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I. Mit Beschluss vom 15.9.2008 wurde das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der S (Schuldnerin)
eröffnet und der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) zum Insolvenzverwalter bestellt.
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Mit Bescheid vom 27.10.2008 setzte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die
Kraftfahrzeugsteuer für einen auf die Schuldnerin zugelassenen
PKW gegenüber dem Kläger für die Zeit vom 15.9.2008
bis 25.2.2009 auf 94 EUR und für die Zeit danach auf
jährlich 211 EUR fest. Der Auffassung des Klägers, die
Kraftfahrzeugsteuer sei keine Masseverbindlichkeit, weil er den
Geschäftsbetrieb und in Zusammenhang damit auch das Fahrzeug
der Schuldnerin aus dem Massebeschlag gemäß § 35
Abs. 2 der Insolvenzordnung in der ab 1.7.2007 geltenden Fassung
(InsO) freigegeben habe, folgte das FA nicht.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) beurteilte die Kraftfahrzeugsteuer als
Masseverbindlichkeit, da die Rechtsposition als Halter des
Fahrzeugs zur Insolvenzmasse gehöre und somit der
Verwaltungsbefugnis des Klägers unterliege. Eine
insolvenzrechtliche Freigabe des Fahrzeugs ändere an der
Halterzuordnung nichts. Dies gelte auch nach der Erweiterung des
§ 35 InsO um die mit Wirkung vom 1.7.2007 eingefügten
Abs. 2 und 3, da diese nur klarstellende Funktion hätten. Das
Urteil ist in EFG 2011, 570 = SIS 11 03 36
veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt der Kläger
Verletzung der §§ 35 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Zu
Unrecht messe das FG § 35 Abs. 2 InsO nur klarstellende
Funktion bei. Die Verwendungs- und Verfügungsmöglichkeit
über einen PKW liege nach der Freigabe nicht mehr beim
Insolvenzverwalter, sondern beim Schuldner. Der Gesetzgeber habe
mit der Einführung des § 35 Abs. 2 InsO die
Insolvenzmasse vor Haftungsrisiken schützen wollen. Dieser
Normzweck würde nicht erreicht, wenn die Insolvenzmasse die
Kraftfahrzeugsteuer für ein freigegebenes Fahrzeug zu tragen
hätte. Die Insolvenzmasse würde ferner
unverhältnismäßig belastet, wenn zwar die Vorteile
aus der Freigabe des Fahrzeugs dem Schuldner zugute kämen, die
Masse jedoch mit den mit der Fahrzeugnutzung zusammenhängenden
Verbindlichkeiten belastet würde.
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Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung sowie den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom
27.10.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2008
aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat auf der Grundlage der
von ihm getroffenen Feststellungen zu Unrecht angenommen, die
Kraftfahrzeugsteuer sei als Masseverbindlichkeit gegenüber dem
Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der
Schuldnerin festzusetzen.
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1. Im Ansatzpunkt zutreffend ist die Ansicht
des FG, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners,
das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 35 Abs.
1 InsO) zu verwalten, auf den Insolvenzverwalter übergeht und
dieser als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs.
3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) die steuerlichen Pflichten
des Schuldners zu erfüllen hat, soweit seine Verwaltung reicht
(vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.4.2011 II R 49/09,
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht - ZIP - 2011, 1728 = SIS 11 30 14, m.w.N.).
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Als Vermögensverwalter ist der
Insolvenzverwalter Steuerpflichtiger (§ 33 Abs. 1 AO; vgl.
auch BFH-Urteil vom 21.12.1988 V R 29/86, BFHE 155, 475, BStBl II
1989, 434 = SIS 89 07 52, allgemein zu Vermögensverwalter) und
richtiger Bekanntgabe- und Inhaltsadressat von Steuerbescheiden,
mit denen eine Finanzbehörde bestehende Masseverbindlichkeiten
geltend macht. Demgegenüber sind Steuerforderungen, die sich
gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners richten,
gegen den Schuldner festzusetzen (BFH-Urteil in ZIP 2011, 1728 =
SIS 11 30 14).
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2. Ebenfalls zutreffend ist die Auffassung des
FG, dass § 35 Abs. 2 InsO für die Beantwortung der Frage,
ob es sich bei der Kraftfahrzeugsteuer um eine Masseverbindlichkeit
handelt, ohne Bedeutung ist.
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a) Übt der Schuldner eine
selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er,
demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der
Insolvenzverwalter gemäß § 35 Abs. 2 InsO ihm
gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der
selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört
und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im
Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können.
„Ansprüche aus dieser Tätigkeit“ sind
entgegen des missverständlichen Wortlauts nicht Ansprüche
des Schuldners, sondern Ansprüche gegen den Schuldner, also
Verbindlichkeiten des Schuldners (vgl. Smid, Deutsche Zeitschrift
für Wirtschafts- und Insolvenzrecht 2008, 133).
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b) Die Kraftfahrzeugsteuer ist keine
Verbindlichkeit des Schuldners aus einer selbstständigen
Tätigkeit.
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Steuergegenstand der Kraftfahrzeugsteuer ist
nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes neben
weiteren hier nicht bedeutsamen Tatbeständen (wie z.B. die
widerrechtliche Benutzung von Fahrzeugen) das Halten von
inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen
Straßen. Der steuerrechtliche Tatbestand des Haltens eines
Kfz ist mit der Zulassung des Kfz erfüllt, unabhängig
davon, ob überhaupt oder in welchem Umfange von dem durch die
Zulassung eingeräumten Recht, das Kfz auf öffentlichen
Straßen in Betrieb zu setzen, im Einzelfall tatsächlich
Gebrauch gemacht wird (BFH-Beschluss vom 20.4.2006 VII B 332/05,
BFH/NV 2006, 1519 = SIS 06 30 98). Da es für das Entstehen der
Kraftfahrzeugsteuer nicht darauf ankommt, ob und wie das Fahrzeug
genutzt wird, besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem
Entstehen der Kraftfahrzeugsteuer und einer selbstständigen
Tätigkeit des Halters.
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3. Entgegen der Ansicht des FG kann die nach
Insolvenzeröffnung begründete Kraftfahrzeugsteuer nicht
mit der Begründung als Masseverbindlichkeit i.S. des § 55
Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO beurteilt werden, dass die
Rechtsposition als Halter des Kfz zur Insolvenzmasse gehöre.
Maßgebend ist vielmehr, ob das Fahrzeug Teil der
Insolvenzmasse ist (BFH-Urteil in ZIP 2011, 1728 = SIS 11 30 14).
Soweit der BFH dazu früher eine andere Auffassung vertreten
hat, hat er sie in diesem Urteil aufgegeben.
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a) Der Senat teilt ferner nicht die im
BFH-Urteil vom 16.10.2007 IX R 25/07 (BFH/NV 2008, 250 = SIS 08 08 01) vertretene Auffassung, die nach Insolvenzeröffnung
entstandene Kraftfahrzeugsteuer sei unbeschadet einer vom
Insolvenzverwalter ausgesprochenen Freigabe des Fahrzeugs
Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, solange
die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des
Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauere. Entgegen der Ansicht des
IX. Senats kommt es für die Beurteilung der
Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit nicht auf eine
Verwendungsmöglichkeit des Fahrzeugs „im
Geschäft“ des Schuldners und damit auf dessen
Nutzung für die Insolvenzmasse an. Denn nach dem Wortlaut des
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO („durch die
Verwaltung ... der Insolvenzmasse“) liegen
Masseverbindlichkeiten nur vor, wenn ein Massegegenstand verwaltet
wird und daraus eine (Steuer-)Verbindlichkeit resultiert.
Dementsprechend ist auch die nach Insolvenzeröffnung durch
sonstige Leistungen des Schuldners begründete Umsatzsteuer
jedenfalls dann keine Masseverbindlichkeit, wenn die Umsätze
nicht im Wesentlichen auf der Nutzung von Massegegenständen
beruhen (vgl. BFH-Urteil vom 17.3.2010 XI R 2/08, BFHE 229, 394 =
SIS 10 19 23).
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b) Zur Beantwortung der Frage, ob das Fahrzeug
Teil der Insolvenzmasse ist und damit ein Bezug der
Kraftfahrzeugsteuer zur Insolvenzmasse besteht, ist zwischen der
Freigabe des Fahrzeugs (sog. echte Freigabe) und der Freigabe der
selbstständigen Tätigkeit des Schuldners nach § 35
Abs. 2 InsO zu unterscheiden.
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aa) Hat der Insolvenzverwalter eine echte
Freigabe des Fahrzeugs erklärt, entfällt ein Bezug der
Kraftfahrzeugsteuer zur Insolvenzmasse. Denn durch die
Freigabeerklärung wird das Fahrzeug aus der Insolvenzmasse
entlassen und fällt in das insolvenzfreie
Schuldnervermögen zurück (vgl. Hirte in Uhlenbruck,
Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 35 Rz 82, m.w.N.).
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bb) Im Gegensatz zur echten Freigabe des
Fahrzeugs hat die Freigabe der selbstständigen Tätigkeit
des Schuldners nach § 35 Abs. 2 InsO keine Auswirkungen auf
die Massezugehörigkeit eines im Zeitpunkt der
Insolvenzeröffnung vorhandenen Fahrzeugs. Durch diese
Erklärung wird das Fahrzeug nicht aus der Insolvenzmasse
entlassen. Denn eine Freigabe der selbstständigen
Tätigkeit gemäß § 35 Abs. 2 InsO umfasst nur
den Neuerwerb und nicht das im Zeitpunkt der
Insolvenzeröffnung bereits vorhandene Vermögen (vgl.
Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 14.4.2010 5 K 11/10.TR,
ZIP 2010, 1141; Hirte in Uhlenbruck, a.a.O., § 35 Rz 100;
Schumacher in FK-InsO, 6. Aufl., § 35 Rz 13; Wischemeyer,
Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht 2009, 2121, 2125
f.; a.A. Dahl, NJW-Spezial 2007, 485). Dies ergibt sich bereits aus
dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 InsO, wonach die Freigabe
„Vermögen aus der selbstständigen
Tätigkeit“, also den Neuerwerb betrifft. Ferner
bestand auch kein Bedürfnis für den Gesetzgeber, in
§ 35 Abs. 2 InsO die Freigabe von im Zeitpunkt der
Insolvenzeröffnung vorhandenem Vermögen zu regeln. Denn
der Insolvenzverwalter konnte bereits nach der vor dem 1.7.2007
bestehenden Rechtslage einzelne Vermögensgegenstände aus
der Insolvenzmasse freigeben (vgl. Gesetzentwurf der
Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des
Insolvenzverfahrens vom 2.11.2006, BTDrucks 16/3227, S. 17). Zudem
wird Vermögen, das für die selbstständige
Tätigkeit des Schuldners erforderlich ist, meist schon nach
§ 811 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung (ZPO)
pfändungsfrei und daher gemäß § 36 InsO
insolvenzfrei sein, so dass schon die Voraussetzungen einer
Freigabe nicht vorliegen. Schließlich widerspräche es
dem Normzweck des § 35 Abs. 2 InsO, wenn die Freigabe der
selbstständigen Tätigkeit auch das schon vorhandene
Vermögen umfasste. Denn dieser besteht u.a. darin, eine
Gefährdung der Masse durch eine selbstständige
Tätigkeit des Schuldners zu verhindern (vgl. Gesetzentwurf der
Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des
Insolvenzverfahrens vom 2.11.2006, BTDrucks 16/3227, S. 11).
Führte die Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO jedoch dazu,
dass das gesamte unternehmerische Vermögen aus der
Insolvenzmasse entlassen würde, hätte dies eine
erhebliche Verkürzung der Insolvenzmasse und damit gerade
deren Gefährdung zur Folge.
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Ebenso wenig kann eine Freigabe der
selbstständigen Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO
dahin ausgelegt werden, dass der Insolvenzverwalter neben der
selbstständigen Tätigkeit zugleich im Wege der echten
Freigabe (sämtliches) bereits vorhandenes unternehmerisches
Vermögen des Schuldners freigegeben hat. Der
Erklärungsinhalt einer Freigabe der selbstständigen
Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO erfüllt nicht die
inhaltlichen Voraussetzungen einer echten Freigabe eines
Gegenstandes. Denn der Insolvenzverwalter ist nur zu einer echten
Freigabe einzelner Gegenstände aus der Insolvenzmasse befugt
(vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.4.2005 IX ZR 281/03,
BGHZ 163, 32; Lwowski/Peters in MünchKommInsO, 2. Aufl.,
§ 35 Rz 100). Diese müssen mit ausreichender Bestimmtheit
bezeichnet sein (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom
10.4.2008 6 AZR 368/07, BAGE 126, 229). Hieran fehlt es bei einer
Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO.
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4. Da das FG von anderen Grundsätzen
ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist
nicht spruchreif. Das FG hat - ausgehend von seinem
Rechtsstandpunkt zu Recht - nicht festgestellt, ob das Fahrzeug zur
Insolvenzmasse gehörte. Es hat hierzu zu prüfen, ob das
Fahrzeug nach §§ 36 InsO, 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO
insolvenzfrei war oder ob dieses Gegenstand einer echten Freigabe
durch den Kläger war.
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