|
1
|
I. Die Kläger, Revisionsbeklagten und
Anschlussrevisionskläger (Kläger) sind zusammen
veranlagte Ehegatten. Abweichend von der
Einkommensteuererklärung für 2006 (Streitjahr) erkannte
der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) einen von den Klägern geltend
gemachten Verlust nicht an, der durch die Ausübung von
Kaufoptionen (Calls) auf den Erwerb von
Inhaberschuldverschreibungen (ISV) und die Veräußerung
der ISV entstanden war.
|
|
|
|
|
2
|
Am 20.12.2005 beauftragte der Kläger
im Rahmen eines einheitlichen schriftlichen Auftrags die Bank AG,
für ihn über den freien Kapitalmarkt 244 Calls
„für DAX Seitwärtsstrategie“ zu kaufen, und
zwar 122 Calls der Bank Luxembourg S.A. (Call I) sowie 122 Calls
der Sonata Securities S.A. (Call II), mit dem Vermerk: „Die
Summe der Kaufpreise für ein Paar Optionsscheine darf 452.500
EUR nicht überschreiten.“ Bedingung für den Auftrag
war, dass die Bank AG dem Kläger ein Darlehen zur Finanzierung
des Kaufpreises gewährte. Am 21.12.2005 wurde ein
entsprechender Darlehensvertrag geschlossen (Darlehensbetrag
52.711.279,74 EUR; Zinssatz 3,31 % p.a., fest bis zum 27.12.2006).
Ebenfalls am 21.12.2005 (Schlusstag) führte die Bank AG den
Auftrag aus (Valuta 23.12.2005).
|
|
|
|
|
3
|
Der Kläger erwarb 122 Calls I zu einem
Kaufpreis in Höhe von insgesamt 28.650.846 EUR (gegenüber
einem Erst-Emissionspreis von 227.500 EUR). Die Calls I waren
ausschließlich auf effektive Lieferung gerichtet, hatten eine
Laufzeit bis zum 27.12.2006 und verfielen bei Nichtausübung
wertlos am Ende ihrer Laufzeit. Die Calls I konnten zweimal
monatlich ausgeübt werden und berechtigten den Kläger
gegen Zahlung eines Basispreises von 30.000 EUR, eine von der Bank
AG begebene Inhaberschuldverschreibung („ISV I“) zu
erwerben. Der Nennbetrag der ISV I betrug 250.000 EUR. Sie hatte
eine Laufzeit vom 14.12.2005 bis zum 23.3.2007 und war mit 1 % p.a.
verzinst. Der Rückzahlungsbetrag hing von der Wertentwicklung
des DAX im Zeitraum vom 14.12.2005 (5.310 Punkte) bis zum 8.12.2006
(„Beobachtungszeitraum“) ab.
|
|
|
|
4
|
·
|
Bewegte sich der DAX innerhalb des
Beobachtungszeitraums zwischen 4.726 Punkten und 5.894 Punkten (+/-
11 % vom Ausgangswert), wurde ISV I bei Fälligkeit zu 277.500
EUR (111 % des Nennbetrages) zurückgezahlt („Szenario
1“).
|
|
|
·
|
Fiel der DAX während des
Beobachtungszeitraums auf oder unter die untere Barriere von 4.726
Punkten, betrug der Rückzahlungsbetrag 37.500 EUR (15 % des
Nennbetrages; „Szenario 2“).
|
|
|
·
|
Erreichte oder überschritt der DAX
während des Beobachtungszeitraums die obere Barriere von 5.894
Punkten, betrug der Rückzahlungsbetrag 450.000 EUR (180 % des
Nennbetrags; „Szenario 3“).
|
|
|
|
|
|
|
5
|
Zur (teilweisen) Absicherung der
Verlustrisiken, die im Szenario 2 drohten, hat der Kläger 122
Calls II zu einem Kaufpreis von insgesamt 27.128.286 EUR (222.363
EUR pro Stück) erworben. Diese waren bei ansonsten identischer
Ausgestaltung auf den Erwerb einer weiteren von der Bank AG
begebenen Inhaberschuldverschreibung („ISV II“)
gerichtet, deren Auszahlungsprofil dem der ISV I spiegelbildlich
entsprach. Die Auszahlung in Szenario 1 war identisch, in Szenario
2 erhielt der Investor 180 % des Nennbetrages, in Szenario 3 15
%.
|
|
|
|
|
|
|
6
|
Durch den Erwerb des Optionsscheinpaares
hatten die Kläger die Möglichkeit, im Fall der erwarteten
Seitwärtsbewegung eine Rendite von rd. 8,5 % zu erzielen und
im Fall des Nichteintritts der allgemeinen Markterwartung ihr
Risiko auf rd. 4,5 % (Verlust von 23.331 EUR bei einer Investition
von 517.206 EUR, einer Rückzahlung von 487.500 EUR und einer
Zinszahlung von 6.375 EUR pro Optionsscheinpaar) zu
reduzieren.
|
|
|
|
|
|
|
7
|
In der Folgezeit stieg der Wert der Calls I
und fiel der Wert der gegenläufig angelegten Calls II. Damit
verloren die den Calls II zugrundeliegenden ISV II 85 % ihres
Wertes (Rückzahlungsbetrag 37.500 EUR), während die den
Calls I zugrundeliegenden ISV I nunmehr einen Wert von 180 % ihres
Nennwertes (Rückzahlungsbetrag 450.000 EUR) aufwiesen.
|
|
|
|
|
|
|
8
|
Den Calls II drohte bei Ende der Laufzeit
ein Totalverlust, der Rückzahlungsbetrag der ISV II war mit
37.500 EUR (zuzüglich 3.187,50 EUR fester Verzinsung) rd. 35 %
höher als der zu zahlende Basispreis von 30.000 EUR. Der
Kläger übte im Mai 2006 die Calls II aus und bezog gegen
Zahlung des in den Emissionsbedingungen festgelegten Basispreises
(insgesamt 3.660.000 EUR) die ISV II. Im Juli 2006 (Schlusstag)
veräußerte der Kläger die ISV II zu einem
Gesamtpreis in Höhe von 4.827.317 EUR. Der ca. acht Monate
später fällige Rückzahlungsbetrag der ISV II betrug
inklusive Verzinsung 4.963.875 EUR. Der Kaufpreis weist damit einen
Abschlag zum Rückzahlungsbetrag von 2,75 % (= 4,2 % p.a.) auf.
Optionsausübung und Veräußerung führten nach
den Berechnungen des Klägers zu einem Verlust in Höhe von
25.960.136 EUR (Kaufpreis für die Calls II in Höhe von
27.128.286 EUR, zuzüglich Basispreis für den Erwerb der
ISV II in Höhe von 3.660.000 EUR, abzüglich des
Veräußerungserlöses in Höhe von 4.827.317 EUR),
den die Kläger im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung
für 2006 als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen
gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG ohne Erfolg
geltend machten.
|
|
|
|
|
|
|
9
|
Eine Ausübung der Calls I erfolgte
nicht. Vielmehr veräußerte der Kläger die Calls I im
Dezember 2006 (Schlusstag; Valuta 27.12.2006) für insgesamt
50.973.064 EUR (Abschlag auf den Rückzahlungsbetrag 1,27 % - =
5,39 % p.a. - ). Die Kläger erfassten diesen Betrag in der
Einkommensteuererklärung nicht, und zwar mit der
Begründung, die Veräußerung sei außerhalb der
Jahresfrist gemäß § 23 EStG in der im Streitjahr
geltenden Fassung erfolgt. Die infolge des Erwerbs der Calls I
angefallenen Zinsaufwendungen machten die Kläger dagegen
ebenso als Werbungskosten geltend wie die infolge des Erwerbs der
Calls II und ISV II angefallenen Zinsaufwendungen. Die
Zinsaufwendungen erkannte das FA als Werbungskosten an.
|
|
|
|
|
|
|
10
|
Mit der Sprungklage, der das FA zugestimmt
hat, verfolgten die Kläger ihr Anliegen weiter und
beantragten, den streitigen Verlust in Höhe von 25.903.176 EUR
anzuerkennen und den verbleibenden Verlustvortrag gemäß
§ 10d Abs. 4 EStG zum 31.12.2006 mit 14.237.399 EUR
festzustellen,
|
|
|
|
hilfsweise, unter Änderung des
Verlustfeststellungsbescheids den streitigen Verlust in Höhe
von 25.903.176 EUR bei dem verbleibenden Verlustvortrag
gemäß § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte
aus privaten Veräußerungsgeschäften des Ehemanns zu
berücksichtigen.
|
|
|
|
|
|
|
11
|
Das Finanzgericht (FG) lehnte mit seinem in
EFG 2012, 325 = SIS 12 01 86 veröffentlichten Urteil den
Hauptantrag ab. Die Voraussetzungen der Gesamtplanrechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) seien nicht erfüllt und daher eine
Einzelbetrachtung durchzuführen. Im Hinblick auf die
Veräußerung der ISV II fehle es an der
Einkünfteerzielungsabsicht im Hinblick auf § 20 EStG des
Klägers. Der Hilfsantrag hatte hingegen Erfolg. Die
Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seien
erfüllt; die ISV II seien binnen Jahresfrist angeschafft und
veräußert worden.
|
|
|
|
|
|
|
12
|
Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
mit der es die Verletzung materiellen Rechts (§§ 39, 41
und 42 der Abgabenordnung - AO - i.V.m. § 23 EStG) rügt.
Das FG verkenne, dass beide Calls (I und II) im Rahmen einer
Gesamtwürdigung insgesamt als ein einheitlicher Vorgang unter
den entsprechenden Tatbestand des § 23 EStG subsumiert werden
müssten. Der Verlust aus der Veräußerung der Calls
II sei mit den Erlösen aus der Veräußerung der Calls
I zu saldieren.
|
|
|
|
|
|
|
13
|
Das FA beantragt, die Entscheidung des FG
insoweit aufzuheben, als dem Hilfsantrag entsprochen und der
Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die privaten
Veräußerungsgeschäfte des Ehemannes um 25.903.176
EUR erhöht wurde, sowie die Klage insgesamt
abzuweisen.
|
|
|
|
|
|
|
14
|
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen, sowie im Wege der Anschlussrevision, das
Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 dahin
zu ändern, dass der streitige Verlust in Höhe von
25.903.176 EUR bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
vollständig zum Abzug zugelassen wird.
|
|
|
|
|
|
|
15
|
Wirtschaftlich betrachtet hätten die
Kläger im Dezember 2005 in eine aus zwei getrennten
Bestandteilen bestehende, auf den DAX bezogene Anlagestrategie
investiert, mit der nach Angaben der Bank bei Eintritt der von ihr
prognostizierten Analyseerwartungen eine Rendite von über 10 %
verbunden sein sollte und die im Fall des Nichteintritts das
Verlustrisiko minimierte. Zu Unrecht verneine das FG die
Einkünfteerzielungsabsicht im Hinblick auf den Verkauf der ISV
II. Diese in Zukunft gerichtete Prognoseentscheidung sei bei
Finanzinnovationen kein taugliches Kriterium und daher entweder
unberücksichtigt zu lassen oder unwiderleglich zu
vermuten.
|
|
|
|
|
|
|
16
|
Entgegen der Ansicht des FA komme auch eine
Saldierung des Verlustes „aus den Veräußerungen der
Calls II mit den Erlösen aus dem gekoppelten
Kompensationsgeschäft aus der Veräußerung der Calls
I nicht in Betracht.
|
|
|
|
|
|
|
17
|
Das FA beantragt, die Anschlussrevision
zurückzuweisen.
|
|
|
|
|
|
|
18
|
Das Revisionsgericht habe
ausschließlich die Entscheidung des FG über das Vorliegen
eines Spekulationsgeschäftes und dessen Höhe zu
beurteilen. Eine Überprüfung der Entscheidung über
den Hauptantrag sei wegen der Grundsätze der
Akzessorietät und der Konnexität der Anschlussrevision
nicht möglich. Nach § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG
würden negative Einkünfte aus Spekulationsgeschäften
in einem eigenständigen Verwaltungsakt festgestellt. Dessen
Änderung werde in der angefochtenen Entscheidung durch das FG
zugesprochen. Allein diese Teilentscheidung über den
Streitgegenstand der ersten Instanz sei durch den
Rechtsmittelantrag des FA zum Gegenstand des Revisionsverfahrens
vor dem BFH geworden. Dies sei alleiniger Gegenstand des
Revisionsverfahrens. Das FG habe es insoweit unterlassen, die
objektive Klagenhäufung bezüglich von Haupt- und
Hilfsantrag der Kläger ausführlich darzustellen. Somit
komme es auf die Argumentation der Anschlussrevision nicht an,
soweit diese sich auf den Ansatz negativer Einkünfte aus
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG 2006 beziehe.
Dieser Teil der Entscheidung sei rechtskräftig.
|
|
|
|
|
|
|
19
|
Soweit das FG dem Hilfsantrag der
Kläger entsprochen habe, sei § 23 Abs. 3 EStG verletzt.
Es fehle an Feststellungen zur Ermittlung eines
Veräußerungspreises und den Anschaffungskosten des
Wirtschaftsgutes. Auch werde nicht klar dargestellt, welches
Wirtschaftsgut bei Anwendung von § 23 EStG zu beurteilen sei
(Call oder ISV).
|
|
|
|
|
|
|
20
|
II. Revision und Anschlussrevision sind
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
|
|
|
|
21
|
1. Die Vorentscheidung ist aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Sie hat über
den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres vom 26.1.2009 und den
Verlustfeststellungsbescheid vom 20.2.2008 entschieden. Danach hat
das FA während des Revisionsverfahrens mit Bescheiden jeweils
vom 16.1.2012 den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr
sowie den Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2006 in vorliegend
nicht streitigen Punkten geändert. Damit liegen dem FG-Urteil
nicht mehr wirksame Bescheide zugrunde, mit der Folge, dass auch
das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (BFH-Urteil vom 26.1.2011
IX R 7/09, BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540 = SIS 11 11 59, unter
II.1., m.w.N.).
|
|
|
|
|
|
|
22
|
Der Senat entscheidet nach §§ 100,
121 FGO auf der Grundlage der bestehenbleibenden tatsächlichen
Feststellungen des FG gleichwohl in der Sache. Im Ergebnis sind die
vorliegend streitigen Punkte unverändert geblieben; der Senat
sieht daher wegen Spruchreife der Sache von einer
Zurückverweisung nach § 127 FGO ab (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540 = SIS 11 11 59, unter II.1.).
|
|
|
|
|
|
|
23
|
2. Die Prüfung des Senats ist nicht auf
den Hilfsantrag der Klage beschränkt. Streitgegenstand sind
der Einkommensteuerbescheid 2006 und der
Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2006. Haupt- wie Hilfsantrag
beziehen sich auf beide. Der Hilfsantrag benennt lediglich eine
andere Rechtsgrundlage für das Klagebegehren mit der -
gegenüber dem Hauptantrag - negativen Konsequenz einer
eingeschränkten Verlustverrechnung. Haupt- wie Hilfsantrag
stehen prozessual wie materiell-rechtlich in einem
Eventualverhältnis und betreffen denselben Lebenssachverhalt.
Anders als bei kumulativer Klagehäufung kommt eine
Entscheidung über einen der Anträge unabhängig von
anderen nicht in Betracht. Insoweit ist über den Hauptantrag
nicht rechtskräftig entschieden, auch wenn sich die Revision
nur gegen die Entscheidung des FG zum Hilfsantrag wendet.
|
|
|
|
|
|
|
24
|
3. Der streitige Verlust aus der
Veräußerung der ISV II führt nicht zu negativen
Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG (Marktrendite).
|
|
|
|
|
|
|
25
|
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl.
zuletzt BFH-Urteil vom 7.12.2010 VIII R 37/08, BFH/NV 2011, 776 =
SIS 11 12 41, m.w.N.) ist der Unterschied zwischen dem Entgelt
für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung
nur dann als negativer Kapitalertrag in Gestalt der Marktrendite
anzusetzen, wenn die fraglichen Schuldverschreibungen nach der Art
ihrer Gestaltung eine typische Verbindung von Kapitalnutzung und
Ausschöpfung der Werthaltigkeit des Kapitals aufweisen, nicht
aber wenn Kapitalnutzungsentgelt und Wertentwicklung des Kapitals
rechnerisch eindeutig abgrenzbar und bestimmbar sind. Der
Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
Satz 2 EStG 2001 auf Vertragsgestaltungen reagiert, die auf eine
Kombination von Kapitalnutzung und Ausschöpfung der
Werthaltigkeit des Kapitals gerichtet waren, um statt
steuerpflichtiger Zinserträge steuerfreie private
Veräußerungsgewinne zu erzielen. Er hat damit indes die
grundsätzlich im System des Einkommensteuergesetzes
hinsichtlich der Überschusseinkünfte angelegte
Differenzierung zwischen Quellenausnutzung und Quellenverwertung
nicht aufgegeben.
|
|
|
|
|
|
|
26
|
Bei den vorliegend zu beurteilenden ISV II
geht es angesichts der festen Verzinsung in Höhe von 1 % nicht
darum, Nutzungsentgelt und Kursentwicklung untrennbar zu verbinden,
so dass auf die Marktrendite abzustellen wäre. Der streitige
Veräußerungsverlust ist vielmehr ein negativer
Erlös, bei dem feststeht, dass es sich bei wirtschaftlicher
Betrachtung nicht um ein negatives Entgelt für die
Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung handelt (vgl.
BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 776 = SIS 11 12 41, m.w.N.).
|
|
|
|
|
|
|
27
|
ISV II haben eine Emissionsrendite, d.h. eine
vom Emittenten bei der Begebung einer Anleihe als von vornherein
zugesagte Rendite, die bis zur Einlösung eines Papiers bzw.
der Endfälligkeit einer Kapitalforderung mit Sicherheit
mindestens erzielt werden kann. Inwieweit die zugesagte
Mindestrendite dem Kapitalmarkt im Zeitpunkt der Emission
entspricht, ist insoweit unerheblich. Vor diesem Hintergrund geht
auch der Vortrag der Kläger in der Klageschrift, es sei nicht
marktgerecht zu unterstellen, dass ein Kupon von 1 % p.a. die
gesamte zugesagte Rendite eines Papiers sein solle, ins Leere.
|
|
|
|
|
|
|
28
|
Es kommt dann auch nicht darauf an, ob der
Kläger hinsichtlich etwaiger Einkünfte aus
Kapitalvermögen mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt
hat.
|
|
|
|
|
|
|
29
|
4. Zutreffend hat das FG einen
Veräußerungsverlust i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 EStG angenommen. Auch dessen Höhe ist im Ergebnis nicht zu
beanstanden.
|
|
|
|
|
|
|
30
|
a) Die Voraussetzungen von § 23 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 EStG liegen vor. Die ISV II wurden innerhalb der
Jahresfrist angeschafft und veräußert. Die
Einkünfteerzielungsabsicht ist nicht zu prüfen (vgl. die
ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 25.8.2009 IX R 60/07,
BFHE 226, 252, BStBl II 2009, 999 = SIS 09 30 60).
|
|
|
|
|
|
|
31
|
b) Der Höhe nach bestimmt sich der
Veräußerungsverlust gemäß § 23 Abs. 3 EStG
als Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und
den Anschaffungs- und Werbungskosten andererseits. Die Differenz
zwischen den Anschaffungskosten für die Calls II von
27.128.286 EUR zuzüglich des Basispreises von 3.660.000 EUR
einerseits und dem Veräußerungspreis von 4.827.317 EUR
andererseits beträgt 25.960.969 EUR. Geltend gemacht wurden
lediglich 25.903.176 EUR. Insoweit ist das Urteil des FG im
Hinblick auf § 96 Abs. 2 FGO nicht zu beanstanden.
|
|
|
|
|
|
|
32
|
Den Veräußerungspreis für die
ISV II mindern die Aufwendungen für die Calls II. Zwar handelt
es sich nicht um Aufwendungen, die geleistet wurden, um die ISV II
zu erwerben (§ 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs).
Jedoch sind die Anschaffungskosten der Calls II durch die
Veräußerung der ISV II (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG)
veranlasst und damit als Werbungskosten absetzbar. Der Kläger
erwarb die Calls II, um aus der Veräußerung der durch
ihre Ausübung erlangten ISV II einen Gewinn zu erzielen. Seine
Leistungsfähigkeit ist durch die aufgewandten Kosten für
den Erwerb der Calls II gemindert (vgl. BFH-Urteil vom 26.9.2012 IX
R 50/09, BFHE 239, 95, BFH/NV 2012, 2080 = SIS 12 28 23).
|
|
|
|
|
|
|
33
|
c) Zutreffend hat das FG auch den
Veräußerungsverlust hinsichtlich der ISV II nicht durch
den Gewinn aus dem - außerhalb der Frist des § 23 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgten und damit nicht steuerbaren - Verkauf
der Calls I saldiert. Eine Zusammenfassung der
Veräußerung der ISV II und der Calls I ist auch mit Blick
auf § 42 AO nicht geboten. Es handelt sich insoweit nicht um
Teilschritte eines von vornherein als Einheit gedachten und nur als
Einheit wirtschaftlich sinnvollen Sachverhalts.
|
|
|
|
|
|
|
34
|
Eine wirtschaftliche Zusammenschau könnte
allenfalls im Hinblick auf die Calls I und Calls II in Betracht
kommen. Aber auch insoweit reicht die bloße Motivation einer
Schadensbegrenzung aus nicht beeinflussbaren Indexentwicklungen
nicht für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen
Gestaltung. Zudem steht der vom FA intendierten Saldierung die
Nichtsteuerbarkeit der Veräußerung der Calls I
entgegen.
|
|
|
|
|
|
|
|
|