Fortsetzungsfeststellungsklage, Zulässigkeit: Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht zulässig, wenn der mit ihr angegriffene Verwaltungsakt sich schon vor der Klageerhebung erledigt hatte und die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht Voraussetzung dafür ist, dass der Kläger einen effektiven Rechtsschutz erhält. - Urt.; BFH 26.9.2007, I R 43/06; SIS 08 04 23
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob der Beklagte, Revisionskläger und
Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Vollziehung
von Steuerbescheiden zu Recht aufgehoben hat.
Die Klägerin, Revisionsbeklagte und
Anschlussrevisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH,
betreibt ein Dienstleistungsunternehmen. Im Anschluss an eine
Außenprüfung wurde streitig, ob im Zusammenhang mit
bestimmten Aufwendungen ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu
bilden war. Das FA nahm dies an und erließ u.a. für das
Streitjahr (1996) entsprechende Steuerbescheide.
Die Klägerin legte gegen diese
Bescheide Einspruch ein. Daraufhin hob das FA die Vollziehung der
mit dem Einspruch angefochtenen Bescheide mit Wirkung vom 2.6.2005
bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den
Einspruch auf. In dem dazu erlassenen Bescheid des FA heißt
es u.a., „die Aufhebung der Vollziehung“ habe
„keinen Einfluss auf einen eventuellen Erlassantrag
bezüglich der bei einem Obsiegen der Finanzverwaltung
festzusetzenden Zinsen“. Mit Einspruchsentscheidung vom
29.6.2005 wies das FA den Einspruch zurück; über die
daraufhin erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) noch nicht
entschieden. Nach Erhebung der Klage in der Hauptsache hat das FA
die Vollziehung der angefochtenen Bescheide mit Verfügung vom
4.8.2005 bis zum Ablauf eines Monats nach Beendigung jenes
Verfahrens ausgesetzt.
Mit Schreiben vom 9.6.2005 - also noch
während des laufenden Einspruchsverfahrens - wandte sich die
Klägerin gegen die vom FA verfügte Aufhebung der
Vollziehung. Das FA sah darin einen Einspruch und verwarf diesen
als unzulässig. Daraufhin erhob die Klägerin mit
Schriftsatz vom 10.1.2006 eine Klage beim FG, mit der sie
zunächst begehrte, den Bescheid über die Aufhebung der
Vollziehung aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung beim FG
stellte die Klägerin demgegenüber den Antrag,
festzustellen, dass der Bescheid über die Aufhebung der
Vollziehung rechtswidrig gewesen sei. Diesem Begehren folgte das FG
mit dem angefochtenen Urteil (FG Düsseldorf, Urteil vom
4.4.2006 6 K 121/06 KA); die Urteilsgründe sind in EFG 2006,
1225 = SIS 07 18 67 abgedruckt.
Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung von § 40 Abs. 2 und § 100 Abs. 1 Satz 4 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) und von § 126 Abs. 1 Nr. 2 und
§ 350 der Abgabenordnung (AO). Es beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen. Ferner hat sie „hilfsweise für den
Fall, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt, der
Verwaltungsakt habe sich nicht durch Zeitablauf erledigt“,
eine Anschlussrevision erhoben; mit dieser begehrt sie, die
Verfügung des FA über die Aufhebung der Vollziehung
aufzuheben.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Über
die Anschlussrevision der Klägerin ist nicht zu
entscheiden.
1. Das FA rügt mit seiner Revision, dass
das FG die Klage zu Unrecht für zulässig erachtet habe.
Dem ist beizupflichten. Die Zulässigkeit der Klage scheitert
daran, dass der Klägerin das notwendige Feststellungsinteresse
fehlt.
a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kann,
wenn ein mit der Klage angefochtener Verwaltungsakt sich im Verlauf
des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht unter bestimmten
Voraussetzungen auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts
feststellen. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) entsprechend anzuwenden, wenn ein
Verwaltungsakt sich schon vor der Klageerhebung erledigt hat
(BFH-Urteile vom 7.11.1985 IV R 6/85, BFHE 145, 23, BStBl II 1986,
435 = SIS 86 02 48; vom 10.4.1990 VIII R 415/83, BFHE 160, 409,
411, BStBl II 1990, 721, 722 = SIS 90 18 45; vom 2.6.1987 VIII R
192/83, BFH/NV 1988, 104). Eine solche Gestaltung liegt im
Streitfall vor, da nach den bindenden Feststellungen des FG (§
118 Abs. 2 FGO) die vom FA verfügte Aufhebung der Vollziehung
bis einen Monat nach Abschluss des seinerzeit anhängigen
Einspruchsverfahrens befristet war und die gegen diesen Bescheid
gerichtete Klage erst nach Ablauf der so bestimmten Frist erhoben
worden ist.
b) § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO macht die
Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts davon
abhängig, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an
einer solchen Feststellung hat. Diese Voraussetzung gilt
gleichermaßen, wenn unmittelbar Klage auf Feststellung der
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erhoben wird.
c)
„Berechtigtes Interesse“ i.S. des § 100
Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise
anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder
wirtschaftlicher Art (BFH-Urteil vom 9.11.1994 XI R 33/93, BFH/NV
1995, 621 = SIS 95 09 84). Dieses kann sich zum einen daraus
ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die
Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger
erstrebten weiteren Rechtsfolge ist (BFH-Urteile vom 12.1.1995 IV R
83/92, BFHE 177, 4, BStBl II 1995, 488 = SIS 95 12 58; in BFH/NV
1995, 621 = SIS 95 09 84; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 49,
m.w.N.). Zum anderen kann es daraus abzuleiten sein, dass ein
konkreter Anlass für die Annahme besteht, das FA werde die vom
Kläger für rechtswidrig erachtete Maßnahme in
absehbarer Zukunft wiederholen (BFH-Urteile vom 29.4.1980 VII K
5/77, BFHE 130, 568, BStBl II 1980, 593 = SIS 80 03 06; vom
28.6.2000 X R 24/95, BFHE 192, 32, 40, BStBl II 2000, 514, 518 =
SIS 00 11 55; vom 20.4.2004 VIII R 88/00, BFH/NV 2004, 1103 = SIS 04 30 31; Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, a.a.O., § 100 FGO
Rz 48, m.w.N.). Schließlich kann es unter dem Gesichtspunkt
der Rehabilitierung (BFH-Urteil vom 25.10.1994 VII R 14/94, BFHE
176, 201, BStBl II 1995, 210 = SIS 95 03 67) sowie deshalb
bestehen, weil die begehrte Feststellung voraussichtlich in einem
beabsichtigten und nicht völlig aussichtslosen
Schadensersatzprozess erheblich sein wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom
18.5.1976 VII R 108/73, BFHE 119, 26, BStBl II 1976, 566 = SIS 76 03 08; BFH-Beschluss vom 15.5.2002 I B 8/02, I S 13/01, BFH/NV
2002, 1317 = SIS 02 94 13; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 57, m.w.N.); beide
Gestaltungen liegen jedoch im Streitfall ersichtlich nicht vor.
d) Das FG hat ein
berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten
Feststellung deshalb für gegeben erachtet, weil die
Klägerin nur auf diese Weise die spätere Festsetzung von
Aussetzungszinsen (§ 237 AO) verhindern könne. Dem ist
nicht zu folgen. Denn wie auch das FG nicht verkannt hat,
hängt die Festsetzung von Zinsen nach § 237 AO nicht
davon ab, ob die Vollziehung zu Recht oder zu Unrecht ausgesetzt
oder aufgehoben wurde (BFH-Urteile vom 9.12.1998 XI R 24/98, BFHE
187, 400, BStBl II 1999, 201 = SIS 99 08 43; vom 21.7.1993 X R
104/91, BFH/NV 1994, 597 = SIS 02 01 91). Aussetzungszinsen fallen
deshalb auch dann an, wenn die Finanzbehörde die rechtlichen
Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung
unzutreffend beurteilt hat (BFH-Urteil vom 18.7.1994 X R 33/91,
BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4 = SIS 94 24 17; Heuermann in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 237 AO Rz 22, m.w.N.). Diese
„Tatbestandswirkung“ der
Aufhebungsverfügung kann eine Feststellung des Inhalts, dass
jene Verfügung rechtswidrig gewesen sei, nicht
erschüttern. Nur eine solche Feststellung könnte die
Klägerin jedoch im Verfahren nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO
erwirken.
Andererseits tritt
der Senat nicht der in der mündlichen Verhandlung
vorgetragenen Überlegung der Klägerin bei, die genannte
„Tatbestandswirkung“ müsse im Streitfall
richtigerweise dazu führen, dass die Aufhebungsverfügung
nicht als erledigt anzusehen sei. Denn ob eine Erledigung
eingetreten ist oder nicht, ist ausschließlich danach zu
beurteilen, ob der Regelungsgehalt des zu beurteilenden
Verwaltungsakts fortwirkt. Der Regelungsgehalt der
Aufhebungsverfügung bestand jedoch allein darin, dass die
Klägerin die ihr gegenüber festgesetzte Steuer nicht
entrichten musste; diese Wirkung der Verfügung hat mit dem
Ablauf der vom FA bestimmten Aufhebungsfrist geendet. Die
Anknüpfung des gesetzlichen Zinsanspruchs an die gewährte
Aufhebung der Vollziehung ist nur eine weitere Rechtsfolge der
Aufhebungsverfügung, die deren Erledigung nicht hindert. Die
Anknüpfung des Zinsanspruchs an die Aufhebungsverfügung
ist insoweit mit der Anknüpfung eines Verwertungsverbots an
die Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung vergleichbar, die
ebenfalls nicht verhindert, dass sich die Prüfungsanordnung
mit dem Abschluss der angeordneten Prüfung erledigt und sodann
nicht mehr im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden kann
(vgl. dazu BFH-Beschluss vom 24.6.1982 IV B 3/82, BFHE 136, 192,
BStBl II 1982, 659 = SIS 82 19 33; Tipke in Tipke/ Kruse, a.a.O.,
§ 100 FGO Rz 54, m.w.N.). Sie führt deshalb nicht dazu,
dass im Streitfall das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage
notwendige berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten
Feststellung entbehrlich ist.
e) Ein solches
Interesse lässt sich ferner nicht daraus ableiten, dass die
Finanzbehörde auf Aussetzungszinsen ganz oder teilweise
verzichten kann, wenn deren Erhebung nach Lage des Falles unbillig
wäre (§ 237 Abs. 4 i.V.m. § 234 Abs. 2 AO). Die
Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass im Zusammenhang
mit dieser Regelung die Rechtmäßigkeit der
Aufhebungsverfügung durchaus rechtliche Bedeutung erlangen
kann. Denn die Entscheidung über das Absehen von einer
Zinsfestsetzung ist eine Ermessensentscheidung, bei der u.a.
berücksichtigt werden kann, ob der zinsbegründende
Vorgang auf einem Antrag des Steuerpflichtigen beruht oder ob er
ihm von der Finanzbehörde gegen seinen Willen aufgedrängt
worden ist (s. dazu im Einzelnen Koepsell/Walbrodt, Die Information
für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 2006, 822). Doch
muss dieser Überlegung hier nicht weiter nachgegangen werden,
da sich im Streitfall aus ihr ein berechtigtes
Feststellungsinteresse der Klägerin jedenfalls nicht ableiten
lässt.
Denn ob die
Aufhebungsverfügung rechtsfehlerhaft ist oder nicht, kann im
Rahmen einer Entscheidung über den Verzicht auf eine
Zinsfestsetzung ggf. eigenständig beurteilt und entschieden
werden. Dieser Umstand würde der Annahme eines
Feststellungsinteresses i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zwar
nicht notwendig entgegenstehen, wenn die Erledigung des
Rechtsstreits in der Hauptsache erst im Verlauf des Klageverfahrens
eingetreten wäre; dann könnte unter dem Gesichtspunkt der
Prozessökonomie möglicherweise ein solches Interesse
daraus abgeleitet werden, dass die Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Maßnahme in dem bereits eingeleiteten
gerichtlichen Verfahren abschließend geklärt werden kann
und dazu nicht ein weiteres Verfahren benötigt wird (vgl.
Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteile vom 29.4.1992 4 C
29/90, NVwZ 1992, 1092; vom 27.3.1998 4 C 14/96, NVwZ 1998, 1295;
BVerwG-Beschluss vom 8.5.2001 1 WB 15/01, Neue Zeitschrift für
Wehrrecht 2001, 1654; jeweils zu dem mit § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO wortgleichen § 113 Abs. 1 Satz 4 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ). So liegen die Dinge hier
aber nicht. Vielmehr wurde die Klage erst erhoben, nachdem die vom
FA gesetzte Frist für die Aufhebung der Vollziehung - ein
Monat nach Erlass der Entscheidung über den Einspruch gegen
die Steuerbescheide - abgelaufen und die Aufhebungsverfügung
dadurch gegenstandslos geworden war. Jene Verfügung hatte sich
mithin schon vor der Klageerhebung erledigt, und bei einer so
gelagerten Fallgestaltung kann das Feststellungsinteresse nicht mit
der Konzentration auf ein einmal eingeleitetes Gerichtsverfahren
begründet werden.
Vielmehr muss hier
der Gedanke durchgreifen, dass die von der Klägerin geltend
gemachte Rechtswidrigkeit der Aufhebungsverfügung im Rahmen
der Entscheidung über einen Verzicht auf Aussetzungszinsen
allenfalls eine Vorfrage darstellt, die nicht in einem
selbständigen Verfahren entschieden werden muss und deshalb
kein berechtigtes Interesse an der Einleitung eines solchen
Verfahrens begründen kann. Die Rechtslage unterscheidet sich
insoweit von derjenigen, die im Zusammenhang mit einer erledigten
Prüfungsanordnung besteht, da dort die Feststellung der
Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung Voraussetzung für
das Eingreifen eines Verwertungsverbots ist (BFH-Urteile vom
14.8.1985 I R 188/82, BFHE 144, 329, BStBl II 1986, 2 = SIS 85 23 38; vom 21.4.1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649 =
SIS 93 17 04, m.w.N.); ein solcher unmittelbarer Zusammenhang
zwischen der von der Klägerin begehrten Feststellung und einer
ihr günstigen Rechtsfolge besteht hier nicht. Vielmehr ist der
Streitfall insoweit mit Gestaltungen vergleichbar, bei denen eine
Fortsetzungsfeststellungsklage der Vorbereitung eines
zivilgerichtlichen Schadensersatzprozesses dient: Ebenso wie dieses
Ziel zwar die Fortsetzung eines vor der Erledigung des
Verwaltungsakts begonnenen Verfahrens, nicht aber die erstmalige
Erhebung einer Klage gegen einen bereits erledigten Verwaltungsakt
rechtfertigen kann (vgl. dazu BVerwG-Urteil vom 20.1.1989 8 C
30.87, BVerwGE 81, 226, Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 113
Rz 136, m.w.N.), gilt dies für einen etwa bestehenden
Zusammenhang zwischen der rechtlichen Beurteilung einer Aufhebung
der Vollziehung und einem späteren Verzicht auf
Aussetzungszinsen. Im Streitfall ist zudem nicht einmal hinreichend
sicher vorhersehbar, ob sich die Frage eines Zinsverzichts jemals
stellen wird; das wird letztlich vor allem vom Ausgang des
Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit der
Steuerbescheide abhängen, da nur bei einem endgültigen
Unterliegen der Klägerin Zinsen anfallen würden, auf die
das FA verzichten könnte. Im Ergebnis ist der Hinweis der
Klägerin auf § 237 Abs. 4 AO daher nicht geeignet, ein
für § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ausreichendes
Feststellungsinteresse zu begründen.
f) Dasselbe gilt
insoweit, als die Klägerin auf das Bestehen einer
Wiederholungsgefahr verweist. Insoweit ist zwar zweifelhaft, ob der
Ansicht des FA gefolgt werden kann, dass die Annahme einer solchen
Gefahr am Fehlen entsprechender Feststellungen des FG scheitert;
dagegen könnte sprechen, dass das Bestehen eines
Feststellungsinteresses i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO eine
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage und dass das
Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen im
Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 118 FGO Rz 265; Ruban
in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 45,
jeweils m.w.N.). Auch eine solche Prüfung führt jedoch im
Streitfall dazu, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin
nicht auf den Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gestützt
werden kann.
Denn das FA hat,
nachdem die zunächst angeordnete Aufhebung der Vollziehung
nach Ablauf eines Monats seit dem Ergehen der
Einspruchsentscheidung ausgelaufen war, am 4.8.2005 die Vollziehung
der streitgegenständlichen Steuerbescheide ausgesetzt. Damit
hat sich die von der Klägerin geltend gemachte
Wiederholungsgefahr bereits verwirklicht. Die Klägerin konnte
nunmehr die Aussetzungsverfügung mit dem Einspruch und ggf.
mit einer anschließenden Anfechtungsklage angreifen und auf
diese Weise der von ihr gerügten Rechtsbeeinträchtigung
wirksam entgegentreten. Sie hat zwar in der mündlichen
Verhandlung vorgetragen, dass sie tatsächlich einen Einspruch
gegen die neuerliche Aussetzungsverfügung eingelegt und das FA
bisher nicht über diesen Einspruch entschieden habe; in dieser
Situation ist sie jedoch nicht rechtsschutzlos gestellt, da sie
einer ungebührlichen Verzögerung des Verfahrens durch das
FA mit einer Untätigkeitsklage (§ 46 Abs. 1 FGO) begegnen
kann. Zudem kann sie nach wie vor - bis einen Monat nach der
Entscheidung des FG in der Hauptsache - eine Aufhebung der
Aussetzungsverfügung beantragen und diese ggf. mit einer
Verpflichtungsklage durchsetzen. Damit konnte - und kann - sie sich
gegen die tatsächlich eingetretene Wiederholung des
gerügten Vorgehens des FA gerichtlich zur Wehr setzen.
Angesichts dessen kann der Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr
kein berechtigtes Interesse der Klägerin daran begründen,
die Rechtswidrigkeit der bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung
erledigten ursprünglichen Aufhebungsverfügung feststellen
zu lassen. Vielmehr muss insoweit der Gedanke durchgreifen, dass
ein Vorgehen unmittelbar gegen die wiederholende Maßnahme die
sachnähere Maßnahme ist und dass die Klägerin in
diesem Rahmen einen wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Ob die
Rechtslage anders wäre, wenn die Aussetzung der Vollziehung
erneut nur kurzfristig angeordnet worden wäre, muss im
vorliegenden Verfahren nicht erörtert werden.
g) Da mithin der
Klägerin im Ergebnis das von § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO
geforderte Feststellungsinteresse fehlt, war ihre Klage
unzulässig. Daher ist sie auf die Revision des FA unter
Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen.
2. Über die
Anschlussrevision der Klägerin muss im Streitfall nicht
entschieden werden. Sie ist ausdrücklich unter der Bedingung
eingelegt worden, dass der Senat die Verfügung des FA
über die Aufhebung der Vollziehung nicht als erledigt ansieht.
Dies war zulässig, da die Einlegung einer Anschlussrevision
von einem „innerprozessualen Vorgang“
abhängig gemacht werden darf (BFH-Urteil vom 20.9.1999 III R
33/97, BFHE 190, 266, BStBl II 2000, 208 = SIS 99 24 49; Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 115 FGO Rz 230) und
die Beurteilung einer Rechtsfrage durch das Gericht jedenfalls dann
ein solcher „innerprozessualer Vorgang“ ist,
wenn auf ihr eine Sachentscheidung beruht (Bundesgerichtshof,
Urteil vom 10.11.1983 VII ZR 72/83, NJW 1984, 1240). Diese
Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt; denn wenn der Senat
die angefochtene Verfügung des FA nicht für erledigt
ansähe, müsste er das Feststellungsurteil des FG schon
aus diesem Grund aufheben.
Im Streitfall ist jedoch diese hiernach
zulässige Bedingung für die Wirksamkeit der
Anschlussrevision nicht eingetreten. Daraus folgt, dass das mit der
Anschlussrevision verfolgte Begehren nicht zur Entscheidung steht.
Im Ergebnis ist daher der Urteilsausspruch auf die Entscheidung
über die Revision des FA zu beschränken.