Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Verwertungsverbot; Rehabilitationsinteresse des Steuerpflichtigen; Verhältnismäßigkeit eines von der Steuerfahndung gestellten Auskunftsersuchens

Verwertungsverbot, Rehabilitationsinteresse des Steuerpflichtigen, Verhältnismäßigkeit eines von der Steuerfahndung gestellten Auskunftsersuchens: 1. Ein rechtswidriger Durchsuchungsbeschluss führt nur dann zu einem Beweisverwertungsverbot, das auch nicht durch zulässige, erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden kann, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden. - 2. Ein von der Steuerfahndung im steuerlichen Ermittlungsverfahren gestelltes Auskunftsersuchen ist rechtswidrig, wenn es den Eindruck erweckt, dass trotz der Einstellung des Strafermittlungsverfahrens weiter wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt werde, hierdurch das Ansehen des Steuerpflichtigen erheblich gefährdet wird und mit einem Auskunftsersuchen durch die Veranlagungsstelle ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte. - Urt.; BFH 4.12.2012, VIII R 5/10; SIS 13 02 77

Kapitel:
Verschiedenes > Steuerfahndung, Steuerstrafrecht
Fundstellen
  1. BFH 04.12.2012, VIII R 5/10
    BStBl 2014 II S. 220
    DStR 2013 S. 253
    NJW 2013 S. 1119
    BFH/NV 2013 S. 431
    BFHE 239 S. 19
    LEXinform 0927480

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 7.3.2014
    M.G. in BB 13/2013 S. 744
    H.J.P. in BFH/PR 4/2013 S. 134
    F.W. in HFR 3/2013 S. 202
    jh in StuB 6/2013 S. 232
    D.B. in NWB 22/2013 S. 1733
    KAM in Stbg 6/2013 S. M 17
Normen
[FGO] § 100 Abs. 1 Satz 4
[AO 1977] § 93 Abs. 1, § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 15.12.2009, SIS 10 10 43, Sperrwirkung, Steuerfahndung, Steuerstrafverfahren, Verwertungsverbot
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 27.2.2023, SIS 23 08 76, Verwertung der im Rahmen einer Außenprüfung bei einem Berufsgeheimnisträger festgestellten Verhältnisse v...
  • BFH 12.7.2022, SIS 22 16 37, Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Flankenschutzprüfer: 1. Die unangekündigte Wohnungsbesich...
  • FG Berlin-Brandenburg 4.4.2022, SIS 22 07 67, Auswertung von Kontrollmaterial über Feststellungen, die auf Unterlagen beruhen, für die dem Grunde nach ...
  • FG Berlin-Brandenburg 26.11.2021, SIS 22 05 65, Auskunftsersuchen an Dritte: 1. Die Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 AO setzt voraus, dass das Fin...
  • FG Köln 28.12.2020, SIS 21 03 38, Auskunftsersuchen nach Luxemburg auf Basis einer sog. Steuerdaten-CD: 1. Die Steuerfahndung kann im Rahme...
  • BFH 28.10.2020, SIS 20 21 31, Auskunftsersuchen an Dritte ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Steuerpflichtigen: 1. Um ein Ausku...
  • BFH 15.10.2019, SIS 19 18 81, Nachträgliche Aufhebung eines Durchsuchungsbeschlusses führt zur Rechtswidrigkeit einer bei der Durchsuch...
  • FG Berlin-Brandenburg 27.8.2019, SIS 19 19 66, Verbot der Überpfändung: 1. Das Verbot der Überpfändung gemäß § 281 Abs. 2 AO ist ein Schutzgesetz im Sin...
  • BFH 17.10.2018, SIS 18 19 15, Fortsetzungsfeststellungsklage nach erledigter Arrestanordnung: Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ei...
  • FG Berlin-Brandenburg 30.8.2018, SIS 18 21 80, Erwerb von Kraftfahrzeugen durch einen Gebrauchtwagenhändler von anderen Personen als den letzten Haltern...
  • FG Münster 11.7.2018, SIS 18 18 52, Bloßes Betreten einer Wohnung als Realakt: 1. Das Betreten einer Wohnung zu Ermittlungsmaßnahmen erfüllt ...
  • BMF 12.1.2018, SIS 18 00 57, AEAO, Anpassung an die Datenschutz-Grundverordnung und die datenschutzrechtlichen Neuregelungen der AO mi...
  • BFH 29.8.2017, SIS 17 26 00, Zur Steuerbarkeit von Eingliederungszuschüssen: Ob trotz fehlender ausdrücklicher Differenzierung des Ges...
  • FG Köln 22.3.2017, SIS 17 20 71, Anordnung einer steuerlichen Außenprüfung sowie deren nachträgliche Erweiterung: 1. Eine Prüfung nach § 1...
  • FG München 22.11.2016, SIS 18 13 16, Zurechnung nicht erklärter Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung, Festsetzun...
  • FG Köln 22.9.2016, SIS 17 00 88, Fortsetzungsfeststellungsklage, unmittelbarer Zwang: 1. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung de...
  • BFH 12.5.2016, SIS 16 15 37, Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen, Grundrechtsschutz nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG: 1. Ein ...
  • BFH 30.9.2015, SIS 16 05 00, Ständige Wohnstätte i.S. des DBA-Schweiz: Der Begriff der ständigen Wohnstätte i.S. des Art. 4 Abs. 3 DBA...
  • BFH 7.8.2015, SIS 15 22 82, Anfechtung der Lohnsteueranmeldung durch Arbeitnehmer, notwendige Beiladung bei Fortsetzungsfeststellungs...
  • Niedersächsisches FG 30.6.2015, SIS 15 22 37, Auskunftspflicht Dritter, Verpflichtung eines Servicedienstleisters zur Herausgabe von Daten der Nutzer e...
  • FG München 28.4.2015, SIS 15 29 34, Ausdehnung einer Betriebsprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen: 1. Wird ...
  • BFH 15.4.2015, SIS 16 02 95, Kapitalerträge in Luxemburg, Beweisverwertungsverbot, Mitwirkung des Steuerpflichtigen im Besteuerungsver...
  • FG München 26.1.2015, SIS 15 07 66, Verwertungsverbot, vGA, Nebenkosten für die Erbringung der Sacheinlage durch Gründungsgesellschafter: 1. ...
  • FG Köln 1.10.2014, SIS 14 33 98, Unzulässige Klage nach Ablauf des Freistellungszeitraums: 1. Eine Freistellungsbescheinigung nach § 50 d ...
  • FG Münster 12.2.2014, SIS 14 11 99, Prüfungsmaßnahmen nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) bei einer Taxi-Genossenschaft, B...
  • FG Hamburg 18.4.2013, SIS 13 19 02, Sammelauskunftsersuchen: Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass bei Versicherungsvertretern infolge von Sch...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 13.3.2013, SIS 13 23 88, "Berechtigtes Interesse" an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten, ohne vorherige Anfrag...
Fachaufsätze
  • LIT 02 66 85 D. Beyer, NWB 22/2013 S. 1733: Grenzen für den Einsatz von Flankenschutzfahndern - Gleichzeitig eine Besprechung des BFH-Urteils vom 4.1...

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte in den Jahren 1998 bis 2001 u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit für eine leitende Tätigkeit in einem eingetragenen Verein (X), die gemäß seiner Einkommensteuererklärung in folgender Höhe der Besteuerung zugrunde gelegt wurden: 1997: 15.233 DM, 1998: 20.793 DM, 1999: 10.871 DM, 2000: 19.297 DM, 2001: 21.647 DM.

 

 

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) leitete gegen den Kläger ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerverkürzung ein.

 

 

3

Das Amtsgericht (AG) ordnete auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Wohnung des Klägers, der Geschäftsräume von Bankinstituten und des X an. Zur Vollziehung des Durchsuchungsbeschlusses wurde der Kläger von den Beamten des FA in seiner Wohnung aufgesucht. Nachdem sich der Kläger hinsichtlich des Vorwurfs der Steuerhinterziehung entlasten konnte, verzichteten die Vertreter des FA auf die Vollziehung des Durchsuchungsbeschlusses. Der Kläger überließ dem FA diverse Unterlagen zur weiteren Nachprüfung seiner Angaben, u.a. auch Kontoauszüge des X. Bei deren Auswertung stellte das FA fest, dass der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen die Einnahmen aus seiner Tätigkeit für den Verein in einer Größenordnung von 600 DM zu viel und bis 4.900 DM zu wenig erklärt hatte. Der Aufforderung des FA, eine Bescheinigung über sämtliche Konten beim X vorzulegen, kam der Kläger nicht nach.

 

 

4

Auf die Beschwerde des Klägers hob das Landgericht die Durchsuchungsbeschlüsse des AG auf. Diese seien rechtswidrig, da ein gegen den Kläger gerichteter Anfangsverdacht hinsichtlich einer Steuerhinterziehung nicht bestanden habe. Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren gegen den Kläger nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) ein. Die Einstellung umfasste auch den Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung in Bezug auf die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit für den X. Die Straf- und Bußgeldsachenstelle des FA teilte dem Kläger schriftlich mit, dass diesbezüglich auch keine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege.

 

 

5

Danach forderte das FA den X unter dem Briefkopf der Dienststelle für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung auf, in dem steuerlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 93, 97 AO Auskunft darüber zu geben, welche Konten bzw. welche Verrechnungskonten in den Jahren 1998 bis 2001 für den Kläger geführt worden seien. Zudem forderte es den X auf, für die festgestellten Geschäftsbeziehungen die entsprechenden Kontoverdichtungen vorzulegen, da die Unterlagen für das steuerliche Ermittlungsverfahren des Klägers benötigt würden.

 

 

6

Den hiergegen vom Kläger eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück. Die Steuerfahndung sei gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auch für die Ermittlung unbekannter steuerlicher Sachverhalte zuständig. Für das Auskunftsersuchen bestehe auch ein hinreichender Anlass, denn aus den vom Kläger herausgegebenen Unterlagen des X ergebe sich eine Diskrepanz zu den von ihm erklärten Einkünften aus seiner Tätigkeit für den Verein, die der Aufklärung bedürfe. Das vom Kläger geltend gemachte Verwertungsverbot entfalte keine Fernwirkung in der Weise, dass die Erkenntnisse aus den herausgegebenen Unterlagen nicht als Anlass genutzt werden könnten, nunmehr auf verfahrensrechtlich zulässige Weise den relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Das Auskunftsersuchen sei auch ermessensgerecht. Es sei geeignet, die Höhe der Nebeneinnahmen des Klägers aus der Tätigkeit für den X festzustellen. Es sei auch notwendig, weil der Kläger nicht zur Mitwirkung bereit sei. Verhältnismäßig sei es, weil nicht „ins Blaue hinein“ ermittelt werde, sondern Auskünfte von der einzig denkbaren Auskunftsperson erbeten würden.

 

 

7

Der X übersandte dem FA die angeforderten Unterlagen, aus denen sich keine weiteren Erkenntnisse ergaben.

 

 

8

Die von dem Kläger nach der Auskunftserteilung durch den X erhobene Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Auskunftsersuchens hat das Finanzgericht (FG) mit in EFG 2010, 551 = SIS 10 10 43 veröffentlichtem Urteil abgewiesen.

 

 

9

Mit der Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, das FG habe das aus der Aufhebung des rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlusses folgende qualifizierte materielle Verwertungsverbot verkannt. Da die Ermittlungen bewusst fehlerhaft durchgeführt worden seien, bestehe keine Einschränkung des Verwertungsverbots. Das Auskunftsersuchen an den X sei unverhältnismäßig, da dem FA andere Mittel zur Aufklärung zur Verfügung gestanden hätten.

 

 

10

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil des FG Köln (Az.: 8 K 2933/06) vom 15.12.2009 aufzuheben und festzustellen, dass das Auskunftsverlangen des Beklagten an den X vom 7.6.2006 rechtswidrig gewesen ist.

 

 

11

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

12

Der rechtswidrige Durchsuchungsbeschluss habe nicht zu einem qualifizierten Verwertungsverbot geführt. Das Auskunftsersuchen sei erforderlich gewesen, da sich aus den Steuerakten des Klägers lediglich die von diesem erklärten Einnahmen ergeben hätten. Zwar seien auch beim X Unterlagen und Konten beschlagnahmt worden. Diese hätten jedoch einen anderen steuerlichen Sachverhalt betroffen und hätten in keinerlei Zusammenhang mit den Einnahmen des Klägers aus seiner Tätigkeit für den X gestanden. Aufgrund der Weigerung des Klägers, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, sei das Auskunftsersuchen die einzige Möglichkeit gewesen, den Sachverhalt vollständig zu ermitteln.

 

 

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Feststellung, dass das Auskunftsverlangen des FA an den X rechtswidrig gewesen ist, weil es von der mit der Steuerfahndung betrauten Dienststelle und nicht von der Veranlagungsstelle gestellt worden ist (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

14

1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass das Auskunftsersuchen rechtswidrig gewesen ist.

 

 

15

a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kann, wenn ein mit der Klage angefochtener Verwaltungsakt sich im Verlauf des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entsprechend anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt sich schon vor der Klageerhebung erledigt hat (BFH-Urteil vom 26.9.2007 I R 43/06, BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134 = SIS 08 04 23, m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, da der X die Auskunft bereits vor Klageerhebung erteilt hat.

 

 

16

b) „Berechtigtes Interesse“ i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Die begehrte Feststellung muss geeignet sein, in einem dieser Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen. Erforderlich ist ein gewisser die Verfahrensfortsetzung aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigender Zusammenhang (BFH-Urteil vom 9.11.1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621 = SIS 95 09 84).

 

 

17

aa) Das berechtigte Interesse ist u.a. dann gegeben, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu einem Verwertungsverbot führt (BFH-Urteil vom 21.4.1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649 = SIS 93 17 04). Um ein Verwertungsverbot hinsichtlich der vom X erteilten Auskunft geht es im Streitfall jedoch nicht, da diese nach den Feststellungen des FG keine weiteren - verwertbaren - Erkenntnisse gebracht hat.

 

 

18

Das Feststellungsinteresse kann entgegen der Auffassung des FG auch nicht auf ein qualifiziertes materielles Verwertungsverbot mit Fernwirkung auf das Auskunftsersuchen gestützt werden, da die Voraussetzungen für ein solches offensichtlich nicht vorliegen. Ein Beweisverwertungsverbot, das auch nicht durch zulässige, erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden kann, kommt als Folge einer fehlerhaften Durchsuchung nur dann in Betracht, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden (Beschlüsse des Bundesverfassungsgericht - BVerfG - vom 2.7.2009 2 BvR 2225/08, BVerfGK 16, 22 = SIS 09 33 13; vom 9.11.2010 2 BvR 2101/09, BFH/NV 2011, 182 = SIS 10 38 70; BFH-Urteil vom 4.10.2006 VIII R 53/04, BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227 = SIS 06 47 45). Fehlt es an einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel, insbesondere an einem grundrechtsrelevanten Verstoß einer unmittelbaren Ermittlungsmaßnahme, so ist es bei der gebotenen Abwägung zwischen den Individualinteressen von Steuerpflichtigen, nicht aufgrund verfahrensfehlerhafter Ermittlungsmaßnahmen mit einer materiell-rechtlich an sich zutreffenden Steuer belastet zu werden, und der Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, gerechtfertigt, eine Fernwirkung eventueller Verwertungsverbote auf spätere, rechtmäßig erlangte Ermittlungsergebnisse zu verneinen (BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227 = SIS 06 47 45).

 

 

19

Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für einen qualifizierten Verfahrensverstoß nicht erfüllt, da der rechtswidrige Durchsuchungsbeschluss nicht vollzogen worden ist und für ein bewusst rechtsstaatswidriges oder willkürliches Verhalten des FA keine Anhaltspunkte vorliegen.

 

 

20

bb) Das Feststellungsinteresse i.S. von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedoch deshalb gegeben, weil der Kläger durch das Auskunftsersuchen in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen war und deshalb ein Interesse an seiner Rehabilitierung beim X hat. Es kann einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre bedeuten, wenn der erledigte Verwaltungsakt als Fortsetzung des erkennbar unzutreffenden Vorwurfs der Steuerhinterziehung verstanden werden kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15.5.2002 I B 8/02, I S 13/01, BFH/NV 2002, 1317 = SIS 02 94 13; vom 15.12.2004 X B 56/04, BFH/NV 2005, 714 = SIS 05 18 46; vom 12.6.2008 VI B 62/07, BFH/NV 2008, 1514 = SIS 08 32 07).

 

 

21

Für die Beantwortung der Frage, ob sich aus einem Auskunftsersuchen, das per se keine diskriminierende Wirkung hat, der - unzutreffende - Vorwurf der Steuerhinterziehung herleiten lässt, sind die gesamten Umstände, die zu dem Auskunftsersuchen geführt haben und unter denen das Auskunftsersuchen gestellt wird, von Bedeutung. Danach ist im vorliegenden Fall eine diskriminierende Wirkung des Auskunftsersuchens zu bejahen: Das FA hat trotz der Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO unter dem Briefkopf der Steuerfahndung ein Auskunftsersuchen an den X gestellt. Dadurch konnte beim X der Eindruck erweckt werden, dass weiter gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung strafrechtlich ermittelt werde. Dem X war aufgrund der Durchsuchung seiner Geschäftsräume bekannt, dass gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt worden war. Zwar hat sich das FA im Betreff seines Auskunftsersuchens auf ein „steuerliches Ermittlungsverfahren“ bezogen. Dies rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung, da die Unterscheidung der doppelfunktionalen Aufgabenbereiche der Steuerfahndung, Steuerstraftaten zu erforschen und die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, dem Rechtsunkundigen nicht geläufig ist.

 

 

22

2. Selbst wenn man ungeachtet der weitgehenden Kenntnisse der Steuerfahndung über den besteuerungsrelevanten Sachverhalt zu ihren Gunsten von einem hinreichenden Anlass für einen unbekannten Steuerfall i.S. des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ausgehen könnte, war das an den X gestellte Auskunftsersuchen jedenfalls wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes insoweit rechtswidrig, als es angesichts der bestehenden Zuständigkeitskonkurrenz von der mit der Steuerfahndung betrauten Dienststelle und nicht von der Veranlagungsstelle gestellt worden ist.

 

 

23

a) Die Finanzbehörde kann eine Auskunft nach § 93 AO nur verlangen, wenn sie zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist (BFH-Urteil vom 29.10.1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359 = SIS 87 04 57; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 4.4.2006 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320, 345, ständige Rechtsprechung).

 

 

24

b) Unzweifelhaft war die geforderte Auskunft geeignet, einer möglichen Steuerverkürzung auf die Spur zu kommen. Die Erteilung der Auskunft war dem X auch möglich. Wie bereits ausgeführt ist jedoch zweifelhaft, ob das Auskunftsersuchen zur Sachverhaltsaufklärung notwendig und erforderlich war, da der Kläger die Kontounterlagen des X dem FA bereits vorgelegt hatte.

 

 

25

c) Ungeachtet dessen ist das Auskunftsersuchen jedenfalls rechtswidrig, weil das FA den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Zweck-Mittel-Verhältnis) nicht gewahrt hat. Danach darf ein an sich geeignetes und erforderliches Mittel zur Durchsetzung von Allgemeininteressen nicht angewandt werden, wenn die davon ausgehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen schwerer wiegen als die durchzusetzenden Interessen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 320, 345 f.). Eine informationsbezogene Maßnahme kann sich bereits deshalb als schwerwiegend darstellen, weil sie auf eine Weise durchgeführt wird, die die Persönlichkeit erheblich berührt. Die rechtliche Bewertung des Eingriffs richtet sich bei einem Auskunftsersuchen nach der Intensität der Beeinträchtigung des Betroffenen, gegen den sich die behördliche Ermittlung richtet. Das Gewicht der Beeinträchtigung hängt auch davon ab, ob der von dem Auskunftsersuchen Betroffene anonym bleibt und welche Nachteile ihm aus der Ermittlungsmaßnahme drohen oder von dieser nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfG-Urteil vom 3.3.2004 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, BVerfGE 109, 279, 353; BVerfG-Beschluss vom 13.6.2007 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04 = SIS 05 17 22, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168, 196 f. = SIS 07 23 61).

 

 

26

Nach diesen Grundsätzen führen die Nachteile, die dem von dem Auskunftsersuchen betroffenen Kläger durch das weitere Tätigwerden der Steuerfahndung drohten, unter Berücksichtigung der mit dem Auskunftsersuchen verfolgten Ziele zur Unangemessenheit der Ermittlungsmaßnahme der Steuerfahndung: Dem Kläger war von der Staatsanwaltschaft und von der Straf- und Bußgeldsachenstelle mitgeteilt worden, dass auch in Bezug auf seine unrichtig erklärten Einkünfte aus der Tätigkeit für den Verein ein Verdacht wegen Steuerhinterziehung bzw. leichtfertiger Steuerverkürzung nicht bestehe. Dennoch ermittelte das FA unter dem Briefkopf der Steuerfahndung bei dem X weiter, wodurch - wie unter II.1.b bb ausgeführt - bei diesem der Eindruck entstehen konnte, dass die strafverfahrensrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger fortdauerten. Da der Verdacht der Steuerhinterziehung bei Dritten Zweifel an der persönlichen Integrität des Verdächtigten begründen können, wurde hierdurch das Ansehen des Klägers erheblich gefährdet. Denn dieser war nicht nur Mitglied des X, sondern übte bei diesem eine leitende Tätigkeit aus. Dies machte es für ihn in besonderem Maße erforderlich, nicht aufgrund des Verdachts der Steuerhinterziehung als kriminell zu erscheinen.

 

 

27

Unter Berücksichtigung der geringen Bedeutung der Sache wiegt die durch das Handeln der Steuerfahndung verursachte Gefährdung des persönlichen Ansehens des Klägers schwerer als die durch die Ermittlungstätigkeit zu wahrenden Rechtsgüter der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern, zumal dieses Ziel auch durch Ermittlungen des für die Besteuerung zuständigen Veranlagungsbezirks hätte verfolgt werden können, ohne dass der Anschein der Fortsetzung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erweckt worden wäre. Die Aufgabenzuweisung an die Fahndungsstellen lässt die Aufgaben und Befugnisse der Finanzämter unberührt (vgl. § 208 Abs. 3 AO). Die Finanzämter sind daher nicht gehindert, in derselben Sache wie die Fahndung tätig zu werden. Es besteht regelmäßig kein zwingender Anlass, die Verwaltung von vornherein ausschließlich auf den Einsatz der Steuerfahndung zu verweisen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227 = SIS 06 47 45). Danach wäre im vorliegenden Fall ein Auskunftsersuchen durch die Veranlagungsstelle ein gegenüber dem Handeln der Steuerfahndung milderes Mittel gewesen, sodass das Auskunftsersuchen der Steuerfahndung wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein hinreichender Anlass für die Ermittlungsmaßnahme bestanden hat - rechtswidrig gewesen ist.