt hatten. Die Darstellung im Antragsverfahren bietet insbesondere keine schlüssige Erklärung dafür, dass der in Kopie vorgelegte Auszug aus dem Postausgangsbuch unter dem Datum des 11.3.2011 ein Einspruchsschreiben in Sachen der Kläger an das FA ausweist, wenn gerade für diesen Tag ein versehentliches Unterlassen der Telefax-Übermittlung geltend gemacht wird. Daraus ist vielmehr zu ersehen, dass dort - und nach Angaben der Z auch im Dokumenten-Management-System - fälschlich ein tatsächlich so nicht erfolgter Postausgang dokumentiert worden ist, was auf einen Organisationsmangel hinweist. Zudem darf nach der Rechtsprechung bei Übermittlung eines fristwahrenden Schriftstücks durch Telefax die betreffende Frist erst gelöscht werden, wenn ein von dem Telefaxgerät des Absenders ausgedruckter Einzelnachweis (Sendebericht) vorliegt, der die ordnungsgemäße Übermittlung belegt (s. etwa BFH-Beschlüsse vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285 = SIS 04 33 08; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.4.1994 V ZR 62/93, NJW 1994, 18, 79 = SIS 94 16 86). Die Büroabläufe müssen also so organisiert sein, dass Fristversäumnisse grundsätzlich ausgeschlossen sind; das setzt u.a. voraus, dass der Ausgang eines Schriftstücks, das eine gesetzliche Frist wahren soll, nicht dokumentiert wird, solange die zur Absendung erforderlichen Arbeitsschritte nicht vollständig getan sind und eine Frist nicht vorher gelöscht wird. Die Gründe dafür, warum im Streitfall offensichtlich anders verfahren wurde, sind nicht erkennbar.

 

 

21

dd) Zwar kann auch nach Ablauf der Antragsfrist der Tatsachenvortrag zu den Wiedereinsetzungsgründen noch zulässig erläutert und ergänzt werden (BFH-Urteile in BFH/NV 1991, 140; in BFHE 220, 18, BStBl II 2009, 577 = SIS 08 10 26, m.w.N.). Dies gilt jedoch nur, wenn innerhalb der Antragsfrist die Wiedereinsetzungsgründe im Kern schlüssig vorgetragen worden sind (s.o. unter II.2.b aa). Die Schließung von Lücken eines zuvor noch nicht schlüssigen Vortrags erst nach Ablauf der Antragsfrist wird von der Rechtsprechung nicht berücksichtigt (BFH-Beschluss vom 8.5.1996 X B 12/96, BFH/NV 1996, 833, m.w.N.), ebenso wenig wie das Nachschieben zuvor nicht vorgetragener Wiedereinsetzungsgründe (s. etwa BFH-Beschluss vom 15.12.1995 V B 88/95, BFH/NV 1996, 452).

 

 

22

Im Streitfall ist ein lückenloser schlüssiger Vortrag während der Antragsfrist nicht erfolgt (s.o. unter II.2.b cc). Neues Vorbringen nach Ablauf der Antragsfrist war aus den vorgenannten Gründen grundsätzlich nicht geeignet, diesen Mangel zu beheben. Das gilt insbesondere auch für die eidesstattlich versicherten Tatsachenangaben der Angestellten im Klageverfahren, die sich die Kläger zu eigen gemacht haben. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Vortrag nicht schon deshalb unbeachtlich ist, weil er erst nach Abschluss des Einspruchsverfahrens erfolgte und die diesbezügliche eidesstattliche Versicherung der Angestellten auch erst dann vorgelegt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.1968 V R 19-20/68, BFHE 94, 563, BStBl II 1969, 272 = SIS 69 01 75; offengelassen im BFH-Beschluss vom 18.7.1985 VI B 123/84, BFH/NV 1986, 166). Selbst wenn man in der dort erstmals ausdrücklich dargetanen Einzelanweisung des Steuerberaters E.Z. an die Angestellte, das Einspruchsschreiben vorab per Telefax an das FA zu senden, eine noch zulässige Ergänzung des vorgetragenen Wiedereinsetzungsgrundes sieht und dies auch noch im Klageverfahren für zulässig hält, ergibt sich daraus kein schlüssiger Vortrag, der das FG in die Lage versetzt hätte zu entscheiden, dass die Z kein Verschulden an der Fristversäumnis getroffen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 823 = SIS 00 56 07). Dieser Vortrag war weiterhin nicht geeignet, einen Organisationsmangel auszuschließen, denn er erklärt nicht, weshalb bei der behaupteten sicheren Fristenkontrolle die tatsächlich noch nicht erfolgte Absendung des Telefaxes unbemerkt bleiben konnte. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, warum auch ohne Übermittlung des Einspruchsschreibens per Telefax und demzufolge auch ohne einen entsprechenden ausgedruckten Sendebericht der Postausgang vermerkt und die Frist gelöscht wurde. Zudem ist die behauptete Anweisung, dass die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls gestrichen werden durfte, von der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten nicht erfasst und auch nicht auf andere Weise glaubhaft gemacht worden.