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Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit

Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit: Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer ist eine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahrzeug, für dessen Halten die Kraftfahrzeugsteuer geschuldet wird, Teil der Insolvenzmasse ist. - Urt.; BFH 13.4.2011, II R 49/09; SIS 11 30 14

Kapitel:
Verschiedenes > Kraftfahrzeugsteuer / Verschiedenes
Fundstellen
  1. BFH 13.04.2011, II R 49/09
    BStBl 2011 II S. 944
    LEXinform 0179932

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 15.11.2011
    -/- in NWB 41/2011 S. 3424
    K.W.G. in NWB 41/2011 S. 3424
    A.P. in BFH/PR 12/2011 S. 464
    G.B. in StC 3/2012 S. 25
    D.Z. in NWB 29/2012 S. 2397
Normen
[KraftStG] § 7 Nr. 1
[AO 1977] § 33, § 34
[InsO] § 35 Abs. 1, § 36, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 80
[ZPO] § 811 Abs. 1 Nr. 5
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 20.11.2008, SIS 09 08 46, Kraftfahrzeugsteuer, Insolvenz, Masseverbindlichkeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 6.12.2023, SIS 24 02 71, Vorsteuerberichtigung bei der Organgesellschaft aufgrund einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung durch de...
  • FG Münster 16.11.2023, SIS 24 00 63, Grunderwerbsteuer bei Gesellschafterwechsel nach Insolvenz einer grundbesitzenden Personengesellschaft ke...
  • BFH 24.8.2023, SIS 24 00 35, Vorsteuerberichtigung nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Dreipersonenverhältnis als Masseverbin...
  • FG Berlin-Brandenburg 22.6.2021, SIS 21 13 29, Kfz-Steuer als Masseverbindlichkeit, Feststellungslast der Finanzbehörde für die Zugehörigkeit eines Kfz ...
  • FG Berlin-Brandenburg 22.6.2021, SIS 21 13 30, Kfz-Steuer für 24 nicht mehr vorhandene, nach den Angaben des Geschäftsführers einer insolventen Autoverm...
  • BFH 21.3.2019, SIS 19 09 53, Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit in der Insolvenz: 1. Die nach Insolvenzeröffnung entstandene...
  • FG Rheinland-Pfalz 14.3.2019, SIS 19 07 98, Qualifikation der Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 InsO: Dass ein zur Insolv...
  • FG des Saarlandes 25.4.2018, SIS 18 13 49, Kraftfahrzeugsteuer für vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Brand vollständig zerstörtes und desw...
  • BFH 11.4.2018, SIS 18 12 35, Bezeichnung eines Insolvenzverwalters in einem Steuerbescheid: Ein Insolvenzverwalter muss als Inhaltsadr...
  • BFH 15.3.2017, SIS 17 20 65, Veranlagungswahlrecht, Einspruchsbefugnis des Insolvenzverwalters gegen einen für die Zeit nach Insolvenz...
  • FG Düsseldorf 21.7.2016, SIS 16 24 56, Einkommensteuer auf gewerbliche Beteiligungseinkünfte des Insolvenzschuldners als Masseverbindlichkeit, f...
  • BFH 16.7.2015, SIS 15 28 90, Entscheidung über Masseschuld im Festsetzungsverfahren, Einkommensteuer als Masseschuld bei Aufnahme eine...
  • BFH 16.4.2015, SIS 15 21 34, Einkommensteuer als Masseschuld: Die Einkommensteuer ist als Masseschuld aufgrund massebezogenen Verwaltu...
  • BFH 10.2.2015, SIS 15 11 59, Zwangsverwaltung, Einkommensteuer, Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters: 1. Der Zwangsverwalter hat a...
  • BMF 31.1.2014, SIS 14 08 32, AEAO, Neubekanntmachung: Das Bundesfinanzministerium hat die Neufassung des Anwendungserlasses zur Abgabe...
  • BMF 31.1.2013, SIS 13 05 12, AEAO, Änderung Januar 2013: Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 2.1.2008 (BStBl 2008 I S. 26 = SI...
  • FG Hamburg 12.12.2012, SIS 13 09 53, Kraftfahrzeugsteuerbescheid zu Lasten der Insolvenzmasse: Ein Insolvenzverwalter/Treuhänder ist nicht ver...
  • BFH 1.8.2012, SIS 12 30 33, Kraftfahrzeugsteuer für ein im Wege der Zwangsverwaltung als Zubehör beschlagnahmtes Kraftfahrzeug bei sp...
  • Hessisches FG 10.5.2012, SIS 12 20 51, Adressat von Kraftfahrzeugsteuerbescheiden im Verbraucherinsolvenzverfahren: Mit der Eröffnung des Insolv...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 8.3.2012, SIS 12 14 54, Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffn...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 8.3.2012, SIS 12 14 55, Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffn...
  • BFH 8.9.2011, SIS 11 37 55, Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit bei Freigabe der selbständigen Tätigkeit: Nach Insolvenzeröf...
Fachaufsätze
  • LIT 02 42 24 D. Zens, NWB 29/2012 S. 2397: Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit im Insolvenzverfahren - Darstellung der geänderten Rechtspre...

 

1

I. Über das Vermögen des X (Schuldner) wurde am 9.11.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet; zum Treuhänder wurde der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bestellt. Der Schuldner ist als Arbeitnehmer tätig und besucht außerhalb der Arbeitszeit eine Technikerschule.

 

 

2

Auf den Schuldner war im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Kraftrad zugelassen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) setzte durch Bescheid vom 21.1.2008 die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab 10.11.2007 gegen den Kläger als Treuhänder über das Vermögen des Schuldners auf jährlich 49 EUR fest. Der Auffassung des Klägers, die Steuerschuld sei nicht gegen ihn festzusetzen, weil das Kraftrad aufgrund der Pfändungsbeschränkungen des § 811 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht zur Insolvenzmasse gehöre und demgemäß keine Masseverbindlichkeit vorliege, folgte das FA nicht.

 

 

3

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Kraftfahrzeugsteuer sei eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung in der ab 1.7.2007 geltenden Fassung (InsO), weil sie durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden sei. Den Vorschriften des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) sei die rechtlich unwiderlegbare Vermutung zu entnehmen, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen sei, bis zur Ummeldung oder Außerbetriebsetzung gehalten werde. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten des Fahrzeugs führe zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt „im Geschäft“ des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse. Der Treuhänder sei auch bei einem nur rechtsvermuteten Halten des Fahrzeugs verpflichtet, das Fahrzeug außer Betrieb zu setzen oder der Zulassungsbehörde den Übergang des Fahrzeugs auf einen Dritten anzuzeigen, wenn er das Entstehen einer weiteren Steuerschuld zu Lasten der Insolvenzmasse vermeiden wolle. Das Urteil ist in EFG 2009, 615 = SIS 09 08 46 veröffentlicht.

 

 

4

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Der Bundesfinanzhof (BFH) beurteile die Haltereigenschaft als „Rechtsposition“. Diese Rechtsposition sei nicht isoliert zu betrachten, sondern hänge zwangsläufig mit dem Fahrzeug zusammen. Dieses sei unpfändbar und damit zu keiner Zeit in seine Verfügungsmacht gelangt. Halter des Fahrzeugs sei nach wie vor der Insolvenzschuldner.

 

 

5

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 21.1.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.4.2008 aufzuheben.

 

 

6

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

7

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

8

1. Das FG hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Unrecht angenommen, die Kraftfahrzeugsteuer sei gegenüber dem Kläger als Treuhänder über das Vermögen des Schuldners festzusetzen, da es sich bei ihr um eine Masseverbindlichkeit handele.

 

 

9

a) Im Ansatzpunkt zutreffend geht das FG davon aus, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 35 InsO) zu verwalten, auf den Insolvenzverwalter übergeht und er als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen hat, soweit seine Verwaltung reicht (vgl. BFH-Beschluss vom 8.9.2009 II B 63/09, BFH/NV 2010, 68 = SIS 09 37 37; Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 24.5.2007 IX ZR 8/06, BFH/NV 2007, Beilage 4, 459 = SIS 07 25 02).

 

 

10

Als Vermögensverwalter ist der Insolvenzverwalter Steuerpflichtiger (§ 33 Abs. 1 AO; vgl. auch BFH-Urteil vom 21.12.1988 V R 29/86, BFHE 155, 475, BStBl II 1989, 434 = SIS 89 07 52, allgemein zu Vermögensverwalter) und richtiger Bekanntgabe- und Inhaltsadressat von Steuerbescheiden, mit denen eine Finanzbehörde bestehende Masseverbindlichkeiten geltend macht. Demgegenüber sind Steuerforderungen, die sich gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners richten, gegen den Schuldner festzusetzen.

 

 

11

Für das Verbraucherinsolvenzverfahren gelten, soweit vorliegend von Interesse, die allgemeinen Vorschriften der InsO entsprechend (§ 304 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Aufgaben des Insolvenzverwalters nimmt insofern der Treuhänder wahr (vgl. § 313 Abs. 1 InsO; BGH-Beschluss vom 20.3.2003 IX ZB 388/02, DB 2003, 1507, unter V.2.d).

 

 

12

b) Entgegen der Ansicht des FG kommt es für die Beurteilung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit nicht auf eine Verwendungsmöglichkeit des Kraftrads „im Geschäft“ des Schuldners und damit auf dessen Nutzung für die Insolvenzmasse an. Maßgebend ist vielmehr, ob das Kraftrad Teil der Insolvenzmasse ist.

 

 

13

aa) Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Kraftfahrzeugsteuer ist als Abgabenforderung im Sinne der zweiten Tatbestandsalternative den „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betrifft (vgl. allgemein zu Abgabenforderungen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 16.12.2009 8 C 9/09, NJW 2010, 2152). Dies ist der Fall, wenn die Abgabenforderung selbst einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweist und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde (BVerwG-Urteil in NJW 2010, 2152).

 

 

14

Der Begriff der „Insolvenzmasse“ ist in § 35 Abs. 1 InsO dahingehend bestimmt, dass das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen erfasst, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO) und unterliegen als Teil des insolvenzfreien Vermögens des Schuldners nicht der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 68 = SIS 09 37 37).

 

 

15

bb) Unterliegt das Fahrzeug wegen seiner Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse nach § 80 InsO der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters, weist die Kraftfahrzeugsteuer, die aus dem Halten dieses Fahrzeugs resultiert, auch einen Bezug zur Insolvenzmasse auf. Denn der Insolvenzverwalter kann über die Art und Weise seiner Verwendung oder Verwertung bestimmen und gegebenenfalls verhindern, dass weiterhin Kraftfahrzeugsteuer entsteht, indem er das Fahrzeug veräußert oder außer Betrieb setzt und der Zulassungsbehörde dies anzeigt (vgl. § 5 Abs. 4 und 5 KraftStG, §§ 13 Abs. 4, 14 Abs. 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung).

 

 

16

Bei insolvenzfreien Fahrzeugen besteht hingegen kein Bezug der Kraftfahrzeugsteuer zur Insolvenzmasse. Dem Insolvenzverwalter ist es insbesondere nicht möglich, das Entstehen von Kraftfahrzeugsteuer für solche Fahrzeuge zu verhindern. Denn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters erstreckt sich auf alle zur Masse gehörenden Vermögensgegenstände, beschränkt sich aber auch auf diese (MünchKommInsO/ Ott/Vuia, 2. Aufl., § 80 Rz 43; Klein/Humberg, Juristische Rundschau - JR - 2008, 224, 226; Looff, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht - ZInsO - 2008, 75, 76, m.w.N.; Kögel, ZInsO 2010, 1780, 1782 f.; Menn, ZInsO 2009, 1189, 1191).

 

 

17

Ebenso wenig ist Kraftfahrzeugsteuer allein deshalb als Masseverbindlichkeit zu beurteilen, weil das (insolvenzfreie) Fahrzeug für die Masse genutzt worden ist. Denn nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO („durch die Verwaltung ... der Insolvenzmasse“) liegen Masseverbindlichkeiten nur vor, wenn ein Massegegenstand verwaltet wird und daraus eine (Steuer-)Verbindlichkeit resultiert. Dementsprechend ist auch die nach Insolvenzeröffnung durch sonstige Leistungen des Insolvenzschuldners begründete Umsatzsteuer jedenfalls dann keine Masseverbindlichkeit, wenn die Umsätze nicht im Wesentlichen auf der Nutzung von Massegegenständen beruhen (vgl. BFH-Urteil vom 17.3.2010 XI R 2/08, BFHE 229, 394 = SIS 10 19 23).

 

 

18

c) Soweit die bisherige Rechtsprechung des BFH zur Beurteilung von Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit den dargestellten Grundsätzen widerspricht, hält der Senat, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Kraftfahrzeugsteuer allein zuständig ist, hieran nicht fest. Der Senat teilt insbesondere nicht die im BFH-Urteil vom 29.8.2007 IX R 4/07 (BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145 = SIS 07 36 27) vertretene Auffassung, dass die Rechtsposition als Halter eines Kraftfahrzeugs zur Insolvenzmasse gehört.

 

 

19

Die Rechtsposition des Halters eines Kraftfahrzeugs ist nämlich kein „Vermögen“ i.S. des § 35 InsO. „Vermögen“ einer Person sind deren Sachen und geldwerten Rechte und Güter (vgl. Henckel in Jaeger, Insolvenzordnung, § 35 Rz 8; Jickeli/ Stieper in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Vorbem. zu §§ 90 bis 103 Rz 24). Die Rechtsposition des Halters eines Kraftfahrzeugs ist kein geldwertes Recht oder Gut (vgl. auch Looff, ZInsO 2008, 75, 76; Menn, ZInsO 2009, 1189, 1191; Klein/ Humberg, JR 2008, 224, 227; a.A. Roth, ZInsO 2008, 304, 306). Soweit dem Halter eines Kraftfahrzeugs öffentlich-rechtliche Halterpflichten obliegen (vgl. z.B. § 31 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, § 13 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes) und er unter den Voraussetzungen des § 7 des Straßenverkehrsgesetzes für beim Betrieb des Kraftfahrzeugs verursachte Schäden haftet, fehlt es schon an einem Geldwert. Aber auch soweit der Halter einen Anspruch gegen die Haftpflichtversicherung hat (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung), begründet dies keine Massezugehörigkeit der Rechtsposition des Fahrzeughalters zur Insolvenzmasse. Denn „Geldwert“ hat insoweit nur die Forderung gegen die Versicherung, nicht jedoch die Rechtsposition des Halters als solche. Dies wird auch daraus ersichtlich, dass ein Erwerber eines Fahrzeugs nicht für die Haltereigenschaft, sondern für den Erwerb des Eigentums am Fahrzeug bezahlen wird (vgl. Menn, ZInsO 2009, 1189, 1191).

 

 

20

d) Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

 

 

21

2. Die Sache ist nicht spruchreif. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend entschieden werden, ob das Kraftrad Bestandteil der Insolvenzmasse war und die Kraftfahrzeugsteuer somit als Masseverbindlichkeit gegenüber dem Kläger geltend gemacht werden durfte.

 

 

22

Das FG wird insbesondere zu prüfen haben, ob das Kraftrad deshalb nicht zur Insolvenzmasse gehörte, weil es nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar war. Nach dieser Vorschrift sind bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände nicht der Pfändung unterworfen. Zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit i.S. des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO erforderliche Gegenstände können auch Kraftfahrzeuge sein, die ein Arbeitnehmer für die täglichen Fahrten von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz und zurück benötigt (BGH-Beschluss vom 28.1.2010 VII ZB 16/09, MDR 2010, 405). Geschützt ist auch die auf künftigen Erwerb gerichtete persönliche Tätigkeit wie die Berufsausbildung, wenn mit einer alsbaldigen Aufnahme der neuen Erwerbstätigkeit sicher gerechnet werden kann (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 811 Rz 26). Eine Unpfändbarkeit des Kraftrads läge im Übrigen nur dann vor, wenn der Schuldner keine zumutbare Möglichkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel gehabt hätte und die Arbeits- oder Ausbildungsstätte auch nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß erreichen konnte (vgl. MünchKommZPO/Gruber, 3. Aufl., § 811 Rz 62, Stichwort „Pkw“).

 

 

23

Sollte das Kraftrad nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO pfändungs- und damit insolvenzfrei sein, wäre die streitige Kraftfahrzeugsteuer gegen den Schuldner festzusetzen gewesen. Sollten hingegen die Voraussetzungen des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht vorliegen, hätte das FA die Steuer zutreffend mit an den Kläger gerichtetem Bescheid festgesetzt.