Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Erbschaft nach einem Elternteil kein kindergeldrechtlicher Bezug

Erbschaft nach einem Elternteil kein kindergeldrechtlicher Bezug: Die Beteiligung am Nachlass nach einem verstorbenen Elternteil führt nicht zu einem Bezug des Kindes i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. - Urt.; BFH 4.8.2011, III R 22/10; SIS 11 37 19

Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
  1. BFH 04.08.2011, III R 22/10
    BStBl 2012 II S. 337
    DStR 2011 S. 2247
    NJW 2012 S. 110
    LEXinform 0927685

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 17.4.2012
    R.G. in BFH/PR 2/2012 S. 46
    R.G. in StC 2/2012 S. 8
    KAM in Stbg 3/2012 S. M 14
Normen
[EStG] § 2 Abs. 2, § 32 Abs. 4 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 04.03.2010, SIS 10 16 55, Kindergeld, Grenzbetrag, Bezüge, Erbschaft
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 16.2.2023, SIS 23 07 41, Selbstunterhalt des behinderten Kindes aus einer durch Vermögensumschichtung begründeten privaten Rente: ...
  • FG Baden-Württemberg 14.4.2022, SIS 22 09 43, Fähigkeit eines behinderten Kindes zum Selbstunterhalt: 1. Bei der Prüfung, ob ein Kind aufgrund seiner B...
  • BFH 15.12.2021, SIS 22 06 30, Kindergeld für behinderte Kinder, Berücksichtigung eines Teils der Kapitalleistung aus einer Rentenversic...
  • FG München 21.7.2020, SIS 20 15 01, Prüfung, inwieweit ein behindertes volljähriges Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten: Eine ei...
  • BFH 11.4.2013, SIS 13 24 86, Kindergeldrechtliche Erfassung monatlich wiederkehrender Einkünfte und Bezüge im Rahmen der monatsbezogen...
  • BFH 20.3.2013, SIS 13 16 79, Anspruch auf Kindergeld für ein behindertes Kind: Erhält ein behindertes Kind vom Träger der Sozialhilfe ...
  • BFH 22.12.2011, SIS 12 12 76, Maßgeblichkeit des Einkünftebegriffs des § 2 Abs. 2 EStG für den Einkünftebegriff in § 32 Abs. 4 Satz 2 E...

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Vater von S und C, die sich im Jahr 2006 in Ausbildung befanden. Im Mai 2006 verstarb die Mutter der Söhne, die frühere Ehefrau des Klägers. Zum Nachlass der Erblasserin, an dem die Söhne zu je 3/8 beteiligt waren, gehörten zwei Eigentumswohnungen, Wertpapiere (ca. 140.000 EUR), Bausparguthaben (ca. 42.000 EUR), Lebensversicherungen sowie Guthaben bei Kreditinstituten (ca. 31.000 EUR).

 

 

2

Der Kläger bezog bis Juli 2007 Kindergeld für S. Im Mai 2007 beantragte er auch für C Kindergeld für den Zeitraum Juni bis Dezember 2006. Bis Mai 2006 hatte die Mutter Kindergeld für C erhalten. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte den Antrag für C durch Bescheid vom 2.1.2008 ab. Außerdem hob sie durch Bescheid vom selben Tag die Kindergeldfestsetzung für S für den Zeitraum Januar bis Dezember 2006 auf. Die Familienkasse war der Ansicht, unter Berücksichtigung der Erbschaft hätten die jeweiligen Einkünfte und Bezüge von S und C den Jahresgrenzbetrag von 7.680 EUR nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Jahr 2006 geltenden Fassung (EStG) überschritten. Die Einsprüche des Klägers hatten keinen Erfolg.

 

 

3

Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt (Urteil vom 4.3.2010 10 K 128/08, EFG 2010, 1136 = SIS 10 16 55). Es hob den S betreffenden Aufhebungsbescheid auf und verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für C für den Zeitraum Juni bis Dezember 2006 zu gewähren. Es war der Ansicht, die Mittel aus der Erbschaft seien nicht als Bezüge anzusehen. Die Familienkasse habe zu Recht die Eigentumswohnungen außer Betracht gelassen. Gleiches habe für die Wertpapiere, Lebensversicherungen und Bausparverträge zu gelten, da diese als Kapitalanlage bzw. Altersvorsorge dienten und nicht für den Lebensunterhalt bestimmt seien. Die kurzfristig verfügbaren Mittel von S und C auf Konten und Sparbüchern von jeweils mehr als 10.000 EUR seien zwar zur Bestreitung des Unterhalts geeignet, sie seien jedoch deshalb nicht anzusetzen, weil sie von einem grundsätzlich kindergeldberechtigten und unterhaltsverpflichteten Elternteil stammten und aus diesem Grund nicht als Bezug in Betracht kämen. Wenn freiwillige Zuwendungen von Eltern an ihre Kinder nicht zu den Bezügen zu zählen seien, so müsse dies auch für Zuwendungen von Todes wegen gelten.

 

 

4

Zur Begründung der Revision trägt die Familienkasse vor, die Grundsätze über die kindergeldrechtliche Behandlung von Zuwendungen von Eltern an ihre Kinder seien auf Erbschaften nach einem Elternteil nicht anzuwenden. Der Gedanke der Praktikabilität, der dafür spreche, Zuwendungen unter Lebenden außer Betracht zu lassen, komme hier nicht zum Tragen. Da die Unterhaltsverpflichtung mit dem Tod ende, könne eine Erbschaft keine Unterhaltsleistung mehr sein.

 

 

5

Die Familienkasse beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

6

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

7

Es sei sachgerecht, Vermögensverschiebungen zwischen Eltern und Kindern in einem Raum zu belassen, der sich der staatlichen Einflussnahme entziehe. Die besondere Eltern-Kind-Beziehung bestehe über den Tod der Eltern oder eines Elternteils hinaus fort, gerade auch in seinen finanziellen Aspekten. Es wäre mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar, wenn freiwillige Zuwendungen lebender Eltern an ihre Kinder bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Betracht blieben, nicht aber der Vermögenszufluss aus der Erbschaft nach einem verstorbenen Elternteil.

 

 

8

II. Die Revision ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zutreffend die Mittel, welche die Söhne des Klägers aus der Erbschaft nach ihrer Mutter erlangten, nicht als Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG beurteilt.

 

 

9

1. Für ein nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG zu berücksichtigendes Kind wird nur dann nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 EStG Kindergeld gewährt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR (Jahr 2006) hat (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG).

 

 

10

2. Einkünfte sind solche i.S. von § 2 Abs. 2 EStG, zu den Bezügen gehören alle Zuflüsse in Geld oder Naturalleistungen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden (z.B. Senatsurteile vom 29.5.2008 III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664 = SIS 08 35 78; vom 28.5.2009 III R 8/06, BFHE 225, 141, BStBl II 2010, 346 = SIS 09 25 64).

 

 

11

a) Nicht einzubeziehen sind Unterhaltsleistungen der Eltern an ihre Kinder (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs 63.4.2.3.1 Abs. 3 Nr. 3, BStBl I 2009, 1030 = SIS 09 30 63; Schmidt/Loschelder, EStG, 30. Aufl., § 32 Rz 54). Ebenso wenig sind freiwillige, über die gesetzliche Unterhaltspflicht hinausgehende Leistungen eines Elternteils als Bezüge des Kindes anzusetzen. Sie beeinflussen die Kindergeldberechtigung des anderen Elternteils nicht. Vermögensübertragungen von Eltern auf ihre Kinder sind bei Ermittlung der Bezüge des Kindes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG allgemein außer Betracht zu lassen, anzusetzen sind allein Zuflüsse „von außen“, sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung geeignet oder bestimmt sind.

 

 

12

b) Ein Zufluss von Vermögenswerten, der bei einem Kind dadurch eintritt, dass er einen Elternteil beerbt, ist für Zwecke der Freibetragsgewährung nach § 32 Abs. 6 EStG und des Kindergeldes nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 EStG ebenso außer Betracht zu lassen wie Schenkungen seitens der Eltern zu deren Lebzeiten. Auch im Erbfall nach einem Elternteil liegt kein Zufluss von dritter Seite vor.

 

 

13

c) Dieses Ergebnis vermeidet rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten, die auftreten können, wenn der Nachlass keine oder nur geringe liquide Mittel enthält, die das Kind für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einsetzen könnte. Es braucht daher nicht im Einzelfall entschieden zu werden, in welchem Umfang ein Kind gehalten ist, ererbte liquide Mittel zu verbrauchen, ebenso wenig, ob es verpflichtet ist, nicht liquide Nachlassgegenstände zu verwerten. Zudem wäre es insbesondere dann, wenn der überlebende kindergeldberechtigte Elternteil mit den Kindern eine Erbengemeinschaft bildet, nicht sachgerecht, ihm die Beteiligung seiner Kinder am Nachlass entgegenzuhalten.

 

 

14

3. Im Streitfall führte die Nachlassbeteiligung der Söhne des Klägers nicht zu einem Überschreiten der Einkünfte- und Bezügegrenze nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Das FG hat zu Recht der Klage stattgegeben.