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Maßgeblichkeit des Einkünftebegriffs des § 2 Abs. 2 EStG für den Einkünftebegriff in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

Maßgeblichkeit des Einkünftebegriffs des § 2 Abs. 2 EStG für den Einkünftebegriff in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG: 1. Erzielt ein Kind Gewinneinkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG, sind diese auch im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht nach dem Zuflussprinzip zu erfassen, soweit sich aus den Regeln über die Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ein abweichender Realisationszeitpunkt ergibt. - 2. Ein gewerblicher Veräußerungsgewinn, der nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG aufgrund des Veräußerungszeitpunkts im laufenden Veranlagungszeitraum zu erfassen ist, muss nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes für das laufende Kalenderjahr auch dann berücksichtigt werden, wenn er dem Kind tatsächlich erst nach dem laufenden Kalenderjahr zufließt. - Urt.; BFH 22.12.2011, III R 69/09; SIS 12 12 76

Kapitel:
Unternehmensbereich > Betriebsaufgabe, Veräußerung, Anteilsübertragung
Fundstellen
  1. BFH 22.12.2011, III R 69/09
    BStBl 2012 II S. 888
    NJW 2012 S. 2752
    LEXinform 0927300

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 27.11.2012
    R.G. in BFH/PR 7/2012 S. 234
    R.G. in StC 7-8/2012 S. 9
    R.W. in HFR 7/2012 S. 730
    -/- in NWB 20/2012 S. 1643
Normen
[EStG] § 32 Abs. 4 Satz 2, § 2 Abs. 2, § 16 Abs. 2 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 20.08.2009, SIS 09 39 40, Kinderfreibetrag, Grenzbetrag, Veräußerungsgewinn, Einkünfteermittlung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Nürnberg 10.12.2014, SIS 15 07 47, Berücksichtigung von Schmerzensgeld bei der Berechnung des Kindergeldanspruches eines volljährigen behind...
  • BFH 18.4.2013, SIS 13 25 09, Kindergeldberechtigung bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG, Monatsprinzip: 1. Der Anspr...
  • BFH 11.4.2013, SIS 13 24 86, Kindergeldrechtliche Erfassung monatlich wiederkehrender Einkünfte und Bezüge im Rahmen der monatsbezogen...
  • BFH 20.12.2012, SIS 13 08 42, Einheitliche Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts bei der Einkommensteuerfestsetzung und der Kinderge...

 

1

I. Die für das Streitjahr (2004) zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Eltern der im April 1979 geborenen Tochter (T) und des im Mai 1981 geborenen Sohnes (S). Beide Kinder befanden sich während des ganzen Jahres 2004 in Berufsausbildung. S wohnte an seinem Studienort in der Schweiz.

 

 

2

Der Kläger hatte sich bereits vor dem Streitjahr an der gewerblichen Mitunternehmerschaft „X-atypisch stille Gesellschaft“ mit einer Einlage von 153.387,56 EUR atypisch still beteiligt. Die Beteiligung wurde treuhänderisch von der Y-Treuhand GmbH (Y) gehalten, deren Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war. Die atypisch stille Gesellschaft begann nach § 3 des Gesellschaftsvertrags am 1.12.1992 und war für die Zeit bis zum 31.12.2004 fest vereinbart. Das Auseinandersetzungsguthaben war nach § 12.4 des Gesellschaftsvertrags unabhängig von dem Zeitpunkt und den Gründen des Ausscheidens aus der stillen Gesellschaft bzw. ihrer Beendigung erst zum 31.12.2005 zahlbar. Mit Vereinbarung vom 1.1.2003 übertrug der Kläger diese Beteiligung vor dem Hintergrund des für 2004 anstehenden Veräußerungsgewinns je zur Hälfte auf seine Kinder. Die Schenkung wurde durch Eintragung in das Verzeichnis der Gesellschafter vollzogen. Zum 31.12.2004 wurde die stille Beteiligung durch die Geschäftsinhaberin gekündigt. Die Auseinandersetzungsguthaben der atypisch still Beteiligten wurden ausweislich der Bestätigung der Y vom 12.7.2005 dann gemäß § 12.4 des Gesellschaftsvertrags am 31.12.2005 ausgezahlt. Das für die Feststellung der Einkünfte der atypisch stillen Gesellschaft zuständige Finanzamt stellte für den Veranlagungszeitraum 2004 auf T und S entfallende Anteile am laufenden Gewinn von jeweils 2.930,04 EUR und einen Veräußerungsgewinn von jeweils 59.923,94 EUR fest.

 

 

3

Mit Einkommensteuerbescheid 2004 vom 7.2.2006 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Gewährung der Kinderfreibeträge für die beiden Kinder mit der Begründung ab, dass deren eigene Einkünfte in 2004 über dem Höchstbetrag gelegen hätten. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.

 

 

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in EFG 2010, 334 = SIS 09 39 40 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

 

 

5

Hiergegen richtet sich die von den Klägern eingelegte Revision. Zu deren Begründung führen die Kläger im Wesentlichen aus, dass nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) zwar der Einkünftebegriff des § 2 Abs. 2 EStG maßgeblich sein dürfte. Weitere, im Streitfall nicht erfüllte Voraussetzung sei jedoch, dass diese Einkünfte zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung geeignet sein müssten. Zu Unrecht gehe das FG davon aus, dass auch Einkünfte, die erst am 31.12.2005 zugeflossen seien, geeignet seien, den Unterhalt und die Kosten der Berufsausbildung im Streitjahr 2004 zu bestreiten. Das FG-Urteil widerspreche dem Beschluss des FG München vom 7.10.2001 9 V 4001/01 (juris = SIS 02 83 44). Entgegen der Auffassung des FG liege im Streitfall eine Fruchtziehung aus dem zugewendeten Gegenstand allenfalls hinsichtlich der Ertragsausschüttungen der atypischen stillen Beteiligung, nicht jedoch hinsichtlich des erzielten Veräußerungsgewinns vor. Wenn sich der Wert der Beteiligung beispielsweise durch Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz buchmäßig reduziert habe und sich hierdurch bei der Rückführung der Beteiligung durch die Geschäftsinhaberin ein Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG ergebe, stehe ein solcher Veräußerungsgewinn keinesfalls zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung. Zur Bestreitung des Unterhalts stünden allenfalls die laufenden Einkünfte, nicht jedoch die Vermögensmasse selbst zur Verfügung.

 

 

6

Die Kläger beantragen sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2004 dahingehend abzuändern, dass die beantragten Kinderfreibeträge gewährt werden.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FA bei der nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durchzuführenden Berechnung der Einkünfte der Kinder auch die Gewinne aus der Veräußerung der atypisch stillen Beteiligungen berücksichtigt.

 

 

9

1.a) Die Gewährung eines Freibetrags für das sächliche Existenzminimum sowie eines Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes setzt nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG voraus, dass es sich um ein „zu berücksichtigendes Kind“ des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist ein Kind unter weiteren, hier unstrittig vorliegenden Voraussetzungen nur, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr hat (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG).

 

 

10

Für sich in Berufsausbildung befindende, auswärtig untergebrachte, volljährige Kinder ist nach § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG ein weiterer Freibetrag zu gewähren. Voraussetzung für die Gewährung dieses Freibetrags ist jedoch, dass für das Kind ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld besteht.

 

 

11

b)aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist unter dem Begriff der Einkünfte i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entsprechend der Definition in § 2 Abs. 2 EStG bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k EStG) und bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a EStG) zu verstehen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31.3.2008 III B 90/06, BFH/NV 2008, 1318 = SIS 08 28 11). Die Maßgeblichkeit des Einkünftebegriffs des § 2 Abs. 2 EStG für den Einkünftebegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht beanstandet (BVerfG-Beschluss vom 11.1.2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 = SIS 05 30 28, unter B.II.2). Ebenso ist für die zeitliche Zuordnung der Einkünfte auf den Einkünftebegriff des § 2 Abs. 2 EStG abzustellen. Daher ist das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG nur im Rahmen der Überschusseinkunftsarten des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG anzuwenden, lässt nach § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG dagegen die für die Gewinneinkunftsarten des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG geltenden Sondervorschriften unberührt (BFH-Urteil vom 16.4.2002 VIII R 76/01, BFHE 199, 116, BStBl II 2002, 525 = SIS 02 09 39; Jachmann, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 32 Rz C 44).

 

 

12

bb) Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die bei der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, erzielt werden. Hierunter fällt auch das Ausscheiden eines atypisch stillen Gesellschafters aus der atypisch stillen Gesellschaft gegen einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch (vgl. BFH-Beschluss vom 3.6.1997 VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 = SIS 97 19 31; Schmidt/Wacker, EStG, 30. Aufl., § 16 Rz 420, 421, m.w.N.). Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 Abs. 1 EStG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). Der Wert des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG).

 

 

13

Der Zeitpunkt der Veräußerung ist bestimmend für den Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung, und zwar unabhängig davon, ob der Veräußerungserlös sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Erlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.7.1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 = SIS 93 23 33, unter C.II.2.b).

 

 

14

cc) Im Streitfall wurde die atypisch stille Gesellschaft von der Geschäftsinhaberin zum 31.12.2004 gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Ausscheiden aus der Gesellschaft wirksam. Dass der auf den 31.12.2004 festzustellende Anspruch auf das Gesamtauseinandersetzungsguthaben nach § 12.4 des Gesellschaftsvertrags erst zum 31.12.2005 fällig war, ist für den Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung nicht von Bedeutung.

 

 

15

c) Bei den Veräußerungsgewinnen handelt es sich auch um Einkünfte, die im Kalenderjahr 2004 i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zur Bestreitung des Unterhalts von S und T bestimmt oder geeignet waren.

 

 

16

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 = SIS 05 30 28, unter B.II.3.) ist der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enthaltene Relativsatz „die zur Bestreitung des Unterhalts (...) bestimmt oder geeignet sind“ bei verfassungskonformer Auslegung nicht nur auf die Bezüge, sondern auch auf die Einkünfte des Kindes zu beziehen. Nach dieser Entscheidung sind diejenigen Beträge, die, wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge, von Gesetzes wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht verfügbar sind und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken können, sondern anderen Zwecken als der Bestreitung des Unterhalts zu dienen bestimmt sind, nicht in die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen. Zur Begründung verwies das BVerfG u.a. auch darauf, dass diese Auslegung mit der Entstehungsgeschichte der Norm in Einklang steht, wonach es für die Gewährung der Freibeträge nicht allein darauf ankommen soll, ob der unterhaltspflichtige Steuerpflichtige die Unterhalts- und Ausbildungskosten tatsächlich überwiegend getragen hat. Es sollte vielmehr auch berücksichtigt werden, ob das Kind aus seinen eigenen Einkünften und Bezügen zu den Kosten seines Unterhalts und seiner Berufsausbildung hätte beitragen können (BTDrucks 4/2617, S. 6).

 

 

17

bb) Bei Gewinnen, die nach den Gewinnermittlungsgrundsätzen des § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 EStG realisiert sind, bei dem Kind aber im Realisierungszeitpunkt tatsächlich noch zu keinem Liquiditätszufluss geführt haben, handelt es sich weder um Einkünfte, die dem Kind von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stehen, noch um solche, die durch unvermeidbare (zwangsläufige) Aufwendungen gebunden sind und daher nicht zur Bestreitung des Existenzminimums zur Verfügung stehen (s. dazu Senatsurteil vom 14.12.2006 III R 24/06, BFHE 216, 225, BStBl II 2007, 530 = SIS 07 04 33). Vielmehr erhöhen auch solche Gewinne die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kindes im Kalenderjahr der Gewinnentstehung und sind zur Bestreitung des Unterhalts des Kindes geeignet. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum hat, innerhalb dessen er auch vertretbare Typisierungen vornehmen darf (BVerfG-Beschlüsse vom 10.4.1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, BStBl II 1997, 518 = SIS 97 14 55, unter B.I.1.; und vom 12.5.2009 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, BFH/NV 2009, 1382 = SIS 09 21 10, unter B.I.2.b bb, zum Ziel der Praktikabilität als Rechtfertigungsgrund). Dabei dürfen einzelne Belastungsunterschiede zwischen den verschiedenen Einkunftsarten nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr müssen steuererhebliche Unterschiede zwischen den Einkunftsarten in einem Gesamtvergleich der typischerweise zusammentreffenden Vor- und Nachteile analysiert und bewertet werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 96, 1, BStBl II 1997, 518 = SIS 97 14 55, unter B.II.2.). Insoweit steht bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich der Berücksichtigung nicht zugeflossener Erträge z.B. auch die Berücksichtigung nicht abgeflossener Ausgaben gegenüber. Darüber hinaus wird im Streitfall eine Verfügungsmöglichkeit der Kinder über ihre Abfindungsansprüche nicht durch die fehlende Fälligkeit der Ansprüche ausgeschlossen. Vielmehr konnten die Kinder bereits im Kalenderjahr 2004 über diese Ansprüche verfügen, z.B. durch Abtretung oder Verpfändung an die Kläger oder an Dritte.

 

 

18

cc) Im Übrigen hat der Senat unter dem Gesichtspunkt zulässiger gesetzlicher Typisierungen auch im Bereich der Überschusseinkunftsarten keine reine Liqiditätsbetrachtung angestellt. Vielmehr wurden etwa einbehaltene Lohnsteuer- und Kapitalertragsteuerbeträge im Kalenderjahr des Einbehalts als verfügbare Einkünfte in die Grenzbetragsberechnung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einbezogen, obwohl auch in diesen Fällen eine Erstattung zu viel gezahlter Abzugsbeträge erst in den Folgejahren erfolgt (s. hierzu BFH-Urteile vom 26.9.2007 III R 4/07, BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738 = SIS 08 08 32, und vom 20.11.2008 III R 75/07, BFH/NV 2009, 567 = SIS 09 08 98).

 

 

19

d) Der Veräußerungsgewinn kann - entgegen der Auffassung der Kläger - bei der nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durchzuführenden Einkünfteberechnung auch nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil er nicht auf eine Fruchtziehung, sondern auf eine bloße Vermögenszuwendung zurückzuführen sei.

 

 

20

Zwar sind nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 4.8.2011 III R 22/10, BFH/NV 2012, 89 = SIS 11 37 19) Vermögensübertragungen von Eltern auf ihre Kinder bei der Ermittlung der Bezüge des Kindes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG allgemein außer Betracht zu lassen. Anzusetzen sind vielmehr allein Zuflüsse „von außen“, sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung geeignet oder bestimmt sind (s. hierzu auch BFH-Urteil vom 28.1.2004 VIII R 21/02, BFHE 205, 196, BStBl II 2004, 555 = SIS 04 14 42). Diese Rechtsprechung betrifft aber nur Zuwendungen, die außerhalb des Bereiches der Einkünfteermittlung stattfinden, und daher allenfalls als Bezüge erfasst werden könnten.

 

 

21

Im Streitfall hat das FA aber nicht eine Vermögensübertragung des Klägers an seine Kinder bei der Bezügeberechnung berücksichtigt. Denn die Vermögenszuwendung bestand nur in der Übertragung der Beteiligung an der atypisch stillen Gesellschaft und fand bereits im Jahr 2003 statt. Mit der Vermögenszuwendung hat der Kläger seinen Kindern jedoch - worauf das FG zu Recht hingewiesen hat - zugleich eine Einkünftequelle übertragen, aus der zum einen laufende Erträge, zum anderen aber auch Erträge aus der Aufdeckung der in der Beteiligung ruhenden stillen Reserven erzielt werden konnten. Die Erhaltung der betrieblichen Einheit (Mitunternehmeranteil) als Einkünftequelle ist dabei gerade Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 EStG, der in Abweichung vom Grundsatz der Individualbesteuerung mit der Buchwertfortführung durch den unentgeltlichen Rechtsnachfolger die interpersonelle Verlagerung stiller Reserven erlaubt (vgl. hierzu Schmidt/Kulosa, EStG, 30. Aufl., § 6 Rz 645, m.w.N.). Entsprechend muss sich der unentgeltliche Rechtsnachfolger die (unversteuert) auf ihn übertragenen stillen Reserven bei deren Aufdeckung als eigene Einkünfte zurechnen lassen.

 

 

22

2. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung nicht verzichtet. Der Senat hält es für sachdienlich, gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90a FGO durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.