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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter ihres im
August 1984 geborenen Sohnes (S). S ist von Geburt an mit einem
Grad der Behinderung (GdB) von 90 sowie den Merkzeichen G und B
schwerbehindert, seit dem 6.10.2009 mit einem GdB von 100. Ende
März 2009 beendete S sein Musikstudium. Die Klägerin
teilte der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) mit, S
wolle ab April 2009 eine selbständige Tätigkeit als
Musiker und Diplommusiklehrer aufnehmen. Im Mai 2009 und Dezember
2009 sind S insbesondere folgende Einnahmen sowie Ausgaben zu- und
abgeflossen:
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2
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Mai 2009
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EUR
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EUR
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06.05.
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ALG II für 04/09 und 05/09
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1.608,74
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darin:
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Regelleistung 2 * 351,00 = 702,00
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Unterkunftskosten 2 * 453,37 =
906,74
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29.05.
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ALG II für 06/09
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804,37
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darin:
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Regelleistung 1 * 351,00 = 351,00
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Unterkunftskosten 1 * 453,37 =
453,37
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18.05.
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Beitrag Berufsverband, -haftpflicht
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-26,22
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26.05.
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Fachliteratur
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-17,55
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26.05.
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Musikerunfallversicherung
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-8,53
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3
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Dezember 2009
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EUR
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EUR
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03.12.
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Einstiegsgeld für 06/09 bis
11/09
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897,50
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darin:
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Einstiegsgeld 5 * 179,50 = 897,50
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18.12.
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Einstiegsgeld für 12/09
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179,50
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31.12.
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ALG II für 01/10
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812,21
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Regelleistung 1 * 359,00 = 359,00
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Unterkunftskosten 1 * 453,21 =
453,21
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01.12.-31.12.
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Honorar für Unterricht
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60,00
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11.12.
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Auslagenersatz für
Gottesdienst
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20,00
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08.12.
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Rentenbeitrag
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-32,34
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17.12.
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Werbung (Flyer)
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-233,24
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28.12.
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Musikerunfallversicherung
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-8,52
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28.12.
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Werbung (Homepage)
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-52,04
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31.12.
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Bankgebühren
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-6,45
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Die Familienkasse hob die Festsetzung von
Kindergeld für S mit Bescheid vom 24.7.2009 ab April 2009 auf,
weil S imstande gewesen sei, sich selbst zu unterhalten. Der
Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18.1.2010 als
unbegründet zurückgewiesen.
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5
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Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgte
die Klägerin ihr Begehren weiter. Nachdem die Familienkasse
während des erstinstanzlichen Verfahrens für den Monat
April 2009 sowie für den Zeitraum Juni 2009 bis November 2009
einen Teilabhilfebescheid erlassen und die Beteiligten daraufhin
den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt
erklärt hatten, begehrte die Klägerin nur noch Kindergeld
für die Monate Mai 2009 und Dezember 2009. Dem
Teilabhilfebescheid war eine von der Klägerin beigebrachte
fachärztliche Stellungnahme vom 14.5.2010 vorausgegangen, in
welcher festgestellt wurde, dass S aufgrund seiner Behinderung
nicht im Stande sei, seinen Lebensunterhalt durch eine eigene
Erwerbstätigkeit zu bestreiten.
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6
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
dem in EFG 2011, 1725 = SIS 11 25 08 veröffentlichten Urteil
ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die in
den Monaten Mai 2009 und Dezember 2009 zu berücksichtigenden
Einkünfte und Bezüge des S hätten seine in diesen
Monaten - der Höhe nach unstreitig - gegebenen Bedarfe
überschritten.
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7
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Die Klägerin rügt mit ihrer
Revision eine unzutreffende Anwendung materiellen Rechts. Das FG
habe die Einkünfte und Bezüge des S fehlerhaft nach dem
Zuflussprinzip erfasst. Im Mai 2009 hätte - abweichend vom
tatsächlichen Zufluss - weder die Nachzahlung des
Arbeitslosengeldes II (Alg II) für den Vormonat April 2009
noch die laufende Alg II-Zahlung für den Folgemonat Juni 2009
angesetzt werden dürfen. Ebenso sei es nicht möglich, die
mehrere Monate umfassende Nachzahlung des Einstiegsgeldes nach
§ 16b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) im
Zuflussmonat Dezember 2009 zu erfassen. Diese Rechtsauffassung
werde durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.2.1999
5 C 35/97 (BVerwGE 108, 296) bestätigt, wonach abweichend vom
tatsächlichen Zufluss rechtlich ein anderer Zufluss
maßgeblich sein könne. Außerdem habe das FG
Berlin-Brandenburg in dem Urteil vom 19.7.2010 10 K 10255/07 (EFG
2011, 155 = SIS 10 30 22, Revision eingelegt, Az. beim
Bundesfinanzhof - BFH - : XI R 51/10 = SIS 13 16 79)
entschieden, dass die Nachzahlung von Grundsicherungsleistungen
nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht im
Zuflussmonat als Bezüge anzusetzen seien. Solche Nachzahlungen
stellten Bezüge der Eltern dar. Sie seien ein Ausgleich
dafür, dass die Eltern dem Kind bereits darlehensweise
Unterhalt gewährt hätten. Daneben existierten weitere
Beispiele, denen zu entnehmen sei, dass nicht auf den
tatsächlichen, sondern auf den normativen Zufluss abzustellen
sei. Zu nennen seien die Verordnungen zur Durchführung des
§ 76 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und des § 82
SGB XII. Aber auch bei der vom FG bejahten Anwendung des § 2
der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung ergebe sich, dass die
Zahlungen von Alg II und des Einstiegsgeldes monatlich nur mit dem
zwölften Teil des Jahresbetrags anzusetzen seien. Abgesehen
davon sei das Einstiegsgeld schon dem Grunde nach nicht als Bezug
zu qualifizieren, weil es als Maßnahme der aktiven
Arbeitsförderung nicht der Sicherung des Lebensunterhalts
diene. Im Übrigen seien die Zahlungen an die
Musikerunfallversicherung abziehbar. Schließlich sei bei
Behinderten eine flexible Handhabung von Monats- und
Jahresbetrachtung geboten. Anderenfalls führte die
behindertenfreundliche Intention des Monatsprinzips zu einer
Benachteiligung, wenn bei Anwendung einer Jahresbetrachtung
für das gesamte Jahr Kindergeld zu gewähren
wäre.
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8
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil, den
Aufhebungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung
aufzuheben, soweit die Kindergeldfestsetzung für die Monate
Mai 2009 und Dezember 2009 aufgehoben wurde.
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9
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Die Familienkasse beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet.
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Das angefochtene Urteil, der
Aufhebungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung
sind aufzuheben, soweit die Kindergeldfestsetzung für die
Monate Mai 2009 und Dezember 2009 aufgehoben wurde (§ 126 Abs.
3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der
Klägerin steht für die genannten Monate ein
Kindergeldanspruch gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs.
1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des
Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum
maßgeblichen Fassung (EStG) zu.
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1. Die Familienkasse ... der Bundesagentur
für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss
des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom
18.4.2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des
Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur
für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des
gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur
für Arbeit ... - Familienkasse - eingetreten (s. dazu
BFH-Beschluss vom 3.3.2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105 = SIS 11 18 86, unter II.A.).
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2. Gemäß § 62 Abs. 1, § 63
Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG
besteht für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat,
ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher,
geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich
selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor
Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
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a) Ein behindertes Kind ist dann
außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen
Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Ist das Kind hingegen trotz
seiner Behinderung (z.B. aufgrund hoher Einkünfte oder
Bezüge) in der Lage, selbst für seinen Lebensunterhalt zu
sorgen, kommt der Behinderung keine Bedeutung zu (BFH-Urteil vom
24.8.2004 VIII R 83/02, BFHE 207, 244, BStBl II 2007, 248 = SIS 04 39 23, m.w.N.). Ob dies der Fall ist, ist anhand eines Vergleichs
zweier Bezugsgrößen zu prüfen, nämlich des
gesamten Lebensbedarfs des Kindes einerseits und seiner
finanziellen Mittel andererseits (BFH-Urteil in BFHE 207, 244,
BStBl II 2007, 248 = SIS 04 39 23, m.w.N.). Zu den finanziellen
Mitteln des behinderten volljährigen Kindes gehören seine
Einkünfte und Bezüge. Einkünfte sind solche i.S. von
§ 2 Abs. 2 EStG, zu den Bezügen gehören alle
Einnahmen in Geld oder Naturalleistungen, die nicht im Rahmen der
einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden
(z.B. Senatsurteil vom 4.8.2011 III R 22/10, BFHE 234, 329, BStBl
II 2012, 337 = SIS 11 37 19, m.w.N.).
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b) Bei Prüfung der Frage, ob ein
volljähriges Kind wegen seiner Behinderung außerstande
ist, sich selbst zu unterhalten, ist keine jahresbezogene
Betrachtung vorzunehmen, sondern auf den Kalendermonat abzustellen
(z.B. BFH-Urteile vom 4.11.2003 VIII R 43/02, BFHE 204, 120, BStBl
II 2010, 1046 = SIS 04 05 44; in BFHE 207, 244, BStBl II 2007, 248
= SIS 04 39 23; a.A. Greite, FR 2004, 424; Pust in
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 32
EStG Rz 491). Die Einkünfte und Bezüge sind, soweit
für Gewinneinkünfte nicht das Realisationsprinzip gilt
(s. dazu Senatsurteil vom 22.12.2011 III R 69/09, BFHE 236, 298 =
SIS 12 12 76), nach dem Zuflussprinzip des § 11 EStG zu
erfassen (BFH-Urteil vom 16.4.2002 VIII R 76/01, BFHE 199, 116,
BStBl II 2002, 525 = SIS 02 09 39).
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16
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Nach Auffassung des Senats ist bei Anwendung
des Zuflussprinzips auch der in der Vorschrift des § 11 Abs. 1
Satz 2 EStG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke zu
berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift gelten
regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem
Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach
Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich
gehören, zugeflossen sind, als in dem Jahr der
wirtschaftlichen Zugehörigkeit bezogen. Der Gesetzeszweck
dieser Vorschrift, Zufälligkeiten bei der zeitlichen Erfassung
wiederkehrender Leistungen zu vermeiden (z.B. BFH-Urteil vom
24.7.1986 IV R 309/84, BFHE 147, 419, BStBl II 1987, 16 = SIS 86 24 11), rechtfertigt auch deren Heranziehung bei monatlich
wiederkehrenden - im Rahmen der Vergleichsrechnung anzusetzenden -
Einkünften und Bezügen. Dies bedeutet, dass solche
monatlich wiederkehrenden Leistungen, die dem behinderten Kind
kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des
Kalendermonats, für den sie bestimmt sind, zufließen, in
dem bestimmungsgemäßen Monat zu erfassen sind. In
Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist
als „kurze Zeit“ ein Zeitraum von bis zu zehn
Tagen anzusehen (s. dazu BFH-Beschluss vom 6.11.2002 X B 30/02,
BFH/NV 2003, 169 = SIS 03 08 27). Allerdings misst der Senat
hierbei dem Erfordernis, dass die Leistung auch während dieser
kurzen Zeit - wie sonst bei § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG
vorausgesetzt (BFH-Urteil in BFHE 147, 419, BStBl II 1987, 16 = SIS 86 24 11) - fällig sein muss, keine Bedeutung bei, und zwar
deshalb, weil für die Beurteilung der Frage, ob einem
behinderten Kind ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung
gestanden haben, nicht auf die Fälligkeit einer Zahlung,
sondern vielmehr darauf abzustellen ist, ob tatsächlich
entsprechende finanzielle Mittel zeitnah vorhanden waren. Im
Übrigen kommt eine Verteilung solcher, in Anlehnung an §
11 Abs. 1 Satz 2 EStG abweichend vom Zuflussmonat zu erfassender
monatlich wiederkehrender Leistungen auf einen längeren
Zeitraum nicht in Betracht (anders bei jährlich anfallenden
Einnahmen; s. dazu BFH-Urteil in BFHE 207, 244, BStBl II 2007, 248
= SIS 04 39 23, unter II.1.e).
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Ob für monatlich wiederkehrenden
Arbeitslohn ggf. Abweichendes gilt (s. dazu § 11 Abs. 1 Satz 4
EStG), bedarf im Streitfall keiner Klärung.
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c) Schließlich wirkt sich eine im Laufe
eines Monats zugeflossene Nachzahlung, die zum Wegfall der
Unfähigkeit zum Selbstunterhalt führt, erst in dem auf
den Zuflussmonat folgenden Zeitraum kindergeldschädlich aus
(BFH-Urteil in BFHE 204, 120, BStBl II 2010, 1046 = SIS 04 05 44,
unter II.2.). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass das
Kindergeld gemäß § 66 Abs. 2 EStG bis zum Ende des
Monats gezahlt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen
(BFH-Urteil in BFHE 204, 120, BStBl II 2010, 1046 = SIS 04 05 44).
Danach ist Kindergeld für den Zuflussmonat der Nachzahlung zu
gewähren, wenn die finanziellen Mittel in diesem Monat ohne
Berücksichtigung der Nachzahlung nicht ausgereicht
hätten, um den gesamten Bedarf des behinderten Kindes zu
decken.
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3. Gemessen an diesen Grundsätzen war S
in den streitigen Monaten nicht in der Lage, sich selbst zu
unterhalten.
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a) In der Vorentscheidung wurden für Mai
2009 Einkünfte (./. 43,77 EUR) und Bezüge (Summe der
zugeflossenen Alg II-Zahlungen abzüglich anteiliger
Kostenpauschale für Bezüge: 2.393,11 EUR) in Höhe
von insgesamt 2.349,34 EUR angesetzt.
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Selbst wenn man mit dem FG, was im Ergebnis
zutreffend sein dürfte, davon ausgeht, dass die an S gezahlten
- gemäß § 3 Nr. 2b EStG steuerfreien - Alg
II-Zahlungen nach §§ 19 ff. SGB II als Bezüge zu
qualifizieren sind (s. dazu BFH-Urteil vom 26.11.2003 VIII R 32/02,
BFHE 204, 454, BStBl II 2004, 588 = SIS 04 13 97, zu Zahlungen nach
§ 11 BSHG; s. auch Abschn. 31.2.4.2 Abs. 1 Nr. 5 der
Dienstanweisung zur Durchführung des
Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des
Einkommensteuergesetzes - DA-FamEStG -, BStBl I 2012, 739),
hätte das am 29.5.2009 für den Monat Juni 2009
zugeflossene Alg II (804,37 EUR) erst im Juni 2009, das am 6.5.2009
für April 2009 zugeflossene Alg II (804,37 EUR) hingegen
bereits im April 2009 erfasst werden müssen. Danach
reduzierten sich die finanziellen Mittel des S um insgesamt
1.608,74 EUR auf 740,60 EUR; sein im Mai 2009 unstreitig gegebener
Bedarf in Höhe von 1.196 EUR wäre nicht
überschritten.
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b) Für den Monat Dezember 2009 ist das FG
von Einkünften (./. 264,07 EUR) und Bezügen (Summe der
zugeflossenen Alg II-Zahlungen und Einstiegsgelder abzüglich
anteiliger Kostenpauschale für Bezüge: 1.869,21 EUR) in
Höhe von insgesamt 1.605,14 EUR ausgegangen.
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Beurteilte man in Übereinstimmung mit dem
FG auch das Einstiegsgeld nach § 16b SGB II, was im Ergebnis
ebenfalls zutreffend sein dürfte, als einen Bezug (s. auch
Abschn. 31.2.4.2 Abs. 1 Nr. 5 DA-FamEStG, BStBl I 2012, 739),
hätte von dem am 3.12.2009 für fünf Monate
ausbezahlten Einstiegsgeld der auf November 2009 entfallende Anteil
in Höhe von 179,50 EUR bereits im November 2009 erfasst werden
müssen. Danach verblieben dem S im Dezember 2009 finanzielle
Mittel in Höhe von 1.425,64 EUR, die eine Nachzahlung in
Höhe von 718 EUR (Einstiegsgeld für vier Monate)
enthielten. Sein unstreitig gegebener Bedarf in Höhe von 1.212
EUR wäre daher erst durch die Einbeziehung der genannten - im
Laufe des Monats Dezember 2009 zugeflossenen - Nachzahlung
überschritten worden. Diese Nachzahlung hätte sich daher
erst ab dem Folgemonat (Januar 2010) kindergeldschädlich
auswirken können.
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Etwas anderes ergäbe sich auch nicht
daraus, dass die dem S am 30.11.2009 für Dezember 2009
gewährte Alg II-Zahlung in Höhe von 844,50 EUR (bzw.
812,21 EUR nach Abzug des hierfür gezahlten Rentenbeitrags) -
wie sich aus der von dem FG ausdrücklich in Bezug genommenen
Anlage K 18 der Klägerin ergibt - im Dezember 2009 hätte
erfasst werden müssen. Denn im Gegenzug hätte auch die am
31.12.2009 zugeflossene Alg II-Zahlung für Januar 2010 (812,21
EUR) erst im Januar 2010 berücksichtigt werden
dürfen.
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25
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4. Die Sache ist spruchreif. Das FG hat in der
Vorentscheidung angenommen, dass die Behinderung des S nach den
Gesamtumständen des Einzelfalls in erheblichem Umfang
mitursächlich für die Unfähigkeit zum
Selbstunterhalt ist (s. dazu ausführlich Senatsurteil vom
15.3.2012 III R 29/09, BFHE 237, 68, BStBl II 2012, 892 = SIS 12 14 21). Die Kausalität stehe - so das FG - nach der
fachärztlichen Stellungnahme vom 14.5.2010 außer
Streit.
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Diese vom FG vorgenommene und nicht mit einer
zulässigen und begründeten Verfahrensrüge
angegriffene Tatsachenwürdigung ist für den Senat nach
§ 118 Abs. 2 FGO bindend, weil sie zumindest möglich ist
und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze
verstößt (s. dazu BFH-Urteil vom 9.12.2009 II R 52/07,
BFH/NV 2010, 824 = SIS 10 11 61). Auch wenn im Streitfall
verschiedene Umstände für eine Fähigkeit des S zum
Selbstunterhalt sprechen mögen, wie z.B. das abgeschlossene
Musikstudium und der Bezug von Alg II (s. dazu Senatsurteil vom
19.11.2008 III R 105/07, BFHE 223, 365, BStBl II 2010, 1057 = SIS 09 06 82, unter II.2.b), ist die vom FG vorgenommene Würdigung
von den Ausführungen in der fachärztlichen Stellungnahme
gedeckt, wonach S infolge der geburtsbedingten Behinderung in
seiner Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt und ihm
eine tägliche Erwerbstätigkeit von mehr als drei Stunden
nicht möglich sei. Abgesehen davon ist der hohe GdB des S ein
gewichtiges Indiz für eine gegebene Unfähigkeit zum
Selbstunterhalt (Senatsurteil in BFHE 223, 365, BStBl II 2010, 1057
= SIS 09 06 82, unter II.2.c). Dass die Behinderung des S vor
Vollendung dessen 25. Lebensjahres eingetreten ist, steht
außer Frage.
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5. Nach alledem war die Familienkasse wegen
eines bestehenden Kindergeldanspruchs nicht befugt, die
Festsetzungen für die Monate Mai 2009 und Dezember 2009
aufzuheben.
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